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Alt 17.07.2023, 14:54   #1426  
Peter L. Opmann
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"Fundamentalistisches" Thema: Bitte Gott und Religion auseinanderhalten!
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Alt 17.07.2023, 14:54   #1427  
LaLe
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@Nante

Ich frage jetzt aber nicht nach dem "Wozu".
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Alt 17.07.2023, 18:34   #1428  
Horatio
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Zitat:
Zitat von Nante Beitrag anzeigen
Für eine romanadäquate Darstellung scheint mir Robert Mitchum am passendsten.
Ist das eine Anspielung auf Die Nacht des Jägers?
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Alt 17.07.2023, 19:15   #1429  
Peter L. Opmann
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Ich hätte ja zu Mitchum gesagt: Für die Darstellung eines Predigers ist der zu maulfaul. Aber in "Die Nacht des Jägers" hat er tatsächlich einen gespielt.
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Alt 18.07.2023, 06:22   #1430  
Peter L. Opmann
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Nach „Things to come“ habe ich mir jetzt nochmal „Die Zeitmaschine“ (1960) von George Pal zu Gemüte geführt. Dabei sind mir eine Menge logischer Fehler und Holprigkeiten aufgefallen, die ich früher weniger wahrgenommen habe. Dennoch ist der Film ein Erlebnis und hat sicher dem Science-Fiction- und vor allem dem Fantasygenre Impulse gegeben. Unverständlich ist mir allerdings der Oscar, den der Film 1961 für die Spezialeffekte erhielt. Da sind mir nicht viel mehr als Zeitraffer-Effekte aufgefallen. Der Rest erinnerte mich an schlechte „Star Trek“-Episoden. Bemerkenswert finde ich hingegen die Bauten, insbesondere die der Zukunftswelt, und das Design der Steampunk-Zeitmaschine.

Die Handlung folgt grob der Romanvorlage des großen H. G. Wells, und Drehbuchautor David Duncan (der auch „Die phantastische Reise“ schrieb) hat den eher philosophisch-intellektuellen Charakter des Romans nur teilweise durch eine Actionhandlung ersetzt. Rod Taylor, der Zeitreisende, lädt zu Silvester 1899 vier Freunde ein, um sie mit seiner Erfindung bekannt zu machen. Bis auf einen tun aber alle die Idee einer Zeitreise als Humbug ab, obwohl er sie an einem Modell demonstriert. Darauf lädt er sie eine Woche später erneut ein – bis dahin will er selbst in die Zukunft gereist und zurückgekehrt sein. Taylor setzt sich in seine Maschine und macht zunächst dreimal in der näheren Zukunft Halt: 1917 während des Ersten, 1940 während des Zweiten und 1966 während des Dritten Weltkriegs, in dem erwartungsgemäß Atomwaffen eingesetzt werden. Geschockt wagt er darauf einen weiten Sprung in die Zukunft (etwa 800 000 Jahre).

Er landet in einem Naturparadies, in dem es anscheinend keine Menschen mehr gibt. Dann entdeckt er jedoch eine Gruppe junger Leute, die quasi als Frühhippies (bezogen auf die Entstehungszeit des Films) an einem Flußufer in den Tag hineinleben. Taylor muß feststellen, daß sie keine seiner Fragen beantworten können und auch emotional völlig abgestumpft zu sein scheinen. Er rettet ein Mädchen (die liebreizende Yvette Mimieux) vor dem Ertrinken, kommt mit ihr in näheren Kontakt und erfährt schließlich zumindest bruchstückhaft, was mit dieser Zukunftswelt los ist. Neben ihrem Volk der Eloi gibt es noch die Morlocks, die seit dem Ende des Atomkriegs unter der Erde leben und die Eloi kontrollieren. Durch einen Luftschacht (?) steigt er zu ihnen hinunter und entdeckt, daß die Morlocks die Eloi wie Vieh halten und als Nahrungsquelle benutzen. Kein Eloi erreicht ein höheres Alter, weil er schon in jungen Jahren von den Morlock-Kannibalen verspeist wird. (Kinder gibt es allerdings auch keine – vermutlich vermied man alles, was mit Sex zu tun haben konnte.)

