Sammlerforen.net     
 
  www.williams-marvels.de  

Zurück   Sammlerforen.net > Öffentliche Foren > Sammelgebiete > Comics > Magazine > NUFF! - Forum

Neues Thema erstellen Antwort
 
Themen-Optionen Ansicht
Alt 08.11.2018, 22:07   #401  
Peter L. Opmann
Mitglied
 
Benutzerbild von Peter L. Opmann
 
Ort: Hessen
Beiträge: 5.474
Spinne (Williams) 81

Erscheinungstermin: 4/1977

Originalausgabe:
1) Amazing Spider-Man # 80
2) Journey into Mystery # 122

Story-Titel:
1) Auf der Fährte des Chamäleons!
2) ohne Titel (Wo Sterbliche vor Furcht zittern!)

Original-Storytitel:
1) On the Trail of the Chameleon!
2) Where Mortals fear to tread!

Zeichnungen:
1) John Buscema / Jim Mooney
2) Jack Kirby / Vince Colletta

Text:
1) Stan Lee
2) Stan Lee



Mit den sehr großformatigen Zeichnungen von John Buscema ist es nun wieder vorbei. Er bleibt zwar nach Möglichkeit bei zwei Panelreihen, aber statt vier gibt es jetzt meist fünf bis sechs Bilder pro Seite. Die Story gehört eigentlich in den Krimibereich – es wird ein raffinierter Räuber enttarnt. Die Lösung des Rätsels ist nicht sehr intelligent, wird aber gut verkauft, da sie direkt mit der Spinne zu tun hat. Die Episode ist jedenfalls verwickelter als die vorherigen Zweiteiler mit der Echse und dem Strolch. Als Kind hat mir das Heft nicht so gut gefallen, weil die Zeichnungen nicht mehr so bombastisch sind. Heute ist das natürlich nicht mehr das entscheidende Kriterium für mich. Auch diese Ausgabe ist sehr gut gezeichnet. Aber ich finde es bemerkenswert, wie gut man die Veränderung des Konzepts erkennt: Abgeschlossene Story statt Mehrteiler, kleinteiligere Zeichnungen.

Peter Parker wird wieder mal von seinem Zimmerkumpel Harry Osborn überrascht, während er gerade an seiner Spinne-Ausrüstung arbeitet. Diesmal schafft er es aber gut, sein Equipment rechtzeitig zu verstecken. Als er sieht, daß Flash Thompson mitgekommen ist (der ihm anscheinend Gwen ausgespannt hat), geht er sofort in die Offensive und droht ihm Prügel an. So offen hat Peter noch nie gezeigt, daß er vor Flash kein bißchen Angst hat. Der klärt alles auf. Peter muß sich nun bei Gwen entschuldigen, der er in der vorherigen Ausgabe ja schon eine Szene gemacht hat. Sie telefonieren und verabreden sich in einer Kunstausstellung, die von ihrem Vater, Captain Stacy, bewacht wird (er muß sich also zur Rente wohl noch etwas dazuverdienen).

Peter und Gwen söhnen sich aus und wollen sich eben küssen, als Captain Stacy direkt vorbeigeht und den Tresorraum ansteuert. Er scheint die beiden aber nicht zu bemerken, was Peter sehr seltsam vorkommt. Zudem klingelt sein Spinnensinn. Kurz darauf sind wertvolle Gemälde aus dem Tresorraum verschwunden. Peter begleitet Gwen (zusammen mit Jonah Jameson, der ebenfalls unter den Ausstellungsbesuchern war) nach Hause. Dort treffen sie einen benommenen Captain Stacy an, der betäubt wurde und so sein Amt gar nicht ausüben konnte. Was ist passiert? Dieses Geheimnis wird gleich darauf gelüftet: Wir sehen das Chamäleon (hatte zuvor Auftritte in „Spinne“ # 3 und 17), das sich gerade die Maske von Stacy abstreift.

Nach einigem Nachdenken kommt Peter Parker darauf, daß das Chamäleon hinter der Sache stecken könnte. Nun müssen die Spinne und ihr Gegner wieder zusammenkommen (ein Problem, das in etlichen früheren Ausgaben auch schon aufgetreten ist). Die Spinne bringt Joe Robertson, den Lokalchef des Daily Bugle, dazu, einen großen Bericht über eine Sitzung zu bringen, bei der ein sehr großes Aktienpaket veräußert werden soll. Das soll der Köder für das Chamäleon sein; wenn es nach den Aktien greift, will die Spinne zuschlagen. Sie schleicht sich durch Lüftungsschächte an den Konferenzraum an, platzt in das Treffen und versucht, den Wirtschaftsmagnaten nacheinander die Maske vom Kopf zu reißen – aber vergeblich; das Chamäleon ist offenbar nicht gekommen.

Die Polizei kommt mit Jameson im Schlepptau. Die Spinne muß fliehen. JJJ verlangt, daß die Spinne sofort verhaftet wird, aber die Polizisten lassen sich von ihm nicht beirren. Einer läßt Jameson die Luft raus: "Sie sind ein großmäuliger, spatzenhirniger, feiger Dummschwätzer, und das ist erst der Anfang, Sie Flachkopf!“ Die Aktien sind noch da, die Spinne ist dennoch überzeugt, daß auch das Chamäleon da war. Und dann stürzt sie sich auf einen jungen Mann, dem sie sofort ansieht, daß er eine Maske tragen muß: Es handelt sich um Peter Parker. Der wirft eine Granate und versucht, mit einem Auto abzuhauen. Die Spinne läßt ihn aber nicht entkommen und zieht ihm die Maske herunter. Jameson ist argwöhnisch: „Moment, woher wußtest du, daß Peter Parker nicht Peter Parker war?“ Die Spinne antwortet cool: „Das ist mein Geheimnis, Herzchen!“

Naja, so ganz geht diese Geschichte nicht auf. Das Chamäleon tarnt sich nicht als jemand, der sich das Aktienpaket greifen kann. Es verschwindet, bevor es seinen Raub ausführen kann. Natürlich kann die Spinne aber sofort erkennen, daß dieser Peter Parker nicht der echte sein kann. Komisch nur, daß weder Jameson noch jemand anders darauf kommt, warum das so ist. Lassen wir mal unberücksichtigt, daß ein Raub von Aktien nur Sinn ergibt, wenn man annimmt, daß es sich wirklich um reale Papiere handelt, was eher im 19. Jahrhundert der Fall war. Inzwischen dürfte ein Raub von Aktien praktisch unmöglich sein (vielleicht auf digitalem Weg...). Trotz dieser Fehler und Kurzschlüsse ist die Story schwungvoll und auch leidlich spannend erzählt.

John Romita bleibt im Spiel: Er hat erneut das Cover gezeichnet und wird ansonsten in den Credits als „Oberaufsicht“ genannt. Die Checklist wird, offenbar auf Leserforderungen hin, noch einmal geändert. Zuletzt hatte die Redaktion ja Originalnummer und –titel der Ausgaben angegeben. Jetzt wird neben der Originalnummer wieder eine kurze Inhaltsangabe der Hauptstory eingeführt, was für alle Marvel-Fans, die die Originale nicht kannten und nicht so leicht kaufen konnten, auch absolut sinnvoll war.
Peter L. Opmann ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 10.11.2018, 17:34   #402  
Peter L. Opmann
Mitglied
 
Benutzerbild von Peter L. Opmann
 
Ort: Hessen
Beiträge: 5.474
Spinne (Williams) 82

Erscheinungstermin: 4/1977

Originalausgabe:
1) Amazing Spider-Man # 81
2) Journey into Mystery # 123

Story-Titel:
1) Jetzt hüpft das Känguruh!
2) Und ein Universum zittert

Original-Storytitel:
1) The Coming of the Kangaroo!
2) While a Universe trembles!

Zeichnungen:
1) John Buscema / Jim Mooney
2) Jack Kirby / Vince Colletta

Text:
1) John Romita / Stan Lee
2) Stan Lee



In den deutschen Credits wird es nicht deutlich, aber laut Marvel.wikia ist John Romita an dieser Ausgabe als Co-Autor beteiligt. Stan Lee sorgt dafür, daß man das nicht gleich merkt, aber es ist doch eine relativ schwache Story, was von einem schwachen Gegner der Spinne herrührt. Das Känguruh erinnert mich in manchem an Ka-Zar – ein Naturbursche, der sich Känguruhs zum Vorbild nahm, lernte, wie sie zu springen und zu boxen und im Outback von Australien zu überleben (die Zeit der radioaktiven Unfälle scheint vorbei zu sein). Eines macht das Känguruh aber ungeahnt modern: Nachdem es beim Boxen seinen Gegner schwer verletzt hat und in den Knast wandern soll, wandert es stattdessen heimlich in die USA ein, wird von der Einwanderungsbehörde geschnappt, schafft es aber trotzdem, illegal im Land zu bleiben und wird zum kriminellen Migranten (die AfD würde sagen: Was sonst?).

Schon wieder einer, der durch sein Dschungeltraining normalen Menschen überlegen ist, aber damit noch lange kein Gegner für die Spinne, was sich am Ende der Geschichte auch bestätigt. Die Story beginnt mit einem ganz netten Gag: Die Spinne seilt am Büro von Jonah Jameson vorbei, der sie sogleich aus dem Fenster heraus übel beschimpft. Dabei fällt ihm seine teure Zigarre aus dem Mund und in die Tiefe. Die Spinne ist auf dem Weg zur Central Station, um (natürlich als Peter Parker) Tante May abzuholen, die von ihrem Florida-Urlaub zurückkehrt. Im selben Zug sitzt der namenlose Australier, der das Känguruh ist und gerade abgeschoben werden soll. Die Bundespolizisten, die ihn begleiten, bedauern ihn (das waren noch Zeiten), berufen sich aber auf die Gesetze. Doch blitzschnell macht das Känguruh sie fertig und hüpft davon. Peter und Tante May, auf dem Bahnsteig nur wenige Meter entfernt, bekommen es unmittelbar mit. Sie schleppt ihren Lieblingsneffen aber erstmal mit sich nach Hause. Eingeschoben wird hier die Entstehungsgeschichte des Känguruh – immerhin: Superkräfte sind nicht ausgeschlossen. „Vielleicht war was in der Luft, die ich atmete, oder in dem Wasser, das ich trank“, mutmaßt der Bösewicht. Stan Lee betreibt wieder mal Naturwissenschaft.

