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Alt 21.01.2023, 21:56   #626  
Nante
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Ja, habe ich auch gelesen. Aber nachdem ich jetzt beide Filme kenne, ist es für mich eben nicht schlüssig. (Außer die Sache mit der "Wischblende", das kann sein. Da ist "Star Wars" für mich auch schon etwas zu lange her.)

Aber die beschriebene Endszene findet sich meiner Meinung so ähnlich in Dutzenden Filmen, gerade in Italo-Schinken aus den 50ern und 60ern.

Und die Wüsten-Androiden-Szene in "Star wars" ist nun mal (Im Gegensatz zum Streit in Kurosawas Film) eben NICHT der Beginn des Films sondern findet erst nach einigen schon recht dramatischen Szenen im All statt. (Davon abgesehen, wollen die Androiden ja im Gegensatz zu den japanischen Gaunern den Helden ja HELFEN und sie nicht bestehlen!)

Und wenn wir schon mal dabei sind, Wiki zu kritisieren:
Wenn jemand General Makabe, weil er seine Schwester für die Sicherheit der Prinzessin opfert, mit dem Ronin aus Yojimbo (und damit praktisch mit der zwielichtigen Figur von Eastwood aus den "Dollar"-Filmen) gleichsetzt, hat er entweder keine Ahnung vom damaligen Ehrenkodex der japanischen Samurei oder er verdrängt es bewußt, um Parallelen zu konstruieren, wo keine sind.
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Alt 21.01.2023, 22:49   #627  
Peter L. Opmann
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Okay...

Bin übrigens noch unschlüssig, welchen Film ich als nächstes bespreche. Entweder wird das morgen früh ein Schnellschuß, oder ich setze mal einen Tag aus.
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Alt 22.01.2023, 17:57   #628  
Peter L. Opmann
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Heute würde ich „Die zwölf Geschworenen“ (1957) von Sidney Lumet wohl als zu belehrend empfinden. Aber vor 40 Jahren, als ich den Film erstmals im Fernsehen sah, war er für mich ein Erlebnis. Dieses Erstlingswerk von Lumet im Kino ist zweifellos ein Klassiker, aber der Hinweis ist angebracht, daß der Film zunächst beim Publikum nicht ankam, weil es auch irgendwie eine Zumutung ist, 90 Minuten lang nur diskutierende Männer zu zeigen. Alfred Hitchcock hätte die Aufgabe möglichweise gereizt; er hatte etwa zehn Jahre vorher mit „The Rope“ („Cocktail für eine Leiche“) etwas ähnliches versucht: einen Film, der nur eine Party abfilmt, bei der es freilich Suspense gibt, denn in einer Kiste unter dem kalten Büffet liegt die ganze Zeit eine Leiche. Aber James Stewart soll bei den Dreharbeiten gesagt haben: „Hitch, warum stellen Sie nicht gleich Zuschauerstühle hier im Filmstudio auf?“ Bei Lumet wird über einen potentiellen Todeskandidaten geredet, einen Puerto-Ricaner, der in New York seinen Vater umgebracht haben soll. Bei Hitchcock war zudem Filmzeit und reale Zeit identisch; er tat so, als gebe es überhaupt keine Schnitte. Bei Lumet bin ich nicht sicher, auf jeden Fall wurde aber hier geschnitten.

„Die zwölf Geschworenen“ ist keinem Genre zuzuordnen – es ist nicht einmal ein richtiger Justizfilm. Im US-Kino ist es üblich, in Genres zu arbeiten: Western, Krimi, Melodram, Horrorfilm. Dieser Stoff kam dagegen vom Theater und war vorher auch schon zu einem einstündigen Fernsehspiel verarbeitet worden. Da konnte man auf großartige Bilder und Effekte verzichten und sich ganz auf die Schauspielerleistungen konzentrieren. Und Lumet, der selbst schon fürs Fernsehen gearbeitet hatte, tat das auch. Die Gerichtsverhandlung ist vorbei; die zwölf Geschworenen ziehen sich in ihr Beratungszimmer zurück, um das Urteil zu fällen: Schuldig oder nicht schuldig. Und das sind ziemlich unterschiedliche Charaktere, unter denen freilich Lee J. Cobb die Richtung vorzugeben scheint: Die Beweislage ist eindeutig. Ich habe Karten fürs Baseballspiel – also laßt uns die Beratung schnell hinter uns bringen. Dem schließen sich die anderen an – bis auf einen, Henry Fonda. Er sagt, ähnlich wie einst Joschka Fischer: I am not convinced. Die Jury muß aber einstimmig entscheiden.

