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Alt 05.05.2018, 15:15   #1  
Servalan
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Kommissar LaBréa [3 Folgen] (Deutschland 2009-2010, teamWorX der Universum Film AG - UFA für ARD), Drehbuch: Alexandra von Grote, Jürgen Büscher und Thomas Stiller nach der gleichnamigen Reihe von Kriminalromanen (Knaur 2005-2011, 6 Bände) von Alexandra von Grote, Regie: Sigi Rothemund und Dennis Satin, je 87 min

Die Lusche erwähne ich diesmal zuerst.
Quentin Tarantino bezeichnet solche Langweiler aus Europa sicher als Eurotrash. Die Krimiserie fällt weit hinter die Néopolars von Izzo, Vautrin, Manchette und Daeninckx zurück; ein Léo Malet hätte sich für so etwas Brav-biederes geschämt.
Aber Autorin Alexandra von Grote ist in den Medien und der Kulturpolitik gut vernetzt. In ihrer Serie um den Kommissar Maurice LaBréa verknüpft sie den feministischen Aufbruch weiblicher Rollen mit einem netten Auslandskrimi vom Reißbrett.
Daß der nicht im geringsten funktioniert, liegt auch an den klassischen Fehlern der deutschen Standardverfilmung. Obwohl Paris zu den teuersten Pflastern der Welt zählt, wohnt der alleinerziehende Vater in einem zentralen Arrondissement in einer unglaublich riesigen Wohnung, die sich ein einfacher Beamter sicher überhaupt nicht leisten kann. Der Grund für dieses Ärgernis liegt einzig und allein darin, dem Kameramann seine Arbeit zu erleichtern.

Kommissar Maurice LaBréas Frau wurde in der Nähe seiner Wohnung in Marseille von einem Unbekannten ermordet. Um den Schmerz leichter zu verarbeiten, läßt er sich an den Quai des Orfèvres in Paris versetzen. Mit seiner Tochter Jennifer bezieht er eine Wohnung im Hinterhof eines Mietshauses.
Zu seinen Nachbarn gehört die Malerin Céline Charpentier, die neben dem Durchgang zur Straße wohnt. Ihr weiträumiges Atelier dient ihr zugleich als Galerie, auf das eine Flagge mit dem Namen "Céline" vor ihrer Haustür hinweist.
Sie weist in den ersten Minuten der ersten Folge "Tod an der Bastille" explizit darauf hin, wie sie die üblichen Künstlerklischees bricht. Die nüchterne Frau steht früh auf, um zu arbeiten. Sie ist das schwarze Schaf einer Winzerdynastie aus (natürlich) Burgund und hat mit ihren fünf Brüdern gern Fußball gespielt. Allerdings stand sie dabei meist im Tor.
Sie verfolgt ein eigenes ästhetisches Konzept, das Laien schin mal irritieren kann. "Das soll so sein", sagt sie, als sich der Witwer und seine Tochter über ihre Bilder wundern, sie zwar nicht realistisch sind, aber figürlich bleiben.

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Alt 05.05.2018, 15:39   #2  
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Die Rosenheim-Cops Staffel 13 Episode 19 (Folge 285) "Mord nach allen Regeln der Kunst" (Deutschland 2014, Bavaria Film GmbH für ZDF), Drehbuch: Paul J. Milbers, Michael Pohl und Nikolaus Schmidt, Regie: Günter Krää, 43 min

Die Regionalkrimiserie hat zurecht ihre Fans, obwohl die Folgen im hohen Takt produziert werden und die Optik ziemlich nah an Soaps ist. Mit ihren inzwischen 404 Folgen und drei Specials in 17 Staffeln seit 2002 wird sie demnächst die Kultserie Großstadtrevier überrunden, die für ihre 420 Folgen jedoch fast doppelt solange gebraucht hat, nämlich 31 Staffeln seit 1986.
Der Krimiplot der Folge ist gut durchdacht und sorgfältig recherchiert, weswegen der Realismus glaubwürdig bleibt. Aufgrund der anspruchsvollen Drehbedingungen gibt es mehrfach Neubesetzungen der Hauprollen. In diesem Fall ermitteln Kriminalhauptkommissar Dirk Bergmann, usprünglich aus Düsseldorf, und Kriminalhauptkommissar Anton Stadler aus Passau.

