28.06.2018, 11:52 | #176 |
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Der erste war Wyndhams Vorlage zu Village of the Damned | Das Dorf der Verdammten (1960): The Midwich Cuckoos | Kuckuckskinder (1957). Selbst auf dem kleinen Bildschirm hat mich die Schwarzweißversion das Fürchten gelehrt. Die hatte es echt in sich. John Carpenters Remake von 1995 fand ich hingegen eher soso lala. Die Mörderpflanzen wollte ich bei erster Gelegenheit sehen, weil die regelmäßig in der Sekundärliteratur erwähnt wurden. Irgendwann in den frühen Nuller Jahren habe die BBC-Fernsehserie von 1961 auf youtube sehen können und war schwer beeindruckt. Die Effekte hatten etwas von einem guten Jack-Arnold-Film, die mittlerweile überholt sind, aber vor dem Hintergrund von damals überzeugend wirkten. Das lag am fabelhaften Storytelling. Danny Boyles und Alex Garlands postapokalytischen Thriller 28 Days Later (2002) und dessen Sequel 28 Weeks Later (2007) habe ich seinerzeit im Kino gesehen. Die beiden lassen sich großzügig von Wyndhams Triffid-Roman inspirieren, ersetzen die Mörderpflanzen aber durch Zombies. Aufgrund der zeitlichen Nähe war ich bei der Miniserie von 2009 skeptisch. Denn im Gegenzug mußten Drehbuchautor Patrick Harbinson und Regisseur Nick Copus einiges ändern, damit der Stoff nicht wie ein unfreiwilliges Plagiat von 28 Days Later wirkt. In dier modernisierten Fassung stammen die Triffids aus dem Dschungel von Zaire. Ein Forscherehepaar brachte die fleischfressenden Pflanzen nach Großbritannien, wo sie jetzt in Zuchtanlagen gehalten werden. Mit dem Produkten der Triffids konnte die Ölkrise ohne Klimaschock bewältigt werden. Bill Masen ist der Sohn der Biologen und arbeitet in einer dieser Anlagen. Triffids wehren sich, indem sie zustechen, so daß ihr Opfer erblindet. Masen wird rechtzeitig gerettet und findet im Krankenhaus sein Augenlicht wieder. Weil Tierschutzaktivisten Triffids als ausgebeutete Kreaturen befreien wollen, können die Triffids aus der Anlage ausbrechen ... Die Spezialeffekte sind erste Sahne, und die neuen Triffids können einem schon das Gruseln beibringen. Bei der Neufassung fühlte ich mich an Peter Jackson frühe, neuseeländische Zombiefilme aus den 1980ern erinnert. Das Remake ist unterhaltsam, ich persönlich ziehe die Version von 1961 vor. Geändert von Servalan (26.12.2019 um 20:27 Uhr) |
29.06.2018, 13:42 | #177 |
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Die Verfilmung erntete seinerzeit geharnischte Kritiken und wurde landauf, landab verrissen. Ich war damit zufrieden; was wohl auch daran lag, daß ich die Romane nicht gelesen habe. Da kamen etliche positive Faktoren zusammen. Zum einen war da die Begeisterung des Neuinitiierten, der über handwerkliche Fehler gnädig hinwegsieht. Durch den Kinostart konnte ich ab jetzt Lynchs künstlerische Entwicklung live mitverfolgen. Obwohl die Aufführung damals bloß in einem Schachtelkino gelaufen ist, war die Leinwand doch um einiges größer als in unserem lumpigen Schwarzweißfernseher. Sicherlich gab es auch einen gewissen Lynch-Chauvinismus, der dem Meister einen Hohe-Kunst-Bonus verlieh, also der Dünkel, etwas Besseres zu sein als der übliche SF-Space-Soap-Fan. Auf der DVD befand sich ebenfalls die dreistündige TV-Fassung, von der Lynch sich distanziert hat. Ich schaue mir das Ding aus nostalgischen Gründen an: Ich mag Kyle MacLachlan, Jürgen Prochnow, Sting und Patrick Stewart, weil ich ihre schauspielerischen Leistungen schätze. Je öfter ich mir das antue, umso mehr Schwächen fallen mir auf. Ja, es gibt einige gute Szenen, aber der Film wird nie rund. Mir vergeht eher die Lust, mich auf Frank Herberts Dune-Universum einzulassen. Geändert von Servalan (03.01.2020 um 17:50 Uhr) |