Als Mimieux den Gang ins Morlock-Reich antreten muß, folgt ihr Taylor und befreit sie und ihre Leidensgenossen. Er erkennt, daß die monstermäßigen Morlocks Angst vor Feuer haben. Darauf fackelt er gleich ihr gesamtes Höhlensystem ab. An die Erdoberfläche zurückgekehrt, findet er seine Zeitmaschine wieder und beschließt, in seine Zeit zurückzukehren. Zum verabredeten Treffen mit seinen Freunden ist er wieder da, allerdings gezeichnet von seinen Kämpfen und Anstrengungen. Die Freunde glauben nach wie vor nicht, daß er in der Zeit unterwegs war, auch wenn er eine völlig fremdartige Blume aus der Zukunft mitgebracht hat. Als sie gegangen sind, besteigt er wieder die Zeitmaschine. Nun möchte er Mimieux wiedertreffen und die Zukunft verändern.

Seltsam berührt hat mich, daß sich Taylor bei den Eloi nach Büchern erkundigt; es gibt zwar welche, aber sie zerfallen bei der ersten Berührung zu Staub. Ich könnte mir vorstellen, daß sich die total verblödeten Eloi seit Jahrtausenden nur noch mit ihren Smartphones und sozialen Medien beschäftigt haben. Soweit konnte George Pal freilich 1960 noch nicht denken. Pal war eigentlich Tricktechniker, drehte aber in den 50er Jahren eine Reihe von SF-Filmen (auch „Der Kampf der Welten“, ebenfalls nach H. G. Wells). Alles in allem ist „Die Zeitmaschine“ für mich eher eine Fantasygeschichte – nicht sehr stimmig, aber es macht nichts. Die Atmosphäre des Films kann in seinen besten Momenten noch immer faszinieren; die Story hat aber zu viele Schwächen (überall da, wo man notgedrungen von Wells‘ Vorlage abweichen mußte), als daß ich mir das Werk bald noch einmal ansehen würde.
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Alt 18.07.2023, 06:37   #1431  
Marvel Boy
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Ja, wie du schon schreibst, manche Werke schaffen es mit Atmosphäre so zu überzeugen das die Logik auch mal in den Hintergrund treten darf.

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Alt 18.07.2023, 06:48   #1432  
Nante
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Entweder spielt mir die Erinnerung einen Streich oder ich habe im Fernsehen damals eine gekürzte Version gesehen.

Ich war/bin mir nämlich ziemlich sicher, daß "mein" Film damit endete, daß die Stimme von George aus dem Off unmittelbar nach der Befreiungsaktion verkündet, er werde nun hier bleiben und beim Aufbau einer neuen Gesellschaft helfen.
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Alt 18.07.2023, 08:02   #1433  
Peter L. Opmann
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Hm, seltsam. Das gibt es in meiner DVD-Version eindeutig nicht. Der Film ist 98 Minuten lang.
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Alt 18.07.2023, 08:57   #1434  
Nante
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Wie oben geschrieben, kann es auch ein Streich der Erinnerung sein, denn es ist wenigstens 35 Jahre her. War auf alle Fälle noch im "Westfernsehen".

Bin mir aber trotzdem relativ sicher, denn nach diesem doch recht optimistischen Ende war es für mich fast ein Schock, als ich in den 90ern das Buch gelesen habe, wo "die liebreizende Yvette Mimieux" ja ein viel weniger liebreizendes Ende fand.
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Alt 18.07.2023, 09:08   #1435  
Fauntleroy
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Moin,
bei mir steht: Spieldauer ca. 99 Minuten.
An eine Stimme aus dem "OFF" kann ich micht jetzt aber auch nicht erinnern.


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Alt 18.07.2023, 09:10   #1436  
Peter L. Opmann
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@ Nante: Grundsätzlich geht das Filmende in die Richtung, die Du beschreibst. Nur gibt es keine Off-Stimme, und wie der Zeitreisende die Zukunft gestalten will, bleibt offen. Er nimmt drei Bücher mit, aber der Freund, der nochmal nach ihm sehen wollte, weiß nicht, welche das sind.