Die Künstlerkolonie Am Finkenweg beherbergt zehn Künstler, von denen einer eines Morgens erschlagen in seinem Atelier aufgefunden wird. Auf ihrem Weg zum Tatort müssen Bergmann und Stadler am alten Wagen des 55jährigen Jügen Dahl vorbei, dessen Windschutzscheibe mit einer Aphrodite-Statue eingeschlagen wurde. Kriminaltechniker Dr. Eckstein nimmt am Tatort Proben von Farbpartikeln, die er zu einer Analyse der Palette von Dahls letzten Werken nutzt.
Gefunden wurde die Leiche des Künstlers von seinem Agenten Egon Schwarz, der seit zehn Jahren für Dahl arbeitet und im letzten Jahr bloß vier Bilder verkauft hat. Dahl sei praktisch pleite gewesen. Schwarz erwähnt Dahls Fehde mit dessen Nachbar in der Kolonie, dem Bildhauer Xaver Steglmann.
Routinemäßig suchen die Kommissare Katrin Dahl, seine Witwe, und den Bauunternehmer Martin Höfner auf, Besitzer der Immobilie. Seine Witwe sagt, Jürgen Dahl habe sich auf seinen Ausstellungen gelangweilt und wäre von Preisverleihungen nur genervt gewesen. Höfner kann zuerst mit dem Namen Dahl nichts anfangen, sagt aber dann, er habe Dahl einen Auftrag erteilt, eine Fassade zu gestalten.
Was jedoch so überhaupt nicht ins Bild paßt, ist der Umstand, daß sich Dahl kurz vor seinem Tod einen Luxuswagen im Wert von 150.000 Euro zugelegt hat. 50.000 Euro habe er bar angezahlt.


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Alt 20.05.2018, 16:21   #3  
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Rashomon – Das Lustwäldchen | 羅生門 (Japan 1950, Daiei Film Co. Ltd.), Drehbuch: Shinobu Hashimoto | 橋本 忍 und Akira Kurosawa | 黒澤 明 nach den Kurzgeschichten "Rashomon | 羅生門" (1915) und "Im Dickicht | 薮の中" (1922) von Ryūnosuke Akutagawa | 芥川 龍之介, Regie: Akira Kurosawa | 黒澤 明, 88 min schwarzweiß, FSK: 16

Der kommerzielle Film nutzt für gewöhnlich bestimmte Konventionen, damit das allgemeine Publikum weiß, was es im Kino zu erwarten hat. Diese Konventionen hängen davon ab, was in einer bestimmten Region und zu einem bestimmten Zeitpunkt schon beim Publikum als bekannt vorausgesetzt werden kann. Diese Konventionen ändern sich deswegen eher schleichend und wirken eher unbewußt. Sie fallen erst ins Auge, wenn Werke im Rückblick als veraltet, überholt oder langweilig erscheinen.
Allerdings sollte ein Werk ein Quentchen Überraschungen bieten, um sein Publikum zu locken. In der Filmgeschichte gibt es deshalb immer wieder Werke, in denen sich das experimentelle Kino oder die künstlerische Avantgarde mit dem kommerziellen Kino für das breite Publikum überschneiden.

Innerhalb der Kunst entwickeln sich die einzelnen Bereiche wie Literatur, Bildende Kunst oder Film jeweils eigenständig, so daß sie ihre eigene Geschichte, Ästhetik und Theorie haben. Was sich in einem Bereich etabliert hat, kann deshalb zum Beispiel 50 Jahre später in einem anderen Bereich als revolutionäre Neuerung gefeiert werden.
Gebrochen wird diese Entwicklung durch Sprachbarrieren und die jeweiligen Industrien oder Branchen in verschiedenen Ländern. Obwohl Rashomon seit seiner Erstausstrahlug unter den filmischen Meisterwerken rangiert, haben sich die Kriterien im Laufe der Jahrzehnte gewandelt.
Denn Rashomon zeichnet sich durch zwei Ereignisse aus, die per se nichts miteinander zu tun haben: Zum einen prägte er als einer der ersten Filme aus Japan über Japan westliche Vorstellungen über das exotische Land in Fernost. Akira Kurosawa galt für westliche Kinokritiker als Vertreter eines sehr japanischen Kinos, obwohl Kurosawa in seinem Heimatland eher als Vertreter eines europäisch-amerikanischen Kinos wahrgenommen wird, der im Ausland höher geschätzt wurde als in Japan (ähnlich wie Jiro Taniguchi im Comicbereich).