Wird Zeit, daß die Story in Gang kommt. Das Känguruh beschließt, einen Transport zu überfallen, um an Geld zu kommen. Was es da aber an sich bringt, ist eine Probe „tödlicher Bakterien“. Es weiß es nur nicht. Peter Parker sieht die Meldung im Fernsehen und verläßt unbemerkt als Spinne Tante Mays Haus. Es folgt – wir ahnen es – die Suche nach dem Schurken. Diesmal sucht die Spinne mal wieder so lange, bis sie ihn gefunden hat. Das Känguruh platzt gerade in eine Dachterrassenparty, um die Gäste auszurauben. Die Spinne will mit ihm reden, ihm klarmachen, daß es zu seiner eigenen Sicherheit die Bakterien-Phiole herausrücken muss. Doch das Känguruh geht sofort zum Angriff über. Als die Spinne reagiert, ist bei ihm schnell der Ofen aus. Sie bringt die Phiole an sich und läßt das Känguruh auf der Dachterrasse zurück. Hier fehlt der endgültige K.o. für das Känguruh. Es fehlen nämlich in dieser Geschichte zwei Seiten. Williams hat offenbar die Originalseiten nicht bekommen, nur einen gekürzten Reprint.

Die Spinne bringt die Bakterienprobe zurück und macht sich auf den Heimweg zu Tante May. Hier wird noch ein kleiner Twist eingebaut: Sie hat nämlich das Haus doch nicht so unbemerkt verlassen, wie sie dachte. Als Tante May Peter Medizin bringen wollte, hat sie bemerkt, daß nicht er im Bett liegt, sondern eine Netzpuppe. Darauf ist sie wie die Großmutter im Räuber Hotzenplotz in Ohnmacht gefallen. Wie dort kommt sie aber schnell wieder zu sich. Peter muß sie freilich davon überzeugen, daß sie sich die Netzpuppe nur eingebildet hat. Das bereitet ihm heftige Gewissensbisse. Er blickt äußerst besorgt in die Zukunft: Wann wird der Schatten der Spinne ihn und all seine Lieben endgültig vernichten (Originalzitat)?

Eine routinierte bis enttäuschende Story. Das Känguruh überzeugt mich überhaupt nicht. Damit der Leser Mitleid mit ihm hat, hätte es wohl einen Zweiteiler wie beim Strolch erfordert, aber das wollte Marvel damals wohl auf jeden Fall vermeiden. Wegen der auf 18 Seiten verkürzten „Spinne“-Story bleibt Platz im Heft für eine Leserbriefseite (über den Fall Der Rote Wächter – mit einer Wortmeldung von Gerhard Förster) sowie für eine Infoseite über Maske und Kostüm der Spinne aus einem wohl älteren Annual. Wer die Seite gezeichnet hat, kann ich nicht genau erkennen, tippe aber auf Steve Ditko.
Peter L. Opmann ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 12.11.2018, 23:08   #403  
Peter L. Opmann
Mitglied
 
Benutzerbild von Peter L. Opmann
 
Ort: Hessen
Beiträge: 5.474
Spinne (Williams) 83

Erscheinungstermin: 5/1977

Originalausgabe:
1) Amazing Spider-Man # 82
2) Journey into Mystery # 123

Story-Titel:
1) Und dann kam Electro!
2) ohne Titel (Und ein Universum zittert!)

Original-Storytitel:
1) And then came Electro!
2) While a Universe trembles!

Zeichnungen:
1) John Romita / Jim Mooney
2) Jack Kirby / Vince Colletta

Text:
1) Stan Lee
2) Stan Lee



John Romita kehrt als Zeichner zurück, und sofort nimmt die Episode einen völlig anderen Charakter an – auch was die Story betrifft. Romita zeichnet mit bis zu neun Panels pro Seite. Die großformatigen Bilder, die John Buscema fast durchgehend verwendet, sind hier auf die Momente beschränkt, in denen der Schurke dieser Ausgabe, Electro, auftritt. Es handelt sich nun nicht um eine Geschichte mit Anspruch und Esprit, aber es sind doch einige attraktive Ideen und Wendungen eingebaut. Was bedeutet: Entweder liegt das am Marvel Touch, und Romita setzt eben eine von Stan Lee nur grob skizzierte Story anders um als Buscema, oder Buscema hat auf solche kleinen Gags und Szenen in Lees Skript verzichtet, um die Story geradliniger umsetzen zu können. Insgesamt gefällt mir die Electro-Story ziemlich gut, weil der Action-Teil und die Soap-Elemente sich die Waage halten und der Rahmen – die Spinne tritt in einer Fernsehshow auf – auch ganz gut gelungen ist.

Das Motiv „Spinne im Fernsehen“ ist nicht ganz neu; das gab es gleich in der allerersten Folge, als sich die Spinne schon als kommender Fernsehstar sah und versäumte, den Banditen aufzuhalten, der kurz darauf seinen Onkel Ben ermordete. Neu ist nun, daß Marvel die Realitätsnähe recht weit treibt und einen echten TV-Entertainer der 1960er Jahre auftreten läßt, nämlich Merv Griffin (er moderierte auch das Original-„Glücksrad“). Electro ist kurz nach dem Chamäleon die zweite Figur, die ganz aus den Anfängen der „Spider-Man“-Serie stammt. Für mich ist das ein Indiz, daß man zu dieser Zeit nicht genau wußte, wohin sich die Serie entwickeln soll. Wenn keine uralten Feinde der Spinne auftauchen, dann sind es neuentwickelte Supergegner, die aber in der Regel nicht richtig überzeugen. Jedenfalls wird es mit den abgeschlossenen Geschichten bald wieder vorbei sein.

Zum Inhalt: Peter wälzt seine vielen Probleme. Aus seiner Depression holen ihn zunächst Anna Watson, die vorzeitig aus Florida zurückgekehrt ist, weil sie gehört hat, daß es Tante May nicht gut geht, und Gwen, die Peter zu einer Party mit Flash Thompson einlädt. Peter will als Spinne wieder mal ein paar Fotos für den Daily Bugle machen. Dabei schwingt sie aber über einen sehr rußigen Schornstein und schmutzt ihr Kostüm gehörig ein. Dann kommt ihr aber eine Idee: Beim Fernsehsender TVC (in Wirklichkeit: CBS) schlägt sie vor, in einer Show aufzutreten, um auf diese Weise an Geld zu kommen. In dem Büro, in das sie sich hineingleiten läßt, tagen tatsächlich gerade die Programmverantwortlichen, die das für eine sehr gute Idee halten.

Weiter hinten im Studio arbeitet gerade ein neu eingestellter Elektriker namens Max Dillon. Der Spinne kommt der Name irgendwie bekannt vor, aber ein TV-Boß meint, sie verwechsle ihn mit Matt Dillon aus der TV-Serie „Pulverrauch“ (gemeint ist „Rauchende Colts“). Dillon seinerseits weiß genau, wer die Spinne ist, will aber in aller Ruhe auf die beste Gelegenheit warten, die Spinne zu besiegen. Er steht gerade unter Bewährung. Zuhause hört er im Fernsehen einen Kommentar von Jonah Jameson, der sich über den geplanten TV-Auftritt der Spinne aufregt und dazu aufruft, sie einzusperren. Dillon kommt ein Gedanke: Jameson würde bestimmt viel Geld dafür bezahlen, wenn er das übernehmen würde.

Electro verschafft sich Zugang zu JJJs Büro und bringt ihn dazu, ihm 5000 Dollar für den Job zu versprechen. Jonah ist insgeheim selig: Für ihn war das wieder mal ein Schnäppchen, denn er hätte auch 20 000 Dollar bezahlt. Jameson lädt Joe Robertson und Captain Stacy zu der Fernsehshow ein – sie sollen Zeugen seines Triumphs über die Spinne werden. Er verrät ihnen freilich noch nicht, warum er plötzlich zum Fan von Fernsehunterhaltung geworden ist. Peter Parker muß inzwischen erstmal sein rußiges Kostüm reinigen, und zwar im Waschsalon. Er benutzt dafür nicht sein Zweitkostüm, sondern zieht sich eine Papiertüte über den Kopf, während die anderen Salonbesucher staunen.

Die Spinne kommt in die gerade laufende Show, die offenbar auch live übertragen wird. Das dürfte in der Wirklichkeit so nicht funktionieren, erhöht aber die Spannung. Griffin plaudert mit ihr im Stil von Letterman oder Leno. Aber nach wenigen Minuten schlägt Electro zu. Im Studio bricht Panik aus. Jonahs Begleiter sind entsetzt, daß er diese große Gefahr heraufbeschworen hat, aber er zuckt nur die Schultern. Die Spinne hat alle Mühe, den Elektroblitzen auszuweichen, kommt aber doch bald darauf, wie sie Electro stoppen kann. Mit ihrem Netz bindet sie ihm Hände und Füße zusammen und erzeugt so bei ihm einen Kurzschluß. Es gibt noch einmal eine gewaltige Stromentladung, die auch die Spinne voll erwischt. Electro wankt ohne Energie davon, und auch die Spinne ist nicht mehr kampffähig. Sie hat Verbrennungen erlitten. Das muß man wohl als ein Unentschieden ansehen.

Nachzutragen ist die Party mit Peter, Gwen und Flash. Gwen macht in jedem Moment deutlich, daß sie nur Peter liebt. Flash als möglicher Nebenbuhler ist nicht mehr aktuell. Aber er verspottet den „putzigen Parker“. Gwen kann beide nur knapp von einer Rauferei abhalten. Peter verläßt die Party. Gwen geht ihm nach und erfährt endlich einen (wenn auch nicht den) Grund für seine Niedergeschlagenheit: Peter hält sich für zu arm, um mit Gwen zusammensein zu können. Das bestreitet sie heftig. Der Gedanke verfolgt, wenn ich mich recht erinnere, ihn aber noch länger.

Nicht übel. Der Kurzschluß von Electro überzeugt mich zwar nicht so recht, aber sonst habe ich an dieser Ausgabe nichts weiter auszusetzen. Die Hefte, die Buscema zeichnete, fand ich damals zwar auch nicht schlecht, aber Romita scheint sich doch mit „seiner“ Serie eindeutig mehr Mühe zu geben. Kuriosum am Rande: Laut Marvel.wikia stammt das Cover von Marie Severin. In dem Heft findet sich eine weitere Leserbriefseite – noch zwei längere Briefe zum „Fall Der Rote Wächter“, einer davon stammt von Hajo F. Breuer.
Peter L. Opmann ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 16.11.2018, 17:11   #404  
Peter L. Opmann
Mitglied
 
Benutzerbild von Peter L. Opmann
 
Ort: Hessen
Beiträge: 5.474
Spinne (Williams) 84

Erscheinungstermin: 5/1977

Originalausgabe:
1) Amazing Spider-Man # 83
2) Journey into Mystery # 124

Story-Titel:
1) Intrigo!
2) Die Pracht und die Herrlichkeit!