01.07.2018, 12:21 | #178 |
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Das lag vermutlich an zwei Faktoren: Von Hobbits hatte ich vorher nie gehört. Insofern gehörte ich zu Tolkiens Zielgruppe für seinen umständlichen Prolog, in dem er ein Panorama seines Universum gibt. Ich habe sehnlichst darauf gewartet, daß die Geschichte endlich Fahrt aufnimmt - und das erste, was mir gefallen hat, war das Geburtstagsfest. Letzten Endes bin ich bis zur Schlacht um Helms Klamm gekommen, bis Merry und Pippin sich auf ihrer Flucht vor den Orks im Wald der Ents verlaufen habern. Meine Mutter hatte die leidige Eigenschaft, mich immer wieder in meiner Lektüre zu unterbrechen. Irgendwann bin ich dabei aus dem Takt gekommen und habe den Draht zur Story verloren. Vor einigen Jahren fiel mir einem Antiquariat eine englische, gebundene Omnibusausgabe in die Hände. Und obwohl ich tagsüber beschäftigt war, habe ich jeden Tag 200 Seiten gelesen und jedes Wort von Tolkien genossen. Wie Lynchs Version von Herberts Wüstenplanet Dune habe ich Ralph Bakshis Verfilmung im gleichen Schachtelkino gesehen. Der war damals Teil eines besonderen Sommerprogramms, in dem Klassiker aus Fantasy und Science Fiction jeweils eine Woche lang neu aufgeführt wurden. Star Wars, Rocky Horror Picture Show, Little Shop of Horrors | Der kleine Horrorladen und Kubricks 2001 - Odyssee im Weltall zum Beispiel. Die Verfilmung bleibt vergleichsweise dicht an der Vorlage, bricht jedoch mitten in der Erzählung ab. Bakshi war durch seine Zeichentrickfilme für Erwachsene bekannt: in erster Linie Fritz the Cat nach Robert Crumb. Erotik kommt im Mittelerde weniger vor. Damals war ich zufrieden, weil Bakshi elliptisch erzählt und eine Menge passiert. Die Tricktechnik hat mir gefallen, obwohl Gandalf und die Hobbits sich problemlos in einen Disney-Film aus derselben Zeit (Bernhard und Bianca) eingefügt hätten. Der erste Auftritt der Nazgûl hat mir Gänsehaut eingejagt: Ich habe mit Frodo, Sam, Merry und Pippin mitgefiebert, daß sie der Reiter sie im Dickicht nicht entdeckt. Der Film hat sicherlich seine Schwächen und kann seine Entstehungszeit nicht leugnen. Aber heute gefällt er mir besser als damals. Die rotoskopierten Orks wirken immer noch modern: Stilistisch erinnern sie mich an Moebius'/Jodorowskys Bösewichte in der Incal-Saga. In Corbens DEN-Universum passen sie ebenso gut wie in Mike Mignolas Hellboy-Universum. Das Storytelling hat jedenfalls keinen Staub angesetzt. Chapeau, Mister Bakshi! Geändert von Servalan (26.12.2019 um 20:29 Uhr) |
28.10.2019, 15:23 | #179 |
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Mitchell glorifiziert Georgia und wäscht die Sklavenhalter ziemlich weiß. Als handelnde Figuren kommen überwiegend Haussklaven vor, die zur Familie gehören; die übler behandelten Feldsklaven eher am Rande. Auf diese Weise bildet sie verschiedene Arten von Rassismus ab. Die Yankeefrauen im besetzten Georgia beschweren sich, daß sie keine Nannys für ihre Kinder finden. Scarlett O'Hara findet die Aussage lächerlich, denn es gibt viele ehemalige Sklavinnen, die Kinder erziehen können. Aber die Yankees verlangen weiße Kindermädchen, deutsche oder irische Nannys. Am schlechtesten kommen bei Mitchell ehemalige Sklaven weg, die Abgeordnete geworden oder in die Politik gegangen sind. Den Ku-Klux-Klan schreibt sie schön, was den Roman schwer verdaulich macht. Die Verfilmung weicht dem KKK eher aus, was ihm zugute kommt. Mitchell setzt mit ihrem langatmigen Roman dem Bundesstaat Georgia ein Denkmal, dabei erscheint das alte Georgia am Vorabend des Bürgerkrieges als Idylle aus der Sicht Scarlett O'Haras - und Margaret Mitchells. Geändert von Servalan (28.10.2019 um 15:58 Uhr) |
