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Alt 10.08.2016, 15:58   #1  
Servalan
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Friedrich Knilli, Knut Hickethier und Wolf Dieter Lützen (Hrsg.): Literatur in den Massenmedien - Demontage von Dichtung? (Reihe Hanser Medien RH 221), Carl Hanser Verlag 1976, 214 Seiten, Preis: 14,80 DM

Die blaue Reihe aus dem Hanser Verlag galt in den 1970er Jahren so ziemlich als das Beste, was es zum Thema gibt. Die Preise lagen allerdings im höheren Bereich, weshalb ich sie mir von meinem bescheidenen Taschengeld nicht leisten konnte. Zugelegt habe ich mir den Band später Second Hand während meines Studiums.

Knilli und Hickethier haben in der alten Bundesrepublik Film und Fernsehen in die klassische Literaturwissenschaft geschmuggelt und so über einige Jahrzehnte das Fach Medienwissenschaft im deutschen Unibetrieb etabliert.
Höhepunkte der blauen Hanser-Reihe waren die Monographien über wichtige Regisseure, aber das Thema Literaturverfilmungen mußten natürlich auch verhandelt werden, und da kam niemand ums Fernsehen herum. Entsprechend breit finden sich NDR, WDR und ZDF in den gewählten Stoffen wieder.
Daß der Film in der gehobenen und höheren Kultur als Parvenü scheel angesehen wurde, zeigt sich deutlich in den vermittelten Vorurteilen:
  • Der Bildungskanon von Goethe bis Mann wird hart verteidigt. Bücher gelten per se als wertvoller als Film und Fernsehen.
  • Literaturverfilmungen sind immer schlechter als ihre hochwertigen Vorlagen.
  • Aus mittelmäßigen Büchern können gute Filme werden, aber umgekehrt ist das unmöglich.
  • Film und Fernsehen werden als pädagogische Hilfsmittel betrachtet, um das Publikum zum Lesen der Originale zu erziehen (ähnlich wie der Classics Illustrated-Ansatz).
Die Beiträge lesen sich sehr verstaubt. Kabinettstückchen sind zwei Beiträge von Bertolt Brecht und Siegfried Lenz.
Amüsant finde ich die Schlußfolgerung von Jens Malte Fischer, der de Sades Die 120 Tage von Sodom für unverfilmbar hält. Damit die Verfilmung für das Publikum eine vergleichbar verstörende Zumutung wird wie für die gequälten Figuren, meint er, müsse eine Verfilmung auch 120 Tage nonstop dauern ...

Geändert von Servalan (10.08.2016 um 16:12 Uhr)
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Alt 10.08.2016, 16:28   #2  
Peter L. Opmann
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Schön, daß dieser Thread offenbar als sinnvoll und fortsetzungswürdig angesehen wird.

Ich habe mich mit Film nicht wissenschaftlich beschäftigt. Von 1985 bis etwa 1994 habe ich mich - mitunter - als Filmkritiker betätigt, und weil ich eine Zeitlang mit dem Gedanken spielte, diese Arbeit zu intensivieren, habe ich mir auch eine kursorische Filmbibliothek zugelegt.

Ich habe hier sozusagen das Gegenbuch gegen den Drehbuchautor William Goldman, der behauptete, Autorenfilme seien ein Unsinn:

Barbara Bronnen/Corinna Brocher: Die Filmemacher. Der neue deutsche Film nach Oberhausen. Gütersloh 1973
Es handelt sich um lauter Interviews, und zwar mit Werner Herzog, Jean-Marie Straub, Vlado Kristl, George Moorse, Volker Schlöndorff, Manar Gosov, Edgar Reitz, Peter Schamoni, Johannes Schaaf, Volker Vogeler, Werner Schroeter, Rainer Werner Fassbinder, Reinhard Hauff, Peter Lilienthal, Uwe Brandner, Christian Ziewer/Klaus Wiese, Alexander Kluge. Leider sind keine Filmemacherinnen vertreten. Es fehlen Leute wie Klaus Lemke oder May Spils. Trotzdem fand ich die Interviews teilweise sehr aufschlußreich und interessant.
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Alt 16.08.2016, 13:51   #3  
Servalan
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Was fallen dir (oder anderen, die hier mitlesen) denn für Titel ein?
Gelungene Literaturverfilmungen, die auf gelungenen Vorlagen basieren, fallen mir schon einige ein. Das sind mehr ein halbes Dutzend, aber insgesamt bleibt das Feld recht übersichtlich.
Geschmäcker sind verschieden, deshalb gehe ich davon aus, daß wir nicht immer einer Meinung sind - "und das ist auch gut so!"

Hier mein erster Vorschlag:
  • Truman Capote: In Cold Blood. A True Account of a Multiple Murder and Its Consequences (Kaltblütig. Wahrheitsgemäßer Bericht über einen mehrfachen Mord und seine Folgen) - Random House 1965 (offiziell 1966)
  • In Cold Blood (Kaltblütig), USA 1967, Drehbuch und Regie: Richard Brooks, 134 min, FSK: 16
Ehrlich gesagt, neben Truman Capote sieht David Simon ziemlich blaß aus.
Jedesmal wenn ich das Buch durchblättere und die Zeilen überfliege, erfaßt mich der Sog und ich bin wieder in der Geschichte.

Der Film liegt um Klassen über den besten Stahlnetz- oder Dragnet-Folgen. Als ich ihn das erste Mal gesehen habe, fand ich ihn verstörender als Psycho.

