Kunst machen in Filmen und Serien

  • L'Art du crime | Art of Crime bisher 7 Staffeln (Frankreich 2017 - heute, Gaumont Télévision für France Télévisions), Serienidee: Angèle Herry-Leclerc und Pierre-Yves Mora

    Nach Die Erbschaft (siehe Post #1) und Achtung, Kunstdiebe (siehe Post #43) ist das die dritte reine Kunstserie. Verantwortlich dafür ist der Kunsthistoriker Pierre-Yves Mora, der durch eine Polizeiserie das Wissen über Kunst, Künstler und die Kunstwelt populär einer breiten Öffentlichkeit vermitteln will. In Frankreich läuft sie seit dem 17. November 2017 auf den nationalen öffentlich-rechtlichen Sender France 2 und erreicht zwischen 3,1 bis 4,68 Millionen Zuschauer, womit der Marktanteil zwischen 14,2 % und 19,3 % schwankt.
    Angesiedelt ist die Serie beim Office central de lutte contre le trafic des biens culturels (OCBC), das wirklich existiert: Ein nationales Polizeidezernat, das sich mit dem illegalen Handel kultureller Güter beschäftigt. In den Doppelfolgen wird in der Regel wegen Mordes ermittelt; den Hintergrund liefert im allgemeinen die europäische Kunstgeschichte, insbesondere die französische, von der Renaissance bis ins 20. Jahrhundert - eine Ausnahme bildet lediglich die Ägyptologiefolge.
    Dort ermittelt unter Commandant Alexandre Pardo das Team aus dem Polizisten Capitaine Antoine Verlay und der Kunsthistorikerin Florence Chassagne, die fachkräftige Unterstützung durch den Mitarbeiter Hugo Prieur der École du Louvre bekommt. Obwohl er ansonsten ein fähiger Polizist ist, kann Verlay mit Kunst nichts anfangen; der Geschiedene ist Vater zweier Kinder.
    Florence Chassagne hat eine lebhafte Einfühlungsgabe: Wenn sie sich mit einem Künstler beschäftigt, sieht das Publikum, wie sie direkt mit ihm spricht. Allerdings leidet sie unter ihrem Vater, dem Kunsthistoriker Pierre Chassagne, unter anderem ein Experte für Leonardo da Vinci; deshalb sucht sie regelmäßig einen Psychiater auf.

    Staffel 1 (2017)
    Pardo rekrutiert Verlay aus dem Streifendienst und bildet das Team mit Florence Chassagne. Wie in einem Buddy-Movie gibt es bei dem ungleichen Paar zunächst Differenzen, bis sie sich dann zusammenraufen.

    • Episode 1 + 2 (Folge 1) "Une beauté faite au naturel | Der Da Vinci Code", Drehbuch: Angèle Herry-Leclerc und Pierre-Yves Mora, Regie: Charlotte Brandström, ca. 50 min + 50 min
      Im Schloß von Amboise wird ein Gemälde gestohlen, das die Herzogin Anne de Bretagne darstellen soll. Im Wirklichkeit scheint es sich um "La Joconde nue | Monna Vanna" (zwischen 1514 und 1516) von Leonardo da Vinci (1452 - 1519) zu handeln.
    • Episode 3 + 4 (Folge 2) "Une mort galante | Ein galanter Tod", Drehbuch: Angèle Herry-Leclerc und Pierre-Yves Mora, Regie: Éric Woreth, ca. 50 min + 50 min
      In einer edlen Kunstschule wird während einer Feier ein Schüler ermordet. Kunsthistorisch geht es um Artemisia Genteleschi (1593 - 1656), insbesonder ihr Gemälde "Giuditta che decapita Oloferne | Judith enthauptet Holofernes" (um 1612).
    • Episode 5 + 6 (Folge 3) "Une œuvre au noir | Ein dunkles Werk", Drehbuch: Angèle Herry-Leclerc und Pierre-Yves Mora, Regie: Éric Woreth, 50 min + 50 min
      Eine Kunsthistorikerin wird im Louvre vergiftet, während sie vor dem Gemälde "Le Radeau de La Méduse | Das Floß der Medusa" (1818 - 1819) von Théodore Géricault (1791 - 1824)


    Staffel 2 (2018)
    Verlay kommt seiner Blockade mit der Kunst auf die Spur, während Florence Chassagne glaubt, sich in ihm verliebt zu haben.

    • Episode 1 + 2 (Folge 4) "Une ombre au tableau | Ein Schatten im Gemälde", Drehbuch: Angèle Herry-Leclerc und Pierre-Yves Mora, Regie: Chris Briant, 54 min + 53 min
      Die Kopie eines Gemälde von Claude Monet (1840 - 1926) wird gestohlen, wobei der Verdacht auf die gesuchte Kunstdiebin Marie Seghers fällt, in die Commandant Pardo verliebt ist. Letztlich kommt der Verdacht auf, der Monet-Kopist Frédéric Roussel habe seine Frau Laurence vergiftet, weil Monet auch seine Frau verloren hat. Der Beweis steckt allerdings in einem Gemälde, das sich in der gesicherten Sammlung eines russischen Sammlers befindet. Zusammen mit der Kunstdiebin Seghers will das OCBC in einem Heist an das Gemälde kommen.
    • Episode 3 + 4 (Folge 5) "Un homme blessé | Ein verletzter Mann", Drehbuch: Fabienne Facco, Angèle Herry-Leclerc und Pierre-Yves Mora, Regie: Elsa Bennett und Hippolyte Dard, 51 min + 50 min
      Ein reproduziertes Gemälde von Gustave Courbet (1819 - 1877) führt zum ermordeten Kunsthändler Henri Courcelles. Damit beginnt eine Schnitzeljagd.
    • Episode 5 + 6 (Folge 6) "Le peintre du diable | Der Maler des Teufels", Drehbuch: Agathe Robilliard, Angèle Herry-Leclerc und Pierre-Yves Mora, Regie: Chris Briant, 56 min + 54 min
      Ein junger Mönch wird im Hof des Louvre erstochen. Er trägt ein Tattoo mit einem Motiv von Hieronymus Bosch (um 1450 - 1516). Die Spur führt zur Tätowiererin Céleste Lafleur.


    Staffel 3 (2019)
    Weil Verlay nicht mehr mit Florence Chassagne arbeiten will, erhält er die Kollegin Juliette Mariton zur Verstärkung. Er merkt jedoch sehr schnell, dass Maritons Wikipedia-Wissen Florence Chassagnes kunsthistorisches Gespür für Feinheiten nicht ersetzen kann.

    • Episode 1 + 2 (Folge 7) "Un fantôme à l'Opéra | Das Phantom der Oper", Drehbuch: Hélène Duchateau, Julie-Anna Grignon, Christophe Joaquin, Angèle Herry-Leclerc und Pierre-Yves Mora, Dialoge: Hélène Duchateau, Christophe Joaquin, Angèle Herry-Leclerc und Pierre-Yves Mora, Regie: Elsa Bennett und Hippolyte Dard, 49 min + 49 min
      Ein Balletttänzer wird ermordet im Foyer der Opéra Garnier aufgefunden. In seinem Hals steckt ein Gedicht von Edgar Degas (1834 - 1917). Bei dem Fall geht es um seine berühmte Skulptur "La Petite Danseuse de quatorze ans |Kleine vierzehnjährige Tänzerin" (1881).
    • Episode 3 + 4 (Folge 8) "La Malédiction d'Osiris | Der Fluch des Osiris", Drehbuch: Hélène Duchateau, Julie-Anna Grignon, Christophe Joaquin, Angèle Herry-Leclerc und Pierre-Yves Mora, Dialoge: Julie-Anna Grignon, Angèle Herry-Leclerc und Pierre-Yves Mora, Regie: Elsa Bennett und Hippolyte Dard, 47 min + 45 min
      In der ägyptologischen Abteilung des Louvre zeigt eine Frau Florence Chassagne ein 3.000 Jahre altes Gefäß. Als die Frau es öffnet, stirbt sie.


    Staffel 4 (2021)

    • Episode 1 + 2 (Folge 9) "Le testament de Van Gogh | Das Testament von Van Gogh", Drehbuch: Angèle Herry-Leclerc und Pierre-Yves Mora, Regie: Elsa Bennett und Hippolyte Dard, 43 min + 47 min
      Bei einer Fernsehsendung über Vincent van Gogh (1853 - 1890) wird der beratende Kunsthistoriker ermordet.
    • Episode 3 + 4 (Folge 10) "Danse de sang | Der Tanz des Blutes", Drehbuch: Angèle Herry-Leclerc, Pierre-Yves Mora und Marjorie Bosch, Regie: Elsa Bennett und Hippolyte Dard, 45 min + 51 min
      In den Kulissen des Moulin Rouge wird ein Mann ermordet, der ein kopiertes Gemälde von Henri de Toulouse-Lautrec (1864 - 1901) bei sich trägt.


    Staffel 5 (2021)

    • Episode 1 + 2 (Folge 11) "Un cœur de pierre", Drehbuch: Angèle Herry-Leclerc, Pierre-Yves Mora und Hélène Duchateau, Regie: Léa Fazer
      Pierre Chassagne findet eine ermordete Sammlerin der Skulpturen von Camille Claudel (1864 - 1943).
    • Episode 3 + 4 (Folge 12) "Le code Delacroix", Drehbuch: Angèle Herry-Leclerc und Pierre-Yves Mora, Regie: Léa Fazer
      Ein Amateurkopist von Eugène Delacroix (1798 - 1863) wird im Louvre ermordet, nachdem er sich dessen Gemälde "La Liberté guidant le peuple | Die Freiheit führt das Volk" (1830) angesehen hat.