29.12.2019, 16:29 | #180 |
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Mittlerweile dürfte Fontanes Roman leichter zugänglich sein als diese Verfilmung. (Von Fontane habe ich in der Schule nur Unterm Birnbaum als Lektüre gehabt, andere Fontanes habe ich nicht gelesen.) Irgendwie hat Fontane Effi Briest dennoch einen eigenen Sog entfaltet. Ich habe ihn wie eine Märchenverfilmung für Erwachsene gesehen. Bei Märchen wird der Plot ja auch als bekannt vorausgesetzt, so daß Spoilern nichts am Film ändert. Fassbinder schließt manchmal das Erzählen kurz: Das Duell von Innstetten gegen Major Crampas zeigt er erst, als Major Crampas nach dem Schußwechsel schon im Sterben liegt. Der Seitensprung von Effi Briest mit Major Crampas wird bloß mit Strandszenen und einem Sitz in einer gemeinsamen Kutsche angedeutet. Kinder dürften dem Film wohl als langweilig empfinden, auch viele Zwölfjährige. |
29.12.2019, 17:41 | #181 |
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"Effi Briest" habe ich in den 80er Jahren als Reclam-Bändchen gelesen. Den Faßbinder-Film habe ich auch vor etlichen Jahren zuletzt gesehen, aber er hat mir sehr gut gefallen. Gustaf Gründgens hat den Stoff bereits 1939 mit seiner Frau Marianne Hoppe in der Hauptrolle als "Der Schritt vom Wege" verfilmt, aber er kommt an Faßbinder, finde ich, bei weitem nicht heran. Was mir gefallen hat, war die Kühle und Distanziertheit des Faßbinder-Films. Das paßt sehr gut zur Vorlage.
Der Clou an der Geschichte ist: Es gibt gar keine Affäre zwischen Effi und Crampas. Sie haben nur daran gedacht und sich entsprechende Briefe geschrieben. Es wäre also für Instetten ein Leichtes gewesen, den Vorfall abzutun und zu vergessen. Aber die Konvention verlangte, daß er so reagierte, wie er reagierte. Obwohl das nur Leid brachte. |
01.01.2020, 18:00 | #182 |
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Von der Atmosphäre her erinnert der Stoff an Chabrol-Krimis oder Nicht-Maigret-Simenon-Krimis. Das sind schon unterhaltsame anderthalb Stunden. Großes Kunstkino ist das nicht, eher handwerklich gutes Erzählkino. Die Darsteller tragen die Erzählung, obwohl die starke Rolle des Pfarrers etwas Provinzielles hat. Ein Krimi für Erwachsene, die sich mal von Polizeikrimis erholen wollen. Die Faßbinder-Verfilmung Fontane Effi Briest spielt in einer anderen Liga, einer höheren Liga als dieses Fernsehspiel. |
01.01.2020, 23:31 | #183 |
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In diesem Jahr erschien "Unterm Birnbaum" auch als Comic:
http://www.comicguide.de/index.php/c...long&id=129902 |
03.01.2020, 19:22 | #184 |
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Die Filmfachzeitschrift Les Cahiers du cinéma kürte ihn zum "besten Film des Jahres", meiner Meinung nach zu recht. Der größte Teil des Films ist schwarzweiß, aber immer blitzt kurzzeitig ein farbiges Bild auf. Die Kulissen sind bewußt künstlich und stilisiert, die Verfilmung verweigert jeden billigen Realismus, umso echter und überzeugender wirkt das Schauspiel. Die Pointe läuft auf einen Trick in der Besetzung hinaus, der etwas Geniales hat, deshalb besteht der Vorspann bloß aus dem lakonischen Filmtitel. Die wilden Jungs heißen Tanguy, Jean-Luc, Hubert, Sloan und Romuald und leben auf der Insel La Réunion. Ihre letzte Missetat war die Vergewaltigung und Ermordung ihrer Literaturlehrerin. Weil sie ein ellenlanges Register an üblen Schandtaten haben, werden sie in einem bizarren Femegericht verurteilt. Abhilfe verspricht ein