Original-Storytitel:
1) The Schemer!
2) The Grandeur and the Glory!

Zeichnungen:
1) John Romita / Mickey Demeo (= Mike Esposito)
2) Jack Kirby / Vince Colletta

Text:
1) Stan Lee
2) Stan Lee



Jetzt kommt also der Mann mit dem trickreichen Kontrollpult. Ich würde ihn vielleicht eher als „Strippenzieher“ bezeichnen, aber „Intrigo“ (also „Intrigant“) ist schon ein griffiger Name. Mit dem Mann hat es seine Bewandtnis – man konnte nicht gleich seinen wahren Namen nennen. Aber in dieser Ausgabe tut er nicht viel mehr, als finster dreinzublicken und verborgene Knöpfe zu drücken. Aber wir Leser sollen denken, er sei ein mächtiger Unterweltboß, dem Kingpin – der hier wieder aus der Versenkung auftaucht – mindestens ebenbürtig.

Jedenfalls ist der Kingpin keine Figur für 20seitige Geschichten. Jetzt kommt wieder mal ein Mehrteiler (drei Teile scheinen es zu sein). Letztes Mal waren es Kingpin und Silbermähne, jetzt sind es Kingpin und Intrigo. Diesmal wird Kingpin aber bis zum Schluß auf der Bühne bleiben. Stan Lee und John Romita scheinen ein Faible für Gangsterbanden-Storys gehabt zu haben. Wieder geht es im Kern darum, welcher Pate New York beherrscht, und der Spinne wird nur eine kleine Nebenrolle zugestanden, was sich aber als Irrtum erweisen dürfte.

Ach ja, das Traumduo John Romita und Jim Mooney ist hier schon wieder nicht am Werk. Man meint, sie hätten einen langen Run zusammen gehabt, aber das stimmt gar nicht. Entweder läßt sich Romita von Don Heck oder John Buscema helfen oder gar vertreten, oder es muß ein anderer Inker einspringen. Hier kehrt Mike Esposito zurück, der sich gegenüber seinen letzten Arbeiten (zuletzt war er in „Spinne“ # 65 am Werk) aber erfreulich gesteigert hat.

Zur Story: Intrigo will Kingpin aus dem Geschäft drängen und läßt Anschläge auf seine Männer verüben. So bekommt auch der New Yorker Passant Peter Parker etwas von seinen finsteren Plänen mit, wird zur Spinne und mischt seinerseits Intrigos Leute auf. Endlich hat er wieder mal daran gedacht, seine Kamera zu postieren, aber Jonah Jameson ist von Motiven, wie die Spinne Gangster vermöbelt, nur mäßig begeistert. Schließlich läßt er sich dazu herab, de Fotos für fünf Dollar pro Stück zu nehmen. Peter braucht aber mehr Geld, vor allem für seine schwerkranke Tante, aber auch für Gwens Geburtstag, zu dem er ihr am liebsten die ganze Welt schenken möchte.

Zwischendurch ist eine bedeutsame Szene eingeblendet, die in Kingpins privatem – ziemlich luxuriösem – Domizil spielt. Wir sehen hier erstmals seine Frau Vanessa, die ihm eine interessante Facette hinzufügt. Eine Frau, die überlegter und vielleicht ein bißchen moralischer agiert als er. Allerdings hat man den Eindruck, daß sie ihren Einfluß auf ihr gemeinsames Heim und die Familie beschränkt und ihm in seinen Gangsterjob nicht viel hineinredet. In ihrem Gespräch geht es um ihren gemeinsamen Sohn Richard, der verschollen ist. Kingpin hält ihn für einen Schwächling, Vanessa dagegen ist überzeugt, daß Kingpin ihn mit seinem rohen Wesen vertrieben hat. Kingpin stürmt wütend aus dem Zimmer.

Schwenk zu Peter Parkers Privatleben. Flash Thompson wird verabschiedet, er kehrt an die Front in Vietnam zurück. Anlaß wie gehabt für kleine Eifersüchteleien mit Gwen und Mary-Jane. Erstmals hört man hier aber kritische Töne über den Vietnamkrieg. Peter überlegt, ob es schlimmer ist, zuhause bleiben zu müssen, wenn die patriotische Pflicht ruft, oder – man höre – in einem sinnlosen Krieg zu kämpfen. Wobei er da wohl etwas schief liegt: Es war sicher nicht so, daß die USA diesen Krieg nicht wollten und daß es gegen Feinde ging, die sie nicht hassen. Aber immerhin!

Nun werden wieder Peters Privatleben und seine Existenz als Spinne miteinander verknüpft: Während er mit Gwen vom Flughafen nach Hause geht, wird ein Transporter – vermutlich im Kingpin-Intrigo-Krieg – abgedrängt und kippt auf sie. Peter schirmt Gwen mit seinem Rücken ab (während sie das Bewußtsein verliert – klar, denn sonst wäre es aus mit seiner Geheimidentität). Er rammt eine zerstörte Parkuhr in den Boden, damit es so aussieht, als hätte sie verhindert, daß der Lastwagen auf Peter und Gwen stürzt. An den Wagen, der den Unfall verursacht hat, klebt er einen Spinnenspürer. Gwen wird von Sanitätern ins Krankenhaus gebracht. Glücklicherweise hat sie nur Quetschungen und einen Schock erlitten.

Die Spinne folgt dem Auto und stößt auf das Hauptquartier von Intrigo. Zwar hat sie mit den Gangstern nicht viel Mühe, obwohl sie auf sie schießen. Aber Intrigo verfügt über Geschütze in seinem Kontrollpult. Die Spinne weicht aus, springt Intrigo an, aber da verwandelt sich das Pult in eine Art Schrottpresse. Mit letzter Kraft gelingt es der Spinne zu verhindern, daß sie zerquetscht wird. Das Pult explodiert, von Intrigos Zentrale bleiben nur rauchende Trümmer. Er selbst verschwindet. Peter eilt nun zu Gwen ins Krankenhaus. Aber dort redet ihn ihr Vater so an, als ob er nahe daran wäre, ihn als Spinne zu enttarnen. Und Gwen ist ungnädig, weil er nicht die ganze Zeit an ihrer Seite war. Am Ende sehen wir Peter also mal wieder mit einem Haufen Problemen. Cliffhanger fehlt, aber in der nächsten Folge wird Kingpin zuschlagen, wie wir erfahren. Na dann…

Diese Eröffnung ist nicht so gut gelungen, wie wir das bei Stan Lee schon erlebt haben. Daß Peter so häufig mit dem Unterweltboß Intrigo und indirekt auch mit Kingpin in Kontakt kommt, ist mal wieder reichlich unglaubwürdig. Daß Intrigo bis jetzt nur ein nichtssagendes Abziehbild ist, habe ich schon erwähnt. Aber ich finde zumindest die Mischung von Action und Soap in dieser Episode wieder ausgewogen. Und ich gestehe, als Zwölfjähriger habe ich nicht gemerkt, wie dünn die Story bisher eigentlich ist.

Geändert von underduck (17.11.2018 um 18:17 Uhr)
Peter L. Opmann ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 16.11.2018, 18:09   #405  
thetifcat
Mitglied
 
Benutzerbild von thetifcat
 
Ort: Bardowick
Beiträge: 2.128
Blog-Einträge: 1
Wer die Daredevil Serie sieht - die aktuelle dritte (obwohl mit Defenders eigentlich schon vierte). Sieht dort einen Fisk und eine Vanessa die schon ziemlich viele Anleihen aus diesen Kingpin nehmen und sehr wenig aus den späteren. Zum Glück.
thetifcat ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 17.11.2018, 17:00   #406  
Peter L. Opmann
Mitglied
 
Benutzerbild von Peter L. Opmann
 
Ort: Hessen
Beiträge: 5.474
Spinne (Williams) 85

Erscheinungstermin: 5/1977

Originalausgabe:
1) Amazing Spider-Man # 84
2) Journey into Mystery # 124

Story-Titel:
1) Kingpin schlägt zurück!
2) ohne Titel (Die Pracht und die Herrlichkeit!)

Original-Storytitel:
1) Kingpin strikes back!
2) The Grandeur and the Glory!

Zeichnungen:
1) John Romita / John Buscema / Jim Mooney
2) Jack Kirby / Vince Colletta

Text:
1) Stan Lee
2) Stan Lee



Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren: diese Geschichte ähnelt der von Silbermähne. Es geht um eine Auseinandersetzung zweier Gangsterbosse, und die Spinne ist zwar etliche Seiten mit der Suche nach beiden beschäftigt, muß sich ansonsten aber mit einer Zaungastrolle begnügen. In grafischer Hinsicht ist wieder alles ganz anders: Jim Mooney ist als Inker zurück, aber die Vorzeichnungen teilen sich angeblich John Romita und John Buscema. Ich vermute, Romita hat den Comic entworfen, aber tatsächlich gezeichnet hat ihn Buscema. Wir haben hier also nicht die großzügige Panelaufteilung, die er sonst verwendet. Andererseits sieht man im Zeichenstil kaum etwas von Romitas Handschrift.

Auf Intrigo sind jetzt 5000 Dollar Belohnung ausgesetzt. Die will sich die Spinne gern verdienen. Es ist Winter geworden in New York. Bevor sie mit der Suche beginnt, will sie einen Bus befreien, der im Schnee festhängt. Der Busfahrer gerät jedoch in Panik – die Passagiere wohl auch. Die Szene ruft auf witzige Weise in Erinnerung, daß die Spinne als Bedrohung wahrgenommen wird. Anschließend will sie einen Ganoven dazu bringen, das Versteck von Intrigo zu verraten, aber es ist in Wirklichkeit ein Polizist in Zivil. Einen weiteren Gangster versucht sie auszuquetschen, aber ohne Erfolg. Erneut wiederholt sich das Motiv, daß die Spinne die ganze Stadt absucht. Diesmal gibt sie wegen der Winterkälte auf. Peter Parker zieht es zu Gwen. Sie wollte ihn ja bei sich haben, gibt sich jedoch nun distanziert. Sie will wissen, warum Peter bei dem Unfall mit dem Transporter keine Schramme davongetragen hat. Da er darauf keine Antwort hat (es liegt natürlich daran, daß er die Spinne ist und den Wagen mit seinem Rücken abfing) und da ihn auch Captain Stacy dauernd prüfend mustert, geht er rasch wieder. Leider schwankt die Gwen-Figur wieder mal hin und her – der Wechsel von Zwist und Versöhnung ist für die Dynamik in der Soap leider unverzichtbar.

