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Alt 09.05.2020, 16:38   #1  
Servalan
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  • Günter Grass: Die Blechtrommel (Luchterhand 1959)
  • Die Blechtrommel - Director's Cut (Bundesrepublik Deutschland / Frankreich 1979 / 2010), Drehbuch: Volker Schlöndorff, Jean-Claude Carrière und Franz Seitz junior, Regie: Volker Schlöndorff, 156 min, FSK: 16
Die Literaturverfilmung wurde neben dem Oscar als Bester fremdsprachiger Film auf dem Filmfestival in Cannes mit einer Goldenen Palme ausgezeichnet. - Somit verbindet er allgemeinen Unterhaltungsanspruch mit gehobenem Anspruch.
Das erste Mal muß ich ihn 1984 in der ARD gesehen haben, erinnert habe ich mich nur an einzelne Szenen - zum Beispiel das Aalefangen mit dem Pferdekopf. Oskar Matzerath ist zu eigenwillig, um ihn sympathisch zu finden. Im wahren Leben hätte ich mich mit so jemandem nicht anfreunden können.

In der ARD-Mediathek habe ich ihn wiederentdeckt und wollte mal sehen, wie der Film jetzt auf mich wirkt. Das ist schon großes Kino, was Schlöndorff hier bietet. Und mit Sex, Tod und Nazis fährt er alles auf, das Amerikaner vom deutschen Kino erwarten.
Der Film bleibt zwar nah am Roman, verfilmt wurden aber nur zwei der drei Bücher, aus denen Grass' Werk besteht, und die Rückblenden hat Schlöndorff auch ausgespart. Grass spätes Geständnis als junger überzeugter Nazi überrascht nicht wirklich, denn eines ist Oskar Matzerath keinesfalls: ein Widerstandskämpfer. Eher ist der ein renitentes, teilweise bösartiges und egozentrisches ewiges Kind. Nazis kommen dauernd vor, machen jedoch häufig eine lächerliche Figur und demontieren sich selbst.
Mittlerweile hat sich das Filmhandwerk geändert, so daß der Streifen deutlich gealtert ist. Viele Szenen würden heute anders inszeniert, dennoch läßt er sich locker anschauen. Mit dem Sturm auf die polnische Post in Danzig liefert der Streifen heftige Action mit diversen Explosionen. Die zweieinhalb Stunden Laufzeit vergehen ziemlich kurzweilig.

Den zugrundeliegenden Roman habe ich nie gelesen. Bei mir steht noch Der Butt von Grass im Regal, bislang ungelesen.

Geändert von Servalan (09.05.2020 um 16:52 Uhr)
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Alt 09.05.2020, 17:31   #2  
Peter L. Opmann
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Schlöndorff hat mit "Die Blechtrommel" den Oscar für den besten ausländischen Film gewonnen - nicht vergessen!

Ich habe den Roman gelesen - mehr oder weniger. Das Problem war, daß mich der Film so stark beim Lesen beeinflußte, daß ich begann, zu blättern und querzulesen, bis ich zur nächsten Stelle kam, die im Film ebenfalls wichtig war.

Die beste Szene im Film ist für mich die, wo der Gauleiter zu Besuch kommt und Oskar Mazerath im Verborgenen mit seiner Trommel den Marschrhythmus der Musiker durcheinanderbringt. Am Ende fangen die Leute, die nur als Staffage für den Aufmarsch des Nazi-Bonzen dienten, an zu tanzen. Das ist Rock'n'Roll!
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Alt 30.08.2020, 15:36   #3  
Servalan
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  • Alexandre Dumas der Ältere: Le Comte de Monte-Cristo | Der Graf von Monte Christo (1844-1846)
  • Le Comte de Monte-Cristo | Der Graf von Monte Christo (Frankreich / Italien 1943), Drehbuch: Charles Spaak, Regie: Robert Vernay, 2 x 90 min schwarzweiß
Wo haben die den alten Schinken bloß ausgegraben? Die Fassung hat schon deutlich Staub angesetzt und wirklich ziemlich theatralisch, denn es gibt kaum Außenaufnahmen. Die Kriegsproduktion fährt prunkvoll Kostüme und Ausstattung auf, ansonsten wirkt sie ziemlich steif. Zum Ausgleich gibt es Massenszenen auf Bällen und im Theatersaal.