    Staffel 6 (2022)

    • Episode 1 + 2 (Folge 13) "La nouvelle Olympia", Drehbuch: Angèle Herry-Leclerc und Pierre-Yves Mora, Regie: Christelle Raynal
      Eine ermordete Rechtsanwältin wird in einem Fotostudio gefunden. Einer ihrer letzten Beiträge auf Social Media war ein Selfie mit Édouard Manets (1832 - 1883) Gemälde "Le Journaliste | Chez Tortoni" (1878 - 1880).
    • Episode 3 + 4 (Folge 14) "Le cri du vampire", Drehbuch: Angèle Herry-Leclerc, Pierre-Yves Mora und Marjorie Bosch, Regie: Christelle Raynal
      In den Katakomben von Paris wird in einem Sarkophag eine tote junge Frau mit einem Pfahl im Herzen entdeckt. Am Tatort wird eine Reproduktion des Gemäldes "Vampir" (1893) von Edvard Munch (1863 - 1944) gefunden.


    Staffel 7 (2023-2024)

    • Episode 1 + 2 (Folge 15) "Versailles, es-tu là ?", Drehbuch: Angèle Herry-Leclerc und Pierre-Yves Mora, Regie: Floriane Crépin
      Im Schlossgarten von Versailles wird ein Medium ermordet aufgefunden. Verlay und Chassagne verdächtigen eine Gruppe Amateurhistoriker, die sich für Marie-Antoinette begeistern und möglicherweise eine berühmte Halskette der Königin suchten. Dabei geht es um Élisabeth Vigée Le Brun (1755 - 1842).
    • Episode 3 + 4 (Folge 16) "La Muse Perdue", Drehbuch: Angèle Herry-Leclerc, Pierre-Yves Mora und Marjorie Bosch, Regie: Floriane Crépin
      Die Leiche einer Kunstrestauratorin wird in ihrer Werkstatt neben einem Kunstwerk gefunden, das Chassagne Sandro Botticelli (1445 - 1510) zuordnet. Das OCBC wird auf eine schreckliche Schatzsuche getrieben, die sie zum prächtigen Musée Jacquemart-André führt.


    Staffel 8 mit 2 Folgen ist derzeit in Planung.

    10 Mal editiert, zuletzt von Servalan (11. April 2024 um 11:17) aus folgendem Grund: Wird bei Bedarf ergänzt und aktualisiert

  • Mandat für Mai Staffel 1 Episode 4 (Folge 4) "Angekommen" (Deutschland 2024, Real Film Berlin GmbH), Drehbuch: Marc Terjung, Regie: Eva Wolf, 45 min

    Was als Anwaltsserie vermarktet wird, stellt sich bei genauerer Betrachtung als dürftige Soap heraus, die das Vogtland als eine hinterwäldlerische Dorfidylle präsentiert. Den horizontalen Erzählstrang liefert die Flucht der Berliner Anwältin Maria Gardner, die Mai genannt wird, in diesen abgelegenen Flecken vor ihrem gewalttätigen Freund Bo. Die Fälle der Episoden werden eher locker im Dorfkrug geklärt.

    Nachdem Bürgermeisterin Heike mit dem Künstler Jott geschlafen hat, enthüllt sie am nächsten Morgen in einer feierlichen Zeremonie dessen Kunstwerk im öffentlichen Raum. Der international bekannte Künstler Jott hat ein oranges Seepferdchen als Zeichen für eine nonbinäre Zukunft gestaltet, ein Vexierbild der Geschlechtlichkeit. Die Skulptur mißfällt besonders dem Bauern Gerd und dem arbeitslosen Juristen Frank, die dagegen vorgehen wollen.
    In einem zweiten Erzählstrang der Episode geht es um Philipp, der verhindern möchte, dass schwangere Babette, die Wirtin des Dorfkrugs, ihr Baby abtreibt, weil es Trisomie 21 hat.
    Im Dorfkrug kommt es zum Schlagabtausch: Bürgermeisterin Heike hat bei ihrer öffentlichen Ausschreibung Angebote eingeholt, die in ihrem Ordner dokumentiert sind, und sich dann für Jott entschieden. Der verhinderte Künstler Frank hält dagegen, denn er habe sich über Kunst im öffentlichen Raum informiert. Dabei hat er erfahren, dass Jott sowohl für Rügen als auch für Ahlbeck Seepferdchenskulpturen gestaltet hat; für Wustrow sollte er eine weitere fertigten, aber das lehnten die Einwohner ab.

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    Das Urheberrecht verbietet es, das Seepferdchen umzugestalten, deshalb entscheiden sich die Vogtländer dafür, die Skulptur in einem Happening zu sprengen. Mai merkt an, die Aktion sei illegal und Jott könnte sie wegen der Zerstörung seiner Skulptur verklagen.

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    In Sachen Kunst scheint es Marc Terjung an Ideen zu mangeln; der Stoff zeigt eine frappante Ähnlichkeit zu der entsprechenden Episode in seiner Serie Die Anwälte (siehe Post #36).

  • Notre-Dame brûle | Notre-Dame in Flammen (Frankreich / Italien 2022, Pathé, TF1 Films Productions, Wildside, Repérage und Vendôme production), Drehbuch: Jean-Jacques Annaud und Thomas Bidegain, Regie: Jean-Jacques Annaud, 111 min, FSK: 12

    Die Kathedrale des Erzbistums Paris, Notre-Dame de Paris auf der Seine-Insel Île de la Cité, war zum Zeitpunkt des Brandes 850 Jahre alt und gehörte seit 1991 als Bestandteil des Denkmals Seineufer zum UNESCO-Weltkulturerbe. Die römisch-katholische Kirche nutzt das Baudenkmal für Messen und als christliche Pilgerstätte, weshalb sie Touristen aus aller Welt als Sehenswürdigkeit dient und von Fremdenführern mit ihren internationalen Gruppen frequentiert wird.
    Der Brand am 15. und 16. April 2019 liegt in einer Phase einer umfangreichen Restaurierung, die im Frühjahr des Jahres begann und sich insbesondere der Reparatur des Vierungsturms widmete, der von einem Baugerüst ummantelt wurde. Die genaue Brandursache ist bis heute nicht bekannt, aber die Polizei ermittelte wegen fahrlässiger Brandstiftung.
    Ungefähr 90 % der Kunstwerke und Reliquien konnten rechtzeitig gerettet werden.
    Für seinen Katastrophenfilm nutzte Annaud die romanische Kirche Saint-Paul in Sancé, die Kathedrale von Bourges und die Basilika Saint-Denis in Paris. Er ergänzte sein Material mit Archivmaterial, Zeugenvideos und Fotos aus seinem eigenen Fotoarchiv sowie CGI-Aufnahmen. In Frankreich lief der Film mit 752 Kopien in den Kinos und spielte mit 793.802 Zuschauern in acht Wochen 5.893.348 US-Dollar ein. Die deutsche Uraufführung fand Ende Juni 2022 beim Filmfest München statt.

    Wie bei Katastrophenfilmen üblich, wird zunächst der Alltag gezeigt: In Notre-Dame kreuzen sich die Wege von Touristen, Reliquienpilgern und Gläubiger, weshalb die Kathedrale immer überlaufen ist. Hinzu kommen noch die Handwerker, die den Vierungsturm restaurieren, dabei schweißen und in den Pausen rauchen, obwohl das eigentlich verboten ist. Außerdem kann ein Kurzschluß als Brandursache nicht ausgeschlossen werden.
    Der Tag beginnt mit dem Dienstantritt eines Arbeiters, der für den Brandschutz zuständig und neu auf seinem Posten ist. Als er ein Signal bekommt, informiert er seinen Vorgesetzten, der die gemeldete Stelle im Dach kontrolliert, aber nichts finden kann. Er lästert über die Fehlalarme der unzuverlässigen Anlage. Doch kurze Zeit muß die Messe abgebrochen und die Kathedrale geräumt werden, weil Rauch gesichtet wurde. Die nächstgelegene Feuerwache startet zum Einsatzort, bleibt jedoch mit ihren Wagen zwischen Staus und Baustellen stecken. Angeforderte Feuerwehrboote müssen zunächst zwei Schleusen passieren, was zu weiteren Verzögerungen führt.
    Der Verwalter Laurent Prades besucht gerade eine Veranstaltung im Schloß von Versailles, die er jedoch stracks verläßt und nach Notre-Dame eilt, weil er die Codes zur Sicherung der Reliquien und des Kirchenschatzes besitzt. Dabei stößt er immer wieder auf neue Hindernisse, und als er sein Ziel erreicht, will ihn keiner der Polizisten durchlassen.
    Weil es keine Hauptperson gibt, sondern sich die Ensembles der einzelnen Episoden ablösen, ist der Film recht unübersichtlich. Insgesamt wird jedoch das Fazit gezogen, dass niemand von den Feuerwehrleuten ums Leben gekommen ist und der Brand gelöscht werden konnte, was ein glimpfliches Ergebnis darstellt.

