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Alt 27.01.2012, 12:50   #26  
Detlef Lorenz
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Teil 2




Blueberry Band 45 Blueberry Band 46


Die Handlung der beiden hier abgebildeten Alben, die ein zusammenhängendes Abenteuer bilden, wogt hin und her. Sie beginnt mit einer der nicht so bekannten Schlachten am Cumberland River in Tennessee. „Unsere“ Helden Leutnant Blueberry und sein indianischer Freund Sergeant Grayson(*) treffen dort ein, als das Gemetzel bereits zu Ende ist. In der Folge erhält Blueberry Informationen, die ihn dazu veranlassen wieder mal zu desertieren - mal freiwillig, mal unfreiwillig, mal im Auftrag der Regierung, was ein beliebtes Handlungsschema innerhalb der Reihe ist. Kann doch so als Nebenhandlung eine Verfolgungsjagd mit eingebaut werden, die dem Dramaturgen einen größeren Spielraum an Möglichkeiten bietet. Liest man sich die Alben in einem Rutsch durch, fällt dieser Plot natürlich ins Auge; er ist aber nicht nur entschuldbar, sondern kann als Stilmittel durchaus akzeptiert werden.

Das im ersten Teil erwähnte Gold der Rothschild-Bank befindet sich in Kanada, in einem Zug, in einem Safe, aber – fast – keiner weiß genau wo und keiner kennt die ultrageheime Kombination. Mehrere Gruppen suchen nun den geheimnisvollen Mann der als einziger den Ort und die Zahlenkombination kennt: Blueberry und Grayson in eigenem Auftrag – später zusammen mit der Partei des Agenten Walter Baumhoffer, dem wir bereits im Abenteuer zuvor begegnet sind und einer Abteilung Cherokee, die ebenfalls hinter dem Goldschatz her sind. Blueberry und Grayson treffen bald auf den Cherokee John Bear´s Fingers, der sich ihnen anschließt und als unentbehrlicher, allerdings auch undurchsichtiger Helfer erweisen wird. Auch der Süden ist natürlich dabei und seine Leute erscheinen rechtzeitig, um ihre Finger auf den Schatz zu legen.

Als es im Westen, so sieht die Landschaft dort jedenfalls aus, zu einem ersten Showdown kommt, bei der viele „Nebenfiguren“ ihr Leben lassen, kehrt der verbleibende Rest um und es geht in Richtung Nordosten, zur Kanadischen Grenze an den Niagarafällen. Dort soll nämlich der Zug mit seiner wertvollen Ladung stehen. Am Ort Suspension Bridge, den es auf beiden Seiten des Niagara Flusses gibt, trifft neben Baumhoffer auch noch der Südstaatencolonel Penn Adair ein, ein Cherokee, der sich mit Billigung von Präsident Lincoln um den Teil des Goldes kümmern „darf“, der dem Süden zusteht. John Bear´s Fingers versucht das Gold für die Cherokee und ihre Rache an sich zu reißen und um die ganze Sache noch weiter zu komplizieren, gibt es in den Reihen des Nordens einen Verräter, Johnny Craig, der im letzten Moment den Schatz für sich „privat“ stehlen will.

Mitten auf der den Fluss überspannenden Brücke eskaliert die Geschichte: Craig zwingt John Bear´s Fingers den Safe zu öffnen (die Cherokee hatten die Kombination erfahren), in seiner Gier reist Craig aber selber die Tür auf und löst einen Mechanismus aus, der eine versteckte Dynamitladung zur Explosion bringt. Der Zug stürzt in die Tiefe, das Gold ist für alle verloren – Baumhoffer, Grayson und Blueberry überleben, den Leutnant sieht man allerdings auf der letzten Seite in einem Sanatorium sitzen, sich mit dem Geist von John Bear´s Fingers unterhalten.

Ein recht spannend geschildertes Abenteuer, von Blanc-Dumont gekonnt umgesetztes Szenario, das zu unterhalten weiß. Was mich allerdings wirklich gestört hat, sind die Einschübe Corteggianis, nein, nicht ein widerholter Hinweis auf die Blauen Boys, der kommt gleich, sondern den mythischen Touch in der Person von John Bear´s Fingers, den er in die Geschichte eingebracht hat. Der Cherokee bekommt nicht nur jedes Mal Krämpfe, wenn ein Angehöriger seines Volkes stirbt, besonders wenn er nicht dabei ist und er den Tod körperlich spürt, er schafft es auch, damit sie die Brücke überqueren können, Nebel herbei zu zaubern, der Blickdicht ist … Das erinnerte mich alles an „Mississippi River“ von Giraud, das als Geschichte in der Nachkriegszeit (des Bürgerkrieges) spielt und recht flott begann. Im Laufe der Alben wurde es allerdings sehr, sehr mysteriös und mythisch, ein weißer Alligator und viel Voodoo kamen ins Spiel und verdarben mir den Lesegenuss. Weil ich eine Art Western erwartete und ein Fantasy- Spektakel bekam (das mir vom Genre her so und so leicht suspekt ist), war ich so angesäuert, dass Mississippi River nicht mehr in meiner Sammlung vertreten ist.