Intrigo ist deshalb schwer aufzufinden, weil er sich in einem Spezialauto (wohl nach dem Vorbild des Batmobils) ständig durch die Stadt bewegt. Er beschließt, nun Kingpin anzugreifen. Zunächst macht er einer Gruppe von Kingpin-Gangstern klar, daß er nun in New York das Sagen hat. Dann sucht er Kingpin persönlich auf, der aber zuvor von seinen Leuten gewarnt wurde. Währenddessen belauscht die Spinne ein paar Gangster, die ihr den entscheidenden Hinweis auf Intrigos Wagen geben. Die Suche könnte natürlich noch endlos weitergehen, aber siehe da: wenige Minuten später hat sie das Auto bereits entdeckt. Sie will als blinder Passagier mitfahren, aber Intrigo gibt erst Gas und schüttelt die Spinne dann ab, indem er ins Hafenbecken fährt. Das Auto ist zu Lande, zu Wasser und in der Luft zu bewegen.

Als Intrigo bei Kingpin auftaucht, kommt es zu einer seltsamen Begegnung mit Kingpins Gattin Vanessa. Sie will ihren Mann davon abhalten, mit dem Herausforderer zu kämpfen. Kingpin dürfe nicht zum Mörder werden, nachdem sie schon ihren Sohn Richard verloren hätten. Die Spinne hat die Spur von Intrigos Gefährt verfolgt, bringt ihre Kamera in Position und platzt in das Treffen hinein. Während Kingpin sofort zuschlägt, macht sich Intrigo dünne. Auch Vanessa verschwindet. Kingpin ist außer sich, springt in einen verborgenen Lift und läßt die Spinne stehen. Die ist sehr enttäuscht. Sie hat nun zwar ein paar Fotos, aber die Belohnung für Intrigo ist außer Reichweite. „Und dabei liebe ich Geschichten, die auf der letzten Seite immer so gut und nett ausgehen“, merkt sie ironisch an (das ist natürlich die Ironie von Stan Lee).

Beim Erstlesen bin ich bestimmt nicht darauf gekommen, wer Intrigo in Wahrheit ist; heute kann ich nicht beurteilen, ob sein Geheimnis für den durchschnittlichen Leser auf der Hand liegt. Aber ich finde, daß dieses Geheimnis – das in der nächsten Ausgabe gelüftet werden soll – nicht der große Antreiber der Story ist. Interessanter ist der Konflikt zwischen Kingpin und Vanessa. Sie ist keinesfalls die emanzipierte Frau, die man heute erwarten würde, aber sie gibt dennoch ihrem Mann ganz schön Contra. Man hat beinahe den Eindruck, daß sie ihn mehr beherrscht als er sie, obwohl sie augenscheinlich die traditionelle Frauenrolle einnimmt. Man könnte auch sagen, sie ist eine italienische Mamma. Fazit: Der Vanessa-Charakter ist bisher der vielschichtigste in diesem Dreiteiler.

Eine Anmerkung muß ich noch machen: Erstmals haben wir hier eine ganzseitige "Sea Monkeys"-Anzeige auf dem Backcover. Es wird nicht die letzte gewesen sein.

Geändert von underduck (17.11.2018 um 18:17 Uhr)
Peter L. Opmann ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 20.11.2018, 15:21   #407  
Peter L. Opmann
Mitglied
 
Benutzerbild von Peter L. Opmann
 
Ort: Hessen
Beiträge: 5.474
Spinne (Williams) 86

Erscheinungstermin: 6/1977

Originalausgabe:
1) Amazing Spider-Man # 85
2) Journey into Mystery # 125

Story-Titel:
1) Intrigos Geheimnis!
2) Das Treffen der Unsterblichen!

Original-Storytitel:
1) The Secret of the Schemer!
2) When meet the Immortals!

Zeichnungen:
1) John Romita / John Buscema / Jim Mooney
2) Jack Kirby / Vince Colletta

Text:
1) Stan Lee
2) Stan Lee



Nach den 20-Seitern der letzten Zeit ist die Geschichte um Intrigo mal wieder etwas ambitionierter. Nachdem ich nun aber den abschließenden dritten Teil gelesen habe, muß ich sagen, daß es nicht der große Wurf geworden ist. Was sich da im Hause Kingpin abspielt, überzeugt als Familiendrama nicht. Allein Kingpins Frau Vanessa ist eine Figur mit Potential. Gezeichnet hat wieder ein Trio. Ich kann diesmal nur einen Teil der Panels als typisch John Buscema identifizieren und glaube, daß er sich das Pencillen wohl eher brüderlich mit John Romita geteilt hat. Jim Mooney inkt hier nicht mehr so meisterhaft wie zu Beginn seines Runs (weitgehend fehlen die markanten Hell-Dunkel-Kontraste), aber doch ganz ordentlich.

Werfen wir zunächst einen Blick darauf, was sich in dieser Episode tut und wie der Konflikt zwischen Kingpin und Intrigo aufgelöst wird. In der letzten Ausgabe hatte er ja geglaubt, Intrigo hätte Vanessa entführt. Sie ist aber immer noch da und erklärt, sie habe sich im Lauf der Auseinandersetzung nur „zurückgezogen“. Intrigo fährt auf seiner Flucht eine Delle in sein Multifunktionsfahrzeug und muß es stehenlassen. In diesem Moment sitzt Peter Parker schon zuhause beim Lernen. Da bekommt er plötzlich Besuch von Captain Stacy und Gwen. Der pensionierte Polizeioffizier will wissen, warum Peter so häufig die Spinne fotografieren kann; das könne doch nicht reiner Zufall sein. Peter weiß nicht sofort, wie er diese Frage beantworten soll. Er verschwindet unter einem Vorwand aus dem Zimmer. Nach einem Geistesblitz verwandelt er sich in die Spinne, kommt durchs Fenster wieder herein und tut so, als ob sie von Peter Geld will. Es gebe eine Absprache: Er dürfe sie fotografieren und teile dafür sein Honorar mit der Spinne (Captain Stacy hat offenbar keine Ahnung, wie kärglich Jonah Jameson zahlt). Diese Erklärung scheinen Gwen und ihr Vater erstmal zu schlucken.

Ein Foto von Peter Parker bringt auch die Story voran: Kingpin hat im Daily Bugle eins entdeckt, das zeigt, wie Vanessa Intrigo bei seiner Flucht hilft. Das löst eine Ehekrise aus. Die Spinne findet indessen Intrigo, wird aber durch seine diversen Waffen gehindert, seiner habhaft zu werden. Schließlich kann sie ihn mit ihrem Netz doch einfangen. Die Seite, auf der sie ihn überwältigt, scheint zu fehlen. Williams bringt nur 19 Seiten, möglicherweise, um zwei redaktionelle Seiten (neben der Checkliste) unterzubringen. Zwischendurch kehren Captain Stacy und Gwen in Peters Wohnung zurück und treffen ihn nicht mehr an. Nun denken sie, die Spinne habe ihn mitgenommen.

Allmählich muß es zum Showdown zwischen Kingpin und Intrigo kommen. Dafür greift Stan Lee zu einem Kniff. Die Spinne will Intrigo bei der Polizei abliefern, und zwar an der Adresse, die in der Zeitung genannt war, als die Belohnung auf ihn ausgesetzt wurde. Sie stößt dort auch tatsächlich auf einen Polizisten. In Wahrheit ist es offenbar Kingpins Wohnung – da Vanessa sich hier ebenfalls aufhält. Der Polizist ist ein verkleideter Gangster. Die Spinne wird mit einem stählernen Netz gefangen. Dann wendet sich Kingpin seinem Nebenbuhler zu, der nun eine Geschichte erzählt: Kingpins Sohn Richard war stolz auf seinen Vater und wollte nach seinem Vorbild etwas aus sich machen. Doch Freunde klärten ihn darüber auf, daß sein Vater ein Gangsterboß ist. Richard bekommt einen seelischen Knacks und wird ebenfalls zum Meister-Mobster. Kingpin versteht noch nicht recht. Da nimmt Intrigo seine Maske ab, und Richard kommt zum Vorschein. Kingpin erleidet einen Schock und erstarrt. Frau und Sohn stehen ratlos um ihn herum. Die Spinne befreit sich aus dem Stahlnetz und geht.

Zugegeben: Die letzte Szene ist wirkungsvoll und fällt für einen Superheldencomic aus dem Rahmen. Aber stimmig ist das in vielerlei Hinsicht nicht. Die Spinne hält eine Hochhauswohnung für eine Polizeistation? Echt jetzt? Wieso befindet sich dort ein als Polizist verkleideter Gangster? Weil Kingpin die Spinne mal so richtig an der Nase herumführen wollte? Warum kann Kingpin seinen Sohn hinter der Maske nicht erkennen, wenn Vanessa das doch ohne Mühe gelingt? Sie orientiert sich sicher an Intrigos Verhalten, vielleicht seiner Stimme. Doch Kingpin merkt nichts. Vielleicht ist ihm sein Sohn ja völlig gleichgültig. Doch weshalb erstarrt er zur Salzsäule, als der dann ohne Maske vor ihm steht? Und betrachten wir die Sache mal aus Richards Perspektive: Okay, er hat seine Kindheit und Jugend offenbar komplett im Internat verbracht und hatte wenig Kontakt zu seinen Eltern. Aber ist es glaubwürdig, daß seine Freunde mitbekommen, daß sein Vater ein Verbrecherkönig ist – bloß er selbst nicht? Angeblich brach für ihn damit eine Welt zusammen, aber warum will er es seinem Vater dann gleich tun und ihn sogar übertreffen? Was geschieht, sieht für mich eher nach einem Ödipus-Komplex aus (den Vater töten und die Mutter heiraten wollen); dann hätte Richard aber einfach einen an der Waffel.

Interessant finde ich, daß Peter Parker den Stacys vorzuspielen beginnt, bei ihm und der Spinne handele es sich um zwei verschiedene Personen (da könnte man Schizophrenie konstatieren). Dasselbe gab es etwas früher schon bei Daredevil, indem er gegenüber Karen und Foggy als sein eigener Bruder Mike auftrat. Dort wird dieses Motiv aber konsequenter ausgespielt. Mag sein, ich erinnere mich nicht mehr richtig, aber ich glaube, in „Die Spinne“ spielte dieses Trugbild keine so große Rolle.