Nach und nach äußert Fonda immer mehr Zweifel am Ergebnis der Beweisaufnahme. Die anderen Geschworenen sind zunächst genervt, daß sie sich mit dem Fall so eingehend beschäftigen müssen (obwohl es ja immerhin um ein Menschenleben geht), und das mitten im Sommer in einem brütend heißen Raum, den sie ohne Urteil nicht verlassen dürfen. Dann kommen sie zunehmend zu der Auffassung, daß es doch Indizien gibt, die einen Schuldspruch nicht unbedingt stützen. Am Ende ist nur noch Cobb übrig, der darauf besteht, den Angeklagten zu verurteilen. Aber es zeigt sich, daß er bei der Erziehung seines Sohnes versagt hat und nun seinen Haß auf ihn auf den Puerto-Ricaner projiziert. Im Verlauf der Beratungen erweist sich nicht die Unschuld des Mannes, aber es gibt am Ende genug Zweifel, daß alle für „unschuldig aus Mangel an Beweisen“ stimmen.

Zum Ensemble gehören einige bekannte Nebendarsteller Hollywoods: Martin Balsam, E. G. Marshall, Jack Klugmann, Jack Warden, Ed Begley, Robert Webber. Jeder der Geschworenen stellt eine individuelle Person dar (wie in wikipedia genau aufgeschlüsselt). Der Film entbehrt nicht einer gewissen Spannung, weil man wissen möchte, ob der mutmaßliche Mörder schuldig ist oder nicht. Durch die sorgfältige Inszenierung der quälenden Diskussion in einem engen Raum entsteht eine teils klaustrophobische Atmosphäre. Aber der Film hinterläßt auch Fragen: Warum gibt es eigentlich im Cast keine einzige Frau? Abgesehen davon, daß nur weiße Männer beteiligt sind. 1957 hat das offenbar niemanden irritiert. Fonda sagte auf Anfrage nicht nur zu, die herausgehobene Rolle des Geschworenen zu übernehmen, der als einziger den Schuldspruch der Jury blockiert. Er produzierte den Film auch mit, der allerdings keinen Gewinn erzielte. In Europa lief er erfolgreicher und bekam auch Preise (unter anderem den Goldenen Bären in Berlin) – bei den Oscars ging er leer aus.

Filmtechnisch ist das zweifellos ein ungewöhnliches Werk. Inhaltlich ist mir das aber doch zu plakativ. Der Film verdankt sein Zustandekommen sicher auch dem „neuen“ Medium Fernsehen, wo die Betrachtungsweise weniger überlebensgroß war und man sich eingehender mit realen Problemen (hier: einer schlampigen Justiz) beschäftigte. Der Richter muß sich gedacht haben: Ich habe alle Zeugen befragt – sollen doch die Geschworenen jetzt sehen, was sie daraus machen…
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Alt 23.01.2023, 11:47   #629  
Servalan
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Genremäßig gibt es da die altmodische Bezeichnung Kammerspiel. Eine amerikanische Bezeichnung dafür fällt mir nicht ein, vielleicht gibt es die auch nicht.
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Alt 23.01.2023, 12:01   #630  
pecush
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Den habe ich vor langer Zeit mal im Fernsehen gesehen und fand ihn ganz groß; weiß gar nicht, warum ich den nie wieder sah.
Aber vor ein paar Tagen habe ich mit meinem Nachwuchs eine "Monk"-Folge gesehen, die eindeutig davon inspiriert wurde. Monk ist da quasi in der Fonda-Rolle zu sehen.
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Alt 23.01.2023, 12:22   #631  
Peter L. Opmann
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@ Servalan: wikipedia bietet dafür das Stichwort "Kammerspielfilm" an.

