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20.08.2016, 18:05 | #1 | ||
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Alfred Hitchcock soll mal gesagt haben, nur aus einem mittelmäßigen Buch könne er einen guten Film machen. Das Originalzitat dazu habe ich mal für einen Blogartikel gesucht, aber leider nie gefunden. Macht aber Sinn, wenn man drüber nachdenkt:
Ein literarisch hochwertiges Buch lebt von der Sprache. Es ist umso literarischer, je mehr es von der Sprache lebt. Die ist aber das Unverfilmbarste daran. Das muss man beim Umsetzen in einen Film erstmal alles rausschmeißen und versuchen, in eine abfilmbare Handlung zu übertragen. Was bleibt, kann ein guter Film sein, aber wenn, dann auf Kosten dessen, was am Original literarisch war. Mehr noch: Ein guter Film lebt ebenfalls von der Sprache, aber die Sprache ist eine andere, nämlich die der filmischen Ausdrucksmittel. Je besser ein Film in der Anwendung dieser Mittel sein will, desto weniger darf er sich von der literarischen Vorlage ausbremsen lassen. Was ich gefunden habe, ist das folgende Zitat (aus "Truffaut - Hitchcock", dem großen Interviewband): Zitat:
Zitat:
Im Moment gibt es ja die Tendenz, Bücher eher fürs Fernsehen zu adaptieren als fürs Kino, weil man sie da länger machen kann. Ich finde das nicht so richtig überzeugend, denn vieles ist mir dann zu lang(weilig) und eben nicht sehr gelungen ins Filmische übersetzt. Richtet sich aber, glaube ich, eh mehr an Buch- als Film- oder Fernsehfans. |
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21.08.2016, 12:42 | #2 | ||
Moderatorin Internationale Comics
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Zitat:
Zugegeben, Volker Schlöndorff hat sich eine Rosine aus Marcel Prousts Meistewrwerk herausgepickt und Eine Liebe von Swann (1984) in die Kinos gebracht. John Hustons letzter Film war eine Adaption einer Geschichte aus James Joyce's Kurzgeschichtenzyklus Dubliners, nämlich Die Toten / The Dead (1987). Experimentellere Umsetzungen wie der deutsch-britische Episodenfilm Maldoror (2000) nach Lautréamont kommen überhaupt nicht in den regulären Vertrieb, so daß nur ein kleiner Kreis davon weiß. ... alles weitere verbietet die Ehrfurcht. An eine Filmfassung von Joyces Großwerken Ulysses oder Finnegan's Wake kann ich mich jedenfalls nicht erinnern. In Sachen Jean Paul oder Arno Schmidt bemerke ich nur Funkstille. Und die Kinoversionen von Moby Dick beschränken sich auf die Standards einer Abenteuergeschichte, die sich mit den Mitteln von Hollywood umsetzen läßt und ein größes Publikum erreichen kann. Besonders in den Genres Krimi und Science Fiction finden sich etliche fabelhafte Adaptionen in Anthologieserien (zum Beispiel Alfred Hitchcock presents, Twilight Zone oder Outer Limits). Die Kurzgeschichten von Poe, O. Henry oder Roald Dahl drängen sich da geradezu auf. In länger laufenden Serien könnten einzelne Episoden versteckt sein, die sich als modernisierte Verfilmungen auffassen lassen: Ein gutes Beispiel ist meinem Empfinden nach Homicide Staffel 4 Episode 7: "Heartbeat" (1995). Bei dem Fall werden drei Elemente kombiniert: zum einen, daß Poe in Baltimore gelebt und geschrieben hat, sowie seine Kurgeschichten "Das verräterische Herz" (1843) und "Das Fass Amontillado" (1846). Zitat:
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29.08.2016, 12:32 | #3 |
Moderatorin Internationale Comics
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Heute läuft im ZDF die sechsteilige BBC/AMC-Serie The Night Manager nach dem Roman von John Le Carré an. Gesendet wird jedes Mal eine Doppelfolge.
Von der scheinen beide Seiten profitiert zu haben, wahrscheinlich weil der Stoff des über 20 Jahre alten Romans stark bearbeitet und aktualisiert worden ist. Die Serie lief schon auf internationalen Filmfestivals und kann eine lange Liste an Emmy-Nominierungen vorweisen. Im Gegensatz zum notorisch verstimmten Alan Moore gefällt John Le Carré die Serienversion. Und Tom Hiddleston wird wegen seiner Rolle nicht nur als Nachfolger von Daniel Craig als 007 James Bond gehandelt, vielmehr hat er Gefallen an John Le Carré gefunden und den Autor für sich entdeckt. Alle zufrieden - mich macht das neugierig. |
29.08.2016, 14:11 | #4 |
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Hat Alan Moore mit dieser Serie etwas zu tun, oder führst Du ihn nur an als jemanden, der Bearbeitungen seiner Stoffe nicht mag?
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29.08.2016, 14:35 | #5 |
Moderatorin Internationale Comics
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Alan Moore hat mir als generelles Beispiel für Autoren gedient, die fast unmöglich zufrieden zu stellen sind.
Ob die einzelnen Autorinnen und Autoren sich mit ihren Adaptionen anfreunden können, scheint mir sehr stark vom Temperament abhängig. John le Carré hat gewiß hohe Ansprüche, aber er akzeptiert die Grenzen seiner literarischen Kunst und geht pragmatisch mit Film oder Fernsehen um. Moore erregt sich leicht und sieht bei jeder Änderung seine ursprüngliche Idee verraten. Wie leicht das geht, mußte zuletzt die öffentliche Bibliothek in seiner Heimatstadt Northampton erfahren. Die hat er vorgeführt, weil da etwas nicht exakt so lief, wie sich der Magier das vorgestellt hat. Ob das Publikum und die Kritik das so sehen wie die Autoren, ist wieder eine andere Sache. Die eigenen und die fremden Urteile müssen nicht unbedingt übereinstimmen. |
29.08.2016, 15:32 | #6 | |
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Genauer habe ich die Beziehung zwischen Buchvorlage und Filmbearbeitung einmal im Fall von Philip K. Dicks "Do Androids dream of Electric Sheep?" verfolgt, woraus Ridley Scott einen SF-Film gemacht hat.
Dick-Biograf Lawrence Sutin: Zitat:
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