Die beiden redaktionellen Seiten: Eine Leserbriefseite mit einem langen und bemerkenswerten Brief (Hans-Jürgen Lührsen nimmt Williams gegen mancherlei Vorwürfe in Schutz) und etlichen Kleinanzeigen sowie einer Captain-America-Karikatur von Karl Zimmermann. Auf der zweiten Seite wird der Druck eines Comichefts erklärt – für meinen Geschmack ein etwas zu technisches Thema. Die Checkliste hat nun, nachdem die Sea Monkeys auf das Backcover umgezogen sind, wieder eine Seite Platz. Nun gibt es Originalnummer, Originaltitel und Inhaltsangabe der Marvels des Monats und ein paar Illustrationen.
Peter L. Opmann ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 23.11.2018, 00:51   #408  
Peter L. Opmann
Mitglied
 
Benutzerbild von Peter L. Opmann
 
Ort: Hessen
Beiträge: 5.474
Spinne (Williams) 87

Erscheinungstermin: 6/1977

Originalausgabe:
1) Amazing Spider-Man # 86
2) Journey into Mystery # 125

Story-Titel:
1) Hütet euch vor der Schwarzen Witwe!
2) ohne titel (Das Treffen der Unsterblichen!)

Original-Storytitel:
1) Beware the Black Widow!
2) When meet the Immortals!

Zeichnungen:
1) John Romita / Jim Mooney
2) Jack Kirby / Vince Colletta

Text:
1) Stan Lee
2) Stan Lee



Diese Ausgabe hat bei mir einen nachhaltigen Eindruck hinterlassen. Es war wohl eine meiner ersten Konfrontationen mit Erotik. Die Spinne hatte es generell nur selten mit weiblichen Gegnern zu tun. Mir fällt da lediglich die Schlangenfrau Prinzessin Python im Zirkus des Schreckens ein und Madame Medusa in „Spinne“ # 63 – bemerkenswert, da sich in Peter Parkers Privatleben einige Frauen tummeln: Liz Allen, Betty Brant, die Freundin der Fackel, natürlich Gwen und Mary-Jane. Aber es war in den 60er Jahren vermutlich recht heikel, die Spinne gegen Frauen kämpfen zu lassen. Peter ist mit seinen Freundinnen auch immer nur eine Limo trinken gegangen.

Diese Story schöpft die Möglichkeiten der erotischen Begegnung – im Rahmen eines Comics für jüngere Leser – ziemlich aus. Madame Medusa war quasi aus dem Nichts aufgetaucht; Prinzessin Python hatte erst nach der Niederlage ihrer Combo versucht, die Spinne mit weiblichen Waffen zu bezwingen. Hier tritt die Schwarze Witwe auf (bekannt aus „Der Eiserne“ und „Die Rächer“), und das wird überlegter inszeniert. Sie hat, wie in einem Rückblick verdeutlicht wird, im Marvel-Universum noch nicht viel ausgerichtet und hatte Pech mit ihren Liebhabern Falkenauge und dem Roten Wächter. Um all das zu vergessen, will sie wieder als Superheldin aktiv werden. Und da scheint Stan Lee ein Gedanke gekommen zu sein: Die Schwarze Witwe sollte ursprünglich vermutlich eine gefährliche, womöglich männermordende Frau sein. Aber die Schwarze Witwe gehört zu den Spinnentieren; daher fügte er es so, daß sie der Spinne über den Weg läuft und sie sich zum Vorbild nimmt.

Vorher wird sehr ausführlich gezeigt, wie die Schwarze Witwe ihr Kostüm wechselt. Anstelle dem violetten Dress mit Netzstrümpfen und kleinem Cape schneidert sie sich nun eine Art Taucheranzug mit Waffen im Hüftgürtel und an den Handgelenken. Peter Parker taucht inzwischen wieder bei den Stacys auf. Gwen entdeckt oberflächliche Wunden in seinem Gesicht, die er sich im Kampf mit Kingpin zugezogen hat. Das wirft wieder unangenehme Fragen nach seinem Verhältnis zur Spinne auf. Weil ihm keine Ausrede einfällt, verabschiedet er sich schnell.

Zu allem Überfluß scheint Peter krank zu werden. Er verwandelt sich in die Spinne, weil er in Sorge ist, er könnte seine Superkräfte verlieren. Jedenfalls kann er nur recht wackelig durch die Gegend schwingen. Da trifft ihn ein Lähmstrahl der Schwarzen Witwe. Das ist der einzige Punkt, an dem in meinen Augen die Logik versagt: Die Witwe greift die Spinne an, weil sie herausfinden möchte, was es mit ihren Fähigkeiten auf sich hat. Aber diese Variante ist immer noch besser als das gern verwendete Mißverständnis zwischen zwei Helden. Die Spinne ist nicht in Topform. Sie läßt den Angriff über sich ergehen, bis sie weiß, wer da attackiert und aus welchem Grund. Als die Witwe meint, sie habe die Spinne gefesselt und besiegt, zerreißt sie die Fesseln und macht ihre Handgelenk-Waffen unschädlich. Die Witwe erkennt, daß sie gegen die Spinne nicht ankommt, und flieht. In ihrem Loft wirft sie sich im Morgenmantel in Pose und sinniert: „Ich habe meine eigenen ungewöhnlichen Kräfte… meinen eigenen Kampfstil… und meine eigene Bestimmung zu erfüllen. Und welche Gefahren auch vor mir liegen… ich werde ihnen als die Schwarze Witwe begegnen!“ Ein Bösewicht würde einen solch stilvollen Abgang nicht bekommen.

Der Spinne geht es mittlerweile immer schlechter. Sie schleppt sich nach Hause und beschließt, ihr Blut zu untersuchen. Zu einem Arzt kann sie nicht gehen, ohne ihre Geheimidentität zu gefährden. Aber Peter kann sich nicht dazu durchringen, einen Blick durchs Mikroskop zu werfen. Er hätte die Chance zu erkennen, daß er wieder ein normaler Mensch ist, aber davor hat er zugleich Angst. Nächste Ausgabe: „Endlich demaskiert!“

Das Besondere an diesem Heft ist der ausführliche Blick auf die äußerst attraktive Schwarze Witwe. Der Leser ist sogar dabei, wenn sie sich in ihrem Schlafzimmer umzieht, wobei man freilich nur ihre Silhouette sieht. Von ihrem neuen Kostüm kann ein junger Leser auch etwas lernen: Frauen definieren sich durch ihre Kleidung und ihren Look. In der Auseinandersetzung mit der Spinne schlägt sich die Schwarze Witwe, jedenfalls im Dialog-Duell, ganz achtbar. Kostprobe: „Glaub ja nicht, ich sei hilflos, nur weil ich so anschmiegsam bin!“ – „Anschmiegsam? Der Schlag fühlte sich an, als hätte ein Nashorn ihn ausgeführt!“

Ich gestehe, die Story spricht mich noch heute an, auch wenn sich die erotischen Effekte sicher abgenutzt haben. Bezaubernd anzusehen ist die Schwarze Witwe aber immer noch, John Romita gibt ihr nur sehr übertrieben lange Beine. Daß überwiegend aus ihrer Perspektive erzählt wird, ist ungewöhnlich und macht die Story ansprechender. Nicht nur, daß die Spinne gegen eine Frau kämpft, ist relativ neu, auch, daß die Lebensgeschichte und Motivation dieser Frau aufgerollt wird. Ein Gegner der Spinne, in den man sich hineindenken und einfühlen kann. Das macht die große Wirkung aus. Für den Umfang von 19 Seiten ist die Story auch recht anspruchsvoll und geschickt konstruiert. Der Actionteil fällt natürlich mit etwa fünf Seiten recht kurz aus. Apropos 19 Seiten: Da liegt wohl doch keine Kürzung vor, sondern die Spider-Man-Storys sind offenbar eine Seite kürzer geworden.
Peter L. Opmann ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 23.11.2018, 19:10   #409  
Peter L. Opmann
Mitglied
 
Benutzerbild von Peter L. Opmann
 
Ort: Hessen
Beiträge: 5.474
Kommentar:

Zitat:
Spinne #87 ist mir in guter Erinnerung, ebenso wie die Medusa-Nummer habe ich sie in meiner Sammlung behalten. Klar, das ist ein Versuch in Richtung "Good Girl Art" zu gehen, und ein recht gelungener dazu. In den Team-Up-Nummern kommen solche Konstellationen dann häufiger vor, und z.T. auch weniger dezent (Spider-Man / Red Sonja; Spider-Man / (Hell-)Cat, Spider-Man / Satanna...) Black Widow war anfangs doch einfach der Codename der eher altmodisch-vornehm gekleideten Agentin. Das mit den Spinnenkräften hat man sich wohl erst später überlegt... Da sie Russin war, hätte sie eigentlich besser "Red Widow" heißen sollen.
Peter L. Opmann ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 23.11.2018, 19:13   #410  
thetifcat
Mitglied
 
Benutzerbild von thetifcat
 
Ort: Bardowick
Beiträge: 2.128
Blog-Einträge: 1
Schwarz ist einfach more sexy als rot.
thetifcat ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 23.11.2018, 20:51   #411  
Peter L. Opmann
Mitglied
 
Benutzerbild von Peter L. Opmann
 
Ort: Hessen
Beiträge: 5.474
Gilt aber nicht unbedingt für die Haarfarbe.
Peter L. Opmann ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 24.11.2018, 10:12   #412  
thetifcat
Mitglied
 
Benutzerbild von thetifcat
 
Ort: Bardowick
Beiträge: 2.128
Blog-Einträge: 1
Schwarz oder Blond - da ist der Rockabilly pari
thetifcat ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 27.11.2018, 23:16   #413  
Peter L. Opmann
Mitglied
 
Benutzerbild von Peter L. Opmann
 
Ort: Hessen
Beiträge: 5.474
Spinne (Williams) 88

Erscheinungstermin: 7/1977

Originalausgabe:
1) Amazing Spider-Man # 87
2) Mighty Thor # 126

Story-Titel:
1) Endlich demaskiert!
2) Wen die Götter vernichten…!

Original-Storytitel:
1) Unmasked at last!
2) Whom the Gods would destroy!

Zeichnungen:
1) John Romita / Jim Mooney
2) Jack Kirby / Vince Colletta

Text:
1) Stan Lee
2) Stan Lee



Dieses Heft in meiner Sammlung ist schon ziemlich auseinandergefallen. Ich muß es also intensiv und immer wieder gelesen haben. Von der Art der Story her erinnert es mich an „Spinne“ # 51, die Jubiläumsausgabe, die kannte ich zu diesem Zeitpunkt aber noch nicht. Das Problem, daß das Ende der Spinne etwas unmotiviert kommt, wird hier besser gelöst. Es entspringt nicht einer Depression wie damals, die dem frohgemuten Helden nicht so leicht abzunehmen ist, sondern trifft ihn selbst überraschend. Es scheint nämlich so, daß seine Superfähigkeiten verschwinden, wenn er unter einem grippalen Infekt leidet. Peter Parker hatte ja im vorigen Heft gemutmaßt, seine Superkräfte seien ein für allemal futsch, aber die Grippe übernimmt quasi die Funktion des grünen Kryptonits.