Mit "Genre" habe ich aber etwas anderes gemeint. Die Genres können auch kammerspielartig inszeniert sein: Western als Kammerspiel, Krimi als Kammerspiel (vielleicht könnte man da "Du lebst noch 105 Minuten" als Beispiel nennen) und so weiter.
Peter L. Opmann ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 23.01.2023, 14:06   #632  
Nante
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Zitat:
Zitat von pecush Beitrag anzeigen
Aber vor ein paar Tagen habe ich mit meinem Nachwuchs eine "Monk"-Folge gesehen, die eindeutig davon inspiriert wurde. Monk ist da quasi in der Fonda-Rolle zu sehen.
"Vier Frauen und ein Mord" mit M. Rutherford beginnt ja auch mit der Szene, in der Miss Marple als einzige der Geschworenen an der (offenbar glasklaren) Schuld des Angeklagten zweifelt und durch ihr Nein erst mal eine Neuverhandlung erzwingt.
Nante ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 23.01.2023, 14:15   #633  
pecush
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Ja, das stimmt.
Wunderschön, wie sie strickt, um besser zuhören zu können.

Habe ich deutlich öfter gesehen als das "Original".
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Alt 23.01.2023, 14:38   #634  
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Schön! Damit wären wir endlich wieder bei Margaret Rutherford.
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Alt 23.01.2023, 14:46   #635  
pecush
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Fiel mir dann auch auf.

Man landet immer bei den guten Filmen.
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Alt 23.01.2023, 16:11   #636  
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Wäre ja die Gelegenheit, zum Beispiel über "Vier Frauen und ein Mord" zu schreiben. Aber ich will Serien vorerst ausklammern, auch Fernsehserien, weil man dann eigentlich die ganze Serie abhandeln müßte.

Aber ich habe schon öfters mal daran gedacht, zum Beispiel an:

- Fantomas (von André Hunebelle)
- Don Camillo und Peppone
- Der Seewolf (von Wolfgang Staudte)
- Die Gentlemen bitten zur Kasse (von John Olden/Hans-Peter Witt)
- Der Winter, der ein Sommer war (von Fritz Umgelter)
- Raumpatrouille
- Superman (die Salkind-Produktion)
- Planet der Affen (von Arthur P. Jacobs)

Da ließe sich noch einiges anfügen.
Peter L. Opmann ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 24.01.2023, 06:43   #637  
Peter L. Opmann
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Noch vor 100 Jahren wurden Menschen mit Behinderungen als Monströsitäten ausgestellt und von sensationslustigen Besuchern angestarrt. Davon handelt „Freaks - Mißgestaltete“ (1932) von Tod Browning, ein Film, den MGM als Zugeständnis zur damaligen Horrorfilm-Welle produzierte und der in gewisser Weise übers Ziel hinausschoß, aber aus anderer Perspektive betrachtet gar kein richtiger Horrorfilm ist. Produktionschef Irving Thalberg wollte damit die Konkurrenz, hauptsächlich von Universal, ausstechen, aber das Ergebnis schockierte das Publikum so sehr, daß er die Behörden auf den Plan rief und kein Kassenerfolg wurde.

Browning, der bereits in der Stummfilmzeit, unter anderem durch einige Filme mit Lon Chaney, Erfahrungen mit dem Horrorgenre gesammelt hatte und von dem auch der „Dracula“ mit Bela Lugosi stammt, arbeitete nicht mit Masken und Schminke, sondern zeigte echte Mißgestaltete, die allgemein als Fehlgriffe der Natur betrachtet wurden und auf die man tunlichst nur einen kurzen Blick warf, bevor sie die Bühne wieder zu verlassen hatten. Browning machte diese Freaks (in der ursprünglichen Bedeutung des Wortes) jedoch zu Helden. Der Zuschauer erlebt zunächst ihre Professionalität als Bühnenkünstler, bevor er in eine kleine Affäre hineingezogen wird, die ihn zwingt, ihre Partei zu ergreifen.