In Rashomon verdoppelt und verdreifacht sich dieser Effekt. Filmhistoriker Donald Richie schreibt in seiner japanischen Filmgeschichte, daß die Besatzer aus den USA anfangs Samuraifilme verboten haben, weil sie als reaktionär galten. Kurosawas Verflmung zweier Kurzgeschichten des japanischen Edgar Allan Poe Ryūnosuke Akutagawa (1882 - 1927) basiert auf einer alten japanischen Legende. Der produktive Akutagawa nutzte als einer der ersten japanischen Literaten europäische Erzählformen. Der exotische Blickwinkel hat zunächst die Wirkung im Westen bestimmt, mittlerweile ist er belanglos geworden.

Diese Entwicklung zeigt sich zum Beispiel darin, wenn heute vom Rashomon-Effekt (Philosophie, Komunikationswissenschaften und Ethnographie) oder vom Rashomon-Prinzip (Journalistik) die Rede ist. Der Rashomon-Effekt beschäftigt sich mit dem Umstand, daß Zeugenaussagen leider unzuverlässig sind. Auf einer weiteren Ebene stellt sich die Frage, wie objektiv eine allgemein gültige Realität sein kann.
Im westlichen Kino galt lange die Konvention, daß Filmfiguren zwar lügen können, bis sich die Balken brechen, die Kamera aber nur das zeigt, was wirklich passiert ist. Unzuverlässiges Erzählen gehört in der Literatur hingegen zum Standardrepertoire, dessen Formenrepertoire von den Schelmenromanen eines Grimmelshausen oder Cervantes de Saavedra bis zu Virginia Woolf und James Joyce reicht.

Rashomon heißt im alten Edo eines der Stadttore, in dessen unmittelbarer Nähe ein Verbrechen geschehen ist: Die Frau eines Holzfällers wurde vor drei Tagen in einem Wäldchen vor besagtem Stadttor verwaltigt und ermordet.
Während eines Sturmes erfährt ein Passant davon und bekommt acht verschiedene Versionen des Verbrechens zu hören, die allesamt als Rückblenden gezeigt werden. Wie er wird das Publikum jedoch nie erfahren, welche Version der Wirklichkeit am nächsten kommt.

2003 nahm die Bundeszentrale für politische Bildung den Film ihren Kanon auf, der heute beispielsweise an Schulen gelehrt wird. In internationalen Bestenlisten rangiert das Werk häufig unter den Top 10 bis Top 50.
Hinzu kommen seither weltweit bisher drei Remakes: Martin Ritt verfilmte den Stoff 1964 in dem Western The Outrage | Carrasco, der Schänder; 2004 erschien der südindische Actionfilm Virumaandi (Regie: Kamal Haasan) auf Tamilisch; zuletzt debütierte Rakshit Shetty mit dem Neo-Noir-Krimi Ulidavaru Kandante | As Seen by the Rest (Indien 2014), in dem die dravidische Sprache Kannada [sic!] gesprochen wird.
Außerdem sollte in diesem Zusammenhang der Politthriller 8 Blickwinkel | Vantage Point (USA 2008, Regie: Pete Travis, 90 min, FSK: 12) erwähnt werden. Er basiert ebenfalls auf dem Rashomon-Effekt, obwohl er nicht zu den Remakes gezahlt werden darf.

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Alt 21.05.2018, 17:29   #4  
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Rope | Cocktail für eine Leiche (USA 1948, Transatlantic Pictures für Warner Bros. Pictures und Metro-Goldwyn-Mayer), Drehbuch: Arthur Laurents, Hume Cronyn und Ben Hecht nach dem Bühnenstück Rope | Party für eine Leiche (1929) von Patrick Hamilton, Regie: Alfred Hitchcock, 80 min: FSK: 12 (früher 16)