  • Otto e mezzo | | Achteinhalb (Italien / Frankreich 1963, Cineriz und Francinex), Drehbuch: Federico Fellini und Ennio Flaiano, Regie: Federico Fellini, 138 min, FSK: 16

    Fellini gilt als einer der wichtigsten Autorenfilmer des 20. Jahrhunderts. Seine Wurzeln liegen im Neorealismus, aber schon bald hat er seinen eigenen, sehr persönlichen Stil gefunden, in dem sich autobiographische Erinnerungen mit satirisch-surrealen Elementen mischen, so dass Traum und Realität verschwimmen. In zahlreichen Filmen erscheint Marcello Mastroianni als Alter Ego des Regisseurs.
    Vier seiner Filme erhielten einen Oscar als bester fremdsprachiger Film, 1993 erhielt er den Ehrenoscar für sein Lebenswerk. Von Fellini stammen insgesamt acht Filme der Liste 100 film italiani da salvare, die das italienische Kultusministerium mit der Cinecittà Holding 2008 auf dem Internationalen Filmfestival von Venedig aufstellte.

    ist gewissermaßen sein eigenes Making of, denn der Film thematisiert, wie er zustandegekommen ist. Guido Anselmi ist ein berühmter Regisseur, der aber in einer Schaffenskrise steckt, weil er nicht weiß, wie er seinen aktuellen Film beenden soll. Deswegen zieht er sich in einen Kurort zurück, um mit sich selbst ins Reine zu kommen; er will deswegen alleine sein und flieht vor seinem Produzenten und seinem Drehbuchautor, vor seiner Frau und seiner Geliebten. Doch seine Gedanken gehen eigene Wege, und in seinen aggressiven Tagträumen begegnet denjenigen, vor denen er geflohen ist. Indessen läuft die Produktion seines Filmes weiter, indem die Kulisse einer Abschußrampe für ein Raumschiff gebaut wird. Und im Finale muß sich Anselmi einer Riege Journalisten stellen, die von ihm Auskunft fordern. Der Film endet mit einem Tanz aller Menschen, die dem Regisseur etwas bedeuten.
    Inspiriert von Carl Gustav Jungs Vorstellungen über das metaphorische Unterbewußte kombiniert der Film autobiographische Elemente mit einer Metalepse und Träumen. Fellinis Meisterwerk schuf schon bald nach seinem Erscheinen eine Reihe internationaler Epigonen, in denen Stoffe und Motive ähnlich arrangiert waren: Mickey One (USA 1965, Regie: Arthur Penn), Alex in Wonderland (USA 1970, Regie: Paul Mazursky), Warnung vor einer heiligen Nutte (Bundesrepublik Deutschland 1971, Regie: Rainer Werner Fassbinder), La Nuit américaine | Die amerikanische Nacht (Frankreich 1974, Regie: François Truffaut), All That Jazz (USA 1979, Regie: Bob Fosse), Stardust Memories (USA 1980, Regie: Woody Allen), Sogni d'oro | Goldene Träume (Italien 1981, Regie: Nanni Moretti), Парад планет | Planet Parade (Sowjetunion 1984, Regie: Vadim Abdrashitov), La película del rey | Der Film des Königs (Argentinien 1986, Regie: Carlos Sorín), Living in Oblivion (USA 1995, Regie: Tom DiCillo, 1995), 8½ Women | 8½ Frauen (Großbritannien / Niederlande / Luxemburg / Deutschland 1999, Regie: Peter Greenaway) und Восемь с половиной долларов | 8½ $ (Russland 1999, Regie: Grigori Konstantinopolsky). Außerdem bin ich mir sicher, dass sich Dennis Potter davon zu seiner Fernsehserie The Singing Detective (Großbritannien 1986) hat anregen lassen.
    Filmhistorisch betrachtet hat Fellinis Autorenfilm ein eigenes Subgenre erschaffen, das heute vom Publikum als Standard wahrgenommen wird.

  • Rentnercops Staffel 5 Episode 8 (Folge 64) "Die Nacht hat tausend Augen" (Deutschland 2021, Bavaria Fiction), Drehbuch: Peter Güde, Regie: Dennis Satin, 48 min

    Heutzutage müssen sich viele Rentner etwas dazuverdienen, weil es sonst zum Leben nicht reicht. Häufig springen sie als Lückenbüßer ein, wenn das Personal knapp ist. Dieser Hintergrund liefert die Grundlage für diese Krimiserie: Im Polizeidezernat von Köln-Mülheim fehlt der Nachwuchs, deshalb werden zwei über 70jährige Kommissare reaktiviert.
    Im März 2015 startete diese leichte Krimikomödie, die in wenigen Tagen mit Folge 82 der siebten Staffel eingestellt wird. Allerdings gab es mittendrin eine Neubesetzung, da die beiden Schauspieler des ursprünglichen Casts 2019 und 2020 verstarben.

    Am frühen Morgen führt Kommissar Bielefelder seinen Dackel Yoda Gassi und stößt dabei auf einer Parkbank eine Leiche. Der Unbekannte wurde gegen 3 Uhr nachts erschossen. In seiner Jackentasche findet sich eine Karte der Kunstgalerie Cappenthal, zu der sich die beiden Kommissare begeben, um mehr über den Ermordeten herauszufinden.
    Galerist Fritz Cappenthal streitet ab, den Mann zu kennen, denn gestern habe es eine offene Vernissage gegeben, und da seien alle möglichen Leute gekommen. Mit seiner kleinen Galerie fördere er junge Talente, indem er ihre Bilder und Skulpturen in alle Welt verkaufe.
    Die Fingerabdrücke finden sich in der Datenbank der Polizei; sie gehören dem vorbestraften Kunsthehler Bernhard Röttgen. Auf den Fingern der Leiche findet sich Tantal, ein seltenes, kostbares Metall. Die Ermittler stellen Cappenthal erneut zur Rede, doch der bittet kleinlaut um Rücksicht, weil er befürchtet, seine Reputation könne darunter leiden, dass er mit einem Hehler Kontakt hatte.
    Er gibt zu, es sei um Oskar Freyfelds Werk "Die drei Geister" gegangen, aber so etwas wäre ihm einige Nummern zu groß. 2014 wurden die drei, jeweils 1,20 Meter großen und je 60 Kilogramm schweren Statuen aus einem Museum in Amsterdam gestohlen worden und gelten seither als verschollen.

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    Über ihre Recherchen finden die Ermittler heraus, dass das LKA deswegen nach einem Kunstdieb namens Jörg Wittler fahndet, der als "die Katze" bekannt ist. Die Kommmissare halten Röttgen für den Hehler der Katze.
    Als die Ermittler Cappenrath ins Visier nehmen, vernichtet der gerade in einem Aktenschredder Dokumente, wobei ihm Gereon Zurbriggen hilft.
    Cappenrath und Zurbriggen werden verhört. Dabei kommt ein Einbruch in der Villa Zurbriggen zur Sprache, bei dem zahlreiche Kunstwerke geraubt wurden, darunter "Die drei Geister", was Zurbriggen aber nicht melden konnte.
    Über die Spur des Geldes konfrontieren die Ermittler Zurbriggen mit der Tatsache, dass er damals für 2,5 Millionen Euro "Die drei Geister" von Cappenrath gekauft. Dem Galeristen drohte zu der Zeit wegen Steuerschulden von einer knappen halben Million Euro die Insolvenz, die er durch seine Provision im letzten Moment abwenden konnte.

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    Die Ermittler gehen davon aus, dass die Katze damals einen Anteil von 500.000 Euro für den Diebstahl erhielt und dass es bei dem Mord wieder um "Die drei Geister" ging. Aufgrund ihrer Handydaten werden sowohl Cappenrath als auch Zurbriggen entlastet. In einer von Röttgen angemieteten Ferienwohnung finden die Ermittler die Skulpturengruppe, die sie von einer Wohnung gegenüber beobachten, um ihren Verdächtigen, die Katze, vor dem LKA auf frischer Tat zu schnappen.

  • Rentnercops Staffel 7 Episode 4 (Folge 80) "Ist das Kunst oder kann das weg?" (Deutschland 2024, Bavaria Fiction), Drehbuch: Nina Blum, Regie: André Siebert, 48 min

    In seinem Atelier in Köln-Dellbrück wird der 60jährige Künstler und Bildhauer Domenicus Illner mit seiner Stahlskulptur "Der Igel" ermordet. Seit einiger Zeit war er mit seinen Werken unzufrieden, die er deshalb lieber im Sperrmüll entsorgte statt sie verkaufen.
    Doch zur Zeit steckte er in einem Skandal: Vor zwei Wochen erwarb der Galerist Jakob Kammerer Illners Skulptur "Der tanzende Hahn" inklusive Echtheitszertifikat mit Unterschrift, deren Wert auf 165.000 Euro geschätzt wird. Zudem wurde dem Galeristen Carl Hübner aus Deutz eine zweite Illner-Skulptur angeboten, die jedoch abgelehnt wurde, weil sie beschädigt war.
    Zu Hauptverdächtigen werden ein Angestellter der Recyclingbetriebe Köln, Batyr Sentürk, und seine Freundin Sibylle Tietschke. Denn er hatte Illners Skulptur "Das Dach der Welt" als Wäschespinne umgenutzt.
    Außerdem wird seine Witwe, Irena Mayerhoff-Illner, routinemäßig befragt, die das Atelier jetzt für ihre Malerei nutzt. Sie hat ein Alibi für die Tatzeit, eine Exkursion mit ihren Studenten führte sie nach Brüssel. Einer von ihnen, der 23jährige Kunststudent Torben Hohlbein, der sich auf Performance und Installation spezialisiert, verweist auf das gebuchte Hotel.

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    Sentürk gibt einige krumme Dinger zu, streitet aber jegliche Beteiligung am Mord ab.
    Beim Smalltalk erfahren die Ermittler, dass das Ehepaar Illner zu ihren besten Zeiten Teil des Jetsets war; aber seit einer geraumen Weile zog sich Domenicus Illner aus der Öffentlichkeit zurück und verkaufte keine Werke mehr. Dennoch führt Irena ihren kostspieligen Lebensstil unbeirrt fort, obwohl sie als gelegentliche Gastdozentin an einer privaten Kunsthochschule nur ein geringes Einkommen hat.