Doch wer sind die Freaks? Hauptdarsteller Harry Earles war lediglich kleinwüchsig, ebenso seine Verlobte Daisy Doll. Johnny Eck war ein Mann ohne Unterleib, Prince Randian hatte keine Arme und Beine, Jane Barnell trug einen Vollbart, Jenny Lee und Elvira Snow waren „Pinheads“, Josephine Joseph war halb Frau, halb Mann, und es gab auch siamesische Zwillinge (Daisy und Violet Hilton). Sie alle arbeiteten tatsächlich in Freakshows. Das größte Verdienst des Films ist, sie nicht als Monster, sondern menschlich erscheinen zu lassen. Ihnen gegenüber stehen normale, ja in der herkömmlichen Betrachtungsweise schöne Menschen, namentlich die Artistin Cleopatra (Olga Baclanova). Sie hält Harry Earles anfangs zum Besten, indem sie ihm Verliebtheit vorspielt (in Wirklichkeit ist sie mit dem Kraftprotz Herkules zusammen – was ein bißchen an die Liaison von Marlene Dietrich und Hans Albers in „Der blaue Engel“ erinnert). Als sie herausfindet, daß Earles durch eine Erbschaft vermögend ist, entschließt sie sich, ihn wirklich zu heiraten, um an sein Geld heranzukommen.

Für Daisy Doll ist das natürlich eine Katastrophe; sie bemüht sich aber, die Fassung zu wahren. Sie und die anderen Freaks warnen Earles vor Cleopatra, aber er will nicht auf sie hören. Schon bei der Hochzeitsfeier kann Baclanova ihre Abscheu vor ihm und seinen Freunden nicht verbergen, aber wie geplant beginnt sie darauf zusammen mit Herkules, ihn langsam zu vergiften. Doch die Freaks greifen ein. In einer furchtbaren Gewitternacht dringen sie in den Zirkuswagen von Earles und Baclanova ein. Sie flieht in den Wald, kann aber – das ist eines der wenigen typischen Horrorfilmmotive – ihren Verfolgern (obwohl die meisten sich nur langsam fortbewegen können) nicht entkommen. Die Freaks richten sie übel zu: Wir sehen die einstige Schönheit noch einmal mit entstelltem Gesicht, ohne Beine und mit einem Hühnerleib. In einem Filmabschnitt, der nicht mehr existiert, hat Herkules eine hohe Eunuchenstimme bekommen.

Hier ist also ein Horrorklischee ins Gegenteil verkehrt: Die Häßlichen sind die mit der schönen Seele, die äußerlich Schönen sind böse und verkommen. Das war für die Zuschauer nur schwer zu verarbeiten. Der Film wurde – obwohl es noch keinen Zensurcode gab – um rund ein Drittel gekürzt und in etlichen Staaten der USA verboten. Im Lexikon des Internationalen Films kommt er noch in der Ausgabe von 1985 nicht vor. Er wurde erst in der Hippiezeit wiederentdeckt, nachdem das Wort „Freaks“ eine neue Bedeutung bekommen hatte. „Freaks – Mißgestaltete“ gilt heute als Brownings bester Film. Er hatte selbst Zirkuserfahrung, aber davon abgesehen verstand er es hervorragend, mit seinen ungewöhnlichen Schauspielern zu arbeiten und sie sympathisch darzustellen. William K. Everson schreibt, man müsse sich den Film zweimal ansehen, damit er seine Wirkung richtig entfalten kann.
Peter L. Opmann ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 24.01.2023, 08:13   #638  
Nante
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Da hast Du heute ja eine echten Hammer rausgesucht