Holländer, der der Kapitän genannt wird. Der verspricht den Eltern, aus den Jungs bürgerliche Erwachsene zu machen - daß alle die Erziehung überleben, kann er nicht garantieren. Außer Tanguys Eltern stimmen alle Eltern ihm zu und geben ihm Schmuck als Lohn. Weil Tanguy seine Kumpels nicht im Stich lassen will, stiehlt bei seinen Eltern Wertsachen und bietet sie dem Kapitän an. So landet die Gang auf der Jolle "Cold World". Der Kapitän beginnt seine Erziehung, indem er jedem der Jungs einen Strick um den Hals legt. Als Verpflegung gibt es komische bittere Haarfrüchte. Nach einer Frist schneidet er die Stricke durch und entläßt die Jungs in die Freiheit. Später landet er mit seiner Jolle an einer nach Muscheln und Fisch stinkenden Insel, die die wilden Jungs nur widerwillig betreten. Die exotische Vegetation ähnelt menschlichen Körpern und Körperteilen, bietet aber reichlich Früchte. Aber als der Kapitän diese Etappe beenden, rebelliert Jean-Luc als Einziger. Auf der Jolle kommt es wenig später zur Meuterei, bei der der Kapitän ermordet wird. Danach fahren die wilden Jungs wieder zur Insel zurück. Geändert von Servalan (13.01.2020 um 19:59 Uhr) |
13.01.2020, 19:55 | #185 |
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Der Schul- beziehungsweise Internatsroman ist ein britischer Standard. Erich Kästners Variante spielt in einer Kleinstadt von 20.000 Einwohnern, so daß alles schön übersichtlich bleibt. Wie in der Zeit üblich, nimmt das Internat nur männliche Schüler und Lehrer. Außer der Krankenschwester Beate gibt es keine weiblichen Rollen. Lehrer sind männliche Autoritätspersonen. Mit der Schulfehde in der Provinz gibt es Überschneidungen mit dem französischen Klassiker La guerre des boutons | Der Krieg der Knöpfe (Roman von Louis Pergaud 1912, Verfilmung 1962, Regie: Yves Robert, 91 min, FSK: 0), die beide eine ähnliche Atmosphäre schaffen. Der Film ist gut gealtert, Erich Kästner als er selbst erzählt die Geschichte teils aus dem Off. Durch das nostalgische Schwarzweiß wirkt er wie ein historisches Dokument aus jener Zeit, den 1950er Jahren. Die Verfilmung von 1973 muß ich vor Jahr(zehnt)en mal im Fernsehen gesehen haben, aber genaueres erinnere ich nicht. Die von 2003 habe ich nie gesehen. |
13.01.2020, 20:51 | #186 |
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Der Film von 1973 lief früher öfters im Fernsehen (also noch in den 80er Jahren). Ich habe damals aber Filme noch nicht kritisch betrachtet. Mir ist vor allem in Erinnerung geblieben, daß Joachim Fuchsberger den Klassenlehrer spielte.
Daß Erich Kästner Kinder überhaupt nicht mochte, dürfte weithin bekannt sein. Da ist also eine ähnliche Verwechslung von Person und Rolle wie bei einem Schauspieler möglich. |
15.01.2020, 01:14 | #187 | |
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Zitat:
Dass Erich Kästner keine Kinder mochte halte ich für ein Gerrücht. Er hielt beispielsweise sehr lange Kontakt zu einem kleinen Fan, dem er auch eine Rolle in "Emil und die Detektive" verschaffte. Er brach den Kontakt dann allerdings ab, als er selbst von den Nazis immer mehr politisch verfogt wurde - aus dem Grund, dass der Junge und seine Familie da nicht mit rein gezogen werden. Der Junge wurde dann später in die Wehrmacht eingezogen und starb an der Front. Über diese Freundschaft gibt es sogar einen Film namens "Kästner und der kleine Dienstag". Sehr sehenswert. |
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15.01.2020, 05:37 | #188 |
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Ist wahrscheinlich dasselbe Gerücht, wie bei Peter Lustig, dem auch nachgesagt wurde, keine Kinder zu mögen.