Möglicherweise war's sozialistische Literatur, denn Wells gehörte einer sozialistischen Gesellschaft (Fabian Society) an und prangerte die beiden Klassen (die ausbeuterischen Morlocks und die ausgebeuteten Eloi) an, die abgeschafft werden müßten.
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Alt 18.07.2023, 09:36   #1437  
Nante
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Stimmt, in meinem Filmende fehlt eben nur die Rückreise in die Heimat und der erneute Aufbruch. Im Endergebnis ist es ähnlich.

Zitat:
...beiden Klassen (die ausbeuterischen Morlocks und die ausgebeuteten Eloi)
Im Buch ist es ja eigentlich so, daß die Morlocks die Nachkommen der ausgebeuteten, im wahrsten Sinne des Wortes UNTERschicht sind, die für die Eloi (die einstmals "Herrschende Klasse") das sorgenlose Leben ermöglicht und irgendwann dann "den Laden übernommen haben", als die Eloi durch den endlosen Müßiggang soweit degeniert waren, daß sie zu nichts mehr fähig waren.

Zynisch betrachtet ist es weniger Ausbeutung als eine Art "Bio-Landwirtschaft" : Die Morlocks sorgen immer noch für die Bedürfnisse der Eloi, die ein Leben wie "Glückliche Kühe" führen und dafür irgendwann als Steak auf dem Teller landen.
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Alt 18.07.2023, 09:45   #1438  
Peter L. Opmann
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Diese Feinheiten kann man aber nur dem Roman entnehmen. Der Film läßt kaum an eine Klassengesellschaft denken. Die Eloi sind hübsch und dumm, die Morlocks "bug-eyed monsters". Wie dieses Gesellschaftssystem entstanden ist, wird nur zart angedeutet (kein Wunder, wenige Jahre nach der McCarthy-Hexenjagd).
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Alt 18.07.2023, 12:59   #1439  
Nante
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Nachtrag zu gestern:

YT (aufmerksam wie immer ) hat mir vorhin ein Filmchen mit der Oscar-Verleihung an Lancaster vorgeschlagen. Da ist mir erst mal bewußt geworden, gegen wen er diesen Oskar u.a. errungen hat: Laurence Olivier, Spencer Tracy und Jack Lemmon (in "Das Appartement"!) .
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Alt 18.07.2023, 14:21   #1440  
Peter L. Opmann
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Manchmal kann man ja die Entscheidung des Komitees nicht rational nicht nachvollziehen, aber in diesem Fall würde ich sagen: Olivier war Engländer, Tracy hatte schon zwei Oscars und Lemmon immerhin einen als bester Nebendarsteller.

Aber ich würde auch sagen: Lancaster hätte ihn schon eher verdient gehabt.
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Alt 19.07.2023, 17:56   #1441  
Horatio
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Zitat:
Zitat von Peter L. Opmann Beitrag anzeigen
Diese Feinheiten kann man aber nur dem Roman entnehmen. Der Film läßt kaum an eine Klassengesellschaft denken. Die Eloi sind hübsch und dumm, die Morlocks "bug-eyed monsters". Wie dieses Gesellschaftssystem entstanden ist, wird nur zart angedeutet (kein Wunder, wenige Jahre nach der McCarthy-Hexenjagd).
Das könnte auch daran liegen, dass diese Klassengesellschaft der Dienerschaft, die im Keller schuftet, und der Herrschaft, die oben im Lichte wohnt und bedient wird, bei Entstehung des Films bereits der Vergangenheit gehörte. Ein mit viktorianischen Verhältnissen vertrauter Betrachter würde auch bei dem Film den Bezug vermutlich sofort erkennen, oder nicht?


Edit:
George könnte das im Film ebenso erkannt haben wie der Zeitreisende im Buch. Wenn er das aber nicht ausspricht, könnte das darauf zurückzuführen sein, dass das Drehbuch für ein Publikum von 1960 geschrieben wurde, das zum Durchblicken vielleicht einen längeren Exkurs benötigt hätte?



