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Alt 31.12.2017, 21:11   #1  
Servalan
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Nö, das finde ich nicht, allerdings fällt mir gerade nichts ein, das alle gut finden.

Wie ich aber schon sagte, ich glaube daran, dass Kunst allein Konvention ist. Voraussetzung ist, dass jemand das "Kunstwerk" zum Kunstwerk erklärt und dass der geneigte Betrachter qua eigener Voraussetzung (Bildung, Indoktrination) "empfindet", das er vor einem Kunstwerk steht.

Unter dieser Voraussetzung kann auch etwas "Kunst" sein, wenn nur ganz wenige es gut finden.
Solange noch Gerhard Richter unter uns weilt, stellt eine zu gute Resonanz einen Anlaß dar, sein eigenes Kunstwerk augenblicklich zu zerstören. Dabei ist es schnurz, ob dieses Urteil nun vom Künstler selbst, einem Kuratoren, einem Kritiker oder aus dem allgemeinen Publikum kommt. Wenn ein Kunstwerk eingängig, gefällig und verständlich ist, stellt das aus Richters Sicht ein Ausschlußkriterium dar.
Und der gute Gerhard Richter gehört ja seit Jahren zu den internationalen Superstars der Kunstszene. Manchmal legt er es sogar darauf an, daß sich sein Publikum unwohl fühlt: Die sollten froh sein, wenn sie den Raum mit seinen Porträts im kalten Licht verlassen, sagt er in Gerhard Richter - Painting.

"Jedes Bild ist der Todfeind des anderen", so ein weiteres Zitat von ihm.
Danach reduziert jede Kunstgeschichte jeweils auf ein einziges Werk.
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Alt 17.11.2019, 17:36   #2  
Servalan
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Standard Seltsame Menschen im Kunstbetrieb

Der Spruch "Die ganze Welt ist ein Irrenhaus, aber hier ist die Zentrale!" hängt sicher als Aufkleber an vielen Arbeitsplätzen. Ich spreche hier von Sachen, die mir selbst passiert sind.

Vor einigen Jahren hatte ich ein Jahrespraktikum am Kommunalen Kino, und Botengänge gehören zu den üblichen Tätigkeiten für Praktikanten. Der, um den es geht, hatte es aber in sich.
Eine kieler Galeristin hatte dem Koki eine Kiste mit Filmen zukommen lassen, die in einem Programm gezeigt wurden. Allerdings passierte zehn bis zwölf Wochen danach nichts. Die Galeristin holte das Konvolut nicht ab, also wurde ich beauftragt, die Kiste zurück in die Galerie zu bringen. Ich dachte mir nichts dabei und hielt das für einen gewöhnlichen Auftrag.
Bis die Galeristin mich vor verschlossener Tür stehen ließ. Ich ging deshalb unverrichteter Dinge wieder ins Koki. Die Chefin des Koki versuchte den Kuddelmuddel telefonisch zu klären. Dadurch erfuhr sie, daß die Galeristin erwartete, die Chefin höchstpersönlich sollte ihr die Filme übergeben. (Ich fand das Ansinnen, gelinde gesagt, etwas weltfremd.)
Mit dem Auftrag hudelte das Koki noch drei bis vier Stunden hin und her. Dann endlich fand sich eine Angestellte der Phantom-Galeristin, die mir die Tür öffnete und mich die Kiste abgeben ließ.
Die Galeristin hatte ihren Betrieb bloß in einer popeligen Landeshauptstadt in der deutschen Provinz. Weder besaß sie ein Starimage in Berlin noch in New York, London, Paris, Dubai oder Shanghai. Ihr Verhalten empfand ich als äußerst seltsam. In ihrer Kunstblase hielt sie sich für etwas Besseres und verachtete gewöhnliche Menschen, auf die sie von oben herabschaute.

Kennt jemand ähnliche Anekdoten aus dem Kunstbetrieb?

Geändert von Servalan (17.11.2019 um 17:41 Uhr)
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Alt 17.11.2019, 19:21   #3  
Peter L. Opmann
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Mit der Galerie-Szene kenne ich mich nicht aus. Es klingt schon so, als ob diese Galeristin einen an der Murmel hatte. Aber man sollte vielleicht trotzdem vorsichtig sein. Vielleicht hatte sie einen plausiblen Grund dafür zu erwarten, daß die Kinochefin persönlich bei ihr vorbei kommt, oder sie hatte falsche Vorstellungen, die sie aber entschuldigen.

Ich habe ein paar schlechte Erfahrungen mit Stars gemacht, glücklicherweise nicht allzu viele. Ich erinnere mich spontan, daß ich mal ein Interview mit Nina Hagen führen wollte. Sie war damals Ehrengast eines Kinderfilmfestivals in meiner Stadt; sie hat damals auch in einem neuerschienenen Kinderfilm mitgewirkt.