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    Das Blatt wendet sich, als die Ermittler mit einer rekonstruierten Szene Sentürk im Atelier als Mörder überführen wollen. Die Taktik schlägt fehl; aber Sentürk erkennt in Irena Illner jemanden wieder, der einen seiner Kollegen im Sportwagen auf dem Recyclinghof abholte. Dabei handelte es sich um den Minijobber Torben Hohlbein.
    Allmählich fügen sich die Puzzleteile für die Ermittler zu einem Bild zusammen, das die Witwe belastet.

  • Ein Dorf wehrt sich. Das Geheimnis von Altaussee (Deutschland / Österreich 2019, Hager Moss Film GmbH und Mona Film), Drehbuch und Regie: Gabriela Zerhau, Fachberatung: Konrad Kramar, Historische Beratung: Dr. Helmut Kalss, 109 min, FSK: 12

    Im März 1938 wurde Österreich an das Deutsche Reich angeschlossen. Altaussee zog zahlreiche prominente Nationalsozialisten an, die arisierte Villen bewohnten. 1943 wurde im Salzbergwerk Altaussee ein Depot für Kunstgüter eingerichtet, das bis zum Kriegsende insgesamt elf stillgelegte Werksanlagen umfaßte. Unter dem Decknamen Sonderauftrag Linz wurde Raubkunst aus Europa eingelagert, das in einem geplanten Führermuseum in Linz ausgestellt werden sollte. Das Depot umfaßte schließlich etwa 6.500 Gemälde sowie zahlreiche Statuen, Möbel, Waffen, Münzen und Bibliotheken, insgesamt 22.000 Kunstwerke.
    Der SS-Obergruppenführer August Eigruber war Reichstatthalter des Reichsgaus Oberdonau, in dem Altaussee lag. In der Endphase des Zweiten Weltkriegs, als die Niederlage des Dritten Reichs absehbar war, ließ Eichgruber insgesamt acht Kisten mit amerikanischen Blindgängerbomben in das Depot schaffen, um es gegebenenfalls sprengen zu können. Am 3. Mai 1945 erhielt der Betriebsleiter des Salzbergwerks Altaussee vom Gestapo-Chef Ernst Kaltenbrunner die Erlaubnis, die Sprengbomben entfernen zu dürfen, um die Kunstschätze zu retten. Eigruber gab einen Gegenbefehl und drohte, die Beteiligten zu töten. Es gelang, die Bomben aus dem Depot zu entfernen und den Salineneingang zu sprengen.
    Das Kunstdepot wurde im Mai 1945 von der U.S. Army beschlagnahmt. Seither werden die Eigentümer der Kunstwerke ermittelt und die Raubkunst zurückgegeben; dieser Prozeß ist bis heute nicht abgeschlossen. Der Wert der Raubkunst wurde nach dem Krieg auf ungefähr 3,5 Milliarden US-Dollar geschätzt.

    Der Film feierte seine Premiere am 29. Juni 2019 im Rahmen des Filmfests München in der Reihe Neues Deutsches Fernsehen. Die Raubkunst der Nazis und deren Rückgabe nach dem Zweiten Weltkrieg wird in ähnlicher Weise in The Monuments Men | Monuments Men – Ungewöhnliche Helden (USA / Deutschland 2014, Regie: George Clooney) behandelt, der sich einer spezialisierten Einheit der US-Armee widmet, der Monuments, Fine Arts, and Archives Section (MFAA).
    Besonderes Augenmerk legt der Film auf zwei dokumentierte Kunstwerke, die erkennbar inszeniert werden: Michelangelos (1475 - 1564) "Brügger Madonna" (1501 - 1506) und Jan van Eycks (1390 - 1441) "Genter Altar" (1432 oder 1435).

    Zerhaus Film erzählt die Geschichte anhand einer Männerfreundschaft seit Kindheitstagen zwischen den Bergleuten Josef Rottenbacher und Franz Mitterjäger. Während die Alliierten näherrücken, verschanzen sich in den Bergen Partisanen und Deserteure, die Mitterjäger konspirativ unterstützt. Als Mitterjäger deswegen von der Gestapo erschossen und vor dem Friedhof verscharrt werden soll, regt sich Widerstand. Das Dorf vereinigt sich um den aufgebahrten Leichnam, der jetzt ein christliches Begräbnis bekommen soll, und feiert einen stillen Triumph.
    Nach dem Tod Adolf Hitlers nutzt Rottenbacher die Konkurrenz zwischen den Verbänden der Nazis, indem er Kaltenbrunner gegenüber Eigruber ausspielt. Sowohl Dr. Hermann Rinner, der das Depot kunsthistorisch betreut, als auch der Direktor des Salzbergwerks, Waldstetter, wehren sich gegen einen drohenden Verlust der Kunstwerke und der Lebensgrundlage der Dorfbewohner. Rasch werden die Fliegerbomben aus den Stollen geholt und mit einen Lastwagen abtransportiert. Die heranrückende SS-Einheit stellt die renitenten Dörfler auf der Straße, wird aber von Partisanen aus dem Wald in Schach gehalten und muß wieder abziehen.
    Nach der Kapitulation müssen sich Waldstetter und Dr. Rinner wegen ihrer Kollaboration mit den Nazis vor den Besatzern verantworten, die schon anfangen, den Bestand des Depots zu sichern.

  • Die Heiland - Wir sind Anwalt Staffel 2 Episode 5 (Folge 11) "Die Witwe und das Bild" (Deutschland 2020, Olga Film GmbH), Drehbuch: Anne Rabe und Stefan Barth nach Motiven der Autobiographie Ich sehe das, was ihr nicht seht von Pamela Pabst und Shirley Michaela Seul, Headautoren: Oliver Philipp und Andreas Fuhrmann, Juristische Beratung: Pamela Pabst, Regie: Christoph Schnee, 49 min

    2018 erschien die erste Staffel der Anwaltserie, deren Hauptfigur von der blinden Rechtsanwältin Pamela Pabst aus Berlin inspiriert ist, die seit ihrer Geburt nur ein Prozent Sehkraft hat. Ihre Sidekicks sind ihre jeweiligen persönlichen Assistentinnen, juristische Laien, die Romy Heiland unterstützen, wenn sie auf Sehende angewiesen ist; damit sind die Sidekicks ein Stand-in für das breite Publikum.
    Von der urbanen Anwaltsserie sind bislang 38 Episoden in 4 Staffeln erschienen. Während die erste Staffel den Fokus noch auf ihre persönliche Assistenz legte, trat dieser Aspekt zugunsten der Fälle immer weiter in den Hintergrund. Zum Starring gehören auch Romy Heilands Eltern sowie ihr früherer und ihr gegenwärtiger Lebenspartner, wodurch die Continuity einer Soap entsteht.

    Romy Heiland hat den Fall der Diplomatenwitwe Heidrun Kasimir angenommen, die der Hehlerei angeklagt wird. Ihr wird zur Last gelegt, eines von drei Stillleben vom (fiktiven) Frederico Locarno aus der Reihe Calabazas von einem Experten auf 400.000 Euro geschätzt und zum Verkauf angeboten zu haben. Locarno war ein Schüler von Juan Sánchez Cotán (1560 - 1627), der das Stillleben erfunden hat. Das Gemälde ist eines von drei Werken, die im Oktober 2015 aus einem Museum in Toledo gestohlen wurde, und stammt aus der Sammlung des Kunstmäzens Javier de Valles.
    Heilands Mandantin gibt sich arglos, denn das Sammeln von Kunst wäre das Hobby ihres verstorbenen Mannes gewesen, des Diplomaten Wolfgang Kasimir. Heiland versichert ihr, Hehlerei sei ein Verbrechen, das nur wissentlich begangen werden kann. Die Witwe erwähnt in diesem Zusammenhang einen Vertrauten des Diplomaten, den Anwalt Dr. Peer Roloff, den Heiland bei Gericht aufsucht.

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    Roloff kommt Heilands Schilderung des Sachverhalts komisch vor. Wolfgang Kasimir sei sein erster Mandant gewesen, aber der habe von Kunst keine Ahnung gehabt. Heidrun Kasimir habe hingegen Kunstgeschichte studiert, in einer Galerie gearbeitet und konnte als Diplomatengattin ihre Leidenschaft für Kunst ausleben. Roloff sagt, Heidrun Kasimir hätte keinen Experten zur Schätzung gebraucht, außerdem traut er ihr nicht zu, gestohlene Werke gekauft zu haben. Stutzig geworden, bittet Heiland Roland um ein Bild von Heidrun Kasimir.

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    Noch am selben Abend konfrontiert Heiland ihre Mandantin mit ihren aufgedeckten Lügen. Stammelnd gesteht diese, sie heiße Ingrid Schwarzer und wäre mit ihren Mann Jochen Gesellschafter und Dienstpersonal der Diplomatenwitwe gewesen. Damit stellt sich die Frage, wo Heidrun Kasimir abgeblieben ist.
    Schwarzer sagt, die Witwe wäre vor einem halben Jahr verstorben, und Jochen Schwarzer hätte ihre Leiche unter dem Rhododendron im Garten vergraben. Die Polizei läßt die Leiche exhumieren, und das Ehepaar Schwarzer wird wegen Mordverdachts verhaftet. Als in der Forensik eine Vergiftung festgestellt wird, erhärtet sich der Verdacht.

  • Polizeiruf 110 Folge 303 "Tod im Atelier" (Deutschland 2009, Saxonia Media Filmproduktion für MDR), Drehbuch und Regie: Thorsten Näter, 88 min

    Die Krimiserie Polizeiruf 110 entstand 1971 im Fernsehen der DDR als Gegenstück zum Tatort, um das Programm hinter dem Eisernen Vorhang attraktiver zu machen. Nach dem Fall der Mauer geriet die Serie in die Krise, und startete 1993 als gesamtdeutsche Variante, jetzt auch mit Reihen aus München und aus Österreich.
    Von 1993 bis 2013 ermittelten die Kriminalhauptkommissare Herbert Schmücke und Herbert Schneider 50 Folgen lang in Halle und Erfurt. Die vorgestellte Episode ist der 41. Fall für Schmücke und Schneider.