Wie in „Spinne“ # 51 tritt der Titelheld wenig in Aktion, nur auf den ersten Seiten. Peter Parker überwindet sich, durchs Mikroskop zu blicken, um sein radioaktives Blut zu analysieren, aber weil er krank ist, sieht er alles nur verschwommen. Er beschließt, seinen Freund Dr. Curt Conners um Rat zu fragen, und schwingt im Kostüm der Spinne hin. Aber Conners ist nicht da. Dann fällt der Spinne siedend heiß Gwens Geburtstagsparty ein, die am selben Abend steigt. Die Spinne knackt den Tresor eines Juweliers und schnappt sich ein Perlen-Halsband. Dann wird ihr klar, daß diese Aktion mit ihren moralischen Grundsätzen kaum vereinbar ist, und legt den Schmuck zurück. Beim Verlassen des Gebäudes verliert sie das Gleichgewicht und stürzt ab. Das ist für Peter das Zeichen, daß er nicht mehr die Spinne ist.

Auf Gwens Party wird er schon schmerzlich vermißt. Plötzlich steht er vor der Tür und hält die Spinnen-Maske in der Hand (siehe Cover). Er stottert: „Ich bin die Spinne!“ Gwen erleidet den Schock ihres Lebens. Peter merkt, daß er mit seinem Geständnis Schaden anrichtet, und läuft weg. Harry Osborn erinnert sich (obwohl er damals noch nicht dabei war), daß Doc Ock einst die Spinne demaskiert hat und Peter Parker zum Vorschein kam. Aber alle glaubten, daß er sich nur als Spinne ausgeben wollte. Peter fühlt sich inzwischen so fertig, daß er doch ins Krankenhaus geht, und zieht sich dazu noch einmal sein Kostüm an. Ein Arzt zeigt dort wahres Berufsethos und behandelt den Superhelden wie jeden anderen Patienten. Er findet heraus: Es ist nur eine Grippe. Die Spinne fühlt sich augenblicklich viel besser und schwingt sich wieder auf New Yorks Wolkenkratzer-Dächer.

Plötzlich wird ihr klar, daß sie im Tran Gwen ihre Geheimidentität enthüllt hat. Aber ihr kommt eine Idee: Hobie Brown (der in # 79 und 80 als Strolch aktiv war) soll ihr helfen. Peter kehrt zu den Stacys zurück, wo sich Harry und Mary-Jane auch noch aufhalten. Was er bei der Party erzählte, sei nur Unsinn gewesen, versichert er. Und dann taucht die Spinne – dargestellt von Hobie – am Fenster auf und fordert von ihm Geld für die letzten Fotos. Damit belegt Peter also sein Dementi. Versöhnliches Ende – fürs nächste Mal wird Doc Ock angekündigt.

Die Ausgabe muß mir 1977 extrem gut gefallen haben. Die Story ist eine Abfolge von sehr emotionalen Situationen: die Angst, die Superkräfte verloren zu haben; der Diebstahl des Geschmeides; das Geständnis aus Verwirrung heraus; die Hilfe, die die Spinne wider Erwarten in der Klinik erfährt (und das im amerikanischen Gesundheitssystem!); die Nachricht, daß nur eine relativ harmlose Krankheit dahintersteckt; der geglückte Bluff bei den Stacys. Da braucht man die Spinne und viel Action nicht; das kann man allerdings nur in einem Fall machen, nämlich wenn es um die Verteidigung der Geheimidentität geht.

Was bietet diese Ausgabe sonst noch? Die Checkliste enthält jetzt noch mehr Informationen über die US-Originalausgaben. Es gibt eine „Marvel intern“-Seite (das gab es bisher so noch nicht) mit verschiedenen internen Informationen: Aus der Redaktion wird mitgeteilt, daß Harmut Huff nur noch freier Mitarbeiter ist und ansonsten neben Redakteurin Kirsten Isele noch Arend Buck und Jani Büsing mitarbeiten. Von den Grafikern ist nicht die Rede. Heftnachbestellungen und Abos sind nicht mehr möglich (wahrscheinlich ist die Stelle gestrichen, wo diese Aufträge bearbeitet wurden). Nur das Marvel-Briefpapier wird noch vertickt. Und es wird erklärt, warum Leserbriefe erst nach einem halben Jahr veröffentlicht werden. So lange dauert es von der Bearbeitung der US-Druckvorlagen bis zur Auslieferung der gedruckten Williams-Hefte. Noch eins, was mir auffiel: Das Cover stammt offiziell von John Romita, aber ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, daß Gil Kane zumindest bei den kleinen zivilen Figuren vor der Brust der Spinne schon daran mitwirkt.
Peter L. Opmann ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 28.11.2018, 23:35   #414  
Peter L. Opmann
Mitglied
 
Benutzerbild von Peter L. Opmann
 
Ort: Hessen
Beiträge: 5.474
Ein kurzer Kommentar aus DC-Sicht:

Zitat:
Spinne 88 war ein Meilenstein. Jetzt erreichen wir wieder eine extrem interessante Phase.
Peter L. Opmann ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 30.11.2018, 16:57   #415  
jakubkurtzberg
Moderator NUFF!
 
Benutzerbild von jakubkurtzberg
 
Ort: im Norden
Beiträge: 11.421
Eine Zeitlang gab es zwei Halbseiten (meist 15/16) mit Anzeigen im unteren Teil, die Zählung war 20. In den Reprints wurde das teilweise berücksichtigt. Bei den dt. Heften unterschiedlich gehandhabt. Es gibt bsv-Hit Comics mit Eigenanzeigen im betreffenden Teil, Ummontagen der Seitenzahlen oder wie bei Williams eigene, bei denen oben auch gerne mal vergessen wurde auszutauschen. Relativ deutlich sieht man es an dem FV-Heft, dass nach Kirbys Abgang in den USA umgezeichnet wurde, halbe Seite Kirby, halbe Seite Buscema.
jakubkurtzberg ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 30.11.2018, 17:18   #416  
Peter L. Opmann
Mitglied
 
Benutzerbild von Peter L. Opmann
 
Ort: Hessen
Beiträge: 5.474
Danke für die Erläuterungen. Mal sehen, ob der Umfang nochmal zu 20 Seiten zurückkehrt.
Peter L. Opmann ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 30.11.2018, 18:35   #417  
jakubkurtzberg
Moderator NUFF!
 
Benutzerbild von jakubkurtzberg
 
Ort: im Norden
Beiträge: 11.421
Es waren 19 Seiten (gezählt 20), danach kamen kurzzeitig die extradicken-Hefte, die Williams kürzen oder aufteilen musste (Rächer Nr. 92, FF Nr. 112-113, Spinne Nr. 103), nach einer leichten Preiserhöhung in den USA ging es zunächst mit 21 und schließlich wieder 20 Comicseiten weiter.
jakubkurtzberg ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 30.11.2018, 23:16   #418  
Peter L. Opmann
Mitglied
 
Benutzerbild von Peter L. Opmann
 
Ort: Hessen
Beiträge: 5.474
Spinne (Williams) 89

Erscheinungstermin: 7/1977

Originalausgabe:
1) Amazing Spider-Man # 88
2) Mighty Thor # 126

Story-Titel:
1) Die Arme von Doktor Octopus!
2) ohne Titel (Wen die Götter vernichten…!)

Original-Storytitel:
1) The Arms of Dr. Octopus!
2) Whom the Gods would destroy!

Zeichnungen:
1) John Romita / Jim Mooney
2) Jack Kirby / Vince Colletta

Text:
1) Stan Lee
2) Stan Lee



Ein neues Kapitel wird aufgeschlagen, und ich finde, hier gelingt Stan Lee die Eröffnung eines Mehrteilers wieder mal ganz gut. Was mir heute auffällt: die Story führt wichtige Serien-Protagonisten (also die Spinne, ihren Gegner Doktor Octopus, Jonah Jameson, Captain Stacy und Joe Robertson) so zusammen, wie man es dem schönsten Zufall nicht zutrauen würde. Aber wie Doc Ock auf der Bildfläche erscheint – und zunächst wieder verschwindet -, das ist auf jeden Fall gut und originell gemacht. Romita und Mooney liefern grafisch auch gute Arbeit ab. Kleine Bemerkung am Rande: Mein Heft ist am unteren Rand etwas gewellt. Ich stelle mir vor, wie ich’s in meinem Schulranzen hatte und es durch Regen etwas naß wurde – erinnern kann ich mich daran nicht mehr, aber so ist es wohl gewesen.

Ock sitzt im Knast, wo ihn unter normalen Umständen niemand halten könnte. Aber man hat ihm seine Tentakel abgenommen und weit entfernt sicher verwahrt. Wären sie auch nur in der Nähe, könnte Ock sie nämlich mental steuern und mit ihnen locker ausbrechen. Etwas pedantischer Einwand: Waren die Arme nicht bei einem Unfall mit Ocks Körper verwachsen, und war nicht das der Grund, weshalb er sie mental steuern konnte? Nun gut, seien wir froh, daß Ock irgendwo im Mittleren Westen sicher einsitzt und seine Tentakel derweil im New Yorker Naturwissenschaftlichen Museum für ein staunendes Publikum ausgestellt und präsentiert werden können. Ock konzentriert sich mit einer übermenschlichen Anstrengung und schafft es schließlich, seine Arme zu kontrollieren. Sie spazieren aus dem Museum und machen sich auf den Weg zu ihrem Herrn.

Zufällig (!) kommt die Spinne vorbei und versucht, sie aufzuhalten. Aber die Arme bringen ein Hochhaus beinahe zum Einsturz. Die Spinne muß das mit ihrem Netz verhindern, und die Tentakel tauchen im Gewühl der Stadt unter (genau betrachtet: auch nicht so glaubwürdig, denn herrenlose Metallarme müßten überall im Big Apple Aufsehen erregen). Aber die Spinne gibt die Suche auf, was Peter Parker die Gelegenheit gibt, sich mal wieder an der Uni blicken zu lassen und ein wenig mit Gwen zu schäkern. Zudem muß er eine Standpauke von Professor Warren über sich ergehen lassen. Die Tentakel haben inzwischen Ocks Gefängnis erreicht und vereinigen sich mit ihm. Jetzt blicken wir nach Chicago, wo ein fernöstlicher Politiker, General Su, per Flugzeug zum Sitz der UN gebracht werden soll. Jonah will ein Interview mit ihm und läßt sich von seinem Sohn, der bekanntlich Offizier der US-Armee ist, gegen alle Regeln hineinschleusen.