Wenn man in der Öffentlichkeit nur einmal keine Zeit hat seinen Fans Rede und Atwort zu stehen, wird das sofort negativ aufgenommen. Das fliegende Klassenzimmer ist für mich immer im Kern eine Geschichte um die Männerfreundschaft der beiden Erwachsenen (Joachim Fuchsberger und Heinz Reincke). Super gespielt von den beiden. |
15.01.2020, 08:06 | #189 |
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Ich muß gestehen, ich kann meine Behauptung auf Anhieb nicht belegen. Aber ich schaue mal nach, wp ich's her habe.
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15.01.2020, 10:44 | #190 |
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Es ist ganz interessant, sich mit dem Leben von Erich Kästner zu beschäftigen. Meine Aussage, daß er Kinder nicht mochte, ist sicher arg verkürzt, vielleicht sogar falsch. Es gibt aber zwei Indizien, die in diese Richtung weisen:
1. war Kästner in gewissem Sinn ein Kinderbuchautor wider Willen. Eine Verlagsmitarbeiterin hat ihm vorgeschlagen, auch mal ein Kinderbuch zu schreiben. Daraus wurde dann "Emil und die Detektive". In der Folge wurde Kästner als Kinderbuchautor abgestempelt; bis 1957 erhielt er keinen wichtigen Literaturpreis (das war dann der Georg-Büchner-Preis), was ihn gehörig wurmte. 1960 erschien der Sammelband "Kästner für Erwachsene", der darauf hinwies, daß er auch anderes als Kinderbücher schrieb. 2. hatte Kästner recht verwickelte Frauenbeziehungen. So gab es eine Lebensgefährtin in München, Luiselotte Enderle, und eine andere Frau, Friedl Siebert, in Berlin, mit der er einen Sohn (Thomas) hatte. Lange Zeit ist Kästner im Monatsrhythmus zwischen München und Berlin gependelt und war insofern wohl nicht unbedingt ein guter Vater. Kästner hat sein Privatleben aber so weit wie möglich geheim gehalten - man weiß darüber nach meinem Eindruck gar nicht so viel. |
17.01.2020, 16:47 | #191 |
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Wolfgang Petersens Verfilmung war ein großer Wurf und großes Kino. Die ist mir im Gedächtnis geblieben. Das hängt auch mit der Besetzung zusammen, die Schauspieler haben echt ihr Bestes gegeben, da hat Petersen super Leistungen aus den Schauspielern herausgekitzelt (R.I.P., Jan Fedder!). Blut, Schweiß und Tränen kamen überzeugend rüber. Und der Spionage/Résistance-Plot auf der Festung läuft vorhersehbar durch. Dagegen bleibt die Besetzung der Sky-Serie äußerst blaß. Tom Wlaschiha als Gestapo-Größe hat wenigstens etwas Profil, aber das reißt das Mittelmaß nicht heraus. Petersens Fassungen gewinnen im Vergleich noch dazu. Geändert von Servalan (17.01.2020 um 16:53 Uhr) |
18.01.2020, 08:18 | #192 |
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Ich glaube, das liegt auch an der Serien-Manie. Was bei den audiovisuellen Medien Wert haben soll, muß heute im Format einer Serie sein. "Das Boot" ist aber im wesentlichen eine Tauchfahrt, eine in sich geschlossene Geschichte (auch wenn das wegen der Länge des Petersen-Films auch schon mal in Teilen gesendet worden ist).
