Vom Schreiben zum Veröffentlichen

  • Und wie viele kennst du, abgesehen von Plenzdorf, Nadolny, Ilja Trojanow, Sibylle Lewitscharow und eventuell Eva Demski (die hat für den HR den Pausenfüller mit den Katzenbabys gedreht, später fünf sehr unterhaltsame Frankfurter Poetikvorlesungen gehalten: "Zettelchens Traum")?

    Oder ist das eine szeneinterne Bespaßung von Feuilletonredakteuren?

  • Weißt du, wovon du redest? Seit 1977 haben allein bei diesem Wettbewerb gut 700 Autoren teilgenommen und sich dem Urteil der Jury gestellt. Insgesamt haben mittlerweile gut 250 von ihnen gewonnen; deshalb ist für mich klar, dass sich da Spreu und Weizen mischen. Für das breite Publikum haben nur die wenigsten ein öffentliches Profil gewonnen, weil die Literatur im öffentlichen Bewußtsein ziemlich randständig ist. Das ist auch so ein kleines Völkchen wie die Comicverrückten hier.

    Zudem kann ich mir vorstellen, dass einige Sieger mit ihren Ergebnissen zufrieden sind, obwohl sie eher Geheimtipps geblieben sind oder im stillen munter weiterarbeiten, solange sie ihre Fanbasis gefunden haben. Prominent im engsten Sinne der Definition sind nur wenige geworden, und das wahrscheinlich auch eher durch Umstände, die mit ihrer Literatur wenig bis gar nichts zu tun haben.

  • Seit einigen Stunden läuft die Frankfurter Buchmesse 2024 mit dem Gastland Italien.

    Was die wenigsten mitbekommen haben werden, ist der Druck, unter dem das gedruckte Werk zwischen zwei Buchdeckeln mittlerweile steht. Durch hohe Papierpreise und ein gewisse Druckereisterben wird das physische Buch immer mehr zum Luxusgut, obwohl der Handel immer noch 95 % seines Umsatzes damit macht.
    E-Books und Audiobücher werden zwar begünstigt, bleiben aber ein Nischenprodukt. Im Rahmen der Digitalisierung baut EU-Kommission unter dem Vorwand der Nachhaltigkeit Druck auf, weil Papier aus Holz gewonnen wird, und das soll unser Ökosystem bedrohen. In einem kurzem Bericht bei Manova heißt es:

    Zitat


    Daher sah man sich gezwungen eine neue EU-Verordnung für entwaldungsfreie Produkte (EUDR - EU 2023/1115) zu erlassen, die ab dem 30. Dezember 2024 verpflichtend anzuwenden ist.

    Die Verordnung ist eine Folge aus der Lieferkettenverordnung und verlangt praktisch von Verlagen und Druckereien den Nachweis jeder einzelnen gedruckten Seite, dass sie konform entstanden ist, andernfalls drohen bei Verstößen Strafen.
    Das Risiko tragen in erste kleinere Mitspieler am Markt, für die Strafen existenzbedrohend sein können. Durch ihre Verflechtungen mit Papierproduzenten haben große Verlage, zum Beispiel der Bonnier-Konzern aus Schweden, einen guten Puffer - und damit zeichnet sich eine weitere Verlagskonzentration ab.

  • Neues von Sonja Silberhorn: Ihr Krimi Im Schatten des Waldes ist im Herbst im KaMeRu Verlag erschienen, und die erste Rezension liegt auch schon vor. Eugen Zentner schreibt auf den Nachdenkseiten:

    Zitat

    Dass dieser nun doch in Buchform vorliegt, ist der Verlegerin Katarina Graf Mullis zu verdanken. Sie hatte Silberhorns Artikel auf den NachDenkSeiten gelesen und war derart angetan, dass sie daraufhin der Autorin das Angebot machte, das abgelehnte Manuskript in ihrem Schweizer Verlag KaMeRu zu veröffentlichen.

    Über den Roman selbst heißt es da:

    Zitat

    „Im Schatten des Waldes“ kommt zwar als Kriminalroman daher, ist aber mehr als das – eben tiefsinnige Literatur, weil Silberhorn über die Aufklärung eines Mordfalls hinausgeht und den Zeitgeist einfängt. Ihr Werk bildet die gesellschaftlichen Konflikte und Bruchstellen unserer Zeit ab. Es geht um althergebrachte Werte, die wieder auf dem Prüfstand stehen, und es geht um menschliche Verhaltensmuster, die seit jeher gerade in Krisensituationen immer wieder hervortreten.