Als ich den das erste mal (natürlich völlig unvorbereitet) im Fernsehen geschaut habe, war ich ziemlich geschockt. Neben dem bizarren Ende hat sich bei mir vor allem die Szene "eingebrannt", in der Prince Randian sich ohne fremde Hilfe eine Zigarette anzündet.
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Alt 24.01.2023, 08:32   #639  
pecush
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Ja, ein ganz toller Film.
Wenn ich mich recht entsinne, habe ich den erstmals in "Hildes Wilde Horrorshow" gesehen, der RTL-Horrorfilmprogrammierung. Gruselig fand ich den Film aber nie.
Im vergangenen Jahr habe ich den auf DVD bekommen; immer noch faszinierend und traurig.
Auf der DVD ist übrigens auch die "Hilde-Version" mit drauf.
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Alt 24.01.2023, 08:59   #640  
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Naja, ich schreibe hier über Filme, die sich mir eingeprägt haben (auch wenn ich bei manchen das meiste doch wieder vergessen habe).

Mir ging's auch so wie Euch. Übrigens scheint das, was bei "Freaks" rausgeschnitten wurde, laut wikipedia wirklich verloren zu sein.
Peter L. Opmann ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 24.01.2023, 18:09   #641  
Servalan
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Eine wichtige Szene ist noch das Hochzeitsbankett, bei dem die Truppe "One of Us" zu singen anfängt. Die Braut bekommt da nicht grundlos ein flaues Gefühl in der Magengrube.

Dieses "One of Us" wurde seitdem häufig für Anspielungen in Filmen genutzt: Wer gehört zu unserer Gruppe? Und wer nicht?
Wahrscheinlich weil das eine menschliche Konstante ist, ein Basic der Gruppenpsychologie, der sich hier in einem triggerartigen Slogan konzentriert.
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Alt 24.01.2023, 18:55   #642  
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Ah, dieses Lied hatte ich leider nicht mehr im Kopf.
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Alt 25.01.2023, 06:35   #643  
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„Die Faust im Nacken“ (1954) von Elia Kazan habe ich erst vor wenigen Jahren gesehen. Ich fand die DVD auf dem Grabbeltisch. Ehrlich gesagt hatte ich eine völlig falsche Vorstellung – ich habe den Film für etwas ähnliches wie „Endstation Sehnsucht“ gehalten (immerhin auch von Kazan gedreht und auch mit Marlon Brando in der Hauptrolle). Die Hülle zeigte allerdings etwas anderes. Als ich den Film sah, wußte ich immer noch nicht, daß ein so politisches Thema wie die kriminellen Machenschaften einer Hafenarbeitergewerkschaft damals im Kino höchst selten war – der Politthriller war offenbar noch nicht etabliert. Mir fiel eher auf, daß Brando hier eine Figur spielt, die sich von dem berühmten Kowalski ziemlich unterschiedet. Der Film ist viel weniger sexuell aufgeladen, dafür gewalttätiger, als ich gedacht hatte. Aber mich hat beim ersten Betrachten vor allem die Beziehung zwischen Brando und Eva Marie Saint angesprochen.

Kazan zeigt die Arbeitsbedingungen auf einem Dock in Hoboken/New Jersey relativ dokumentarisch (gedreht wurde am Originalschauplatz). Ich schränke die Aussage etwas ein, weil die Spielhandlung eindeutig im Vordergrund steht, aber die Kulisse (auch die Geräuschkulisse) ist echt. Brando ist ein eher unterdurchschnittlich intelligenter Arbeiter, ein gescheiterter Profiboxer, der nicht weiß, was er nun aus seinem Leben machen soll. Sein Bruder (Rod Steiger) arbeitet als Rechtsanwalt für die Gewerkschaft und verschafft ihm einen Job im Hafen. Wer nicht Gewerkschaftsmitglied ist, hat keine Aussicht auf eine Stelle. Mehr als das: Wer sich ihr und ihrem skrupellosen Boß (Lee J. Cobb) nicht unterordnet, wird aus dem Weg geräumt. Einen solchen aufsässigen Arbeiter lockt Brando unwissentlich in eine Falle und wird so an seiner Ermordung mitschuldig.