Die Zeitmaschine ist einer meiner Lieblings-SF-Filme, seit ich ihn vor über 40 Jahren erstmals sah. Das war lange bevor ich die Buchvorlage las und die Unterschiede erkannte. Aber ich habe auch danach meine Meinung über den Film nicht geändert.

Hätte ich das Buch zuerst gekannt, wäre das vielleicht anders, aber Film - ich schreibe damit wahrlich nichts Neues - ist doch ein anderes Medium, hat eigene Regeln und Konventionen. Bei Buchverfilmungen werden Inhalte meist vereinfacht und Schauwerte spielen eine größere Rolle. Auch wird einer Filmversion meist ein optimistisches Ende verpasst. Film ist inhaltlich mehr Mainstream, wohl weil sein Publikum mehr Mainstream ist. Es gibt zahlreiche Beispiele dafür.

Ich finde, es ist immer noch sehr Vieles von Wells’ Vorlage erhalten geblieben, und das genügt mir.

Mir gefallen beispielsweise die liebevolle, detailreiche Ausstattung und die teils melancholische oder wehmütige Stimmung, zu der auch die wunderbare Filmmusik von Russell Garcia beiträgt (von der ich übrigens beide CD-Versionen habe, darunter die Originalversion aus dem Film).

Geändert von Horatio (19.07.2023 um 19:28 Uhr)
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Alt 19.07.2023, 22:40   #1442  
Peter L. Opmann
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Ja, die Ausstattung habe ich auch gewürdigt. Finde ich sehr eindrucksvoll.

Kannst Du etwas dazu sagen, warum "Die Zeitmaschine" einen Oscar für die Spezialeffekte bekam?
Peter L. Opmann ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 20.07.2023, 15:19   #1443  
Peter L. Opmann
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Nochmal zurück zu "Elmer Gantry". Mich hatte ja etwas befremdet, daß er im "Tabernakel" predigte.

Ich kannte den Begriff nur aus der katholischen Kirche, wo das der Aufbewahrungsort der geweihten Hostien ist. Eben habe ich ein Buch mit Predigten von C. H. Spurgeon in die Hände bekommen, und da steht: "Gehalten im Metropolitan Tabernacle, Newington". Tabernakel meint hier die Stiftshütte, also im Prinzip den jüdischen Tempel, den es bis 70 n. Chr. gab, und christliche Kirchen im englischsprachigen Raum haben den Namen für ihren Versmmlungssaal übernommen.
Peter L. Opmann ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 20.07.2023, 18:48   #1444  
Horatio
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Zitat:
Zitat von Peter L. Opmann Beitrag anzeigen
Ja, die Ausstattung habe ich auch gewürdigt. Finde ich sehr eindrucksvoll.

Kannst Du etwas dazu sagen, warum "Die Zeitmaschine" einen Oscar für die Spezialeffekte bekam?
Nein, tut mir Leid. Wieso der Film für die Spezialeffekte einen Oscar bekam, weiß ich auch nicht. Ich kenne die Gründe für die Entscheidung nicht und ich weiß auch nicht, wer die anderen Nominierten waren.

Es gibt im Film Zeitraffer-, Stop-Motion-, Miniaturen-, Blue-Screen- und Matte-Painting-Effekte, die auch miteinander kombiniert sind. Ich finde das schon recht aufwändig und wirkungsvoll.
Horatio ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 21.07.2023, 06:26   #1445  
Peter L. Opmann
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Danke für die Erläuterungen.

Ich will mich nochmal mit einem Film beschäftigen, der in dieser Reihe nichts zu suchen hat: „My Week with Marilyn“ (2011) von Simon Curtis. Aber irgendwie paßt er doch hierher, denn er handelt von den Dreharbeiten zu „Der Prinz und die Tänzerin“, einem Film von 1957, den ich oben schon besprochen habe. Es ist gewissermaßen ein Making-of, aber weitaus besser, als was man an solchen Dokus sonst geboten bekommt. Allerdings ist es ein Spielfilm, basierend auf den Erinnerungen von Colin Clark von 1995, und man muß immer im Kopf behalten, daß dieser Film zwar nicht auf mehr oder weniger gutes Dokumaterial angewiesen, aber dafür auch weniger dokumentarisch ist. Es geht darum zu zeigen, wie Marilyn Monroe auf dem Höhepunkt ihrer Karriere abseits der Kinoleinwand wirklich war. Aber es ist durch die Augen von Clark betrachtet, und es ist mit künstlerischen Mitteln dargestellt.