    Jetzt bin ich eher gespannt, ob Sonja Silberhorn für ihre weiteren Romane zu ihrem ehemaligen Hausverlag zurückkehrt. Möglicherweise bedeutet das eine größere Umorientierung für sie.

  • Der DEFA-Spielfilm Fallada – Letztes Kapitel lief auf der 39. Berlinale 1989 und wirft ein Schlaglicht auf die letzten zehn Jahre des Schriftstellers, wobei etliche Klischees über Künstler bestätigt werden. Falladas Debütroman erschien 1920, aber erst mit seinen gesellschaftskritischen Romanen ab 1930 gelang ihm der Durchbruch. Bauern, Bonzen und Bomben (Rowohlt 1931), Kleiner Mann – was nun? (Rowohlt 1932) und Wolf unter Wölfen (Rowohlt 1937) werden im Vorspann des Spielfilms erwähnt und liefern ein Bild von einem Künstler, der sich für das Schicksal der gewöhnlichen Leute interessiert und zugleich mit seinen Bestsellern ein Erfolgsautor ist.
    (Posthum gelang Fallada ein internationales Comeback mit seinen Widerstandroman Jeder stirbt für sich allein (Aufbau Verlag 1947), der ab 2002 in den USA, Großbritannien, Frankreich und Israel ein Bestseller wurde. Insofern besteht auch heute noch ein Interesse an Fallada als Person der Zeitgeschichte.)

    Besonders in den ersten Szenen schafft der Film eines innerlich zerrissenen Künstlers, der einerseits mit Blödeleien seine Familie unterhält, aber andererseits bei geringsten Anlässen jähzornig explodiert. Manchmal bringt er im Schaffensrausch innerhalb weniger Wochen Manuskripte für lange Romane zu Papier, manchmal scheint ihm gar nichts zu gelingen. Darüber hinaus ist er ein polytoxischer Süchtiger, der sich zwar zeitweise vom Morphium befreien kann, der jedoch nicht von Alkohol, Zigaretten und Tabletten lassen kann. In der Hinsicht hat er durch den Raubbau an seinem Körper seinen frühen Tod provoziert. Der Film kostet das aus, wenn er als stummes Wrack im Rollstuhl in einem Hörsaal von einem Mediziner präsentiert wird. Hinzu kommen seine Aufenthalte in Gefängnissen und Sanatorien.
    Ein weiteres Spannungsfeld liefern die damals neuen Medien Film und Radio. Obwohl er von den Produzenten angeworben wird, versagt er beim Schreiben eines Drehbuchs. Für eine Radiosendung kann er hingegen auf das klassische Mittel der Lesung zurückgreifen.

    Den Hintergrund für den Spielfilm liefert das politische Geschehen.
    1937 holt er Else-Marie Bukonje vom Bahnhof ab, die ihn als Sekretärin unterstützen. Was er jedoch nicht weiß, ist die Tatsache, dass Bukonje vom Reichspropagandaministerium auf ihn angesetzt wurde, damit er einen von den Nationalsozialisten ersehnten antisemitischen Roman verfassen soll, in dem es um den Kutisker-Skandal gehen soll. Fallada weicht dem jedoch beständig und bringt nur Schmarrn, also leichte Unterhaltungsromane, auf den Markt. Nachdem er auf seine Frau geschossen hat, kommt er ein weiteres Mal in den Knast, wo er sich seine Schreiberlaubnis erbettelt. Während er offiziell einen antisemitischen Roman verfaßt, schreibt er zwischen den Zeilen Der Trinker. Der totalitäre Staat fordert von ihm Unterwerfung, und so wird er 1943 vom Reichsarbeitsdienst als Sonderführer im Majorsrang nach Frankreich geschickt, damit er über seine Erlebnisse dort eine Reportage schreibt.
    1945 rückt die Rote Armee der Sowjets in seine Heimat ein. Die Soldaten nehmen an, er sei kein Faschist gewesen, und drängen ihn, zum neuen Frieden eine öffentliche Rede zu halten. Schon der kommt er nur widerwillig nach, aber bevor er sich versehen, nötigen ihn die kommunistischen Besatzer das Amt des Bürgermeisters von Feldberg auf. Fallada gehorcht.
    Seine zweite Frau Ursula Losch ist morphiumabhängig, außerdem sorgt sie dafür, dass Fallada rückfällig wird. Als sich in die Gelegenheit bietet, raubt Fallada eine Apotheke. Der gemeinsame Selbstmordversuch des Paares damit scheitert. Dank seines befreundeten Kollegen Johannes R. Becher darf er endlich wieder schreiben. Ältere Werke von ihm erscheinen in der Zeitung Tägliche Rundschau, aber er konzentriert sich auf seinen Widerstandsroman Jeder stirbt für sich allein.