Den Roman habe ich mit Genuß auf französisch gelesen, zwei Bände zu je knapp 800 Seiten. Trotz der Länge der Verfilmung ist die Adaption erheblich gekürzt. Die beiden Filme sind klassisches Erzählkino, bei dem es kaum zu Actionszenen kommt, die werden eher gemieden.
Mit seinen zahlreichen Subplots baut Dumas eine dichte Story auf, das Panorama eines Gesellschaftsromans. Die kleinen Details des verschachtelten Plots funkeln. Dagegen ist die Verfilmung grob gestrickt.
Besonders im ersten Teil mit den jungen Figuren fällt auf, daß sich das Alter der Schauspieler nur mit Aufwand verjüngen läßt. Der Hauptdarsteller Pierre Richard-Willm war damals schon in den 40ern und zeigt ein deutliches Profil, weshalb der junge Edmond Dantès mich nicht von seiner Jugend überzeugen kann.

Die Story an sich ist überzeugend, deshalb läßt sich die Verfilmung auch heute noch sehen. Die muß sich allerdings mit einer passablen Note begnügen: 7/10.

Geändert von Servalan (30.08.2020 um 16:09 Uhr)
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Alt 31.08.2020, 18:54   #4  
Servalan
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  • Uwe Tellkamp: Der Turm. Geschichte aus einem versunkenen Land. Roman (Suhrkamp 2008, Weltbild 2009)
  • Der Turm (Deutschland 2012, teamWorx), Drehbuch: Thomas Kirchner, Regie: Christian Schwochow, 2 x 90 min, FSK: 12
Der Roman wurde mit Preisen gewürdigt: Uwe-Johnson-Preis, Deutscher Buchpreis, Deutscher Nationalpreis und dem Literaturpreis der Konrad-Adenauer-Stiftung. Ähnlich verhielt es sich mit der Verfilmung, die bekam den Bambi, die Goldene Kamera, den Grimme-Preis, den Jupiter Filmpreis und eine Auszeichnung durch die Deutsche Akademie für Fernsehen.
In dem Roman habe ich bei Erscheinen mal geblättert und einige Zeilen gelesen. Die ganzen Auszeichnungen haben mich eher abgeschreckt.

Den Zweiteiler habe ich damals bei der Erstausstrahlung gesehen, letztes Wochenende habe ich ihn mir zum zweiten Mal angeschaut. Die Story mischt Historisches und Familiäres mit einem Stasi-und-NVA-Drama. Von der Optik befindet sich die Geschichte in der Mitte zwischen Das Leben der anderen und der Serie Weissensee.
Die Umsetzung war konventionell chronologisch, ohne verschreckende Experimente. Die drei Stunden vergehen ziemlich kurzweilig, mir gefällt das Drama, weil Holzhammerklischees vermieden werden.
Warum Buch und Film Der Turm heißen, darüber hat mich Wikipedia aufgeklärt. Lohnt sich.
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Alt 31.08.2020, 19:37   #5  
Peter L. Opmann
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Heute läuft übrigens "Die Blechtrommel" von Volker Schlöndorff bundesweit in vielen Kinos - offenbar leider nur heute.