Wenig später lernt er die Schwester dieses Arbeiters (Saint) kennen. Er ist sich gar nicht bewußt, was er ihr angetan hat, und er ist auch nicht in der Lage, irgendwie seine Zuneigung zu ihr auszudrücken. Aber sie bringt ihn dazu, sich gegen die allmächtige Gewerkschaft aufzulehnen. Ebenso drängt ihn ein Priester (Karl Malden) dazu, der verhindern möchte, daß ihr weitere Arbeiter zum Opfer fallen. Kurz darauf wird jedoch ein Arbeiter von einem herabstürzenden Container „zufällig“ erschlagen. Brando beschließt also, etwas zu unternehmen. Das bleibt Cobb allerdings nicht verborgen, und er beauftragt Steiger, seinem Bruder eine Lektion zu erteilen. Bei einer Aussprache erkennt Brando, daß Steiger ihn in die verhängnisvolle Abhängigkeit von der Gewerkschaft gebracht hat. Wenig später fällt Steiger, der nichts erreicht hat, der Gewerkschaftsführung zum Opfer. Nun ist Brando bereit, vor Gericht gegen Cobb auszusagen. Der verhält sich im Prozess unklug und arrogant und verspielt so seine Macht. Es kommt zu einer finalen Begegnung von Brando und Cobb im Hafen, bei der sich Brando in einem brutalen Faustkampf knapp durchsetzt. In einer kleinen Szene zeigt Kazan jedoch, daß nur Cobb am Ende ist. Auch er war eine Marionette in den Händen noch mächtigerer Kreise, die sich jetzt einen anderen Gewerkschaftsführer suchen.

Die Meinungen über „Die Faust im Nacken“ waren lange recht geteilt. Manche sahen darin einen Anti-Gewerkschafts-Film und meinten, die Kritik ziele auf die Falschen. Gegen solche Vorwürfe hatte sich Kazan geschützt, indem er einen wahren Fall aufgriff. Für Zeitungsberichte darüber hatte es bereits 1949 den Pulitzerpreis gegeben, und auch Arthur Miller plante, diesen Stoff künstlerisch zu verarbeiten. Andere sahen jedoch in dem Film eine Aufforderung, sich gegen Unrecht zu engagieren. Eigentlich sei es ein Film über Amerika und dessen verlorene Ideale.

Das Drehbuch ist von Budd Schulberg, einem der „Hollywood Ten“, und es geht natürlich unterschwellig auch um den Kongreßausschuß für unamerikanische Umtriebe. Jedenfalls: Zu dieser Zeit sah man in dem Filmthema keine geeignete Kinounterhaltung, und nachdem zwei Studios abgewinkt hatten, produzierte Sam Spiegel den Film privat (deshalb konnte auch Schulberg das Drehbuch schreiben). Das Budget lag bei 800 000 Dollar. Hinterher wurden die Machart des Films und die Schauspielerleistungen einhellig gelobt. Er war mit acht Auszeichnungen der Gewinner des Oscar-Jahrs 1955.
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Alt 26.01.2023, 06:44   #644  
Peter L. Opmann
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Kürzlich, als ich über den Pionier-Musicalfilm „Die Drei von der Tankstelle“ schrieb, habe ich überlegt, ob ich nicht stattdessen „Der Kongreß tanzt“ (1931) auswählen sollte. Dieses ein Jahr später entstandene Werk hat nicht diese unangenehmen Wirtschaftskrise-Untertöne, sondern es ist reines Star-Kino über Stars, nämlich die gekrönten Häupter, die beim Wiener Kongreß zusammentreffen, um sich über eine Neuordnung Europas nach Napoleon zu verständigen. Als Musikfilm ist diese Arbeit von Erik Charell aber nicht so bedeutend, auch wenn sie den unvergeßlichen Schlager „Das gibt’s nur einmal“ enthält. „Die Drei von der Tankstelle“ war also die bessere Wahl, aber für mich hat „Der Kongreß tanzt“ trotzdem seine Meriten, so daß ich nun auf ihn zu sprechen komme.