    Soviel hat sich bis heute nicht verändert. Einerseits werden auch in Demokratien von (bestimmten) Autoren politische Zugeständnisse von den Medien eingefordert, so dass Schriftsteller quasi zu Stellvertretern der eigenen Regierung werden, siehe zum Beispiel die Gastländer der Frankfurter Buchmesse. Andererseits gibt es für renitente Autoren einen Rüffel von den Medien, siehe das Trara um Tellkamp. Besonders nach der Ausdünnung des Netzes der Auslandskorrespondenten, werden Schriftsteller und andere Medienschaffende aus dem jeweiligen Land genutzt, um dort das Geschehen politisch zu kommentieren. Wenn hiesige Medien, vor allem Radio und Presse, die dortige Regierung kritisch sehen, darf der gefragte ausländische Schriftsteller über seine Regierung lästern.

  • Wer schreibt, der bleibt, heißt es lapidar, aber das stimmt nur zur Hälfte, bestenfalls. Ein Gang durch eine Bibliothek reicht aus, um etliche Namen zu entdecken, die heute niemandem mehr etwas sagen oder nur noch Spezialisten bekannt sind.
    Eine der ersten Hürden dabei ist das Werk, das mehr sein sollte als die Summe seiner Texte. In der Regel ist ein gesamtes Leben notwendig, um schöpferisch etwas ästhetisch zu gestalten, das den Begriff Werk würdig vertritt. Daran ändert auch die extrem geschrumpfte Aufmerksamkeitsspanne und die Schnellebigkeit des Alltags nichts, im Gegenteil. Ein Werk muß aus dem Einerlei herausragen und etwas Besonderes bieten, das dann das kulturelle Erbe ausmacht und das kulturelle Gedächtnis prägt. Auf diese Weise gestalten Künstler, und Literaten zählen dazu, unsere Wirklichkeit mit und beeinflussen so Gegenwart und Zukunft.
    Wenn dabei die Biographie und die Ansichten in den Fokus geraten, zum Beispiel durch eine Monographie oder einen Film über den Schriftsteller, dann ist das ein Ritterschlag, ein Nachweis der ästhetischen Qualität jenseits kurzlebiger Moden. Einen Fixpunkt für solche berechenbaren Anlässe liefern Jubiläen.

    Auf 3sat respektive in der Mediathek finden sich zur Zeit zwei Dokumentationen über zwei Schriftsteller, einmal über Johannes Mario Simmel zum 100. Geburtstag, die andere über Christoph Ransmayr zum 70. Geburtstag.
    Simmel weilt nicht mehr unter uns und galt zu Lebzeiten als Bestsellerautor, der mit seiner leichten Unterhaltung von der Kritik nie richtig ernstgenommen wurde - das änderte sich erst in seinen späten Jahren. Sein Werk hat eine Gesamtauflage von 70 Millionen Exemplaren in 33 Sprachen, und heute wird er für seine gesellschaftskritischen Romane mit einer Prise wegen seines aufrechten Gangs in Ehren gehalten. Gustav W. Trampitschs ORF-Reportage heißt Im aufrechten Gang - 100 Jahre Johannes Mario Simmel (44 min).
    Ransmayr stellt ein anderes Kaliber dar. Der schreibfaule Freund des Bergsteiger Reinhold Messner wird sowohl von der Kritik als auch vom Publikum geschätzt, denn seine Werke liegen mittlerweile in über 30 Sprachen vor. Martin Traxl hat Ransmayr vor imposanter Kulisse für das ORF interviewt: Der größte Erzähler ist das Licht - Der Schriftsteller Christoph Ransmayr (31 min).

  • Wie vielleicht bekannt, sehe ich mich regelmäßig in Gratis-Buchregalen um, auch in Städten, die ich besuche. Da tauchen bestimmte Namen von Romanschriftstellern immer wieder auf, zum Beispiel Johannes Mario Simmel, aber auch Hans Hellmut Kirst, Marie Louise Fischer, Nora Roberts (die lebt sogar noch). Es gibt zwar den Trend, sich generell von Büchern zu trennen - für mich ist das aber auch immer ein Zeichen dafür, daß diese Autoren ihr Publikum allmählich verlieren und vielleicht schon in Kürze dem Vergessen anheim gefallen sein werden.