Wie tief sich der Stoff mittlerweile ins Bewußtsein verankert hat, zeigen ja die Werke, die über Capote und die Killer entstanden sind: der Film mit Philip Seymour Hoffman und Catherine Keener von 2005, der von 2006 mit Toby Jones und Sandra Bullock, die Graphic Novel von Oni Press und die Fernseh-Miniserie von 1996 mit Sam Neill und Anthony Edwards ...

Geändert von Servalan (17.08.2016 um 14:40 Uhr)
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Alt 16.08.2016, 19:38   #4  
Servalan
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Am 15. September läuft tschick nach Wolfgang Herrndorfs Bestseller in den deutschen Kinos an (Trailer 1, Teaser Trailer ).

Fatih Akin hat den vergnüglichen Lesestoff als wilde Mischung zwischen Jack Kerouac und J.D. Salinger verfilmt. Der Roman gehört zum Besten, was in den letzten Jahrzehnten an deutschsprachiger Literatur entstanden ist.
Beim Casting scheint Akin das richtige Händchen gehabt zu haben. Trotzdem mußte ich bei dem Tschick-Darsteller an Hark Bohms Filme mit dem jungen Tayfun Bademsoy denken (Indianerjunge Tschetan zum Beispiel).

Auf jeden Fall wünsche ich tschick ein großes Publikum.

Geändert von Servalan (16.08.2016 um 21:23 Uhr)
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Alt 29.08.2016, 15:44   #5  
Xury
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Zitat:
Zitat von Servalan Beitrag anzeigen
(...)Trotzdem mußte ich bei dem Tschick-Darsteller an Hark Bohms Filme mit dem jungen Tayfun Bademsoy denken (Indianerjunge Tschetan zum Beispiel)(...)
Bisschen spät, aber verwechselst du da nicht etwas? (Dschingis Bowakow?)
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Alt 31.08.2016, 10:19   #6  
Servalan
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Stimmt. Wo gehobelt wird, fallen Späne.
Ich frage mich, woran das liegt? Entweder daran, daß sich Dschingis Bowakow irgendwann ziemlich rar gemacht hat - oder an Tayfun Bademsoys Dauerpräsenz auf der Mattscheibe. - Na ja, ich meinte Dschingis Bowakow.


Le Carrés The Night Manager hat mir gefallen.
Allerdings hat mich Tom Hiddleston in seinem Auftreten an Daniel Craigs James Bond 007 erinnert. Die große Frage wird wohl sein: Bleibt Jonathan einer von den Guten? Oder wechselt er die Seiten?
Olivia Colmans Rolle weckt bei mir Erinnerungen an George Smiley in König, Dame, As, Spion. Und das Zermatt-Kapitel war eine superleckere Hommage an Alfred Hitchcocks Ashenden-Verfilmung in den Schweizer Alpen.
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Alt 06.09.2016, 00:20   #7  
Servalan
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Bloß mal wieder eine spinnerte Idee von mir:

Mittlerweile haben Premium-Fernsehserien Kino-Blockbustern den Rang abgelaufen oder sind knapp davor.
Wäre ich an der Stelle von Michael G. Wilson und Barbara Broccoli könnte ich mir nach dem 25. Kinofilm einen Stabwechsel der besonderen Art vorstellen: Ein Wechsel des Hauptdarstellers bei James Bond 007 wäre nämlich eine prima Steilvorlage für einen Formatwechsel:
Statt alle zwei Jahre einen Kinofilm von gut zweieinhalb Stunden gäbe es dann alle drei oder vier Jahre eine Staffel von sechs oder acht einstündigen Folgen.
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Alt 29.05.2017, 09:49   #8  
Servalan
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Ähem ...
Wenn wir in dem Stil weiterdiskutieren, zerschießen wir den Thread.
Zitat:
Zitat von Peter L. Opmann Beitrag anzeigen
Schön, daß dieser Thread offenbar als sinnvoll und fortsetzungswürdig angesehen wird.

Ich habe mich mit Film nicht wissenschaftlich beschäftigt. Von 1985 bis etwa 1994 habe ich mich - mitunter - als Filmkritiker betätigt, und weil ich eine Zeitlang mit dem Gedanken spielte, diese Arbeit zu intensivieren, habe ich mir auch eine kursorische Filmbibliothek zugelegt.
Eigentlich wollte ich mich über Jack Finney und die Körperfresser unterhalten.
Der hat genug geschrieben. Es gibt mehr als genug andere Stoffe, die ihn wieder ins Gespräch bringen können.

Falls ich etwas erwähne, das verwechselt werden kann, baue ich vor und nenne einen bkannten Namen. Daß derjenige dafür besondere Leistungen vorweisen muß, finde ich seltsam. Wenn jeder seine Döntjes einbringt,geht der rote Faden verloren. Und aktenzeichenmäßig die Allerweltsdaten zu zitieren, finde ich langweilig.

Ich dachte, dir (oder jemand anders) fiele etwas ein, das die Körperfresser beerben und weiterentwickeln könnte.
Bei den Verfilmungen der Mangaserie Ring (auch im Gore Verbinski-Remake) läuft es ja in der Regel tödlich ab. In der Hinsicht wäre der sanfte Druck zum Dabeisein in The Circle eine Verbesserung.
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Alt 29.05.2017, 10:46   #9  
Peter L. Opmann
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Tut mir leid.

Wenn ich die "Körperfresser" von 1978 gesehen hätte, hätte ich auch was dazu gesagt.

Aber "Futureworld" habe ich gesehen, und diesen Film finde ich sehr interessant. Einerseits billig zusammengeschustert und abgeschmackt (AIP eben), andererseits doch irgendwie gelungen. "Soylent Green" hatte dagegen schon Kunstanspruch.
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