Hier weiche ich besser von meiner Gewohnheit ab, nicht Rollennamen, sondern die der Schauspieler zu nennen, denn die Rollennamen gehören untrennbar zur Geschichte. Marilyn Monroe wird von Michelle Williams, der Star und Regisseur des Films, Laurence Olivier, von Kenneth Branagh dargestellt. Colin Clark ist Eddie Redmayne. Olivier will eine „seichte Komödie“ namens „Der schlafende Prinz“, mit der er im Theater in England schon großen Erfolg hatte, in den Pinewood-Studios mit Monroe verfilmen. Colin Clark ist der Sohn einer einflußreichen englischen Familie, der zum Film möchte, auch um nicht nur wegen des Namens seines Vaters voranzukommen. Olivier stellt ihn schließlich als dritten Regieassistenten ein, und Clark will sich entschlossen hocharbeiten. Außerdem versucht er, Kontakt zu einer hübschen Garderobistin (Emma Watson) zu knüpfen, die er aber (siehe unten) bald vergessen wird.

Schon kurz nach der umjubelten Ankunft von Monroe in England beginnt die Konfrontation von Olivier, für den die Schauspielerei allein Handwerk ist, und Paula Strasberg, die will, daß ihre Schülerin Monroe sich zuerst in die Rolle hineinfindet (Method Acting). Monroe, zu diesem Zeitpunkt 30 Jahre alt, kann ihren Text nicht; sie hat Versagensangst, und ihr setzen bereits Alkohol und beständiger Mißbrauch von Psychopharmaka zu. Meist liegt sie, der Bewußtlosigkeit nahe, auf ihrem Sofa. Sie weiß nicht, daß sie sich überhaupt nicht anzustrengen braucht, um auf der Leinwand natürlichen Liebreiz auszustrahlen, womit sie den Theaterheroen Olivier mit Leichtigkeit an die Wand spielt. Doch die Produktion gerät durch ihre dauernde Abwesenheit in großen Verzug.

Alle am Set halten Monroes Probleme lediglich für Allüren. Da wird sie auf Clark aufmerksam, der sie an den jungen König im Film erinnert, mit dem ihre Figur eine kurze Liebesaffäre hat. Clark ist 23 und hat nicht einen Bruchteil der Erfahrungen, den Monroe nach drei Ehen besitzt. Sie fragt ihn: „Auf welcher Seite stehen Sie?“ Und sie faßt etwas Vertrauen zu ihm. Er versucht, ihr zu erklären, warum das ganze Filmteam und besonders Olivier wütend auf sie sind, aber vor allem baut er ihr Selbstbewußtsein auf. Danach läßt sie ihn mehrmals in ihre Wohnung holen. Leute, die sie kennen, warnen ihn, daß sie mit ihm spielen wolle und ihn schnell fallenlassen werde. Aber erstens bleibt die Beziehung weitgehend platonisch, und außerdem ist er für sie die Chance, Abstand zum Filmgeschäft zu bekommen. In gewisser Weise fühlt sie sich auch erdrückt vom „Mythos Marilyn“ und sehnt sich danach, eine normale Frau zu sein. Colin Clark wiederum sieht sich einerseits als ihr Beschützer, andererseits will er das Geheimnis ergründen, das diese komplizierte Frau umgibt.