Die ersten Filme der Brüder Auguste und Louis Lumière 1895 bestanden aus einer Einstellung und dauerten nur wenige Sekunden. Von den gebildeten Ständen wurden die laufenden Bilder als billige Jahrmarktsunterhaltung belächelt. Viele dachten, diese Mode werde in wenigen Monaten ihren Reiz verlieren und dann in der Versenkung verschwinden.
Doch um die Jahrhundertwende entwickelte sich das Medium: Der bunt gemischte Kessel Buntes wich kurzen Geschichten, die sogar 10 oder 20 Minuten (eine Filmrolle | reel) dauern konnten. Bald kamen Serien dazu. Sehgewohnheiten wurden geprägt, und die einzelnen Gewerke entwickeln sich zur Handwerkskunst.
Die Produzenten wollten unbedingt die Kosten unter Kontrolle halten. Daß sich ein kostenträchtiges Starsystem entwickelte, gefiel den Studiobossen überhaupt nicht. Bewährtes wurde Experimenten vorgezogen.

Der britische Regisseur Alfred Hitchcock (1899 - 1980) wurde geschätzt und umworben, weil er professionell arbeitete und Publikum zog. Die Filmkritik sah auf den Studioregisseur herab, erst die Wegbereiter der französischen Filmkritik (Truffaut, Bazin, Godard) würdigten ihn als künstlerischen Autor mit einer eigenen, erkennbaren Handschrift (auteur). Hitchcock wurde zwar mehrfach als bester Regisseur für den Oscar nominiert, erhielt jedoch lediglich 1968 den Oscar für sein Lebenswerk.
Hitchcock war ein schwieriger Mensch, der wußte, was er wollte, und daran hatten die Studiobosse zu knabbern. Aber bis heute ist der Anteil an filmischen Meisterwerken an seinem Gesamtwerk außergewöhnlich hoch.
Wiederholt hat Hitchcock das Genrekino genutzt, um die Grenzen des Mediums auszutesten und neueste technische Mittel eingesetzt: zum Beispiel 3D in Dial M for Murder | Bei Anruf Mord (1954), das Trautonium und elektronische Spezialeffekte in The Birds | Die Vögel (1963) oder den Wechsel der Hauptfiguren und des Genres in Psycho (1960) - vom Krimiplot um Madeleine Crane zum Horror mit Norman Bates.

Besonders lange Einstellungen, Plansequenzen, stellten hohe Anforderungen an die Schauspieler und die Crew hinter der Kamera. Eine Montage aus kurzen Szenen mit sichtbaren oder unsichtbaren Schnitten wurden deshalb vorgezogen.
Immer wieder wird auf die Darsteller hingewiesen, die viel Text auswendig lernen müssen. Die Entwicklung der Filmtechnik setzt jedoch härtere Grenzen: Um Licht, Farbe und Ton kontrollieren zu können, verbaten sich Außenaufnahmen mit wechselnden Lichtverhältnissen und anderen Risiken. Der Spielfilm in einer Einstellung mußte deswegen ein Kammerspiel in einer Studiohalle werden.
Die Kameras der Studios faßten jedoch bestenfalls eine Rolle von 10 Minuten. Deswegen mußte der Stoff vorher in kleinere Einstellungen umgebrochen werden, die später mit sichtbaren und unsichtbaren Schnitten aneinander montiert wurden.
Dramaturgisch deckten sich Erzählzeit und erzählte Zeit: Das Publikum erlebt den Suspense in Echtzeit.

Ähnlich wie Psycho basiert auch Cocktail für eine Leiche auf einer wahren Begebenheit. Im Mai 1924 ermordeten die beiden Studenten Nathan Freudenthal Leopold Jr. (1904 – 1971) und Richard Albert Loeb (1905 – 1936) den 14 Jahre alten Bobby Francis in Chicago. Sie wollten das perfekte Verbrechen begehen und bildeten sich ein, sie kämen ungeschoren davon.
Der Stoff wurde mehrfach für verschiedene Medien bearbeitet. Hitchcock greift auf das Bühnenstück von Patrick Hamilton zurück, das den Schauplatz an die Harvard University in New York City verlegt. In ihrem Apartement strangulieren die beiden Studenten Brandon Shaw und Phillip Morgan ihren Kommilitonen David Kentley und verstecken seine Leiche in einer Truhe.
Die beiden Ästheten wollen als Nietzsche'anische Übermenschen ihre geistige Überlegenheit zelebrieren, weshalb sie die Eltern des Opfers und ihren ehemaligen Philosophieprofessor Rupert Cadell zu einer Dinnerparty einladen.