Wie ich hörte, handelt es sich um eine neu geschnittene und digital aufgefrischte Fassung (4 K). Leider schaffe ich es heute nicht, ihn mir anzusehen, aber ich komme auch ohne Bildschärfen-Brillanz aus und werde ihn mir demnächst nochmal auf Video ansehen.
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Alt 10.12.2020, 15:36   #6  
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  • Klaus Mann: Mephisto – Roman einer Karriere (Querido 1936, Aufbau 1956, Rowohlt 1981)
  • Mephisto (Bundesrepublik Deutschland / Ungarn 1981), Drehbuch: István Szabó und Péter Dobai; Regie: István Szabó, 144 min, FSK: 12
Den habe ich jetzt zum ersten Mal in der Mediathek gesehen. Obwohl der beim Filmfestival in Cannes lief und mit dem Oscar für den besten fremdsprachigen Film ausgezeichnet wurde, hatte ich lange Vorbehalte, die in erster Linie Klaus Maria Brandauer geschuldet sind. Den hatte ich lange Zeit als selbstverliebten Schauspieler betrachtet, der mehr als von sich selbst überzeugt ist - also so ähnlich wie Hendrik Höffgen in seiner Rolle.
Zuerst habe ich meine Vorurteile bestätigt gefühlt, denn Brandauer spielt sehr exaltiert. Dadurch hatte ich anfangs meine Schwierigkeiten, emotional in den Film zu kommen. Als Brandauer zum ersten Mal den Mephisto spielt, war der Bann gebrochen. Teilweise overactet Brandauer ähnlich wie Klaus Kinski, aber das ergibt sich aus der Rolle.

Im Vorspann distanziert sich die Verfilmung vom Roman, dort heißt es "nach Motiven". Szabó nutzt das Schauspiel an sich grandios. Er nutzt das Mittel Film im besten Sinne, und mit Rolf Hoppe als Freund/Gegenpart kommt da eine mitreißende Dynamik ins Spiel.
Anders als im gewöhnlichen Kino wird auf Dialoge mit Schuß-Gegenschuß-Perspektiven weitgehend verzichtet. Häufig sind die Dialoge ja auch verkappte Monologe, und da eignet sich das Fallen der Vierten Wand hervorragend dafür; Die Redner setzen sich selbst eitel in Szene.

Ein Klassiker, der in den knapp 40 Jahren gut gealtert ist. Und thematisch ist der Plot um die Politikferne oder -nähe der Kunst eh zeitlos.
Den Roman habe ich bislang nicht gelesen, und das wird sich kaum ändern. Der Film setzt schon seinen eigenen Maßstab.

Geändert von Servalan (10.12.2020 um 18:07 Uhr)
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Alt 04.01.2021, 19:27   #7  
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  • Agatha Christie: Death on the Nile | Der Tod auf dem Nil (Collins Crime Club 1937)
  • Death on the Nile | Tod auf dem Nil (Großbritannien 1978), Drehbuch: Anthony Shaffer, Regie: John Guillermin, 134 min, FSK: 12
Ein sehr britischer Kriminalfilm, in weiten Teilen ein Kammerspiel im Cataract Hotel und auf dem Nildampfer SS Karnak, der mit Starbesetzung glänzt, allen voran Peter Ustinov als Hercule Poirot. Gut ins Bild gesetzt werden die antiken Bauwerke, hier die Pyramiden von Gizeh sowie die Tempel von Karnak und Abu Simbel.
Poirot ermittelt den Mordfall Lady Linnet Ridgeway Doyle, die sich gerade in den Flitterwochen mit ihrem Mann Simon Doyle befand. Ägypter treten nur am äußersten Rand auf, zu den Verdächtigen zählen fast sämtliche Passagiere, reiche Briten, die jeder ein Motiv, eine Gelegenheit und allesamt schwache Alibis haben. Bis Poirot den Fall gelöst hat, werden zwei Zeugen ermordet. Poirot geht seinem Metier unter den Fittichen des Kolonialoffiziers Colonel Johnny Race nach, die beide natürlich über jeden Verdacht erhaben sind.