Sie hielt Hof im Kinocafé - ich kann es nicht anders sagen. Das Problem war aber vor allem, daß sie alle Fragen, die ich ihr stellte, miß- oder überhaupt nicht verstand und meist kompletten Schwachsinn von sich gab. Eine Kurzmeldung, die ich (damals Agenturjournalist) über das denkwürdige Gespräch geschrieben habe, hat es trotzdem in die Welt am Sonntag geschafft. Aber ich finde das unprofessionell - dann hätte sie lieber sagen sollen, daß sie keine Lust hat, ein Interview zu geben. Ich räume gern ein, daß ich vermutlich nicht perfekt vorbereitet war und ihr mit meinen Fragen auf die Nerven gegangen sein könnte - trotzdem!
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Alt 21.11.2019, 17:49   #4  
Servalan
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Die Galeristin war eher die Ausnahme, was meine Erfahrung mit Leuten aus dem Kunstbetrieb betrifft. Viele Künstler, die ich kennenlernen durfte, waren auf eine liebenswerte Weise schräg und seltsam.

Ioerg B. (1953 - 2008) gehörte zur Kieler Kunstszene, einige seiner Werke hängen im Club 68 und der Chef des Restaurants war einer seiner Förderer. Als ich Ioerg B. kennenlernte, wohnte er in der Schwentineschule, eine Art kleine Künstlerkommune. Laut Bebauungsplan der Stadt Kiel sollte die Schwentineschule abgerissen werden, um eine Straße zu verbreitern. Die Künstler haben natürlich Rabatz gemacht, über Wochen und Monate wurde die Schwentineschule kulturell bespielt.
Eines Tages hatte Ioerg B. ein Gemälde verkauft, sofort lud er alle Leute aus seiner näheren Umgebung ein, mit ihm zu feiern. Sonst hatte er es nicht so dicke, aber in seiner Laune war er so aufgelegt, das ihn Geld nicht scherte. Zufällig war ich mit dabei und fühlte mich, als würde ich nassauern.

Geändert von Servalan (21.11.2019 um 21:19 Uhr)
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Alt 21.11.2019, 19:20   #5  
Peter L. Opmann
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Ich würde sagen, ein Künstlerklischee. Der arme Künstler, der so oft wie möglich sein Leben in ein Fest verwandeln will.

Ich mag zwar die kommerziellen Leute nicht so besonders, die sich und ihre Kunst vermarkten können. Aber bei Joerg B. vermisse ich ein bißchen die Haltung: Geld und Erfolg sind mir nicht so wichtig.

Hauptsächlich habe ich es mit regionalen Künstlern (Malern, Musikern, Autoren etc.) zu tun, und die sind meist nicht so abgedreht.
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Alt 11.12.2019, 14:05   #6  
Servalan
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Auf Telepolis ist gerade eine bittterböse Polemik über Moderne Kunst erschienen: Alles Banane?! von Rainer Schreiber.
Dort heißt es zum Beispiel:
Zitat:
Da pappt ein Künstler eine ordinäre Banane mit ebenso ordinärer Klebefolie an eine Ausstellungswand der "Art Basel" und verkauft diese schlichte "Installation" tatsächlich für 120.000 Dollar. Ein anderer Künstler, seines Zeichens aus dem Bereich "Performance", macht hurtig eine solche daraus, indem er das Kunstobjekt einfach aufisst. Der Skandal ist perfekt, beiden die mediale Aufmerksamkeit sicher (Video der Aktion).
Weiter unten:
Zitat:
Inhaltsleer und damit abstrakt selbstbezüglich im obigen Sinne wird die Kunst jedoch dann, wenn sie die Grenze zur Feier der Freiheit, alles als Kunst erscheinen lassen zu können, überschreitet und so tautologisch in sich geschlossen auftritt: Kunst als autopoietisches System, das seine Objekte nur noch dadurch als künstlerische ausweist, dass sie eben zum System Kunst gehören, was nur daran zu erkennen ist, dass ... ja genau, dass sie zum System Kunst gehören: Ein endloses inhaltsleeres Spiegeln in sich selbst ist das Resultat.

Der berühmte Kunstphilosoph Arthur C. Danto würde, einst angeregt durch Ausstellungen von Andy Warhol, gemäß seiner Theorie der Kunst dagegen einwenden, dass der Unterschied zwischen einem banalen Gebrauchsgegenstand und seiner Existenz als Kunstwerk darin bestünde, dass der Künstler im letzteren Falle erklären können müsse, "worüber" der Gegenstand ist: Der Künstler müsse ihm eine "Aboutness", ein "Über-etwas-sein" zurechnen können.
Später dann:
Zitat:
Hier ähnelt die Kunst der Spekulation mit den verrückten Formen des fiktiven Kapitals, das seinen "Wert", besser: seine Bewertung auch aus den Wertsteigerungsphantasien der Käufer schöpft. Kunst ist "wertvoll", weil die Nachfrage der Leute, die nicht wohin wissen mit ihrem Geld, sie wertvoll macht.

Lächerlich daher immer die Ehrfurcht, die gebildete Menschen bisweilen einer solchen Art von Kunstbetrieb entgegenbringen: Sie befürchten, des bildungsfernen Unverständnisses überführt, wenn nicht als verkappte "Vorgestrige" geoutet zu werden, wenn sie es wagen würden, sich aus kritischer Distanz mit den spezifischen Leistungen dieser Art von Kunstgeschäft auseinander zu setzen.
Bei den meisten Aussagen kann ich einfach nur zustimmen.
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