Seit dem Siegeszug des digitalen Kinos haben sich die Verhältnisse fast auf den Kopf gestellt. Die Filmrolle ist der Festplatte gewichen, deren Speicher ständig wächst. Bis 2000 finden sich nur wenige Nachfolger von Cocktail für eine Leiche.
Der Trend beginnt 2000 mit Mike Figgis' Echtzeit-Splitscreen-Spielfilm Timecode (93 min). Ihm folgte 2002 der Geburtatagsfilm zum 150jährigen Jubiläum des Museums Eremitage in Sankt Petersburg, Russian Ark (siehe oben Post #16, 96 min). Der chilenische Spielfilm Sábado, una película en tiempo real | Sábado – Das Hochzeitstape (Regie: Matías Bize, 65 min) schildert 2003 einen Hochzeitstag mit Hindernissen.
Des weiteren verweise ich auf die englischsprachige Wikipedia-Liste für Plansequenz-Filme, auf der sich weitere Beispiele finden.

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Alt 01.06.2018, 12:55   #5  
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Großstadtrevier Staffel 22 Episode 3 (Folge 259) "Der Straßenmusikant" (Studio Hamburg für Das Erste 2008), Drehbuch: Felix Huby und Birgit Maiwald, Regie: Guido Pieters, 48 min

Als eines Tages Dirk Matthies' einstige Deutschlehrerin, Frau Dr. Viola Risse, auf dem 14. Revier aufkreuzt, sind beide Seiten erstaunt. Die alte Dame hat den Briet kaum auf der Seite der Gesetzeshüter erwartet, geschweige denn als Revierleiter. Sie ist gekommen, weil ihr in irgendeinem Geschäft ein falscher 50-Euro-Schein untergejubelt worden sei, und nun erhofft sie sich Rat.
Im Büro von Dirk Matthies wird die Blüte untersucht: Sie wurde auf altmodische Weise mit Druckplatten sorgfältig hergestellt, allerdings sind dem Fälscher einige Fehler unterlaufen. Der Abstand zwischen Sizilien und der italienischen Stiefelspitze ist zu groß, außerdem sind Papier und Silberstreifen mangelhaft. Nachdem Dr. Risse das Revier verlassen hat, erfahren die Anwesenden von Dirk Matthies, daß morgen ein Faltblatt des LKA eintrifft, in dem vor Blüten gewarnt wird.
Dr. Risse lebt mit Herwarth Meider zusammen, Dirks altem Zeichenlehrer. Meider sitzt fleißig über den Druckplatten, korrigiert seine Fehler und druckt seine Blüten einzeln per Hand. Unterdessen folgen die Zivilfahnder Harry Möller und Henning Schulz der Spur der Blüten.

Der zweite Fall, die Titelstory, dreht sich ebenfalls darum, wie sich Berufliches und Persönliches vermischen. Die Innendienstlerin Nicole Becker (gespielt von der Violinistin Sophie Moser) trifft ihren alten Musiklehrer Sven Kornmüller wieder, der als Straßenmusikant vor der Musikschule musiziert, aus der er von seiner Ehefrau Dorothee hinausgeworfen wurde. Wegen ihrer gemeinsamen Tochter Nina eskaliert der Konflikt.

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Alt 07.06.2018, 09:53   #6  
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Holocaust - The Story of the Family Weiss | Holocaust – Die Geschichte der Familie Weiss 1 Staffel 4 Episoden (USA 1978, Robert Berger für NBC), Drehbuch. Gerald Green, Regie: Marvin J. Chomsky, 419 min, FSK: 12

Obwohl die Kritik die Serie für das historische Thema der Shoah zu trivial fand, schrieb die Miniserie Fernsehgeschichte und erreichte Einschaltqupten von bis zu 49 Prozent in den USA.
Regisseur Marvin J. Chomsky* hatte sich bei der Literaturverfilmung Roots nach Alex Haley bewährt, weshalb ihm nach Kunta Kinte das Schicksal der fiktiven jüdischen Arztfamilie Weiss anvertraut wurde.

