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Alt 09.05.2023, 16:19   #29  
Servalan
Moderatorin Internationale Comics
 
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  • Patrick Süskind: Das Parfum. Die Geschichte eines Mörders (Diogenes 1985, Taschenbuchausgabe bei Diogenes 1994)
  • Das Parfum – Die Geschichte eines Mörders | El perfume: historia de un asesino | Le Parfum, histoire d'un meurtrier | Perfume: The Story of a Murderer (Deutschland / Spanien / Frankreich 2006, Constantin Film Produktion, VIP 4 Medienfonds, Davis-Films, Rising Star, Nouvelles Éditions de Films und Castelao Producciones), Drehbuch: Andrew Birkin, Bernd Eichinger und Tom Tykwer, Regie: Tom Tykwer, 147 min, FSK: 12, JMK: 14
Das Parfum ist mit 20 Millionen verkauften Exemplaren in 48 Sprachen ein Weltbestseller, der 1987 mit dem World Fantasy Award ausgezeichnet wurde. Binnen acht Wochen erreichte er die 100.000 Exemplare, die es für den Status als Bestseller brauchte. Einer der größten Bucherfolge des deutschsprachigen Literaturmarktes zeigte sich in der Spiegel-Bestsellerliste, denn dort hielt sich der Roman 470 Wochen (neun Jahre), davon 449 Wochen ununterbrochen. Der Erfolg ist schon unbestritten.
Der Roman macht es sich leicht, sein Publikum zu verführen, denn eine auktoriale Stimme erzählt chronologisch die derb-drastische Geschichte des Jean-Baptiste Grenouille. Es gibt keine literarischen Hürden, um in die Geschichte hineinzukommen, und Süskind liebt es zu fabulieren, bleibt aber bei der Stange und schafft handlungsreich Abwechslung. Dabei nutzt unterschiedliche Genremuster für anspruchsvolle Unterhaltung. Der historische Künstlerroman verzichtet auf die übliche Küchenpsychologie, vielmehr präsentiert er sich als Reigen bitterböser Pastiches und zeichnet dabei ein unvorteilhaftes Gesellschaftspanorama mit märchenhaften Einsprengseln.
Den Roman habe ich damals gelesen, wahrscheinlich die erste Taschenbuchausgabe von Diogenes, die ich als Pageturner weggesuchtet habe. Süskind weiß schon, welche Knöpfe er drücken muß, um das Lesen zu einem Vergnügen zu machen. Ich kann ihn nur empfehlen. Süskind erzählt trotz aller Fabulierlust ökonomisch, ohne sich in Angeberprosa zu verlieren. Der verspielte Charakter beeindruckt, zumal Süskind auf Welterklärungen und Sinnvermittlung verzichtet. Grenouille lebt hier das absurde Schicksal einer genialen Inselbegabung, der jedoch an einem unerreichbaren Ziel grotesk scheitert.

Wie nicht anders zu erwarten, gelang der Verfilmung der durchschlagende Erfolg an den Kinokassen. Der europäische Blockbuster lockte mehr als 11,6 Millionen Zuschauer in die Lichtspielhäuser, allein in Deutschland waren es 5,589 Millionen Besucher. Weltweit spielte der Film 135 Millionen US-Dollar ein. Am wichtigen Startwochenende setzte er sich an den Spitzenplatz der Charts. Weitere Auszeichnungen wie der Bambi folgten.
Dennoch war die Verfilmung keine leichte Geburt. Zwar interessierten sich zahlreiche renommierte internationale Regisseure dafür, aber Patrick Süskind zögerte jahrelang. Erst 2001 veräußerte er die Filmrechte für geschätzte zehn Millionen Euro an die deutsche Filmgröße Bernd Eichinger. Die Vorproduktion zog sich weitere zweieinhalb Jahre hin. Der Produzent träumte davon, Leonardo DiCaprio oder Orlando Bloom in der Hauptrolle zu sehen, letztlich wurde es aber relativ unbekannte Brite Ben Whishaw, also ein frisches Gesicht für das breite Publikum. Dafür glänzen die Nebenrollen mit Prominenz wie Dustin Hoffman und Alan Rickman.
Bei der Ausstattung wurde erwartungsgemäß geklotzt. Die Kamera schwelgt in Farben und Texturen, so daß der Underdog Grenouille durch die Fülle an Eindrücken überwältigt wird. Whishaw verkörpert Grenouille als einfachen Menschen, der sich selbst eher hilflos ausgeliefert ist, während er sein Talent zu einem Genuß für sich selbst umzumünzen versucht.
Im Gegensatz zum Roman verknappt der Film und fokussiert auf das Motiv des Serienmörders junger Mädchen. Nebenstränge und Arabesken werden gestrafft oder gleich weggelassen. Der Film zeigt das vorbürgerliche 18. Jahrhundert als rücksichtslosen Kampf von jedem gegen jeden; der eigene Vorteil steht dabei im Vordergrund und kriminelles Verhalten gehört zum Alltag. Wer den Film zu realistisch betrachtet, wird sich an einigen Logiklöchern stören; doch die können geflissentlich übergangen werden, denn meiner Meinung nach handelt es sich um einen phantastischen Film, einen gelungenen phantastischen Film.
Einzelne Szenen wie das Bacchanal kostet die Eichinger-Version plastisch aus, wodurch die Verfilmung ihre filmischen Stärken hat und für sich allein stehen kann.
Beim ersten Sehen hat er mir sehr gut gefallen. Es wird mir ein Vergnügen sein, ihn mir ein weiteres Mal zu gönnen.

Geändert von Servalan (17.10.2023 um 16:58 Uhr)
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