Die Fürsten Europas, denen man hier beim Tagen, vor allem aber beim Feiern zusieht, habe ich als Stars bezeichnet, und so agieren sie auch. Man sieht sie nämlich hauptsächlich aus der Perspektive der Handschuhverkäuferin Lillian Harvey, die dem russischen Zaren Alexander (Willy Fritsch) unbedingt einen Blumenstrauß verehren will – einerseits, weil sie durch diese Aktion den Handschuhverkauf ankurbeln will, andererseits, weil sie eine Art frühes Groupie ist. Die amourösen Verwicklungen im Film vermögen mich heute nicht mehr zu packen. Harvey hat beim Eintreffen des Zaren in Wien bereits ein Bukett nach ihm geworfen; das wird allerdings als versuchtes Attentat fehlgedeutet. Sie wird verhaftet und soll mit Stockhieben bestraft werden, aber Alexander erläßt ihr die Strafe im letzten Moment. Er verliebt sich bei der Begegnung seinerseits in sie und verbringt inkognito einen romantischen Abend mit ihr. Fürst Metternich (Conrad Veidt), der beim Kongreß die politischen Fäden zieht, ist es nur recht, daß der Zar abgelenkt ist, denn dann kann er seine Verhandlungsziele leichter erreichen. Sein Sekretär Pepi (Carl-Heinz Schroth) soll den Russen mit seiner Verkäuferin wieder zusammenführen, dabei macht er sich selbst ernsthafte Hoffnungen auf Harvey.

Weiter verkompliziert wird die Sache durch einen Doppelgänger, mit dem der Zar arbeitet. Der muß die langweiligen Verhandlungen absitzen, während Fritsch sich amüsiert. Jedenfalls ist schließlich die Handschuhverkäuferin mit einem Blumenstrauß in einer prächtigen Kutsche auf dem Weg zum Zaren. Sie hat ihren Kopf gegen Pepi durchgesetzt und schwebt nun im siebten Himmel. Ihr Glück ist freilich nicht von Dauer. Denn Napoleon flieht von seinem Exil auf der Insel Elba und schickt sich an, die europäische Ordnung erneut aufzumischen. Der Kongreß wird abgebrochen, und alle reisen eilends ab. (Was allerdings historisch nicht korrekt ist – in Wirklichkeit kam der Wiener Kongreß zu einem geordneten Ende, und Napoleon fand sich kurz darauf in Waterloo wieder.) Aber so war für Harvey alles gewissermaßen nur ein schöner Traum.

Es sind einzelne Akteure und einzelne Szenen, die den Film herausreißen. Veidt spielt einen charmanten, doch zugleich eiskalten Strippenzieher. Lillian Harvey und Willy Fritsch werden ihrem Ruf als Traumpaar des deutschen Films vollauf gerecht. Bemerkenswerte Nebenrollen haben auch Adele Sandrock und Lil Dagover. Die selige Kutschfahrt geht noch heute zu Herzen, wie auch die kurze Wiener Romanze, bei der Paul Hörbiger als Heurigensänger auftritt. Christa Bandmann und Joe Hembus schreiben allerdings in „Klassiker des deutschen Tonfilms“, die Österreicher hätten sich mit Grausen abgewandt, weil das Wiener Lebensgefühl im Babelsberger Studio nur notdürftig nachgeahmt worden sei und die Musik von Preußen stammte. Das deutsche Publikum hat’s aber offenbar nicht gemerkt und den Film zu einem großen Erfolg gemacht.