Die Kontroverse ähnelte der Diskussion um Comics im allgemeinen und Art Spiegelmans Maus im Besonderen. Allerdings hat sich der Comic wesentlich besser gehalten.
Green und Chomsky bewältigen einen ungewöhnlich vielfältigen Stoff, gehen dabei jedoch ziemlich altmodisch vor. Jedes Familienmitglied wird auf diese Weise zum Stellvertreter für bestimmte Lebensläufe, im Gegenzug nehmen die Figuren an Schlüsselereignissen der Shoah teil. Im Rückblick wirkt das steif und didaktisch.

Die Serie beginnt (wie The Godfather | Der Pate) mit einer imposanten Hochzeitsfeier, wodurch etliche Figuren vorgestellt werden. Der älteste Sohn, Karl Weiss, ehelicht 1935 die Christin Inga Helms-Weiss, seine Muse, die er nach Rembrandts Ehefrau "meine Saskia" nennt.
1938 hat er sein Atelier in der Wohnung seiner Schwiegereltern und nennt sich selbst einen Gebrauchsgrafiker, der gern der neue Picasso sein will. Eines Tages wird er verhaftet und nach Buchenwald verschleppt. Dort näht er in der Schneiderei Aufnäher auf den Drillich. Nach einem Streit um ein Brot wird er zunächst am Marterpfahl aufgehängt und dann in den Steinbruch versetzt.
Seine Frau Inga möchte den Kontakt aufrechterhalten. Angewidert geht sie auf das Angebot des SS-Mannes Müller ein, ihm Briefe schreiben zu dürfen, wofür sie sich Müller als Gegenleistung hingeben muß. Müller rettet Karl vor dem Verrecken im Steinbruch und läßt ihn in die Kunstabteilung versetzen.
1942 wird Karl nach Theresienstadt verlegt, ein Potemkin'sches Dorf, mit dem internationale Besucher wie die Inspektoren des Roten Kreuzes eingelullt werden. Im Kunstatelier entstehen dort idyllische Propagandabilder, die Karl verabscheut. Seine Mithäftlinge Maria Karlova, Emil Frey aus Prag und der nierenkranke Pfälzer aus Karlsruhe dokumentieren die Greueltaten heimlich in Schwarzweißzeichnungen, die Frey ironisch als "KZ-Expressionismus" bezeichnet.


Die fiktive Figur Karl Weiss wurde nach dem deutschen Maler, Grafiker, Zeichner und Karikaturisten Leo Haas (1901 - 1983) gestaltet. Haas wurde rechtzeitig von amerikanischen Truppen befreit und überlebte so die Verfolgung.
In Theresienstadt dokumentierte er das Verbrechen, indem er sich der Gruppe der Maler von Theresienstadt um Bedřich Fritta aus Prag anschloß. Später gehörte er zum Fälscherkommando im KZ Sachsenhausen, wo er britische Briefmarken fälschte.
Nach dem Krieg lebte Haas in Ost-Berlin, wo er für die Tagezeitung Neues Deutschland, das Satiremagazin Eulenspiegel und andere Presseerzeugnisse tätig war. Zu seinem 70. Geburtstag entstand der DEFA-Dokumentarfilm Zeichner – Zeuge – Zeitgenosse (DDR 1971, Drehbuch und Regie: Jörg d‘Bomba, 13 min).

*Marvin J. Chomsky ist ein Cousin des Philosophen, Linguisten, Soziologen und politischen Aktivisten Noam Chomsky.

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Alt 07.06.2018, 16:18   #7  
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Hunter Staffel 5 Episode 22 (Folge 107) "Return of White Cloud | Der Fluch der Masken" (USA 1984, Stephen J. Cannell Productions für NBC), Serienidee: Frank Lupo, Drehbuch: Joe Menosky, Stepfanie Kramer und Erin Conroy, Regie: Stepfanie Kramer, 48 min