Von Agatha Christie habe ich einen Sammelband von Poirot-Geschichten gelesen, allerdings war die Vorlage nicht darunter. Die Verfilmung bringt Spaß und hat sich zum Klassiker entwickelt, der jedoch einige Längen hat.
Großen Schauwert besitzen die Szenen mit den galoppierenden Pferden vor den Pyramiden, die Besteigung einer der Pyramiden sowie die monumentalen Kulissen in Karnak und Abu Simbel. Da geht die Kamera in die Vollen. Ägypter sind Teil der Kulisse, insofern wirkt das historische Ambiente britisch kolonial.
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Alt 30.12.2022, 15:49   #8  
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Monte Christo, die zweite:
  • Alexandre Dumas der Ältere: Le Comte de Monte-Cristo | Der Graf von Monte Christo (1844-1846)
  • Le Comte de Monte-Cristo | Der Graf von Monte Christo (Frankreich / Italien / Deutschland 1998), Drehbuch: Didier Decoin, Regie: Josée Dayan, 388 min in vier Teilen
Nochmal ein paar Anmerkungen zum Roman von Dumas: Wegen seines Umfangs geht das Epos über ein banales Rachedrama weit hinaus und schildert die Verstrickungen der verschiedenen gesellschaftlichen Schichten unter-, mit- und gegeneinander. Besonders der Anfang wirkt aus heutiger Sicht ziemlich umständlich, weil die Exposition recht schematisch verläuft. Nach dieser Hürde entfaltet das Sprachkunstwerk jedoch seinen Sog, und das liegt nicht zuletzt an den zahlreichen Details - das sind quasi Mikroerzählungen, die eine eigene Faszination haben, wie das Leben der Gefangenen auf dem Château d’If oder Abbé Farias Erzählung über die Intrige zur Papstwahl.
Darüber hinaus zeichnet der Roman nach, wie sich der Alltag in gut 25 Jahren im 19. Jahrhundert verändert hat: Von den Segelschiffen zu den ersten Motorbooten, die neue Pünktlichkeit (der Graf wirkt teilweise wie ein Vorläufer von Phileas Fogg), in einem der Subplots gibt es ein lesbisches Liebespaar, das durchbrennt ... Also diese Vorlage ist schon fast postmodern und ziemlich woke, da bräuchte niemand etwas zu switchen, um heutigen Sehgewohnheiten zu entsprechen.

Gestern habe ich den Vierteiler in der Mediathek von Servus TV gebinget. Dabei fühlte ich mich in die Zeit der Adventsvierteiler aus meiner Kindheit zurückversetzt. Drehbuch und Regie haben vor allem am Anfang heftig gestrafft, so daß der Film auf der Gefängnisinsel einsetzt, wo Dantès durchdreht, bevor er Abbé Faria kennenlernt.
Im Wikipediaeintrag wurde die besondere Leistung von Guillaume Depardieu gewürdigt, Gérard Depardieus Sohn, der den jungen Edmond spielt. Aber der hat bloß zwei kurze Szenen, weshalb ich ihn wie einen besseren Statisten mit einer kleinen Sprechrolle empfunden habe. Ornella Mutis älteste Tochter Naike Rivelli wurde ebenfalls jedesmal im Vorspann erwähnt, doch die hatte bloß ein besseres stummes Cameo.
Bei dem Vierteiler fühlte ich mich gut unterhalten, weil er ziemlich werkgetreu vorging. Am meisten geärgert habe ich mich über das verkitschte Ende, das ich wie ein Zugeständnis an ein Massenpublikum empfand, während der Roman Einsichten in menschliches Verhalten gewährt, das von einer Lebenserfahrung zehrt.
Gérard Depardieu ist schon ein guter Schauspieler, zu den Chamäleons seiner Branche zählt er jedoch nicht. Auch wenn die anderen in ihren Rollen zugeben, Dantès nicht erkannt zu haben, bleibt Depardieu für das Publikum immer Depardieu. Zur Drehzeit war er schon etwas stabiler, die Proportion eines Obelix hatte er jedoch noch nicht.
Diese Fassung glänzt vor allem mit Produktionswerten und war damals bei der Erstausstrahlung ein Publikumserfolg. Vor allem die Architektur, die Kostüme, die Außenaufnahmen und die Kamera sorgen für reichlich Eyecandy. Inzwischen hat sich im Filmhandwerk einiges geändert, dennoch wirkt der Vierteiler nicht veraltet, obwohl er gewisse Längen hat.
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