An einem Tag schleichen sie sich weg und besichtigen gemeinsam englische Sehenswürdigkeiten. Kurz darauf gerät sie in der Nacht in eine Krise, und ein Notarzt muß geholt werden. Colin wacht an ihrem Bett. Gegen Ende der Dreharbeiten bessert sich Marilyns Arbeitsdisziplin, und Olivier erkennt, was ihre wahren Qualitäten als Schauspielerin sind. Dann ist der Film fertig, und sie verläßt England wieder. Clark hatte ein bißchen davon geträumt, daß er ihre Bezugsperson bleiben könne. Für sie ist das aber nun tatsächlich vorbei, und mit erstaunlich grausamem Realismus sagt sie: „Ich kann meine Hollywood-Karriere nicht aufgeben.“ Dann aber signalisiert sie, daß er für sie doch nicht nur eine flüchtige Bekanntschaft war: „Vielleicht können wir uns zuzwinkern…“ Ganz am Ende taucht sie in einem Pub auf, in dem er traurig am Tresen sitzt, und es kommt zu einem Abschiedskuß.

Man stellt sich diesen Film als Zweieinhalb-Stunden-Werk vor, aber das Drehbuch ist sehr straff gehalten. Regisseur Curtis bleiben in 90 Minuten dennoch genug Szenen, in denen er den Zauber dieser unwirklichen Beziehung entfalten kann. „My Week with Marilyn“ ist von der BBC produziert und mußte vielleicht ein Fernsehformat einhalten. Er hat aber sonst nichts von einem Fernsehfilm. Einmal sagt Marilyn im Film mit Abscheu: „In Hollywood gibt es viele ältere Typen!“ Das hat mich daran erinnert, daß Co-Produzent Harvey Weinstein war. Ich hoffe allerdings, daß der wunderbare Film nicht durch ihn diskreditiert ist.

Ein Problem ist, daß Michelle Williams ihrer Figur nur wenig ähnlich sieht. Aber sie hat Marilyns Bewegungen bewundernswert gut einstudiert, und ansonsten sehen wir ja hauptsächlich eine Marilyn im wirklichen Leben, von der wir gern glauben, daß sie nicht die Schminke und vielleicht auch nicht die aufgedonnerte Frisur wie im Film trug. Branagh gibt Laurence Olivier immer als Schauspieler, der auch wenn die Kamera nicht läuft, am liebsten Shakespeare deklamiert. Eddie Redmayne spielt die Naivität und das allmähliche Reifen seiner Figur sehr gut. Letztlich ist dies wohl eine Coming-of-Age-Geschichte.

Letztlich wird hier der Mythos Marilyn ein weiteres Mal ausgebeutet. Mich würde interessieren, ob sie in diesem Film als „starke Frau“ durchgeht – auf jeden Fall sind die meisten Männer hier Marionetten in ihrer Hand. Aber egal, ich gestehe, daß ich auch zu denen gehöre, die liebend gern hinter Marilyn Monroes Geheimnis kommen würden, und ich sehe sie auch gern mit den Augen von Colin Clark. Ich habe „My Week with Marilyn“ damals natürlich im Kino gesehen, und er ist ganz schnell in den Kreis meiner Lieblingsfilme aufgestiegen.
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Alt 22.07.2023, 07:02   #1446  
Nante
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Wieder mal ein Klassiker des DEFA-Kinos.

„Die Abenteuer des Werner Holt“
(Joachim Kunert 1965) dürfte neben „Ich war 19“ von Konrad Wolf der bekannteste DDR-(Anti-)Kriegsfilm gewesen sein. So ziemlich jeder von meiner Generation (+wenigstens 20 ältere und einige jüngere Jahrgänge) hat ihn wohl mal gesehen .

Natürlich spielte dabei eine Rolle, daß der gleichnamige Roman von Dieter Noll (genauer gesagt, dessen erster Teil) im Schulunterricht Pflichtliteratur und der Film parallel dazu immer im Fernsehen zu sehen war. (Ich bin mir nicht mehr sicher, ob der Film nun freiwillig oder eine Art Hausaufgabe war.)

Fakt ist jedenfalls, daß zumindest der männliche Teil der Schüler kaum dazu angehalten mußte, ihn sich anzuschauen. Im Gegenteil: Wie dem Film fieberte man dem Roman entgegen, der so ganz anders war als die sonstigen Bücher aus dem eher langweiligen Pflichtkanon.