    Die Ermittlungen beginnen am Tatort, dem Atelier von Jakob Brehme, einem der bedeutendsten Maler der Gegenwart. Brehme wurde mit einem Kittmesser erstochen. Schneider bewundert den großen Künstler wegen seines finanziellen Erfolgs, während Schmücke seine Gemälde finster und fürchterlich findet. Brehme war auch Professor an der Kunsthochschule und galt als Genie, dessen Werke so überragend waren, dass seine Frau Ruth und seine Kollegen an der Kunsthochschule wie Professor Walter Grima, sein menschliches Verhalten als Arschloch geduldet haben.
    Kriminaloberrat Leipolt ist ein Freund der Familie Brehme, weshalb er der Witwe und der Tochter Aurelia Beistand leistet, so dass Schmücke und Schneider die Witwe nicht mehr konfrontieren können. Seit ihrem Autounfall vor einem Jahr sitzt Aurelia im Rollstuhl und wird von ihrem Freund Daniel Röhler betreut.
    Verdächtigt werden Professor Grima, der von Brehme geringschätzig behandelt wurde; die Kunststudentin Anja Schult, mit der Brehme eine Affäre hatte; sowie der Unternehmer Bruno Kolbe, der Brehme für ein Doppelporträt mit seiner Frau beauftragt hatte, und mit dem Ergebnis unzufrieden war.

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    Anja Schult intrigiert, um einen der acht Plätze des Lobau-Stipendiums, biß bei Brehme auf Granit und versucht jetzt Grima zu erpressen, worauf der sich jedoch nicht einläßt. Als sie Grima an einem Lost Place aufsucht, wehrt der sich und stößt Schult von sich weg, die in die Tiefe stürzt und stirbt. Weil Stiefel mit Blutspuren vom Opfer in einer Mülltonne in der Nähe zu Grimas Atelier gefunden wurde, wird Grima verhaftet.

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    Als Schmücke ein erbrochenes Siegel am Tatort entdeckt, fängt er den Eindringling. Daniel Röhler sagt Schmücke, dass der vermeintliche Autounfall ein Selbstmordversuch gewesen ist. Aurelia war nicht nur das Modell ihres Vaters, vielmehr wurde sie von ihm vergewaltigt. Röhler beteuert, in ihrem Tagebuch das angedeutet.
    Ein Kommilitone von Anja Schult, der Kunststudent Hagen Dietrich sucht die Kommissare in der Wache auf und belastet Schult. Schmücke stellt im Atelier zu einem Triptychon zusammen, in dem sich Brehme als schuldigen Autofahrer porträtiert, der Aurelia überfahren hat.

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    Spuren vom Tatort am Rollstuhl belasten Aurelia, weshalb Schmücke weitere Indizien sucht, um die Tochter zu verhalten. In dem Moment gesteht Ruth Breme den Mord, aber die Kommissare glauben ihr nicht.

  • Big Eyes (USA / Kanada 2014, Silverwood Films, Electric City Entertainment, Tim Burton Productions und The Weinstein Company), Drehbuch: Scott Alexander und Larry Karaszewski, Regie: Tim Burton, 106 min, FSK: 0, JMK: 10

    Die amerikanische Malerin Margaret D.H. Keane (1927 - 2022) wurde durch ihre Bilder von Frauen, Kindern und Tieren mit großen Augen bekannt. Weil ihr Gehör in ihrer Kindheit beschädigt wurde, konzentrierte sie sich auf die Augen, um ihr Gegenüber zu verstehen. Schon als Kind nahm sie Zeichenunterricht am Watkins Institute in Nashville, später besuchte sie die Traphagen School of Design in New York City für ein Jahr. Sie arbeitete mit Acryl und Ölfarben, blieb aber eher eine Hobbymalerin.
    Ihr Durchbruch begann in den 1950er Jahren, als sie den Immobilienmakler Walter Keane (1915 - 2000) kennenlernte, der auch Gemälde mit seiner Signatur verkaufte. 1955 heirateten sie in Honolulu. Der geschäftstüchtige Walter Keane verkaufte ihre Werke zunächst im Jazzclub hungry i in San Francisco, wobei er ihre Werke als seine ausgab. Margaret Keane war froh, dass ihre Werke überhaupt Käufer fanden und duldete das Spiel ihre Mannes. Offizielle Kunstkritiker taten ihre Gemälde als Kitsch ab und nahmen sie nicht ernst. Durch Walter Keanes Talent als Promoter wurden die Gemälde in etablierten Galerien ausgestellt, an ihrem Höhepunkt sogar auf der Weltausstellung 1965 in New York.
    Sie verließ Walter Keane und schloß sich den Zeugen Jehovas an, wodurch sie 1970 bei einer Radiosendung den Mut fand, selbst als Schöpferin der Werke ins Licht der Öffentlichkeit zu treten, die fälschlicherweise als Walter Keanes gehandelt wurde. 1986 verklagte sie Walter Keane, und es kam zu einem Prozeß, in dem der Richter beide Parteien in der Öffentlichkeit ein Gemälde anfertigen ließ. Walter klagte, er habe eine schmerzende Schulter, aber Margaret schuf in 53 Minuten ein weiteres Werk.
    Joan Crawford, Natalie Wood und Jerry Lewis ließen sich von ihr porträtieren. 2018 erhielt Margaret Keane auf der Los Angeles Art Show einen Preis für ihr Lebenswerk. Walter Keane hingegen gilt als Plagiator.

    Aufgrund dieser Erfahrungen war Margaret Keane mißtrauisch, als die Autoren Scott Alexander und Larry Karaszewski an sie herantraten, um von ihr die Rechte für ein Biopic zu erhalten, weil die beiden einen guten Ruf mit ihren Offbeat-Filmporträts hatten. Auf diese Weise entstand ein Drehbuch ohne eine Produktion im Hintergrund. Im Oktober 2007 hieß es zum ersten Mal, ein Film unter 20 Millionen Dollar sei spruchreif, doch das Projekt wurde wieder vertagt. Im September 2010 wurde Tim Burton, ein Keane-Sammler, als Produzent angekündigt, im Juli und August 2013 begannen dann endlich die Dreharbeiten.
    Der Film konzentriert sich auf die Beziehung zwischen Margaret und Walter Keane, indem er sie zeitlich verdichtet. Vor der Kamera ist Lindsay Wiens das Handdouble von Amy Adams, historische Gemälde wurden von Lisa Godwin und Gordon Hughes reproduziert, während Alyce Fasholtz am Set als Standby Maler aktiv war. Das Biopic war für mehrere Preise nominiert, von denen es zwei gewann, und wurde positiv von der Kritik aufgenommen.

    Der Journalist Dick Nolan vom San Francisco Examiner fungiert als Off-Erzähler. Er setzt 1958 mit seiner Geschichte ein, als Margaret Ulbrich mit ihrer Tochter Jane ihren Ehemann Frank in Nordkalifornien verläßt und nach San Francisco zieht. Bei einem Straßenverkauf lernt sie den Immobilienmakler Walter Keane kennen, einen Sonntagsmaler, der von sich sagt, er habe Malerei an der Beaux-Arts in Paris studiert und ein Atelier am Rive Gauche gehabt. Die beiden verstehen sich, und Walter unterstützt Margaret beim Verkauf ihrer Werke. Beim Galeristen Ruben, für den Kunst Mode ist, stößt Walter mit den figurativen Werken Margarets und seinen Pariser Straßenszenen auf Ablehnung.
    Doch im Jazzclub von Enrico Banducci kann er eine Wand für den Verkauf seiner und ihrer Gemälde mieten. Als Walter Keane eines Tages jähzornig ausrastet, berichtet die Zeitung über den Eklat, wodurch er eine gewisse Prominenz gewinnt. Allmählich bringen die Gemälde mit den großen Augen Gewinn, so dass Walter 1960 eine eigene Galerie mit einer Vernissage eröffnen kann. Zwar strömt das Publikum, aber es kauft weniger die Gemälde, stattdessen werden Poster und Postkarten mitgenommen, zunächst kostenlos. Doch Walter Keane vertreibt Poster und Postkarten bald offensiv, so dass die auch in Supermärkten angeboten werden.
    John Canaday, der Kunstkritiker der New York Times, verreißt die erfolgreichen Werke, weil Walter Keane kein Mitglied der Society of Western Artists ist und keine Preise vorweisen könne. Dennoch ist Keane so erfolgreich, dass das Ehepaar 1963 auf ein Anwesen in Woodside, Kalifornien ziehen kann. 1964 entsteht für die Weltausstellung in New York ein großes Gemälde für die UNICEF Halle der Bildung, und im April 1964 erscheint ein sechsseitiges Künstlerporträt in Life. Weil John Canadays Urteil über den Kitsch vernichtend ist, wird das Gemälde vor der Eröffnung wieder abgehängt.
    Irgendwann stößt Margaret Keane auf ihrem Anwesen in einem Lager auf eine Kiste mit Gemälden aus Paris, die von einem S. Cenic signiert wurden. Daraufhin stellt sie den entlarvten Walter zur Rede, der ausrastet. Sie verläßt zum zweiten Mal ihren Mann und zieht 1965 nach Honolulu.
    Dort schließt sie sich den Zeugen Jehovahs an und findet endlich den Mut, ihren Mann zu entlarven. Bei dem regionalen Radiosender KHNA erklärt sie, sie sei die Schöpferin der Kunstwerke. Daraufhin kommt es zum Prozeß gegen Walter Keane, der im Malerwettstreit im Gerichtssaal kulminiert. Walter schützt eine Ausrede vor, während Margaret Keane das Beweisstück 224 live fertigt.