Es gibt sicher Stoffe, die sich zur Serie eignen, dieser aber wohl nicht. Aber ich beobachte, daß jüngere Freunde von mir bereits eine richtige Abneigung gegen Eineinhalb- oder Zwei-Stunden-Filme haben. Wenn es nicht als Serie auf Netflix läuft, dann kann es nichts taugen... |
03.02.2020, 15:04 | #193 |
Moderatorin Internationale Comics
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In der Mediathek stand der Film von 1974, bei dem die Sachlage etwas komplizierter ist. Eigentlich stand das Drehbuch schon für den Jahresplan 1966, wurde aber nicht umgesetzt, weil die polnischen Koproduzenten ausstiegen. Der Regisseur Frank Beyer wurde 1966 wegen seines Films Spur der Steine ans Theater strafversetzt. Jurek Becker entwickelte aus dem Drehbuch seinen ersten Roman. Insofern ist der Film von 1974 keine Romanverfilmung im engeren Sinne - siehe den Vorspann. (Von Jurek Becker habe ich nur den Roman Bronsteins Kinder gelesen. Der liest sich einfach so weg. Trotz des Anspruchs verhältnismäßig leichte Lektüre.) Der DEFA-Film ist gut gealtert. Für ein Ghetto sind die Sets knapp bevölkert, alles ist übersichtlich inszeniert. Die Bewacher auf ihren Türmen oder im ersten Stock eines Gebäudes sind günstig platziert, so daß wenige Wachen genügen. Der Stoff ist eine Tragikomödie: Jakob Heym schnappt auf der Hauptwache eine Radionachricht auf, die er als Durchhaltepropaganda im Ghetto weiterverbreitet. Die Nachricht gewinnt eine Eigendynamik. Irgendwann behauptet er dann, er besäße ein Radio, was im Ghetto für Juden verboten ist. Dadurch entsteht wieder Unruhe, weil einige Razzien der Deutschen fürchten. Durch Träume von einem besseren Leben oder erzählte Märchen, die mit Schauspielern gedreht werden, entsteht eine zweite Ebene. Auf diese Weise wirkt der Film versöhnlich. Die abrupte Deportation am Schluß läßt hingegen Böses ahnen. |
02.03.2020, 18:50 | #194 |
Moderatorin Internationale Comics
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Ich fand ihn interessant, aber vom Hocker gerissen hat mich der Film nicht. Darüber hinaus verspüre ich keine Lust, die Romanvorlage zu lesen. Gelockt haben mich die Wachowskis und Tom Tykwer. Die liefern unterhaltsame knapp zweieinhalb Stunden Unterhaltung, das philosophische Brimborum rund um die Besetzung finde ich eher schwach. Für sich genommen, ist jede einzelne der fünf oder sechs Geschichten kein Juwel im jeweiligen Genre, eher mittelmäßiger Durchschnitt. Die meisten Twists sind eher schwach, obwohl es grandiose Szenen gibt. Tricks und die Inszenierung sind in Ordnung, ich hatte schon ein gewisses Vergnügen. Lust, den Roman zu lesen, habe ich aber noch immer nicht. |
12.03.2020, 21:54 | #195 |
Moderatorin Internationale Comics
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Hat schon jemand etwas vom ZDF-Dreiteiler Unterleuten - Das zerrissene Dorf nach dem Roman von Julie Zeh gesehen? Wie ist der so? Klappt das mit der Übersichtlichkeit mit dem großen Ensemble?
Auf jeden Fall werde ich in den nächsten Tagen da hereinschauen. |
12.03.2020, 22:02 | #196 |
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In der Süddeutschen Zeitung ist schon eine Menge über "Unterleuten" geschrieben worden. Aber ich habe das bestenfalls überflogen - ich habe keinen Fernseher.
Man braucht zwar ja heute zum Fernsehen keinen mehr, aber es ist immer schwer, von alten Lastern zu lassen... Geändert von Peter L. Opmann (12.03.2020 um 22:56 Uhr) |
12.03.2020, 22:12 | #197 |
Moderator sammlerforen
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Ich habe eben nur die letzte halbe Stunde vom letzten Teil gesehen.