Und wenn ich gerade beim „Meckern“ bin, einiges am Text (oder an der Übersetzung, lieber Horst?) störte mich schon: Der Begriff „Gen“ (im Band 46, Seite 15 wird es im Plural verwendet), kam erst nach 1909 auf, also über vierzig Jahre nach dem Bürgerkrieg. Es ist auch oft von „Grünschnabel“ die Rede - steht das auch im französischen so, ich kenne die Originale nicht - oder ist das eine Anspielung auf der Serie „Navy CIS“, in der dieser Ausdruck viel und gerne verwendet wird?

Und was noch – ach ja, Die Blauen Boys. Mit einer Schatzsuche für die Union in Kanada sind unsere beiden Helden Blutch und Chesterfield im Band 9 ebenfalls beauftragt. Allerdings geht es da um eine Erbschaft, um die sich die Konföderierten ebenfalls bemühen. Hier ist die Handlung allerdings wesentlich lustiger, aber es gibt für die Kriegsparteien ebenfalls kein Gold.

Einen direkten Hinweis auf die Blauen Boys gab es allerdings im Blueberry-Band 45, auf der Seite 19. Dort ist von einem General „Lambil“ die Rede und den gibt es nun mal nicht auf Seiten des Nordens; eine alphabetische Liste aller Generäle ergab keinen Treffer und auch ein vorsorglicher Blick in die entsprechende Aufstellung für den Süden war negativ. Also hat sich Corteggiani(?) mal wieder die Freiheit genommen um eine textliche Reminiszenz an den Zeichner Lambil mit eingebaut.
Mal sehen, was sich in dieser Beziehung da noch so findet, bzw. was ich wohl schon alles überlesen habe!

(*)Sergeant Grayson ist halb Navajo, halb Cherokee.
Detlef Lorenz ist gerade online   Mit Zitat antworten
Alt 27.01.2012, 14:48   #27  
G.Nem.
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Zitat:
Zitat von Detlef Lorenz Beitrag anzeigen
(...)
Und wenn ich gerade beim „Meckern“ bin, einiges am Text (oder an der Übersetzung, lieber Horst?) störte mich schon: Der Begriff „Gen“ (im Band 46, Seite 15 wird es im Plural verwendet), kam erst nach 1909 auf, also über vierzig Jahre nach dem Bürgerkrieg.
Ich hab die Bände nicht, aber ich vermute einfach mal, dass der Begriff 'Erbanlagen' zu lang für die entsprechende Sprechblase war. Aber wo setzt man mit Sprachgebrauch bei derlei überhaupt an? Soll man, um top-korrekt zu sein, die Schriftsprache von 1900 verwenden? Mich stört z. B. zeitgemässe Sprache bei Abenteuer-Stories nicht. Viel schlimmer finde ich z. B. pseudo-mittelalterliche Sprache bei Ritter-Comics etc.

Zitat:
Zitat von Detlef Lorenz Beitrag anzeigen
(...)Es ist auch oft von „Grünschnabel“ die Rede - steht das auch im französischen so, ich kenne die Originale nicht - oder ist das eine Anspielung auf der Serie „Navy CIS“, in der dieser Ausdruck viel und gerne verwendet wird?
Mit 'Grünschnabel' ist doch einfach 'Greenhorn' gemeint. Da ist die Frage ob man's lieber auf Deutsch oder in English lesen mag.

Ansonsten – deine Artikel hier wie immer >
G.Nem. ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 27.01.2012, 17:49   #28  
Detlef Lorenz
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Zitat:
Zitat von G.Nem. Beitrag anzeigen
(...) Mich stört z. B. zeitgemässe Sprache bei Abenteuer-Stories nicht. Viel schlimmer finde ich z. B. pseudo-mittelalterliche Sprache bei Ritter-Comics etc.
Mit 'Grünschnabel' ist doch einfach 'Greenhorn' gemeint. Da ist die Frage ob man's lieber auf Deutsch oder in English lesen mag. (...)
Du hast natürlich recht, aber - selbst der Begriff "Erbanlagen" wäre vielleicht zeitlich verfrüht. Das würde aber eine Menge an, möglicherweise zudem, sinnloser Recherche bedeuten. Ich wage auch mal einfach, ganz unwissenschaftlich, zu bezweifeln, dass die Menschen im Mittelalter so gesprochen haben, wie es in Urkunden, Liedtexten u. ä. Schriften geschrieben steht.

Dann soll man doch "Greenhorn" verwenden. Ich bin zwar gegen den übermäßigen Gebrauch von "Anglizismen" in der deutschen Sprache, aber ein "Greenhorn" ist doch eine verständliche und gebräuchliche Vokabel. Das finde ich eine verkehrte Rücksichtnahme, so ähnlich wie früher "Küchlein" für "Muffins" - aber da traute, ziemlich zu recht, Erika Fuchs den einheimischen Kindern die Kenntnis dieses Begriffes noch nicht zu.

Danke für das Lob, und
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Alt 27.01.2012, 22:30   #29  
Eldorado
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Hast Du den Blueberry-Kinofilm gesehen?