Die actionreiche Krimiserie hat bis heute eine breite Fanbasis, gilt ansonsten aber eher als leichte Unterhaltung. Zwischen 1984 und 1991 liefen 152 Folgen in 7 Staffeln über die Bildschirme. 1995, 2002 und 2003 entstanden 3 Fernsehfilme. Ebenfalls 2003 produzierten 20th Century Fox Television und NBC Studios eine neue Staffel, die aber nach 4 Episoden eingestellt wurde.
Das Team aus den LAPD-Deputy Sergeants Rick Hunter und Dee Dee McCall ergänzt sich in klassischen Stereotypen: Rick Hunter zieht gern seine Waffe. Ihn wurmt es, daß Dee Dee McCall unterstellt, beim Schießtraining sei einer seiner fünf Schüsse daneben gegangen, obwohl er durch eines der Löcher in der Schießscheibe zwei Kugel getroffen hat. Rick Hunter wirkt wie eine Steilvorlage für die Cyberpunk-Krimisatire Max Headroom.
Seine Partnerin im LAPD besucht in ihrer Freizeit einen Abendkurs für freie Kunst im Arts Center. Eines Tages explodiert ein Gasrohr, als die Studenten den Raum verlassen wollen. "No Good Deed Ever Goes Unpunished | Der Fluch der bösen Tat" Staffel 5 Episode 6 (Folge 91) spielt das Kunstthema jedoch nur an. Nachdem Hunter und McCall einen Industrieskandal aufgedeckt haben, liefert das Dankeschön ihrer Kunstlehrerin Emily Hill bloß das Kiss-off: Ein lasziver Frauenakt, auf dem sich McCall rekelt.

Dee Dee McCall wird von Stepfanie Kramer dargestellt, die bei dieser Episode, dem Finale der 5. Staffel, Regie geführt und am Drehbuch mitgeschrieben hat.
Im Gegensatz zu den röhrenden E-Gitarren dominieren in dieser Episode indigene Rhythmen mit Flöten und Trommeln den Soundtrack. Einen Schußwechsel gibt es bloß beim Showdown, ansonsten bleibt der Film eher ruhig. Für die damalige Zeit nimmt Hunter die American Natives vom fiktiven Stamm der Ashani [sic!] erstaunlich ernst. Die verhältnismäßig ausführliche Intro zeigt eine Zeremonie der Ashani in ihrem Reservat in ethnographischer Breite. Robert Whitecloud wird als zeitgenössischer Künstler indigenen Ursprung ernstgenommen, wodurch die Episode erstaunlich frisch wirkt.

Bei einer Stammeszeremonie muß der Medizinmann der Ashani enttäuscht feststellen, daß heilige Masken aus ihrer markierten Stätte gestohlen wurden.
Wenig später wird Janet Harris, die sich auf den Handel mit indigener Kunst spezialisiert hat, in frühen Morgenstunden in der Harris Gallery erschlagen aufgefunden.
Hunter und McCall hören sich in der Kunstszene um. McCall befragt Gina, eine Freundin und treue Kundin der Galeristin. Gina sagt, es gehe das Gerücht um, die Galeristin habe sich in einen ihrer indigenen Künstler verliebt. Beide hegen den Verdacht, ein Ashani könnte den Mord begangen haben, um sakrale Gegenstände zu stehlen (Ähnlich wie der Inka-Plot in den Tim und Struppi-Alben "Die sieben Kristallkugeln" und "Der Sonnentempel".)
Hunters erster Versuch, den verdächtigen Robert Whitecloud festzunehmen, mißlingt. Denn Whitecloud geht stiften. McCall fährt unterdessen ins Ashani-Reservat, wo sie zuerst die Ehefrau des Künstlers, Mary Whitecloud, verhört. Danach kontaktiert sie weitere Personen aus Janet Harris' Adressbuch.
Den Anthropologen Kenneth Myers trifft sie mitten im Reservat. Myers ärgert sich über geldgierige Schatzsucher, die wertvolle Artefakte der Ashani entwenden, obwohl diese unter Schutz stehen. Die gegenteilige Ansicht vertritt Jim Holloway, der den Souvenir- und Kunsthandelladen beim Reservat führt. Für Holloway sind die Werke der Ashani keine Kunst.
Auf seiner Jagd nach dem Flüchtigen stolpert Hunter in eine Gruppenausstellung zeitgenössischer Kunst, die wie eine Mischung aus Freakshow und Zirkus wirkt: Neben dem schwulen Künstlerpärchen Mark & Brian versucht ein kleinwüchsiger Kunstkenner deutlich größere Frauen mit immer demselben Spruch über Energie anzubaggern. Eine Etage höher liefert ein Elvis-Imitator vor Graffitti eine Performance ab. Noch eine Etage höher versumpft Robert Whitecloud im Suff, weswegen Hunter ihn aufs Revier mitnehmen kann.

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