Mosaik-Heft 591 "Bertha macht's!"

  • Hier das Kapitel in seinen Memoiren: http://www.zeno.org/Naturwissensch…ren+in+die+Welt!

    Es ist auch bei ihm kein Wort davon, daß seine Frau je am Steuer saß. Er erwähnt, daß beim Start (und damit wohl hauptsächlich) der ältere Eugen fuhr und daß bei starken Steigungen Eugen und Bertha schoben, während Richard (der jüngste und schwächste) steuerte. So bestätigt das auch Eugen 1956, wobei der nochmal extra betont, daß seine Mutter nie am Steuer saß.

    Nun kann man natürlich sagen, daß das ja alles Chauvis sind und einer Frau niemals einen solchen tollen Erfolg gönnen würden, weshalb sie sich verschworen haben und alle lügen. Allerdings bräuchte man dafür irgendeinen Beweis oder Hinweis, z.B. daß irgendein Zeitzeuge erzählen würde, gerne auch Bertha selbst, daß sie tatsächlich gefahren ist. Daran mangelt es nun aber, da es - wie schon gesagt - keine zeitgenössischen Quellen gibt und die ganze Fahrt wie eine alte Familiensage überliefert ist.

    Doch ich bin kein Experte, sondern habe nur so im Internet rumgelesen, was andere berufene Leute dazu sagen. Daher auch meine ernstgemeinte Frage an Max, ob inzwischen belastbare Quellen aufgetaucht sind, die diese Fahrt irgendwie unterfüttern. Daß sie wirklich stattfand, daran zweifle ich nicht. Doch die Details fehlen. Und natürlich die Quintessenz der Story, sprich daß Bertha a) die Initiatorin war und b) selbst fuhr.

    "Frau (39) erste Beifahrerin der Weltgeschichte!" ist halt keine sooo tolle Schlagzeile.

  • Sowas! Da wird im Mosaik wieder geflunkert! Am Ende muss ich noch erfahren, dass Digedag nie Botschafter Kublai Khans war und sich kein Nachfahre von Alexanders Heereszug bis zum Mongolensturm in Kurdistan ausharrte! :nonono::schorsc2::grins:


    (Mir ist schon klar, dass das zwei Paar Schuhe sind und im Mittelteil erklärt wird, die Bertha-Benz-Geschichte sei wirklich so ähnlich passiert. Allerdings: Schon der Till Eulenspiegel deutet daraufhin, dass man Geschichte und Fiktion nicht so klar trennt.)

  • Naja, mir geht's hier jetzt weniger ums Mosaik. Dort ist man ja gewohnt frei mit der Sache umgegangen und hat aus dramaturgischen Gründen manches umgebaut oder hinzuerfunden. Das ist wie immer völlig legitim.

    Mich interessiert die Geschichte hinter der Geschichte, insbesondere da meine Befürchtung geweckt ist, daß der Kern der Story nicht stimmt.

  • Mein Gott, das ist ja schon eine kleine Tragödie für das Heft: nicht spannend, nicht (sonderlich) lustig, und nun auch noch desinformativ. :)

  • #Thilberg, wenn du anfängst, viele Wiki-Einträge (ich denke die Grundlage der Story, wie du verlink hast) auf "Wahrheit" und Schlüssigkeit abzuklopfen" wirst du bis zur Rente, und darüber hinaus nicht mehr fertig ;) (siehe deine eigenen Recherchen zu Marco Polo)

    Einmal editiert, zuletzt von gbg (12. März 2025 um 19:38)

  • Chouette: Hihi! :D Putzigerweise steigt mein Interesse an dem Heft und der darin geschilderten Geschichte plötzlich immens! Vorher eher langweilige Nacherzählung einer wahren Begebenheit à la Lutherserie, nunmehr spannendes Beispiel für Fortentwicklung von modernen Märchenstoffen.