Der ging ja auch sehr stark in dieses mystische Fantasy-Richtung.
Ich fands furchtbar, aber Jean Giraud war begeistert und meinte, genau so
könnte auch sein Blueberry heute aussehen.

Vielleicht hat sich Corteggianni ja davon inspirieren lassen...
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Alt 28.01.2012, 00:09   #30  
G.Nem.
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@Detlef
Wollte ich dir schon bei unserem letzten Telefonat sagen, falls du historische Fotos aus den USA suchst, zwecks Vergleichen u. ä. kann ich dir http://www.shorpy.com/ empfehlen. War mir auch schon beim illustrieren hilfreich. Hat eine Suchfunktion = 'Search Shorpy'
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Alt 28.01.2012, 12:26   #31  
Detlef Lorenz
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Zitat:
Zitat von ELDORADO Beitrag anzeigen
Hast Du den Blueberry-Kinofilm gesehen?
Der ging ja auch sehr stark in dieses mystische Fantasy-Richtung.
Ich fands furchtbar, aber Jean Giraud war begeistert und meinte, genau so
könnte auch sein Blueberry heute aussehen.
Vielleicht hat sich Corteggianni ja davon inspirieren lassen...
Irgendwie und irgendwarum hatte ich ihn verpaßt - vielleicht wegen ähnlicher negativer Kritiken, die du hier in vier Zeilen so treffend abgibst.
Detlef Lorenz ist gerade online   Mit Zitat antworten
Alt 28.01.2012, 15:31   #32  
thetifcat
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Zitat:
Zitat von ELDORADO Beitrag anzeigen
Hast Du den Blueberry-Kinofilm gesehen?

Der ging ja auch sehr stark in dieses mystische Fantasy-Richtung.
Ich fands furchtbar, aber Jean Giraud war begeistert und meinte, genau so
könnte auch sein Blueberry heute aussehen.

Vielleicht hat sich Corteggianni ja davon inspirieren lassen...
Ich fand ihn gut - aber mit Blueberry hatte das wenig zu tun.
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Alt 28.01.2012, 22:37   #33  
Servalan
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Zitat:
Zitat von Detlef Lorenz Beitrag anzeigen
... Johnny Craig, der im letzten Moment den Schatz für sich „privat“ stehlen will.
Ähem, bei dem Namen haben bei mir gleich die Sirenen losgetönt: Sieht der rein zufällig so aus der gleichnamige EC-Zeichner*? Da diese Comiclegende 2001 gestorben ist, kann ich mir so etwas gut als Hommage von Corteggiani vorstellen.

*Für eine deutschsprachige Wikipedia-Fassung ist bestimmt nicht relevant genug.
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Alt 03.02.2012, 12:24   #34  
Detlef Lorenz
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Little Big Horn

Das folgende Thema hatte ich schon einmal am Wickel (Bei „Ehapa“ unter Mike S. Blueberry), aber es kocht in mir immer wieder hoch, wenn mir Comics in die Finger fallen, wie das unten abgebildete Piccolo-Heft Ralf der Scout Nr. 67, Die Schlacht am ´Big Horn`. Deshalb die folgenden - verfälschten - Bildbeispiele, die natürlich in den Köpfen der jugendlichen Leser haften blieben und lange Zeit prägend für das Bild dieser Ereignisse war - und ist!? Nur wer sich später etwas mehr mit dem Geschehen beschäftigte, erkannte das Unhaltbare, Unsinnige der dargestellten Ereignisse:




Das Heft schildert den Untergang des 7. US-Kavallerie-Regimentes unter General Custer. Hansrudi Wäscher gestaltete mit einer dynamischen Zeichnung das Titelbild, wie er überhaupt für alle Umschlagzeichnungen der Ralf der Scout und Ralf der Sheriff – Piccolos zuständig war.





Das titelgebende Ereignis findet allerdings nur auf einigen Bildern statt und das im Piccoloformat. Viel mehr als „wischi-waschi“-Zeichnungen ist auf allen Bildern der Story auch nicht zu sehen. Meist sind es Großaufnahmen von Personen, die am Geschehen am Little Big Horn River (so die komplette Ortsbezeichnung) beteiligt waren. Interessant ist hier aber die Aussage von Crazy Horse, einem der auf indianischer Seite beteiligten Häuptlinge. „Die Soldaten haben sich heldenhaft geschlagen und meiner Streitmacht schwere Verluste zugefügt. Dadurch ist mir der Marsch nach Norden unmöglich gemacht.“

Einerseits ist es nicht klar, was er im „Norden“ wollte, ganz im Gegenteil eigentlich, denn die Indianer wollten ja vor Ort leben bleiben. Dann waren es nicht die „schweren Verluste“ bei diesen kriegerischen Auseinandersetzungen, die den Indianern letztlich den Verlust ihrer Heimat, den Untergang ihrer Würde, ihrer Kultur bescherten. Zwischen 40 bis 80 Kriegern – und zirka 10 Frauen und Kindern – standen immerhin rund 300 Soldaten, die im Verlauf der Operation zur Vertreibung der Indianer aus den – goldhaltigen – Black Hills gefallen waren, gegenüber. Dieselben Krieger, die sich Gefechte mit den Soldaten lieferten, waren auch weitgehend für die Ernährung des Stammes zuständig. So verrückt wie das hier klingt, aber nach dem tödlichen Tagesgeschäft mussten sie Büffel jagen gehen, diese ins Lager zurückschaffen, usw. Damit war das Lager und die Frauen und Kinder fast Schutzlos und die Folgen sich leicht auszumalen. Zusätzlich gab es durch die Massenschlächterei weißer Jäger a la Buffalo Bill sehr bald keine Büffel mehr und das Endergebnis dieser Vertreibungs- und Vernichtungsorgie eines Volkes ist uns allen bekannt.