War wohl viel Blut und Elend pur. Nix für mich. Brauch ich alles nicht. Geändert von underduck (12.03.2020 um 23:06 Uhr) |
12.03.2020, 22:57 | #198 |
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Gut, daß wenigstens einer aufmerksam mitliest.
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11.04.2020, 16:26 | #199 |
Moderatorin Internationale Comics
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Im Internet gibt eine eigene Webseite zu dem Buch, inklusive eines Lageplanes und kurzen Personenbeschreibungen. Die Verfilmung bleibt eng an der literarischen Vorlage, allerdings wurden einige Charaktere weggekürzt: Karl, der Indianer sowie Oma Rüdiger und Opa Margot (nein, das ist kein Schreibfehler!) zum Beispiel. Juli Zeh schreibt gehobene Unterhaltung, mit einem gewissen Anspruch, aber ohne verstörende ästhetische Experimente. Die Verfilmung ist ähnlich plakativ und plastisch, und manche Figuren sind nah an der Karikatur, durch die Länge werden jedoch Klischeefiguren und Pappkameraden zum Glück vermieden. Der rote Faden (ein Dorf zerstreitet sich wegen eines geplanten Windparks) liefert zwar ein high concept (das heißt, der Stoff läßt sich in einen kurzen, knappen Satz fassen) und zum Ende geht es heftig zu. Unterleuten wird aber beileibe kein Broadchurch, insofern ist das kein "Blut und Elend pur". Ich habe mich gut unterhalten gefühlt und nie den Überblick verloren. Die Zeit verging recht kurzweilig. Teil 1 und 2 habe ich gebinget, Teil 3 habe ich am nächsten Tag gesehen. Die Miniserie macht nicht süchtig, aber zum Schluß wollte ich doch wissen, wie das ausgeht. Nicht alles, was passiert, wird geklärt, manche Ereignisse bleiben im Dunkeln oder verlieren sich in Spekulationen, so daß verschiedene Versionen eines Sachverhalts nebeneinander stehenbleiben. Mir hat das gefallen, andere mögen das ärgerlich finden. International wird sich die Miniserie sicher vermarkten lassen. Ob die eine Menge Preise einheimsen wird, bezweifle ich. Dazu riskiert sie nicht genug. 7/10 Punkten |
09.05.2020, 16:38 | #200 |
Moderatorin Internationale Comics
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Das erste Mal muß ich ihn 1984 in der ARD gesehen haben, erinnert habe ich mich nur an einzelne Szenen - zum Beispiel das Aalefangen mit dem Pferdekopf. Oskar Matzerath ist zu eigenwillig, um ihn sympathisch zu finden. Im wahren Leben hätte ich mich mit so jemandem nicht anfreunden können. In der ARD-Mediathek habe ich ihn wiederentdeckt und wollte mal sehen, wie der Film jetzt auf mich wirkt. Das ist schon großes Kino, was Schlöndorff hier bietet. Und mit Sex, Tod und Nazis fährt er alles auf, das Amerikaner vom deutschen Kino erwarten. Der Film bleibt zwar nah am Roman, verfilmt wurden aber nur zwei der drei Bücher, aus denen Grass' Werk besteht, und die Rückblenden hat Schlöndorff auch ausgespart. Grass spätes Geständnis als junger überzeugter Nazi überrascht nicht wirklich, denn eines ist Oskar Matzerath keinesfalls: ein Widerstandskämpfer. Eher ist der ein renitentes, teilweise bösartiges und egozentrisches ewiges Kind. Nazis kommen dauernd vor, machen jedoch häufig eine lächerliche Figur und demontieren sich selbst. Mittlerweile hat sich das Filmhandwerk geändert, so daß der Streifen deutlich gealtert ist. Viele Szenen würden heute anders inszeniert, dennoch läßt er sich locker anschauen. Mit dem Sturm auf die polnische Post in Danzig liefert der Streifen heftige Action mit diversen Explosionen. Die zweieinhalb Stunden Laufzeit vergehen ziemlich kurzweilig. Den zugrundeliegenden Roman habe ich nie gelesen. Bei mir steht noch Der Butt von Grass im Regal, bislang ungelesen. Geändert von Servalan (09.05.2020 um 16:52 Uhr) |
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