  • Naja, mir geht's hier jetzt weniger ums Mosaik. Dort ist man ja gewohnt frei mit der Sache umgegangen und hat aus dramaturgischen Gründen manches umgebaut oder hinzuerfunden. Das ist wie immer völlig legitim.

    Naaa, in diesem speziellen Fall nicht. Man hat diese Geschichte nicht so erzählt, weil man irgendeine tolle Geschichte erzählen wollte, ganz gleich, ob sie sich so zugetragen hat. In diesem Fall ist man davon ausgegangen, dass die Legende der Wahrheit entspricht. Hab ich bis vorhin ja auch so angenommen.
    Hat halt schön gepasst, mit 'ner Frau als Heldin.

  • Chouette: Hihi! :D Putzigerweise steigt mein Interesse an dem Heft und der darin geschilderten Geschichte plötzlich immens! Vorher eher langweilige Nacherzählung einer wahren Begebenheit à la Lutherserie, nunmehr spannendes Beispiel für Fortentwicklung von modernen Märchenstoffen.

    Das stimmt. Ich habe dank dieses Hefts mehr gelernt als ich zu träumen gewagt hätte. Allerdings hier im Forum durch dich und Max Schwalbe. Nicht durchs Heft selbst. :D

  • Naaa, in diesem speziellen Fall nicht. Man hat diese Geschichte nicht so erzählt, weil man irgendeine tolle Geschichte erzählen wollte, ganz gleich, ob sie sich so zugetragen hat. In diesem Fall ist man davon ausgegangen, dass die Legende der Wahrheit entspricht. Hab ich bis vorhin ja auch so angenommen.
    Hat halt schön gepasst, mit 'ner Frau als Heldin.

    Schon richtig. Wenn sich ergibt, daß die ganze Sache gar nicht stimmt, wird dem Versuch der Dekonstruktion der Heldenrolle natürlich jeglicher Boden entzogen. Andererseits haben sich die Zweifel an dieser modernen Heldinnenreise bisher nicht rumgesprochen, warum sollten sie es also jetzt tun.

    Ich warte aber erstmal noch auf Max' Antwort. Er hat ja gezeigt, daß er im Thema steckt, er kann sicherlich Wichtiges hierzu sagen.

  • Klasse Quelle, vielleicht hat man sich ab 1988 den "Pionierinnen" der Technik zugewandt, viele gab es ja nicht z.B. Marie Curie, Dann musste wegen dem aufkommenden Feminismus was hinein konstruiert werden. Ist ja heute "gang und gäbe" ;) Und dann verselbstständig sich das und alle schreiben nur noch ab. Auch das ist heute Standard. Eben Aberglaube, ich weiß es nicht genau, a "aber glaube" es. :)

  • Wenn eine Legende zu gut klingt, dann sollte man misstrauisch werden. Beim Lesen des Mosaiks kam mir auch schon der Gedanke, dass die zwei pubertären Jungs bestimmt auch mal ans Steuer wollten.

  • ... Ist ja heute "gang und gäbe" ;) Und dann verselbstständig sich das und alle schreiben nur noch ab. ...

    Nicht erst seit heute. Das hat schon mit Herodot angefangen. Märchen klinge einfach besser als die banale Realität. Nicht umsonst klingt zumindest im Deutschen "Geschichtsschreibung" wie "Geschichten schreiben". :D

    Schlimmstenfalls ein schönes Märchen.

    Womit man beim Mosaik ja auch nicht verkehrt läge. Die dröge Erzählweise stört mich nach wie vor viel mehr.

    Jeder Idiot kann eine Krise meistern. Es ist der Alltag, der uns fertig macht.

  • Nicht erst seit heute. Das hat schon mit Herodot angefangen. Märchen klinge einfach besser als die banale Realität. Nicht umsonst klingt zumindest im Deutschen "Geschichtsschreibung" wie "Geschichten schreiben". :D

    Womit man beim Mosaik ja auch nicht verkehrt läge. Die dröge Erzählweise stört mich nach wie vor viel mehr.