Zum selben Thema fiel mir bei weiterer Recherche das unten abgebildete Piccolo-Heft in die Hände:




Auch hier ging es um dasselbe Ereignis, der Schlacht am Little Big Horn.








Hier sind auf zwei Bildern mindestens drei falschen Darstellungen des Verlaufes der Kämpfe wiedergegeben: Einmal das Gelände am Little Big Horn, das keine zerklüftete Gebirgsregion ist, sondern sanft gewellte, leicht hüglige Prärie; die letzte Verschanzung der Soldaten, die im Heft in einer Senke zu sehen ist, in Wirklichkeit sich aber auf einem Hügel befand und der Angriff der Indianer auf die Kavalleristen, der sich medienwirksam, aber militärisch höchst töricht, hier hoch zu Ross zeigt und in der Realität eher in einem sich anschleichenden Vorstoß durch das hohe Präriegras äußerte. Nur so waren auch die zahlenmäßigen gravierenden Unterschiede in den Verlustzahlen der Kontrahenten zu erklären, wie weiter oben aufgezählt – neben einigen weiteren Unterschieden, die hier aber nicht so von Belang sind.

Ich hab´ das alles schon einmal geschildert, anhand des „Blueberry“ – Zyklus um General Gelbhaar, aber mich überkommt immer wieder das Bedürfnis, derart verfälschende Comicgeschichten hier vorzustellen. Nicht, um sie abzuqualifizieren (vielleicht ein bisschen doch), sondern auch um den, vor allem früher, schludrigen Umgang mit geschichtlichen Ereignissen, die entweder aus Unwissen, Ignoranz, aus produktionstechnischem Zeitmangel, aber auch aus dem sogenannten Zeitgeist heraus geschahen – tatsächlich? aufzuzeigen und, wenn mir möglich, zu korrigieren.

Ich hoffe, mit oben stehenden Bericht deshalb nicht gelangweilt zu haben, aber es war mir ein wiederholtes Bedürfnis, das zu schreiben – Uff, ich habe erneut gesprochen!

Als nächstes erscheint mal wieder etwas zum Thema Dschungel-Welten …

Geändert von Detlef Lorenz (03.02.2012 um 12:29 Uhr) Grund: Korrektur
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Alt 03.02.2012, 15:20   #35  
74basti
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Das ist keine Langeweilerei - ganz im Gegenteil: Ich finde Deine Beiträge höchst lesens- und wissenswert
Gerade das Aufzeichnen von falschen Darstellungen historischer Ereignisse ist immer wieder interessant.
Gerade in älteren Comics ist (so meine ich) die Quellenlage der Szenaristen vielleicht aufschlußreich. Leider wird es darüber meist nur Mutmassungen geben. Ich vermute mal, dass das meiste "Western-Wissen" überwiegend aus Filmen stammt.
Und diese dürften nicht die zuverlässigste Quelle sein.
Auf welche Quellen Charlier zurückgriff, entzieht sich meiner Kenntnis, aber auch hier machen die ersten Alben den Eindruck, dass der Einfluß US-amerikanischer Western (von Ford?) vorhanden sein könnte.
Sei´s drum. Das Aufdecken von historischen Fehlern bereitet immer wieder grosses Vergnügen.
Bei Durango hat sich Swolfs zumindest etwas Mühe gegeben. Die Mauser C96 gab es tatsächlich ab 1896. In einem der ersten Bände ist Durango bei einem Waffenhändler, und Swolfs zeigt die Auslage der Handfeuerwaffen. Dort befindet sich auch die Borchardt C93, welche bereits 3 Jahre zuvor produziert worden war. Das könnte also passen.
@Detlef: Mach weiter so

"Der Schlaf der Vernunft gebiert Ungeheuer" - Francisco de Goya 1799
74basti ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 03.02.2012, 16:38   #36  
Professor Schnurps
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Da kann ich mich nur anschließen. Solch historisch-kritische Betrachtung ist doch immer interessant.
Was die fehlerhafte Szenerie angeht, so fiel das früher wahrscheinlich garnicht so schnell auf. Dafür musste man ja schon Bildbände wälzen, oder sich an den Ort des Geschehens begeben. Die Mühe haben sich sicher nicht viele gemacht.
Heute klickt man mal eben durchs Internet, daher müss(t)en die Zeichner sich heute schon ein bisschen mehr um Authentizität bemühen.
Ich denke mal, der gute Karl May, der ja auch Amerika erst bereiste, als er schon einen Großteil seiner dort spielenden Romane geschrieben hatte, wird die Landschaft / Umgebung auch nicht immer korrekt beschrieben haben.
Professor Schnurps ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 16.02.2012, 10:45   #37  
Detlef Lorenz
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Der Vollständigkeit halber und des Akim-Flopps wegen, diese Woche noch die beiden vorerst letzten Blueberry-Jugend- Alben Nr. 47 und 48:




Das ist ein Zweiteiler, der von einem fanatischen Pastor handelt, der durch ein traumatisches Erlebnis (der Beschießung und weitgehenden Zerstörung seines Heimatdorfes, bei der die meisten Einwohner ums Leben kamen) gnadenlos und mordend ein hinterwäldlerisches Gebirgsdorf terrorisiert.
Der irre Pastor entführt die Nichte von General Sheridan, der für das Massaker verantwortlich ist. Blueberry wird von Pinkerton, dem Nordstaaten-Geheimdienstchef, in die Gegend geschickt um das Mädchen, wenn möglich, zu befreien. Ich verrate mal nicht, wie es ausgeht, aber die Handlung ist vorhersehbar

Zwei Dinge sind mir aufgefallen: Es spielt wieder ein mystisches Element in Form einer schönen rothaarigen (!) Hexe und ihrer geheimnisvollen Eule eine große Rolle. Die beiden stehen in einer engen Beziehung zueinander und zwar so eng, dass schon von telepathischer Verbindung gesprochen werden kann. Mir hat es nicht so sehr gefallen, ich will einen Kriegs-Western lesen und nicht Vanessa. Der andere Punkt ist durchaus positiv, denn Corteggiani hat kurz vor Schluss des Abenteuers noch den weiteren Lebensweg General Sheridan, dem man den miesen Spruch: „Nur ein toter Indianer ist ein guter Indianer!“ zuspricht, aufgezeichnet. Dadurch erhält die Story einen realen Touch – wenn diese meine Aussage auch etwas im Widerspruch zu vorherigen steht, ich weiß.

Diesmal sind mir allerdings keine Verbindungen zu den Blauen Boys aufgefallen, vielleicht habe ich sie auch übersehen.

Fazit: Wenn nicht Blanc-Dumant gezeichnet hätte und nicht Blueberry drüber stehen würde, wäre dies leider ein durchschnittlicher Comic, so retten wenigstens die schönen Bilder das Abenteuer.
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Alt 16.02.2012, 22:36   #38  
Eldorado
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Findest Du die Zeichnungen wirklich so gut?

Mir kommen die letzten Alben von Blanc-Dumont immer liebloser vor.
Man achte unter Anderem in "Erlösung" mal auf die Anatomie der Figuren,
z.B. wie Blueberry auf der allerletzten Seite auf dem Pferd sitzt.

Das sieht mir mittlerweile sehr nach eher unmotivierter Auftragsarbeit aus,
kein Vergleich mit früheren Cartland-Zeiten.
Eldorado ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 16.02.2012, 23:25   #39  
Servalan
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Der Titel 1276 Seelen ist übrigens eine Anspielung auf den Hardboiled-Krimi 1280 schwarze Seelen von Jim Thompson (der hat übrigens auch die Vorlagen zu The Getaway, verfilmt von Sam Peckinpah mit Steve McQueen, geschrieben). Zu dem Buch gibt es auch eine französische Verfilmung, die in einer afrikanischen Kolonie spielt: Der Saustall mit Philippe Noiret.
Thompson hat zahlreiche Klassiker der Schwarzen Reihe verfaßt, die teilweise mehrfach verfilmt worden sind, und auch selbst für Hollywood Drehbücher geschrieben.

http://de.wikipedia.org/wiki/Jim_Thompson_(Autor)
Zitat:
Zitat von wikipedia
1964 Pop. 1280.
1280 schwarze Seelen, dt. von E. R. von Schwartze. Ullstein, Frankfurt am Main/ Berlin/ Wien 1983, ISBN 3-548-10201-8.
erste vollständige Übersetzung: Zwölfhundertachtzig schwarze Seelen. von E. R. von Schwartze und Andre Simonoviescz. Diogenes, Zürich 1992

(...)

1981: Der Saustall – nach dem Roman Pop. 1280
Servalan ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 17.02.2012, 00:48   #40  
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Zitat:
Zitat von ELDORADO Beitrag anzeigen
Findest Du die Zeichnungen wirklich so gut?

Mir kommen die letzten Alben von Blanc-Dumont immer liebloser vor.
Man achte unter Anderem in "Erlösung" mal auf die Anatomie der Figuren,
z.B. wie Blueberry auf der allerletzten Seite auf dem Pferd sitzt.

Das sieht mir mittlerweile sehr nach eher unmotivierter Auftragsarbeit aus,
kein Vergleich mit früheren Cartland-Zeiten.
Das ist mir natürlich auch aufgefallen und der Blueberry wird ihm wohl auch nicht so viel Spaß machen, wie sein Cartland. Aber irgendwie sind die Farben sehr schön und wenn man das alles in einem Rutsch liest, wie ich die ganzen "Jugendabenteuer", geht der Blick fürs Detail vielleicht verloren.