    Es ist nicht der Schriftsteller, der bleibt, sondern nur seine Bücher. Die gedruckten Simmel-Romane überfordern jede Altpapiersammlung...

  • Ich habe in den 70‘er und 80‘er Jahren alles von Simmel gelesen. Zwei Bücher sind mir für immer in Erinnerung geblieben und beide habe ich in all den Jahren noch ein paar mal gelesen. „Liebe ist nur ein Wort“ und „Und Jimmy ging zum Regenbogen“ Für mich sind das zwei ganz besondere Romane.

  • Es muß ja nicht immer Alles oder Nichts sein. In der Hinsicht fällt mir in der Weltliteratur Daniel Defoe ein, der ja ein äußerst produktiver Vielschreiber gewesen ist, aber heute kennt das Publikum nur noch seinen Robinson Crusoe. Bei Simmel könnte ich mir das in ähnlicher Weise vorstellen; einige wenige Werke von ihm werden weiterhin nachgefragt, besonders die verfilmten Stoffe, während der Rest vergessen wird und niemanden mehr interessiert.
    Was das betrifft, räume ich Johannes Mario Simmel wesentlich bessere Chancen ein als Heinz G. Konsalik, mit dem er zu seinem Leidwesen immer wieder verglichen worden ist.

  • Ja, Konsalik ist auch ein heißer Kandidat fürs Gratis-Buchregal.

    Ich möchte aber betonen, daß ich Simmel nicht heruntermachen wollte. Das ist nur eine Beobachtung, und ich schätze solche Orte, wo Bücher weitergegeben werden, ungemein. Vielleicht trennt man sich von einem dicken Simmel einfach leichter als von einem schmalen Taschenbuch.

    Bedauerlich finde ich auf jeden Fall, daß viel mehr Bücher ins Gratis-Buchregal reingestellt als rausgenommen werden. Da würde ich sagen: Lieber Simmel als Instagram und TikTok.

  • Konsalik gehörte in meiner Jugend auch immer mal wieder dazu. Meine schönste Erinnerung ist „Ein Toter Taucher nimmt kein Gold“ und „Die verdammten der Taiga“.

  • Es geht auch andersrum. Damit meine ich Literaten, die zu Lebzeiten nur wenig veröffentlicht haben, aber nach ihrem Tod zu einer festen Größe im Buchmarkt sowie zu Ruhm und Ehre gekommen sind. Den meisten wird in diesem Zusammenhang sicher Franz Kafka einfallen, aber ich möchte mich mit Emily Dickinson beschäftigen, die heute geradezu einen Boom erlebt.
    Im 19. Jahrhundert gab es starke Vorurteile gegenüber kreativen Frauen, die die Lyrikerin aus Massachusetts am eigenen Leibe zu spüren bekommen hat. Denn solange sie lebte, konnte sie nur sieben ihrer 1.775 Gedichte veröffentlichen; weitere Werke kursierten in ihrem Bekanntenkreis, nämlich in ihren Briefen. Dickinson starb 1886; die ersten Veröffentlichungen setzen 1890 ein und sind seither nicht abgerissen.
    1924 erschien bei Little, Brown, and Company eine erste Gesamtausgabe, 1955 kam die erste historisch-kritische Werkausgabe in drei Bänden bei dem Universitätsverlag The Belknap Press of Harvard University Press heraus. Dadurch hat sie als bedeutende Lyrikerin ihren Weg bis in die Schulbücher der USA gefunden. 2003 wurde vom Amherst College das Emily Dickinson Museum gegründet.
    Aber der Glanz des Ruhms reicht für Dickinson weit über die USA hinaus, denn mittlerweile ist sie in der westlichen Welt zu einer feministischen Ikone geworden. 2004 erschien die erste Biographie, doch ihre Wirkung strahlt in andere Medien. So gibt es inzwischen zwei Kinofilme über Dickinson: A Quiet Passion – Das Leben der Emily Dickinson (Großbritannien / Belgien 2016) und Wild Nights with Emily (USA 2018). Von 2019 bis 2021 strahlte der Streamingdienst Apple TV+ die Dramedy-Serie Dickinson aus, 30 Folgen in drei Staffeln. Vor kurzem folgten diesen Biopics zwei Comicbiographien: Wildflower Emily: A Story About Young Emily Dickinson (Godwin Books 2024) von Lydia Corry sowie Emily Dickinson (Des ronds dans l'O éditions 2024) von Liuba Gabriele.
    Heute ist ihr Status als bedeutende Literatin über jeden Zweifel erhaben, so dass hier schon etwas zwischen Legende und Mythos entsteht. Wie sie gefeiert wird, das hätte sie sich wohl in ihren kühnsten Träumen nicht vorstellen können.