Zufällig (!) ist auch Doc Ock am Flughafen und verschafft sich gewaltsam Zutritt zu der Boeing 747, um mit ihr nach New York zu kommen. Kurzerhand nimmt er die gesamte Besatzung als Geiseln und fordert zehn Millionen Dollar Lösegeld für den General. Peter will gerade JJJ um etwas Geld anpumpen, aber der sitzt ja in diesem Flugzeug. Zusammen mit Joe Robertson eilt er zum New Yorker Flughafen, wo – so ein Zufall – der pensionierte Polizeioffizier Captain Stacy schon wartet. Stacy hat in dieser Ausgabe keine besonders tragende Funktion – er stellt die Verbindung zur amerikanischen Regierungsspitze her. In Kürze wird er aber eine wichtigere Aufgabe in der Serie bekommen, nämlich zu sterben. Für den Fortgang der Handlung entbehrlich wäre eine Demonstration von hippiemäßig ausstaffierten überwiegend jungen Leuten gegen General Su, aber ein schönes Stück Zeitkolorit. Peter schafft es, sich unbemerkt in die Spinne zu verwandeln, und die betritt ebenfalls das Flugzeug, indem sie einfach ein Stück der Hülle wegreißt. Sie stürzt sich auf Ock und verklebt seine Brille. Ock verliert die Kontrolle über seine Geiseln. Wohl nicht gut übersetzt ist ein Wortwechsel zwischen General Su und einem US-Regierungsbeamten. Su beklagt die Gewalttätigkeit in USA, der Beamte lobt dagegen die freie Gesellschaft.

Die Spinne und Ock liegen immer noch im Clinch. Nur sie sind noch an Bord, alle anderen evakuiert. Um zu fliehen, startet Ock mit seinen Tentakeln das Flugzeug. Die Spinne zweifelt an seinen fliegerischen Fähigkeiten und springt im letzten Moment durch die Bordtür ins Freie. Die Boeing explodiert am Ende der Startbahn. Während Jameson lamentiert, Parker sei abgetaucht und habe wieder keine Fotos gemacht, überlegt sich die Spinne: Ist Ock wirklich tot? Wir Leser bekommen sofort die Antwort: „Nächste Ausgabe: Er lebt wieder!“

Obwohl manches an dieser Story nicht zusammenpaßt, ist sie doch ganz schön spannend. Was zur Wirkung beiträgt, sind die gelungenen Dialoge (soweit man das durch die Übersetzung mitbekommt). Die Politiker sprechen anders als die Militärs und die Polizei, und Jameson redet anders als Robertson oder Peter Parker. Vielleicht liegt es daran, daß die Story alles in allem glaubwürdig erscheint. Romita seinerseits läßt die Flughäfen realistisch erscheinen. Vom Flugzeuginneren sehen wir jedoch nur große leere Räume, keine Passagierkabinen, die sehr aufwendig zu zeichnen gewesen wären. Im übrigen arbeitet Romita jetzt wieder deutlich mehr mit kleineren Panels, was wohl auch an der relativ komplizierten Handlung liegt.

Auf einer redaktionellen Seite wird über „Fan Editions“ informiert. Es bleibt etwas unklar, ob damit Undergroundcomix gemeint sind, richtige Fanzines oder großformatige Ausgaben von Comics, die das Artwork besser zur Geltung bringen (nach Ansicht der Redaktion wurden sie ursprünglich auch von Fans herausgegeben). In einer der nächsten Produktionen sollen Bezugsmöglichkeiten genannt werden – das ist nach meiner Erinnerung dann aber nicht passiert.
Peter L. Opmann ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 02.12.2018, 20:18   #419  
Peter L. Opmann
Mitglied
 
Benutzerbild von Peter L. Opmann
 
Ort: Hessen
Beiträge: 5.474
Kommentar zur Seite "Fan Editions":

Zitat:
Ob da wirklich jemand "Treasury Editions" und Underground Comics nicht auseinanderhalten konnte? Ich denke, da ist redaktionell eingegriffen und verschleiert worden. Dass U-Comix auch politische Ziele haben bzw. absichtlich an Tabus kratzen, war wohl zu brisant für den Artikel. Auch diese hilflose Anmerkung, man wisse nicht, warum Sex in Mainstream-Comics keine größere Rolle spielt, sieht nach Verschleierung aus...

Dass hin und wieder kleine Neuauflagen auch einer Faninitiative erlaubt wurden, wenn der eigentliche Verlag kein Interesse hatte, ist vorgekommen. Auch Portfolios lagen damals im Trend. Eigentlich der totale Nepp: ca. 12 Seiten Kunstdruck zu Preisen, die weit über einem regulären Heft lagen...

Die Illustrationen verweisen aber eindeutig in Richtung Underground: das ist eine ist aus "Harold Hedd", das andere scheint eine wüste Parodie auf Wonder Warthog und Captain Marvel zu sein. Das könnte wirklich aus einem Fanzine sein, ich kenn´s jedenfalls nicht.

Die Auflistung am Schluss ist auch sehr rätselhaft: "Myron Moose" war dieser doofe Elch, den man auch in der Comixene so lustig fand, "Skull" und "Harold Hedd" waren Underground-Größen. Die anderen sind mir aber überhaupt nicht geläufig...
Da kann ich noch teilweise aushelfen: Zap Comix ist von Robert Crumb, Fever Dreams und Grim Wit sind Undergroundserien, unter anderem mit Rich-Corben-Beiträgen, Die übrigen Titel kenne ich auch nicht.
Peter L. Opmann ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 05.12.2018, 22:14   #420  
Peter L. Opmann
Mitglied
 
Benutzerbild von Peter L. Opmann
 
Ort: Hessen
Beiträge: 5.474
Spinne (Williams) 90

Erscheinungstermin: 8/1977

Originalausgabe:
1) Amazing Spider-Man # 89
2) Mighty Thor # 127

Story-Titel:
1) Doc Ock lebt!
2) Der Hammer und die Katastrophe!

Original-Storytitel:
1) Doc Ock lives!
2) The Hammer and the Holocaust!

Zeichnungen:
1) Gil Kane / John Romita
2) Jack Kirby / Vince Colletta

Text:
1) Stan Lee
2) Stan Lee



Mir ist 1977 durchaus aufgefallen, daß der „Spinne“-Zeichner wechselte. Von Gil Kane, der zur Zeit der Veröffentlichung in USA zu den bekanntesten Superhelden-Zeichnern gehörte, hatte ich noch nie gehört. Aber sein Zeichenstil gefiel mir. Ich hatte nicht das Gefühl, daß Peter Parker und Spinne nun nicht wiederzuerkennen waren – dafür sorgte maßgeblich auch John Romita als Inker. Aber die eigenwilligen Posen, Untersicht-Perspektiven und Seitenaufteilungen, die Kane einführte, sprachen mich an. Das war offensichtlich keiner, der erst üben und sich einzeichnen mußte.

Ob es mit dem Zeitpunkt des Einstiegs von Kane etwas auf sich hat, weiß ich nicht. Die Story entwickelt sich jedenfalls so weiter, wie man das bei Mehrteilern schon gewohnt war. Nach einer recht verwickelten Eröffnung folgt meist ein Actionteil, so auch hier. Wie Doktor Octopus die Explosion des Flugzeugs letztes Mal überlebt hat, wird mit keiner Silbe erwähnt. Allerdings hat die Spinne erhebliche Zweifel daran, daß Ock ums Leben gekommen ist. Man erwartet also nichts anderes, als daß „Doc Ock lebt“. Seine Tentakel wurden nicht gefunden. Nachdem Peter Parker die Teilnahme an einer Studentendemo abgelehnt hat, macht er sich (wieder mal) auf die mühsame Suche nach seinem Gegner in New York. Letztlich ist Ock aber gar nicht so schwer aufzuspüren: Er will ein Kraftwerk nahe am Meer lahmlegen, zum einen, um die Stadt unter Kontrolle zu bekommen, zum anderen, um die Spinne anzulocken. Auf Seite 9 beginnt ein recht abwechslungsreich gestalteter Zweikampf. Die Spinne hat alle Hände voll zu tun, sich die Tentakel vom Leib zu halten. Sie und Ock müssen beide einiges einstecken.

Am Ende kippt Ock einen typischen New Yorker Wasserturm auf einem Hochhausdach um. Die Spinne muß das Bauwerk auffangen, damit es nicht auf die Straße stürzt und dort versammelte Schaulustige gefährdet. Eine Szene, die ähnlich in der folgenden Ausgabe noch einmal eine wichtige Rolle spielen wird. Mit äußerster Anstrengung gelingt es der Spinne, den Wasserturm nach hinten, aufs Dach, stürzen zu lassen. Danach ist sie am Ende ihrer Kräfte. Ock konnte dem Schauspiel in aller Ruhe zusehen, packt nun die Spinne und wirft sie vom Dach – in ihren sicheren Tod. Das wird offenbar auch angekündigt: „Nächste Ausgabe: Der Tod wird kommen!“

Das Duell ist ungewöhnlich gestaltet und liest sich spannend. Sonst ist an dieser Episode aber nichts Besonderes, abgesehen davon, daß ein neuer Zeichner am Werk ist. Das einzelne Heft ist hier aber schon lange nicht mehr maßgeblich, sondern die Vorgeschichte spielt eine wichtige Rolle, und auch die Fortsetzung trägt bereits zum Lesevergnügen bei. Wie einst bei Hansrudi Wäschers Lehning-Comics kann man jetzt eine Zeitlang darüber nachdenken und sich zusammenfantasieren, wie die gefährliche Situation wohl aufgelöst wird.

Ob auch die Anzeigenkunden die Ausgabe als spannend empfunden haben? Es gibt hier jedenfalls drei Anzeigenseiten, so viele, wie selten vorher bei Williams. Neben den Sea-Monkeys auf dem Backcover gibt es noch richtige Markenwerbung: von Suchard für das Fruchtbonbon „Sugus“ und von Knorr für das „Knusper Flocken Frühstück“ mit Rennauto-Aufkleber. Vielleicht steckte aber auch nur dahinter, daß die Auflagen der Marvels sanken und Werbung so billiger zu schalten war. Eine redaktionelle Seite kommt hinzu, eine Leserbriefseite, auf der kurioserweise über Leserbriefe debattiert wird. Die Leser hätten schon gern mehr Leserbriefe gehabt und auch unterschiedliche in den drei verbliebenen Superhelden-Serien. Aber sie verstehen offenbar nicht, daß in USA einzelne Hefte der Serien von den Lesern bewertet wurden und so spezifische Leserbriefseiten sich anboten. Hätten das deutsche Leser gemacht, wäre aber immer noch das Problem zu lösen gewesen, daß Briefe erst nach einem halben Jahr veröffentlicht werden konnten.
Peter L. Opmann ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 05.12.2018, 22:19   #421  
Peter L. Opmann
Mitglied
 
Benutzerbild von Peter L. Opmann
 
Ort: Hessen
Beiträge: 5.474
Anmerkung: Ich habe darüber nachgedacht, ob ich eine Bilanz des Romita-Runs ziehe. Aber zum einen ist Romita ja gar nicht richtig weg, zum anderen war es auch - was ich nicht mehr im Gedächtnis hatte - gar kein richtiger Romita-Run - er ließ sich häufig von anderen Zeichnern und wechselnden Inkern aushelfen.