In der Tat habe ich vor, entweder jetzt, oder mit der fünfzig - sofern es nicht ein Zwei-, oder Mehrteiler wird - aufzuhören.
Detlef Lorenz ist gerade online   Mit Zitat antworten
Alt 17.02.2012, 00:52   #41  
Detlef Lorenz
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Zitat von Servalan Beitrag anzeigen
Der Titel 1276 Seelen ist übrigens eine Anspielung auf den Hardboiled-Krimi 1280 schwarze Seelen von Jim Thompson (der hat übrigens auch die Vorlagen zu The Getaway, verfilmt von Sam Peckinpah mit Steve McQueen, geschrieben). Zu dem Buch gibt es auch eine französische Verfilmung, die in einer afrikanischen Kolonie spielt: Der Saustall mit Philippe Noiret.
Thompson hat zahlreiche Klassiker der Schwarzen Reihe verfaßt, die teilweise mehrfach verfilmt worden sind, und auch selbst für Hollywood Drehbücher geschrieben.http://de.wikipedia.org/wiki/Jim_Thompson_(Autor)
Das war einer der besten Filme, die ich gesehen habe, ähnlich wie "Wasser" mit Michael Caine.
Detlef Lorenz ist gerade online   Mit Zitat antworten
Alt 01.05.2012, 00:56   #42  
Servalan
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Sagt dir der Name des Comiczeichners Doug Wildey etwas?

Paul Gravett hat eine Gesamtausgabe aufmerksam gemacht:
Doug Wildey: Doug Wildey’s Rio: The Complete Saga (IDW)

Er stellt Wildey in eine Reihe mit Milton Caniff und Alex Toth. Die Serie um den Helden Rio, der als Geheimagent für den Präsidenten Ulysses S. Grant arbeitet, startete 1987.



Auf derselben Seite stellt er eine Graphic über einen berühmten African-American Cowboy vor: Der ehemalige Sklave Nat Love wurde als Revolverheld Deadwood Dick zur Berühmtheit:

Patricia C. McKissack, Frederick L. McKissack Jr. & Randy Duburke: Best Shot in the West: The Adventures of Nat Love (Chronicle Books)

Geändert von Servalan (01.05.2012 um 01:03 Uhr)
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Alt 01.05.2012, 04:03   #43  
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Hoffentlich kümmert sich mal ein deutscher Verleger um "Rio".
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Alt 24.08.2012, 17:07   #44  
Detlef Lorenz
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In Letzter Zeit habe ich den Western etwas zu kurz kommen lassen (von meinem ellenlangen Beitrag über Pecos Bill mal abgesehen :-):

Kit Carson




Durch das Auftreten des Kit Carson in den Lance HC-Alben des Bocola Verlags kam mir erneut der Gedanke, mich näher mit dieser historischen Person zu beschäftigen. Herausgekommen ist diese Abhandlung, die mit einer kurzen Schilderung vom Leben des Kit Carson beginnen wird. Anschließend zeige ich die mir bekannten deutschsprachigen Comichefte und Serien – nicht so üppig wie im Pecos Bill Beitrag, aber sicherlich repräsentativ.

Kit Carson wurde als Christopher Houston Carson am 24. Dezember 1809 in Kentucky geboren. Drei Jahre später zog die Familie nach Missouri um. Er begann eine Lehre als Sattler, entzog sich aber mit fünfzehn Jahren dem sich abzeichnenden bürgerlichen Leben und ging weiter in den Westen. Seine Gestalt war eher schmächtig, weshalb ihm der Spitzname Kit Zeit seines Lebens anhing. Als gewandter Trapper und Pelzjäger durchstreifte Kit Carson das Land westlich des Mississippi, lernte es kennen und beteiligte sich schließlich an der kartographischen Erschließung der riesigen Gebiete. An der Seite von John C. Freemont erkundete er den Oregon-Trail, der zu einem der wichtigsten Wege für die Auswanderer in den Westen werden sollte und der heutzutage, ähnlich dem Limes in Deutschland, als Bodendenkmal geschützt ist.

In Taos, einer kleinen Stadt in New Mexiko, wurde er sesshaft, heiratete eine Arapaho und nach derem Tod eine Cheyenne-Indianerin. 1843 schließlich die vierzehnjährige (!) Josefa Jaramillo und bezog mit ihr ein Haus in Taos, das noch immer steht und nun als Museum dient. Dazu am Ende dieses Beitrages mehr.

Der Bürgerkrieg sah in an der Seite der Union und er erwarb den Rang eines Brigade Generals. Kit Carson war danach auch an der Niederschlagung von Indianeraufständen beteiligt, versuchte aber anscheinend auch deren Bewegründe zu verstehen und behandelte sie wohl respektvoller als üblich. Dass er ihnen gegenüber tatsächlich keine Vorurteile hegte, zeigte schon die Hochzeit mit den zwei Indianerfrauen. Bei der Geburt eines Kindes starb Josefa am 23. April 1868 und Kit Carson nur einen Monat später, am 23. Mai an den Folgen eines Aneurysma.