  • Beyond Paradise Staffel 1 Episode 3 (Folge 3) "Episode 3 | Der Kunstraub" (Großbritannien 2023, Red Planet Pictures An Asacha Company für britbox und BBC), Creators: Robert Thorogood und Tony Jordan, Drehbuch: Amy Guyler, Regie: Matt Carter, 53 min

    Beyond Paradise ist eine Spin-Off-Serie von Death in Paradise, die 2023 startete und mittlerweile zwei Staffeln mit je sechs Folgen und ein Weihnachtsspecial vorweisen kann. Im Mittelpunkt steht Detective Inspector Humphrey Goodman (Staffel 3 bis 6), der wegen seiner Freundin Martha Lloyd die Karibik verlassen hat und mit ihr in ihren Heimatort gezogen ist, das kleine Fischerstädtchen Shipton Abbott an der Küste von Devon. Dort leitet DI Goodman den ländlichen Polizeiposten und beschäftigt sich neben Mord mit Entführungen, Vermisstenfällen, Einbrüchen und Diebstählen.

    Lady Louise Fitzallan ist die Hausherrin auf dem Landsitz Shipton Manor, auf dem die feierliche Rückkehr des Gemäldes "Solo Mare" (1710) vorbereitet wird. Das Bild des gleichnamigen Pferdes stammt offiziell von ihrem Urururgroßvater Augustus Craig und wird auf 500.000 Pfund geschätzt. Allerdings wird die Provenienz angezweifelt, denn Isla Jay behauptet, es stamme von Edith Jay, einem Stallmädchen, das von Augustus Craig gefördert wurde und später selbst zur Künstlerin avancierte.
    Zur Zeit gehört das Werk noch dem Künstler und Kunsthändler Terence Witham, der das Werk im Januar 2022 auf einer Kleinstadtautktion entdeckte und der für seinen Nischengeschmack bekannt ist, weil er sich auf bestimmte Werke spezialisiert hat. Für den Presseauftritt am nächsten Morgen wird das Gemälde in einem schweren, vergoldeten Rahmen präsentiert und verschwindet über Nacht hinter einem roten Vorhang. Obwohl ein Polizist Wache hält, ist das Gemälde am nächsten Morgen verschwunden.

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    Isla Jay zeigt den Ermittlern eine Skizze von "Solo Mare", die sie von ihrem Vater Howard Jay bekommen hat und Edith Jay als Urheberin des Kunstwerks bestätigt.
    Bei der Untersuchung fällt auf, dass Lady Louise Fitzallan eigentlich finanziell klamm ist. Der Police Constable entdeckt sie dabei, wie sie dem vorbestraften Aaron Cole Geld zusteckt. Cole sollte in ihrem Auftrag, die "Solo Mare" stehlen - allerdings erst, nachdem sie das Gemälde gekauft hätte, also eine Nacht später.
    Terence Witham pocht darauf, den leeren Rahmen so schnell wie möglich zurückzubekommen, und irgendwann gibt DI Goodman gutmütig nach. Dass Witham eine Vorliebe für Banksy hat und früher Entfesselungskünstler im Zirkus war, scheint nur eine skurrile Note zu sein.

  • Der Alte Staffel 45 Episode 8 (Folge 443) "Verspottung" (Deutschland 2021, neue münchner filmproduktion), Drehbuch: Claus Stirzenbecher, Regie: Eva Marel Jura, 59 min

    Diese Episode setzt die Alte Pinakothek, das Kunstmuseum der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen im Kunstareal München, eine der bedeutendsten Gemäldegalerien, ausgiebig in Szene.

    In seinem Büro am Kunsthistorischen Institut der Universität, wird Professor Doktor Klaus Renner (59) aufgefunden, erstochen mit einem Brieföffner. Den Ermittlern fällt eine tote Eidechse auf. Natürlich befragen sie die Ehefrau des Opfers, Elena Renner.
    Verdächtig sind Ion Barbulescu, ein Informatiker aus Rumänien, der als Systemadministrator arbeitet, sowie vier Studentinnen aus dem Seminar Niederländische Malerei des Barock. Renners Doktorandin Sandra Menzel stammt aus kleinen Verhältnissen und arbeitet als Aufseherin in der Alten Pinakothek. Sie träumt davon, an der Universität forschen und lehren zu können. Ihre Mutter Ilse Menzel verdient ihren Lebensunterhalt in der Cafeteria der Alten Pinakothek.
    Die übrigen drei Studentinnen bilden eine Clique, die eine großzügige WG bewohnt. Angeführt wird die Clique von Marlene von Egoffstein (26), die in Paris durch familiäre Kontakte eine Stelle am Louvre in Aussicht hat, als Assistentin des Kurators. Ihre Kommilitonin Vera Wermeling (25) sagt, sie werde Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut. Die Dritte im Bunde, Dagmar Richartz (26), freut sich darauf, Mutter zu werden, und bedauert, ihre Zeit mit dem Studium verschwendet zu haben. Die Clique hält zusammen und glaubt, niemand könne ihnen etwas anhaben, solange sie dichthalten; doch damit erweckt sie bei den Ermittlern Mißtrauen.
    Kriminalhauptkommissar Richard Voss sucht Elena Renner auf, weil er mehr über die Eidechse in der Kunstgeschichte wissen will. Sie schlägt ein Buch auf und liest ihm vor. Im 16. Jahrhundert steht die Eidechse für die Sündhaftigkeit der Welt und die Auferstehung.

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    Weil Barbulescu die Eidechse an Renner geschickt, wird er verhört und verhaftet.
    Bei der Sichtung der Daten stoßen die Ermittler darauf, dass Renner im nächsten Jahr in Augsburg Direktor am Museum für Moderne Kunst werden sollte; vermittelt hatte ihm die Stelle der Unternehmer Georg Wermeling, der Vater von Vera.
    Als Aufseherin ist Sandra Menzel auf ein bestimmtes Gemälde in Saal IX fixiert, vor dem sie ständig steht. Dabei handelt es sich "Die Verspottung der Ceres" (um 1640/45) von Matthias Stom oder Matthias Stomer (1589 - 1670), der als Caravaggio-Nachfolger eine Erzählung aus dem antiken Epos Metamorphosen von Ovid umsetzt. Darin verwandelt die Göttin Ceres einen Jungen, der sie verspottet hat, in eine Eidechse.
    In der WG der Höheren Töchter erhält jede Studentin eine Eidechse aus Gummi.

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    Barbulescu hat sich gut mit Sandra Menzel verstanden, weil beide Außenseiter waren, und hat sich ihr anvertraut. Er sagt, Menzel habe ihr von einem Umtrunk im Institut erzählt, bei dem auch Renner anwesend war. Die Studentinnen hätten Flaschendrehen gespielt. Der Spaß kulminierte in der Vergewaltigung Menzels mit einer Flasche durch die drei Berufstöchter.
    Am Tatort lädt Kommissar Voss die drei Studentinnen vor und macht ihnen klar, dass sie für dieses Verbrechen bestraft werden. Er sagt, Renner habe Wermelings Angebot für Augsburg abgelehnt, weshalb Vera Wermeling die Stelle am Institut nicht erhalten sollte, sondern Sandra Menzel, der er sie zuerst versprochen hatte.

  • The Chelsea Detective Staffel 2 Episode 1 (Folge 5) "The Blue Room | Im blauen Zimmer" (Großbritannien 2023, Expectation Drama Ltd. und Acorn TV Media Enterprises A division of AMC Networks), Creator: Peter Fincham, Drehbuch: Glen Laker, Regie: Richard Signy, 90 min

    Der Bezirk Chelsea in London gehört zu den nobleren. Hier ermittelt Detective Inspektor Max Arnold, der auf einem Hausboot wohnt und gern Rad fährt. Manchmal holt er sich von seiner Ex Astrid Fischer, die eine kleine Galerie besitzt und aus der DDR stammt.
    Von der Serie auf der Streamingplattform Acorn TV liegen bisher zwei Staffeln mit je vier Episoden vor, eine dritte Staffel sowie ein Weihnachtsspecial sind in Planung.

    Am 12. Oktober 2023 ist die Vernissage der Ausstellung "The Lost Pieces: A Retrospective of East German Artists" in The Chaban Gallery eine geschlossene Gesellschaft der höheren Kreise. Die Hauptattraktion bildet das Gemälde "Im blauen Zimmer" (1942 [sic!]) von Friedrich Gustav, das die Galeristin Rebekah Chaban für 1,3 Millionen Pfund bei Sotheby's ersteigert hatte. In der folgenden Nacht wird der Galeriemanager Christopher Milton-Elwes erschlagen in der Galerie aufgefunden. Außerdem fehlen vier Gemälde: "Im blauen Zimmer" sowie die zwei Gemälde von Christian Vessel wurden unprofessionell aus dem Rahmen geschnitten; das vierte, kleine, "Luisa" von Konrad Müller fehlt samt Rahmen. Die Vessels und der Müller waren einzeln 200.000 bis 300.000 Pfund wert; der gesamte Schaden beträgt über zwei Millionen Pfund.
    Die Galeristin Rebekah Chaban, geborene Vidic, gilt als Königin von Chelsea, obwohl sie in Berlin geboren wurde und vor ihrer Heirat Lehrerin war. Als sie Benoît Chaban heiratete, ging das durch die Presse, denn seine Familie besitzt ein Vermögen von 400 Millionen Dollar und hat einen internationalen Flottenservice. In ihrem herrschaftlichen Haus werden die Chabans von Cassandra Lyall bedient, einer Freundin Rebekahs und Mädchen für alles. Ein weiterer Angestellter ist der Ex-Polizist Roy Colin, Benoîts Chauffeur.
    Darüber hinaus besteht der Kreis der Verdächtigen aus dem Anwalt Gregory Milton-Elwes, mit dem Christopher verheiratet war; Toby Hansard, dem Personal Trainer von Rebekah Gregory und dem dubiosen Kunsthändler Gulliver Bauer, der wegen Steuerhinterziehung in Belmarsh einsitzen mußte.
    Die Ermittler möchten gern die privaten Kunstschätze der Chabans in deren Villa sehen, doch das blockt Rebekah vehement ab. Am selben Abend trifft DI Arnold seine Ex Astrid in ihrer The Old Key Gallery und erfährt von ihr, dass sie sich um diese Ausstellung bemüht habe und der Titel von ihr stamme, aber Rebekah Chavan habe ihr die Ausstellung weggeschnappt.