  • Stimmt, Franz Kafka ist auch so ein Fall.

    Klaus Wagenbach, ausgewiesener Kafka-Experte, las mal aus irgendeinem Reisebuch. Ich hatte zu der Lesung Philip K. Dicks "Zeit aus den Fugen" mitgebracht - auf dem Rücken stand: "Was Kafka für die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts war, war Philip K. Dick für die zweite." Nach der Lesung bin ich zu Wagenbach hingestiefelt und hab' versucht, ihn mit dieser Aussage zu provozieren. Hat aber nicht geklappt. Er sagte ganz gelassen: "Das kann allein deshalb nicht stimmen, weil Kafka in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts völlig unbekannt war."

    Immerhin: Dick kannte er nicht.

  • Kafka ist inzwischen zu einer Marke geworden, und heute strahlt er in einem Glanz, der weit über seine Biographie hinausreicht. Ähnlich wie Vincent van Gogh in der Kunst ist er zu einem Inbegriff von etwas geworden, das ihn zu einem Popstar gemacht hat.
    Zum 100. Jubiläum seines Todestags ist er der Protagonist einer sechsteiligen Miniserie geworden, an der auch der Erfolgsautor und Bestseller Daniel Kehlmann mitgewirkt hat. Die Dynamik seiner Rezeption hat ein Eigenleben gewonnen, das ihn übergroß werden läßt. Dabei wollte er doch eigentlich, dass Max Brod seinen Nachlaß vernichtet; und zu Lebzeiten hat er auf Lesungen über seine Texte gelacht ... also da liefert er eine Menge, an dem sich Kreative heute noch reiben können.
    Mit kafkaesk hat er ein eigenes Adjektiv geprägt, das soll ihm erstmal einer nachmachen.

    Auf diese Weise werden immer wieder Anstöße geliefert, sich mit seinem Werk zu befassen; jede Generation kann neu für sich entdecken, und das hält seine Literatur lebendig.

  • Ich habe von Kafka nicht viel gelesen, aber an Der Prozess und Die Verwandlung kann ich mich noch gut erinnern, auch wenn es schon eine ganze Ecke her ist. Beides sind eher beklemmende Werke, in denen es im Grunde darum geht, dass der Mensch äußeren Einflüssen hilflos ausgeliefert ist. Der Prozess könnte man mit dem Zitat Vor Gericht und auf hoher See ist man in Gottes (ungnädiger) Hand beschreiben, bei Der Verwandlung nimmt ein Mensch urplötzlich die Gestalt eines riesigen Ungeziefers an.

  • Der Fall Kafka zeigt aber auch, wie die Gesellschaft immer wieder ihre Urteile über Personen revidiert - zwangsläufig.
    Bei mir im Regal steht das Buch von Hanns Zischler Kafka geht ins Kino, das erstmals 1996 im Rowohlt Verlag erschien. Aber wie seine Zeitgenosse hat Kafka viele Facetten, die es noch zu entdecken gibt; der Soziologe Georg Simmel (nicht verwandt oder verschwägert mit Johannes Mario) war teilweise sein Zeitgenosse, und zu der Zeit sprach er von sozialen Kreisen, in denen Menschen jeweils andere Rollen einnehmen.

    Zu Kafkas 100. wird er gerade als Sportler wiederentdeckt. Stefan Osterhaus schreibt in seinem Beitrag für den Deutschlandfunk Kultur von Kafkas Leidenschaft für Rudern, Tennis und Schwimmen.

  • Todestag 03.06.2024 in Kierling / Österreich. (Geboren am 03.07.1883 in Prag).

    Das Schloss [wikipedia]: Es schildert den vergeblichen Kampf des Landvermessers K. um Anerkennung seiner beruflichen und privaten Existenz durch ein geheimnisvolles Schloss und dessen Vertreter. Der Roman blieb, wie Der Prozess und Der Verschollene (Amerika) unvollendet. In Der Verschollene geht es um den gesellschaftlichen Abstieg des Karl Roßmanns und das Ausgenutzt werden durch andere.

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