Kit Carson ist in den USA eher als historische Persönlichkeit bekannt, denn als Medienstar – im Gegensatz zu William F. Cody, der zwar auch geschichtliche Wurzeln hat, sich dann aber selbst als „Showman“ inszeniert hat. Die Unterhaltungsindustrie hat um Carson nie einen Bogen gemacht, neben Romanen und Filmen gibt es auch Comics, und deren deutschsprachige Ausgaben folgen anschließend. Wobei „deutschsprachig“ nur für die Übernahmen gilt, denn einheimische sind mir nicht bekannt (wie z. B. „Buffalo Bill“).





Semrau Texas 1. Serie, Nr. 10, 1953

Mein erstes „Zusammentreffen“ mit Kit Carson geschah vermutlich 1953/54, als die Serie Texas von Semrau gebracht wurde. Da ich damals zu einem Kreis comicbegeisteter Freunde gehörte, kam ich an diese Lektüre problemlos heran. Die Hefte waren im Kleinformat, das eine direkte Übernahme aus Italien war (was mir damals nicht bekannt war und auch ziemlich schnuppe). Nicht nur Lehning hatte sich also auf dem italienischen Markt umgesehen. Aber auch Dardo, der italienische Verlag, hatte sie nicht selbst produziert, sondern aus England, vom Fleetway Verlag bezogen. Genauere Informationen über diesen Verlag, wer dort und was gezeichnet hat, kann in der Sprechblase 202 nachgelesen werden. Gerhard Förster hat in seiner Artikelreihe „Die italienischen Wurzeln“ ausführlich über die Herkunft von Lehning-Material berichtet und ist dabei auch über Kit Carson auf Fleetway gestoßen. Um es hier kurz zu machen: an Kit Carson waren so prominente Zeichner wie Alberto Salinas (u. a. Cisco), Harry Bishop (Rauchende Colts), Arturo Del Castillo (Sheriff Kendall) beteiligt.





Semrau Texas 1. Serie, Nr. 10, 1953

Hier habe ich mal die zweite Umschlagseite und die erste Comicseite zusammen gelassen. Ich wollte einmal auf die Eigenwerbung des Verlages hinweisen, der gerade erst anfing, auf dem Comicsektor Fuß zu fassen.

Mit dem Wissen um die Zeichner ist der qualitative Unterschied zu einer Vielzahl anderer Comics nicht weiter verwunderlich. Exzellente Bildkompositionen, spannend gestaltete Handlungselemente und deren zeichnerische Umsetzung machen Kit Carson zu einer gestalterisch außergewöhnlichen Westernserie.





Semrau Texas 2. Serie, Nr. 22, 1958

Semrau brachte fünf Jahre später einen Reprint seiner Texas-Reihe heraus, der Unterschied ist leicht im Preis zu erkennen: hatte die erste Reihe noch 30 Pfennig gekostet, schlug der Kauf nun mit 40 Pfennig zu Buche. Bis auf drei Hefte (Nr. 8, 9, 10) wurden alle nachgedruckt. Als zweiten Titel gab es in allen Heften jeweils die Abenteuer um Buck Jones, einen ebenfalls populären Westernhelden, der allerdings nur durch den Film bekannt war - wie Tom Mix beispielsweise.





BSV, Illustrierte Klassiker Nr. 3, 1956.

Die Abbildung stammt aus dem „Comic Guide“ und soll die der ersten Auflage sein, sie ist aber leider nur eine höhere, erkennbar am schwarzen Schild mit der Aufschrift „Kit Carson“. In der ersten Auflage steht dort, ohne Schild, „Die Abenteuer des Kit Carson“.

Interessant und bezeichnend für den Umgang mit Westerndarstellungen ist der Hut Kit Carsons: erstens hat er im gesamten Heft überhaupt keinen auf und wenn er eine Kopfbedeckung hätte, dann bestimmt nicht einen dieser „modernen“, dem damals aktuellen Trend der Western-Filme folgend, wie auf dem Titelbild. Eher hätte er einen großen aufgesetzt, einen der tatsächlich Schutz vor der Sonne bieten konnte, aber Carson schien im realen Leben nie einen aufgehabt zu haben – jedenfalls habe ich keine historische Abbildung von ihm mit Hut oder Biberfellmütze gesehen.





BSV, Illustrierte Klassiker Nr. 3, 1956.

Ansonsten gibt das vorstehende Heft einen guten Überblick zum Leben von Kit Carson. Es ist allemal authentischer als alle anderen Comics, die Geschichten über ihn erzählen (mit Ausnahme von Lance weiter unten).





BSV, Illustrierte Klassiker Nr. 3, 1956.