Ich finde, daß später der Einstieg von Ross Andru einen Einschnitt markiert. Wie sich die Ablösung von Stan Lee durch Gerry Conway als Autor auswirkt, muß ich mal sehen. Darauf habe ich als Kind nicht so sehr geachtet.
Peter L. Opmann ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 07.12.2018, 21:10   #422  
Peter L. Opmann
Mitglied
 
Benutzerbild von Peter L. Opmann
 
Ort: Hessen
Beiträge: 5.474
Spinne (Williams) 91

Erscheinungstermin: 8/1977

Originalausgabe:
1) Amazing Spider-Man # 90
2) Mighty Thor # 127

Story-Titel:
1) Der Tod wird kommen!
2) ohne Titel (Der Hammer und die Katastrophe!)

Original-Storytitel:
1) And Death shall come!
2) The Hammer and the Holocaust!

Zeichnungen:
1) Gil Kane / John Romita
2) Jack Kirby / Vince Colletta

Text:
1) Stan Lee
2) Stan Lee



Diese Ausgabe hat mich schon als Jungen aufgeregt. Es werden hier Serienbegrenzungen aufgehoben, indem Gwens Vater, Captain George Stacy, der Tod ereilt. Ohne Zweifel: So etwas passiert in Comicserien eigentlich nicht. Stacy ist zwar nur eine Nebenfigur, ähnlich wie Frederic Foswell (umgekommen in # 53), Franklin Storm (FV # 28) oder Barney Barton (Rächer # 63). Aber er hatte schon seit längerem eine wichtige Funktion in Peter Parkers Umfeld: Ihn hätte Peter fragen müssen, wenn er Gwen hätte heiraten wollen, und Captain Stacy stand immer im Verdacht, der Enttarnung seiner Geheimidentität nahe zu sein. Stan Lee mag sich gedacht haben: Wirklich demaskieren wird Stacy die Spinne niemals (wie könnte es dann weitergehen?), also lasse ich ihn lieber sterben. Er gab der Sache dann noch einen etwas anderen Dreh. Der Hintergrund dieser Episode ist konventionell. Es zeichnet sich in etwa das Muster ab: Die Spinne wurde von ihrem Gegner im ersten Zusammentreffen besiegt, nun bereitet sie sich auf die zweite Runde vor, in der sie ihn mit einem Trick ausschalten will. Aber in der Story gibt es doch ein paar Überraschungsmomente.

Zu Beginn wird die Spinne vom Dach eines Hochhauses gestürzt. Schon beim ersten Lesen dürfte ich mir gedacht haben: Das wird sie wohl überstehen – mit ihren akrobatischen Fähigkeiten und Reflexen. So ist es auch. Sie packt die Tentakel und bricht durch ein Fenster ins Haus hinein. Aber nun kommt eine erste Überraschung: Die Arme von Doc Ock folgen ihr, und zwar durch mehrere Zimmer und schließlich in einen Lüftungsschacht, wo sich die Spinne verstecken will. Eigentlich Unsinn, denn Ock ist nicht Mr. Fantastic, der seine Arme beliebig weit dehnen kann. Zudem: Woher wissen die Tentakel, daß die Spinne in den Lüftungsschacht klettert? Erst ganz kurz, bevor die Arme sie zu fassen bekommen, wird Ock offenbar unsicher und zieht sie zurück. Die Spinne klebt ihnen schnell einen Spinnenspürer an. – Naja, spannend ist die Szene schon.

Ich sollte festhalten: Auf wen da der Tod wartet, ist bisher unbekannt. Auf dem Cover von Gil Kane und John Romita trägt die Spinne eine leblose Gestalt davon, deren Gesicht völlig verschattet ist. Nun aber bekommt Captain Stacy noch einmal einen bewegenden Auftritt. Peter, wieder in Zivil, wankt nach Hause, benommen und ganz in Gedanken, und läuft dabei Stacy in die Arme, der sich über seinen Zustand wundert. Peter geht gern auf eine Vermutung Stacys ein, er habe seine Grippe noch nicht auskuriert (von Doc Ock erzählt er lieber nichts). Und schon fällt er Stacy ohnmächtig in die Arme. In dessen Wohnung kommt er wieder zu sich, und Gwen sitzt an seinem Bett. Peter grübelt einmal mehr, ob Stacy mehr über ihn weiß, als er zugibt. Aber, augenblicklich erholt (das kennen wir aber schon aus früheren Ausgaben), kehrt er in sein Apartment zurück (Zimmerkumpel Harry Osborn schläft tief und fest) und bereitet eine Waffe gegen Ock vor.

Zwei Seiten lang sucht die Spinne – trotz des Spinnenspürers – nach dem Mann mit den Tentakeln, dann scheint sie ihn in einer Hochhauswohnung gefunden zu haben. Aber Ock hat den Spürer entdeckt, präpariert und greift vom Dach aus an. Drei Seiten harter Kampf, dann setzt die Spinne ihre neue Waffe ein. Sie verschießt ein Spezialnetz, das die Kontrolle über die Arme blockiert. Ocks Arme verselbständigen sich und wenden sich gegen ihren Träger. Auch das ist eine Idee, die logisch nicht ganz hinhaut; jedenfalls wird überhaupt nicht erklärt, wie die mentale Verbindung unterbrochen wird. Aber sie ermöglicht eine wichtige Wendung: Die Arme zerstören blindwütig alles in ihrer Reichweite, auch einen Schornstein, dessen Bruchstücke auf die Straße stürzen. Captain Stacy ist selbstverständlich vor Ort und will die Straße räumen. Doch schon regnen die Schornsteintrümmer auf einen kleinen Jungen herab. Heldenmütig stößt Stacy das Kind beiseite und wird selbst von den Steinbrocken getroffen, verschwindet unter einem Schuttberg.

Der pensionierte Polizeioffizier ist nicht sofort tot, sondern bekommt (wie Winnetou) eine herzzerreißende Sterbeszene. Die Spinne will ihn zum Arzt bringen, aber dafür ist es schon zu spät. Stacy verlangt, hingelegt zu werden; er will der Spinne noch etwas Wichtiges sagen: „Es… geht um Gwen! Wenn ich tot bin… ist niemand da, der sich um sie kümmern kann… niemand, Peter, außer dir!“ Mit seinen letzten Worten macht er klar, daß er weiß, wer die Spinne ist (woher er das weiß, bleibt unklar). Peter verspricht, Gwen immer zu unterstützen, schiebt aber gleich hinterher: Was ist, wenn sie die Spinne für den Tod ihres Vaters verantwortlich macht? Da wird eine neue Konfliktlinie aufgebaut. Stacy so tragisch aus der Serie zu nehmen, war schon ein mutiger Schachzug von Lee; es war etwa so, als würde in der „Superman“-Serie zum Beispiel Perry White sterben.

Wahrscheinlichkeit und Plausibilität – egal. Diese Episode hat starke Szenen. Der Leser ist nicht so sehr schockiert, daß es Captain Stacy trifft, denn eine so sympathische Figur war er vorher nicht. Dazu wird er hier eben noch ein wenig aufgebaut. Aber es ist ein Schock, daß überhaupt eine Figur stirbt, an die man sich etliche Ausgaben lang gewöhnt hatte. Bisher galt: Sie kann verschwinden, indem sie irgendwohin reist, aber nicht durch Tod. Marvel zeigt: Es geht doch.

Auf einer redaktionellen Seite wird die Kriegsserie „Death Patrol“ von Dave Berg vorgestellt. Sie stammt offenbar aus dem Zweiten Weltkrieg. Warum sie in den Marvels auftaucht, bleibt offen, aber uninteressant ist der Text mit ansprechender Ligne-Claire-Zeichnung von Berg nicht. Zudem kehrt die Checkliste, die letztes Mal fehlte, zurück.

Geändert von Peter L. Opmann (08.12.2018 um 09:48 Uhr)
Peter L. Opmann ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 08.12.2018, 09:52   #423  
Peter L. Opmann
Mitglied
 
Benutzerbild von Peter L. Opmann
 
Ort: Hessen
Beiträge: 5.474
Mir kam der Gedanke: Eigentlich spoilere ich hier. Aber ich denke, ich schreibe über absolute Klassiker. Wer wußte noch nicht, daß Captain Stacy den Comictod starb (und später als Klon zurückkehrte)?

Oder soll ich lieber geheimhalten, wer in "Spinne" # 122 sterben wird?
Peter L. Opmann ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 08.12.2018, 18:59   #424  
MacGyver
Mitglied
 
Benutzerbild von MacGyver
 
Beiträge: 186
Nein, selbstverständlich nicht. Bei diesen Klassikern kannst du nicht mehr spoilern.
MacGyver ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 08.12.2018, 22:12   #425  
Lizard_King
Panini Fan-Forum und INCOS Mod
 
Benutzerbild von Lizard_King
 
Ort: Hooksiel
Beiträge: 3.250
Captain Stacy tauchte aber erst 2016 erstmalig als Klon auf...Diejenige die es in Spinne 122 (ASM 121) treffen wird, tauchte bereits in Amazing Spider-Man 143/144 als Klon wieder auf.
Lizard_King ist offline   Mit Zitat antworten
Neues Thema erstellen Antwort

Zurück   Sammlerforen.net > Öffentliche Foren > Sammelgebiete > Comics > Magazine > NUFF! - Forum

Themen-Optionen
Ansicht

Forumregeln
Es ist dir nicht erlaubt, neue Themen zu verfassen.
Es ist dir nicht erlaubt, auf Beiträge zu antworten.
Es ist dir nicht erlaubt, Anhänge hochzuladen.
Es ist dir nicht erlaubt, deine Beiträge zu bearbeiten.

BB-Code ist an.
Smileys sind an.
[IMG] Code ist an.
HTML-Code ist aus.

Gehe zu


Alle Zeitangaben in WEZ +2. Es ist jetzt 13:08 Uhr.


Powered by vBulletin® Version 3.8.7 (Deutsch)
Copyright ©2000 - 2024, Jelsoft Enterprises Ltd.
Copyright: www.sammlerforen.net

Das Sammler-Netzwerk: Der Sammler - Sammlerforen
Das Comic Guide-Netzwerk: Deutscher Comic Guide - Comic Guide NET - Comic-Marktplatz