Für die älteren Zuschauer kam wahrscheinlich noch etwas anderes hinzu: Während der oben genannte Film von K. Wolf die Sícht der extrem kleinen (und inzwischen damals nicht mehr sonderlich beliebten) Minderheit der Exilanten auf den Krieg schilderte, konnte sich mit dem Titelhelden hier die ganze „Generation Flakhelfer“ identifizieren.

Die Handlung entspricht weitestgehend dem Roman, nur daß man im Film das letzte Kapitel, als Holt und Wolzow in den letzten Kriegstagen eine Stellung halten sollen, als Rahmenhandlung konzipiert hat, in denen sich Holt in einzelnen, immer wieder durch aktuelle Ereignisse unterbrochenen Rückblenden an die Zeit seit dem Sommer 1943 erinnert, in denen er und Wolzow Freunde wurden.
(Der zweite Unterschied, daß nämlich dieser“Endkampf“ nicht wie im Buch gegen die Amerikaner sondern gegen die Rote Armee geführt wird, dürfte weniger ideologische als logistische Gründe gehabt haben: Im Gegensatz zu Sherman-Panzern war der russische T34 damals noch reichlich in Beständen der NVA verfügbar. Die Kampfszenen wurden dann auch gleich auf einem NVA-Truppenübungsplatz gedreht.)

Die Rückblenden beginnen 1943, als Holt (Klaus- Peter Thiele) noch in der Schule ist , wo er sich mit dem starken und brutalen Gilbert Wolzow (Manfred Karge) anfreundet, der nur dem Militäreinsatz entgegen fiebert (In seiner Familie sind seit über 100 Jahren alle Söhne Offizier geworden.) Ihnen schließt sich noch der wegen seinem Gewicht gehänselte Christian Vetter sowie der nachdenkliche aber trotzdem entschlußstarke Sepp Gomulka (Arno Wyzniewski) an.

Diese Vier (alle zwischen 16 und 17) bilden ab nun eine eingeschworene Clique und stehen in den folgenden Monaten die sich steigernde Hölle aus Flak im Ruhrgebiet, Reichsarbeitsdienst (incl. „Partisanen-Bekämpfung“ und Massaker an Zivilisten in der Slowakei )und schließlich den Drill und die Schikanen bei der Ausbildung zu Panzersoldaten der Wehrmacht durch.

(Die komplette Handlung schenke ich mir hier, man kann sie ausführlich auf Wiki nachlesen.)

Holt reift dabei allmählich, lehnt sich aber trotz steigender Zweifel an dem Sinn des ganzen immer wieder an Wolzow an, dessen unerschütterliche Gewißheit ( „Wo ich bin, wird gekämpft!“) scheint ihm Halt zu geben und dem er vergeblich nachzueifern versucht. („Ich wünschte, ich wär ein Fanatiker. Das Nachdenken und Grübeln, das macht mich fertig.“)

Auch Begegnungen mit seinem gemaßregelten Vater und dem Mädchen Gundel (Monika Woytowicz), in die er sich verliebt, können daran erst einmal nichts ändern. Ebenso ignoriert er die Hinweise, die ihm Gomulka auf seine sich ändernde Haltung gibt („Es darf nicht sein, daß so etwas siegt!“). Vetter dagegen entwickelt sich zum perfekten Landsknecht („Leute, genießt den Krieg, der Frieden wird furchtbar sein.“) und Kettenhund von Wolzow.

Dieses Gefühl, nur ein machtloser Getriebener des Schicksals zu sein, nicht selbst verantwortlich zu sein, quält Holt fast die ganze Zeit, dient aber auch als Ausrede, nicht aus diesem Kreislauf auszubrechen. Auch nicht, als sich die erste Gelegenheit ergibt und Gomulka dersertiert. (Aus heutiger Sicht wohl auch ein etwas zu euphemistischer „Ausweg“ mitten in der Winteroffensive der Roten Armee Anfang 1945.)