Ich sehe also über die Schwächen hinweg und genieße die gelungenen Teile des Films. Doch er ist auch in einem traurigen Zusammenhang zu sehen. Die Nazis haben ihn verboten, unter anderem, weil er das „nationalsozialistische Empfinden“ verletze. Der Jude Charell mußte Deutschland verlassen, konnte aber in Hollywood nicht Fuß fassen. Veidt konnte nur mit knapper Not aus Deutschland fliehen. Otto Wallburg, ein vor 1933 sehr beliebter Schauspieler, wurde nach langer Flucht ins KZ gesteckt und 1944 in Auschwitz ermordet. Wie ich lese, teilte Drehbuchautor Robert Liebmann sein Schicksal.
Peter L. Opmann ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 26.01.2023, 09:10   #645  
pecush
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Der heute erwähnte Film sagt mir leider nichts.

Dafür musste ich gestern an diesen schönen Thread denken:
Ich habe mir den Animationsfilm "Batman - Return of the Caped Crusaders" angeschaut (im Panini-Fan-Forum steht meine Meinung).
Da jagen Batman und Robin mit einer Bat-Rakete ins All (nach Bat-Countdown). Und welche Melodie ertönt? Das allseits beliebte "Also sprach Zarathustra"; wieder mal eine "2001"-Anspielung.
pecush ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 26.01.2023, 10:06   #646  
Nante
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Vom "Kongress" kenne ich nur ein paar Szenen aus der "Rumpelkammer" und natürlich die Gassenhauer wie "Das kommt nur einmal".
So richtig Lust zum Anschauen hat mir das im Gegensatz zu "Die Drei von der Tankstelle" aber nie so recht gemacht. Liegt aber vielleicht auch daran, daß ich auf Verdrehungen bei Historienfilmen immer etwas allergisch reagiere. Mal sehen, ob das mit zunehmender Altersmilde/Senilität besser wird.
Nante ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 26.01.2023, 12:15   #647  
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@ pecush: Ich weiß nicht, ob "Also sprach Zarathustra" auch vorher schon ein Klassik-Ohrwurm war, aber dieses Stück wird wirklich sehr oft verwendet, und natürlich meist in Anspielung auf "2001".

@ Nante: Über "Willi Schwabes Rumpelkammer" bin ich vor kurzem erst gestolpert. Sehr schöne Sendereihe, für die es meines Wissens im Westen leider keine Entsprechung gab. Was "Der Kongreß tanzt" betrifft - den Film kann ich mir - trotz der kleinen Mängel - wirklich gut ansehen. Mich würde mal interessieren, wie das ein Österreicher sieht. Ansonsten: Mit Historie hat der so gut wie nichts zu tun. Falls man vom Wiener Kongreß noch nie gehört hat, erfährt man auch nicht, worüber da eigentlich verhandelt wurde.
Peter L. Opmann ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 26.01.2023, 12:47   #648  
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Ist die Sendereihe "Wiedersehen macht Freude - Elmar Gunsch präsentiert Kabinettstückchen", die von 1978 bis 1984 im ZDF lief, nicht das westdeutsche Gegenstück zu "Willi Schwabes Rumpelkammer"?
Servalan ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 26.01.2023, 14:21   #649  
Peter L. Opmann
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Einen längeren Ausschnitt aus einer "Wiedersehen macht Freude"-Sendung habe ich gefunden - da sitzt Elmar Gunsch tatsächlich auch in einer Dachkammer, die allerdings überhaupt nicht an eine Rumpelkammer erinnert.

Ich glaube, bei Gunsch kamen mehr Ausschnitte aus Fernsehshows vor, aber die Willi-Schwabe-Sendungen kenne ich natrürlich auch nur sehr kursorisch.
Peter L. Opmann ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 26.01.2023, 14:51   #650  
Nante
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Schwabe hat eigentlich nur Ausschnitte aus alten Filmen gezeigt.
Neben seinem unnachahmlichen Plauder-Charme hatte er noch den Vorteil, praktisch auf das komplette UFA-Archiv zugreifen zu können.
Nante ist offline   Mit Zitat antworten
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