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    Anonym werden von Benoît Chaban 100.000 Pfund Lösegeld für die Kunstwerke gefordert. Die Polizei bewacht die Übergabe in einem Parkhaus, doch verfolgte Person kann mit dem Geld entkommen.
    Am Abend geht Rebekah in ihren gesicherten, klimatisierten Raum mit ihren privaten Kunstwerken. Dabei wird sie eingeschlossen und kann in letzter Sekunde davor gerettet werden zu ersticken; aber durch diese Rettungsaktion wird der Raum zum Tatort, so dass die Polizei ihn jetzt ohne Durchsuchungsbeschluss betreten kann. Auf diese Weise werden ihre Kunstwerke sichergestellt.

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    Die Geflüchtete mit dem Lösegeld wird als Kitty Colin identifiziert, die Tochter von Roy Colin. Der behauptet im Verhör, mit der Forderung habe er seinen Boss nur testen wollen.
    Astrid Fischers Meinung zu den sichergestellten Kunstwerken ist gefragt. Eines davon erkennt sie als Rinzlers "Portrait von Emilia" (1999), das während einer Ausstellung im Madrid verschwand. Rebekah Chaban muß sich wegen Raubkunst verantworten.
    In einem Schließfach des Eurostar-Terminals im Bahnhof St. Pancras entdecken die Ermittler Müllers "Luisa".

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    Gregory Milton-Elwes gesteht den Diebstahl. Konrad Müller war der Urgroßvater von Christopher Milton-Elwes, der "Luisa" den seiner Meinung nach rechtmäßigen Eigentümern wieder zukommen lassen wollte, nämlich seiner Familie in Potsdam.
    Die Chaban Gallery war früher das Restaurant Olivenzweig gewesen, und der Galeriemanager hatte den Umbau in eine Galerie geleitet. Zum Schluß entdecken die Ermittler den Zugang zu einem Raum, der bloß versperrt wurde, nämlich der alten Küche. Dort finden die Ermittler die aus dem Rahmen geschnittenen Gemälde und ein blutbeflecktes Kleidungsstück ...

  • Enkelstöten | Nur ein Bankraub Staffel 2 Episode 1 bis 6 (Folge 7 bis 12) (Schweden 2019, C More, FLX, Film i Väst und TV4), Drehbuch: Erik Hultkvist, Tapio Leopold und Inger Scharis nach dem gleichnamigen Roman (1976) von Tomas Arvidsson, Regie: Felix Herngren und Emma Bucht, 279 min

    In dem Roman von Tomas Arvidsson geht es um einen Lehrer aus der südschwedischen Kleinstadt Kalmar, der die Handelsbanken in Stockholm ausraubt. Der Krimi wurde 1980 als Miniserie verfilmt, der zwei weitere Staffeln folgten.
    2017 folgte ein modernisiertes Remake, allerdings mit einem Gender Swapping: Hier stehen zwei sechzigjährige Frauen im Mittelpunkt, die Krankenhausärztin Cecilia Stensson und die Mathematiklehrerin Jenny Bertilsson. Die zweite Staffel 2019 wurde als beste humoristische Sendung mit dem Kristallen ausgezeichnet.

    Angelpunkt ist diesmal der Honoratiorenclub Kalmar Fellows, ein Männerbund alter Sorte, der einmal im Jahr das Goldschlüssel-Stipendium vergibt, ein Auslandsstipendium für drei Jahre. Jenny Bertilsson sitzt mit ihrem Ex-Mann Gunnar und ihrer Tochter Harriet im Publikum, die leider nur einen Trostpreis bekommt.
    Zur selben Zeit sitzt Cecilia Stensson mit ihrem Mann Jan in einer Auktion bei Redman & Bailey. Dort bietet Jan im Auftrag eines Kalmar Fellow mit, als es um die Installation "Call to Action" von Vendela Klerk geht, Mindestgebot drei Millionen Schwedische Kronen. Durch ein Bietergefecht mit dem Kunstkenner Bert steigt der Preis auf sechs Millionen. Dadurch geht das Kunstwerk in den Besitz des Oberzeremonienmeisters Patrik Delborn über, der es in seiner Villa unterbringt.
    Jenny ist wütend, und zusammen mit Cecilia kommt sie zu dem Entschluß, einen feministischen Kunstraub zu begehen, um Harriet zu helfen. Deshalb suchen sie nach einer Hehlerin, die sie in der Galeristin Julia Dankelmann aus Göteborg finden. Die stand unter dem Verdacht, geraubte Kunst gehandelt zu haben, wurde jedoch freigesprochen.
    Auf Umwegen finden die beiden Frauen heraus, wo die Schwachstelle von Delborns Alarmanlage liegt. Weil deren Kamera erst nach zwei Sekunden anspringt, nutzen sie eine kleine ferngesteuerte Drohne, um Delborn solange mit Fehlalarmen zu nerven, bis er die Alarmanlage ausstellt. Dann schlagen sie zu, müssen aber überstürzt fliehen; außerdem läßt Cecilia noch eine Breitling-Uhr mitgehen.

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    Nach der Flucht merken sie, dass die Installation unvollständig ist, denn es fehlt eine Tonaufnahme.
    Auf einem Essen hat Delborn geprahlt, er habe das Kunstwerk nur zur Spekulation gekauft, denn Vendela Klerk liege mit COPD im Sahlgrenska Krankenhaus in Göteborg im Sterben. Nach ihrem Tod werde der Wert steigen; die Investition teilt er sich mit zwei Kalmar Fellows. Wegen der ausgeschalteten Alarmanlage droht die Versicherung, nicht zu zahlen, so dass Delborn unter Druck gerät.
    Jenny und Cecilia schleichen sich ins Sahlgrenska Krankenhaus, um am Bett von Vendela Klerk eine gefälschte Aufnahme herzustellen. Damit können sie die Expertin Julia Dankelmann täuschen, deren Vater Vendela Klerk entdeckt hatte.

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    Als potentiellen Käufer des Diebesguts schlägt Dankelmann den leer ausgegangenen Bieter der Auktion vor. Bei dem Kunstkenner handelt es sich um Bert Erlandsson, den SMS-König.
    Harriet arbeitet inzwischen an der Rezeption der Polizei in Kalmar, die die Kunsträuber sucht.
    Dankelmann arrangiert ein konspiratives Treffen in einer Halle im Industriegebiet Flerohopp, damit sich Erlandsson die Installation ansehen kann. Der ist auch zunächst begeistert, bis er die gefälschte Tonaufnahme bemerkt. Erbost schnappt er sich die CD und nimmt sie mit, um sie draußen wegzuschmeißen. Durch Harriet erfährt Jenny, dass die Polizei ihre Spur aufgenommen hat.

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    Jenny, Cecilia und Julia können in letzter Minute entkommen.
    Als nächsten Plan schlägt die Galeristin ihren Komplizinnen vor, dass gestohlene Kunstwerk seinem Besitzer zurückzuverkaufen: Artnapping. Die Verhandlungen finden über das Internet statt. Die Artnapper verlangen drei Millionen, aber Delborn möchte zunächst einen Beweis, dass sie das Kunstwerk auch haben: einen Cut. Schließlich einigen sich beide Parteien auf eine halbe Millionen Kronen für den Cut. Weil Delborn nicht so viel Bares hat, zahlt er in Goldbarren.

  • M - Eine Stadt sucht einen Mörder (Deutschland 1931, Nero-Film AG), Drehbuch: Thea von Harbou und Fritz Lang, Regie: Fritz Lang, Länge der letzten rekonstruierten Fassung: 107 min, Länge laut Zensurkarte: 117 min, FSK: 12 (nach Neuprüfung)

    Fritz Lang wurde in Österreich geboren, erwarb 1922 die deutsche Staatsbürgerschaft und nach seiner Emigration 1939 die der USA. Neben Georg Wilhelm Pabst und Friedrich Wilhelm Murnau prägte er die Filmgeschichte des Stummfilms und des frühen Tonfilms der Weimarer Republik, außerdem gehörte er in Hollywood zu den Gründervätern des Film Noir.
    Lang hat etliche Filme geschaffen, die als Klassiker eine ausführliche Würdigung wert wären: Beispielhaft für sein beachtliches Werk nenne ich hier seinen Zweiteiler Die Nibelungen (1924), Der müde Tod (1921), den Zweiteiler Dr. Mabuse, der Spieler (1921/22) sowie seine Science-Fiction-Filme Metropolis (1927) und Frau im Mond (1928/29). Ähnlich wie Stanley Kubrick, Billy Wilder, Ernst Lubitsch oder Alfred Hitchcock lohnt sich eine tiefere Auseinandersetzung mit seinem Werk. Besonders für seine frühen Filme muß jedoch in Rechnung gestellt werden, dass die heute zugänglichen Versionen filmhistorisch rekonstruierte Fassungen sind, also gegenüber den ursprünglichen Fassungen mit entsprechender Vorsicht zu genießen.