Erst nachdem der Großteil der Einheit im letzten von Wolzow „gewonnenen“ Gefecht gefallen ist, rafft Holt sich auf („Mein Schicksal heißt Wolzow!“ ) und zwingt diesen mit vorgehaltener Waffe, die Truppe in Gefangeschaft gehen zu lassen. Er selbst zögert noch. Wolzow droht damit, er werde die in der Nähe gelegene SS zu Hilfe zu holen und „Euch Alle aufhängen“ lassen.
Am Ende ist er selbst es, der gehängt wird, weil der Anführer der SS ein ehmaliger HJ-Führer ist, den Wolzow zu Beginn der Handlung tödlich gedemütigt hat und der nun Rache nimmt.

Holt, der dies aus einem Versteck heraus mit ansieht, kann oder will es nicht verhinden. Aber dann lädt er das MG im Bunker und erschießt im Dauerfeuer die SS-Leute. (Im Buch wird die Motivation deutlich genannt: „Wenigstens EINMAL auf der richtigen Seite stehen!“)

Nachdem die SS tot und der Ladegurt leer ist, verläßt er den Bunker und geht nun allein den gleichen Weg wie vorher die Kompanie; -wahrscheinlich also auch in die Gefangeschaft . Damit endet der Film.
(Im Buch überlebt er noch einige Monate amerikanische Kriegsgefangenschaft und kommt dann schwer krank zum Haus seines Vaters; - wo es Gundel ist, die ihm Tür öffnet.)

Zum Erfolg trug sicherlich auch die exzellente Besetzung bis in die kleinsten Nebenrollen bei: Thiele und Wyzniewski, aber auch Angelika Domröse, Volkmar Kleinert oder Rolf Röhmer standen am Anfang einer erfolgreichen Karriere, während Helga Göring, Jochen Thomas oder Wolf Kaiser bereits etablierte Stars waren, um nur mal einige zu nennen.

Thiele spielt die Hauptrolle in ihrer ganzen Zerrissenheit, der seine Meinung immer wieder ändert und zwischen Gomulka und Wolzow hin und her schwankt. - Ironischerweise habe ich ihn in späteren Produktionen zu diesem Thema fast immer nur als „Jungen Mann“, sprich Assistenten des SS-Oberbösewichts in diversen DDR-Fernsehserien in Erinnerung.

Auch Arno Wyzniewski wurde später mit seiner hageren, asketischen Gestalt gern oft in „bösen“ oder zumindest ambivalenten Rollen besetzt, sei es als Inquisitor, Friedrich II oder gar Joseph Goebbels.

Unterm Strich kann man sagen, daß es ein sehr gelungener Film war, dem zu dieser Thematik aus westdeutscher Produktion in dieser Zeit eigentlich nur „Die Brücke“ an die Seite gestellt werden kann.
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Alt 22.07.2023, 07:35   #1447  
Peter L. Opmann
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Danke. Ich muß gestehen, von diesem Film hatte ich noch nie gehört. Kam auch in "Das war die DEFA" glaube ich nicht vor.

Peter Thiele ist mir ein Begriff. Angelica Domröse habe ich in "Paul und Paula" gesehen (kenne ich aber auch als West-Schauspielerin). Bei den übrigen Darstellern muß ich passen.
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Alt 22.07.2023, 08:23   #1448  
Marvel Boy
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Ich hab den Film gesehen, die Erinnerung daran ist aber schwach. Ist halt lange her das DDR Fernsehen noch zu den empfangbaren Programmen gehörte.

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Alt 22.07.2023, 13:34   #1449  
underduck
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Nie von gehört.
Aber bis ins Unterentenland haben es damals die DDR-Wellen wohl auch nicht geschafft.
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Alt 24.07.2023, 20:14   #1450  
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Ich habe zwar direkt an der innerdeutschen Grenze gelebt, aber ich glaube, DDR-Fernsehen konnte meine Familie auch nicht empfangen.

Übrigens:

Bin etwas enttäuscht, daß anscheinend niemand eine Meinung zu "My Week with Marilyn" hat. Oder sehen das einfach alle genauso wie ich?
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