    Ja, das kann ich unterschreiben. Klassische Geschichtsschreibung (mit Ausnahmen) war meistens, Spannendes, Unerhörtes und Skandalöses zu schreiben. Es gibt natürlich ab und zu analytisch-nüchterne Historiker wie Polybios, aber die Mehrheit schrieb, um gelesen zu werden und zu unterhalten (bzw. die Sichtweise einer Partei/Dynastie/Religion zu propagieren). Clickbait und Drama kommt da besser an als eine nuancierte Abwägung der Positionen und Quellenkritik. Letztendlich erwarte ich auch vom Mosaik mehr Unterhaltung als historische Bildung (zumindest in der Geschichte, für die Hintergründe ist der Mittelteil da). Oder man parodiert die tatsächlichen Ereignisse und hält der Gesellschaft so den Spiegel vor, indem man Geschehnisse, Haltungen und Handlungen übertreibt.

    Ich fand auch bei der Himmelsscheibe-Geschichte das Grundmotiv der Handlung - Großbauer beutet Landsleute aus - gar nicht schlecht.

  • Kreativer und bewußter Einsatz von Märchenmotiven ist das Eine, einem Hoax aufsitzen das Andere ...

    Nun zu einer ganz anderen Sache: Gerade schrieb mich ein nigerianischer Prinz an, ab morgen bin ich Millionär!

  • In nigerianischen Naira will das nicht viel besagen. :D

    Jeder Idiot kann eine Krise meistern. Es ist der Alltag, der uns fertig macht.

  • Ja, aber der hat jetzt schon die schöne Russin geheiratet, die ihr nicht kennenlernen wolltet. :weissnix:

    So. Und wie kriegen wir jetzt die Kurve?
    Ah, ich weiß: übrigens waren die Abrafaxe noch nie in Nigeria.

  • Ja, aber der hat jetzt schon die schöne Russin geheiratet, die ihr nicht kennenlernen wolltet. :weissnix:

    Ich wollte schon, aber sie hat sich nach meine Anfrage dann nicht wieder gemeldet und der Computer ist dann auch noch abgestürzt... :flop:

    Eigentlich auch Stoff für eine schöne 2-Jahres-Story... :D

  • Kreativer und bewußter Einsatz von Märchenmotiven ist das Eine, einem Hoax aufsitzen das Andere ...

    Apropos:

    Zitat von Max schwalbe

    ...Das Mosaik hätte die Gelegenheit auch mal nutzen können, mit der Legende aufzuräumen, dass Carl Benz das Auto erfunden habe. Das ist völliger Unsinn.


    Ich habe nochmal rein geschaut und konnte derlei Hinweise im Heft nicht finden. Habe ich was übersehen? Wo hast du das gelesen?

    Zitat von Max schwalbe

    .... Richtig ist, dass Benz erstmals ein Automobil mit Verbrennungsmotor baute, das unmittelbarer Wegbereiter einer späteren Serienproduktion war. Nicht mehr und nicht weniger. ....


    So fand ich es auch im Mosaik notiert.

  • Schon richtig. Wenn sich ergibt, daß die ganze Sache gar nicht stimmt, wird dem Versuch der Dekonstruktion der Heldenrolle natürlich jeglicher Boden entzogen. Andererseits haben sich die Zweifel an dieser modernen Heldinnenreise bisher nicht rumgesprochen, warum sollten sie es also jetzt tun.

    Ich warte aber erstmal noch auf Max' Antwort. Er hat ja gezeigt, daß er im Thema steckt, er kann sicherlich Wichtiges hierzu sagen.

    Bezogen darauf schürfte ich bisher auch nicht tiefer. Ich weiß dazu nur, dass die Story von Bertha am Steuer eher auf Hörensagen beruht bzw. rückwirkenden Zuschreibungen.

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