    Die Geschichte um den in Berlin gejagten Kindermörder, stilprägend verkörpert von Peter Lorre, ist weit mehr ein Krimi. Langs erster Tonfilm liefert ähnlich wie die Mabuse-Filme ein historisches Zeitbild, in dem gesellschaftliche Entwicklungen und Konflikte wie in einem Bernstein eingefangen. Konkret interpretiert, geht es um die innere Zerrissenheit der jungen Demokratie und den Aufstieg der Nationalsozialisten.
    Angetrieben wird der Motor der dramatischen Dynamik von dem Organisierten Verbrechen, das sich durch die Jagd der Polizei nach dem Unhold in seinen Geschäften erheblich gestört wird und deshalb aktiv wird, um der Justiz zuvorzukommen. Dabei erinnert einer der Bosse der Unterwelt, der Schränker in seinem schwarzen Mantel, den Uniformen der SS.
    Für den ermittelnden Kommissar Karl Lohmann gibt es ein reales Vorbild, nämlich den berühmten Berliner Kriminalbeamten Ernst Gennat (1880 – 1939), der die Methoden der Polizei revolutioniert und auf den neuesten technischen Stand gebracht hat. Die quasi dokumentarische Sicht auf das Prozedere der Ermittler wirkt bis heute nach, denn das Echo hallt in den Nachfolgern Stahlnetz, Tatort oder Dragnet weiter. Als Charakter lieferte Lohmann die Blaupause für zahlreiche Kommissare bis in die 1970er.
    Lang weiß seine Einstellungen zu komponieren, wofür er teilweise auf kunstgeschichtliche Vorbilder zurückgreift. So orientiert sich der Femeprozeß der Unterwelt an dem Gefangenen an Karikaturen von Honoré Daumier.
    Wenn es um die besten Filme der Welt geht, findet sich M auch heute noch unter den Top Ten.

  • Wieso ist ein Film, der "filmhistorisch rekonstruiert" ist, mit Vorsicht zu genießen? Wird er damit nicht in eine Form gebracht, die der so weit wie möglich ähnelt, die der Regisseur wollte?

    Noch eine Anmerkung zu "M": Es ist sicher richtig, daß Lang die Zeitstimmung kurz vor der Nazizeit zutreffend und beinahe prophetisch erfaßt hat. Ich bin mir aber nicht sicher, ob das seine zentrale Absicht war. Er und auch Drehbuchmitautorin Thea von Harbou arbeiten mit Yellow-Press-Methoden: die Angst von Müttern um ihre Kinder wird benutzt, um den Mörder möglichst böse darzustellen (wobei ich keinen Kindermord gutheißen möchte). Dabei spielt Peter Lorre einen pathologischen Fall. Es ist schon ein sehr guter Film, aber Lang war in dieser Hinsicht oft etwas unseriös.

  • Die rekonstruierten Fassungen weisen in der Regel im Vorspann auf ihre Bedingtheit hin und machen deutlich, dass sie eben keine Originale oder Director's Cut sind. Wie gut diese Rekonstruktionen werden können, hängt auch davon ab, was heute noch vom Material des Filmes kursiert und verwendet werden kann. Als Arte vor einigen Wochen M ausgestrahlt hat, haben sie ausdrücklich auf Zensurkarten verwiesen, und das heißt meiner Ansicht nach, es gibt Sequenzen, die heute nur noch als Drehbuchfassung respektive Zensurkarte vorliegen und eben nicht als Film. Die Rekonstruktion weist also häufig Lücken auf.
    Soweit ich das mit meiner Erfahrung beurteilen kann, gibt es auch Moden der Rekonstruktion, die ihrem eigenen Zeitgeist verpflichtet sind, also eher ein populäres Publikum ansprechen und weniger historisch-kritisch rekonstruiert worden sind. Ein berühmtes Beispiel dafür ist Giogio Moroders Metropolis-Fassung (1984), die heute mit der entsprechenden Vorsicht beurteilt wird.

  • An Giorgio Moroder habe ich auch gedacht. Diese Fassung würde ich nie als filmhistorisch bezeichnen. Klar, bei Filmen ist manches für immer verloren, aber eine Rekonstruktion ist in meinen Augen immer noch besser als eine geflickte, zerkratzte oder sonstwie beschädigte Originalkopie.

  • Die geflickte, zerkratzte oder sonstwie beschädigte Originalkopie bildet das Rohmaterial, wenn es darum geht, neue Fassungen zu rekonstruieren. Dieser Zweig nennt sich Filmarchäologie, und das ist manchmal ein Glücksspiel. Immer mal wieder tauchen alte Filmrollen bei Sammlern von Originalen oder auf den berühmten Dachböden auf, teilweise auf Nitrofilm, und die müssen zunächst kritisch betrachtet werden. Was ist noch verwertbar? Ist das unter um Umständen eine Fassung, die bislang nicht bekannt war?
    Den größeren Rahmen liefert dann die Finanzierung einer solchen Anstrengung. Die Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung hat meines Wissens noch etliche Werke auf Lager, die theoretisch rekonstruiert werden müßten, aber da fehlt das Geld. Und bei der öffentlichen Hand fließt das Geld meist in Verbindung mit bestimmten Anlässen des kulturellen Erbes, zum Beispiel bei anstehenden Jubiläen.

    Was die Seriösität betrifft: Film ist ein teures Medium, bei der eine Menge vorfinanziert werden muß, bis die erste Kinokarte gelöst werden kann. Langs Film ordne ich in die Sparte gehobene Unterhaltung; es ging ihm nie darum, eine kriminologische Studie zu erstellen. Das ist ein anderes Paar Schuhe.

  • Aber er griff gern zu grellen Effekten. Ich habe zugegeben vorher meine Kriterien nicht offengelegt, aber ich mag Filme, die eher an Instinkte appellieren, nur selten.

    Mit der Rekonstruktion eines Films hatte ich erst kürzlich bei "Dr. X" von Michael Curtiz zu tun. Da war zumindest die Farbfassung lange verschollen. Er war nur noch in Schwarz-weiß verfügbar, wie er auch 1932 in den meisten Kinos vorgeführt wurde. Man entdeckte erst 1978 eine Technicolor-Kopie im Vermächtnis von Jack L. Warner.

  • Jeanne Dielman, 23, quai du Commerce, 1080 Bruxelles | Jeanne Dielman (Belgien / Frankreich 1975, Paradise Films und Unité Trois), Drehbuch und Regie: Chantal Akerman, 201 min, FSK: 16

    Chantal Akerman drehte seit 1968 Kurzfilme, doch ihr internationaler Durchbruch gelang ihr erst mit ihrem zweiten Langfilm. Vorher lebte sie mehrere Jahre in New York City, wo sie ihren Stil herausbildete. Für diesen Film bekam Akerman eine Förderung im Wert von 120.000 US-Dollar vom belgischen Staat, und seine Premiere feierte er in der renommierten Quinzaine des Réalisateurs auf den 28. Internationalen Filmfestspielen in Cannes 1975.
    Doch die Kritik nahm ihn zunächst zwiespältig auf, dann entwickelte er sich langsam zu einem Kultfilm, und heute gilt er als das erste Meisterwerk des feministischen Films, als einer der besten Filme überhaupt. Sofia Coppola, Gus van Sant und Kelly Reichardt zählen zu den Bewunderern, die sich auf Akermans Opus magnum berufen.

    Damit macht es der Film dem Publikum nicht leicht. In langen, statischen Einstellungen wird das alltägliche Leben von Jeanne Dielman gezeigt, einer 40jährigen Mutter, die vor sechs Jahren ihren Ehemann Georges verloren hat. Trotz der beengten Verhältnisse kümmert sie sich um ihren 16jährigen Sohn Sylvain, der gerne liest. Das Prozedere der Tage ist streng getaktet, weshalb es bei Unstimmigkeiten leicht aus dem Takt gerät. Bevor Sylvain nach Hause, empfängt Jeanne jeden Tagen einen Freier, um Geld zu verdienen; ansonsten lebt sie ziemlich isoliert. Zeitweise paßt sie auf das Baby ihrer Nachbarin auf, und in ihrem Stammcafé kennt sie noch die Bedienung Giselle, ansonsten verläuft ihr Leben eintönig. Außerdem muß sie sparsam haushalten; so läßt sie das löchrige zweite Paar Schuhe Sylvains von einem Schuster flicken; zur Nacht muß das Schlafsofa im Wohn- und Eßzimmer ausgeklappt werden, damit Sylvain schlafen kann. Im Gegenzug gibt es unter der Woche täglich warme Fleischgerichte.
    Akermans Meisterwerk zählt zum Slow Cinema und überläßt es dem Publikum, sich mit dem Gesehenen zurechtzufinden, denn im Finale wird deutlich, dass es sich um die Backstory eines Genrekrimis handelt. Mit den gezeigten drei Tagen bleibt der Film bei der klassischen Dreiaktstruktur, die jedoch unspektakulär und ohne Rotlichtklischees daherkommt. Zunächst mag der Film realistisch wirken, doch je länger sich jemand darauf eingelassen hat, umso deutlicher wird, wie Akerman Tageslicht, elektrisches Licht und Dunkelheit dramaturgisch setzt. Auf mich hat er deshalb weniger wie ein in sich abgeschlossener Spielfilm gewirkt, sondern eher wie eine dreiteilige Miniserie, die langsam ihren Sog entwickelt.

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