Hier ist die Heirat von Carson mit der Indianerin Waa Na Nibe dargestellt, die unter den Trappern Beifall findet. Derartige Verbindungen waren im Westen vor dem Bürgerkrieg durchaus normal und wurden akzeptiert. Erst danach, als die Siedler in Massen über den Mississippi strömten und die Indianer in nicht lebensfähige Reservationen zusammengepfercht wurden, hörte die Toleranz unter der weißen Bevölkerung auf. Bemerkenswert finde ich den Einleitungstext auf der ersten Comicseite: „Bevor die Siedler in den Wilden Westen zogen, vor den Ranchern und Farmern, den Städten und Eisenbahnen kamen verwegene Männer in die Wälder des Westens, die jeden Tag unerschrocken dem Tod dutzende Male ins Auge sahen. Ihre Tragödie war, dass sie – um das Land für die Siedler zu erschliessen – anderes Leben vernichten mussten. Dies ist eine wahre Geschichte aus den ersten Tagen der Besiedlung Nordamerikas.“ Dem ist von meiner Seite nichts hinzuzufügen! Die Zeichnungen sind von Rudy Palai und guter Durchschnitt.





Lehning, Winnetou Nr. 49, 1966.

Der Lehning Verlag versuchte in den sechziger Jahren sein Programm mit Material aus Frankreich zu erweitern. Im Austausch mit eigenen Serien, wie Falk oder Roy Stark, erwarben sie u. a. auch die Rechte an Kit Carson. Auch dieses Material stammt ursprünglich von Fleetway und entspricht der guten Qualität der Texas-Hefte. Zwar bedienen diese Zeichnungen ebenfalls gängige Klischees, sind aber flott gezeichnet.

Die ersten Geschichten um Kit Carson wurden in den „Winnetou“ – Heften gebracht.





Lehning, Winnetou Nr. 49, 1966.

Sie waren in schwarz weiß, was sie dynamischer macht (jedenfalls wenn man schwarz weiß mag ). Es sind in der Regel nur zwei Bilder untereinander wieder gegeben, was am Ursprungsformat, beziehungsweise an der zeichnerischen Darstellung für das Kleinbandformat in Frankreich und Italien liegt.





Lehning, Kit Carson Nr. 8, 1967.

Nach der Einstellung der „Winnetou“ – Reihe versuchte Lehning Kit Carson als eigenständige Serie weiter zu führen. Dies gelang allerdings nur bis zur Nummer 16. Bestimmt lag es nicht am Materialmangel, denn das lag noch vor. „Lasso“, „Sheriff Klassiker“, die „Hit Comics“, die Konkurrenz war schlief nicht und drückte den einstigen Marktführer in die Ecke.





Lehning, Kit Carson Nr. 4, 1967.

Auch hier können die Zeichnungen gefallen, selbst die Farben überzeugen … aber für Lehning war die Zeit abgelaufen.





BSV, Sheriff Klassiker Nr. 158, ca. 1970.

Die „Sheriff Klassiker“ kamen bei BSV bereits ab 1964 heraus, lange Zeit in schwarz weiß. Ihre Westerngeschichten entsprachen dem Zeitgeschmack und die Aufmachung erinnerte an „kleine“ Alben, was mir aber bei der Abbildung des Innenteils erhebliche Kopfschmerzen bereitete. Währedn des Scannvorganges hörte ich ein Knirschen, das entsteht, wenn geleimte Seiten aus dem Rücken herausbrechen





BSV, Sheriff Klassiker Nr. 158, ca. 1970.

In mehreren Heften war auch Kit Carson vertreten, die Geschichten stammen wohl aus den USA. Hier ist Kit Carson nicht als Westernheld dargestellt, schon mehr in seiner Aufgabe als Scout. Er trägt auch kein modernes Repetiergewehr und die US-Kavallerie wird noch richtig als Dragoner bezeichnet. Nur das er einen Pfeil mitten im Flug entzwei schießt, dürfte, bei aller Kunstfertigkeit, stark übertrieben sein.


Im zweiten Teil geht es um die Comicserie „Lance“, in der Kit Carson neben der Hauptfigur einen wichtigen Part spielt. Außerdem zeige ich noch etwas reales aus dem Leben des Kit Carson.
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Alt 25.08.2012, 20:43   #45  
Ringmeister
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Es ist immer wieder ein Genuss, deine fundierten Postings zu lesen; selbst wenn man keinen direkten Bezug zu der Serie hat, macht deine Art, zu schreiben und zu bebildern, einfach Spaß.

Danke dafür!

Wenn man weiß, wo man ist, kann man sein, wo man will... (alter Fliegerspruch)
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Alt 26.08.2012, 10:35   #46  
KommissarX
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Genau der Meinung bin ich auch . Mach weiter so Detlef ... Gruss KX
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Alt 26.08.2012, 12:26   #47  
perry
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Super!

Deine Abhandlungen sind einfach spitze!
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Alt 26.08.2012, 14:32   #48  
Alga
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Ich weiß nicht, ob ich mit meiner Frage hier richtig bin, ich habe irgendwo gelesen, dass in der BSV-Reihe "Sheriff-Klassiker" auch Hefte/Geschichten von Russ Manning erschienen sind. Ist bekannt, um welche Nummern es dabei handelt?

beste Grüße
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Alt 26.08.2012, 14:46   #49  
Maxithecat
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Das könnte Perry wissen! (Wir arbeiten daran! )
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Alt 28.08.2012, 09:16   #50  
Detlef Lorenz
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Weiter geht’s –




Bocola Lance Nr. 3, 2012.

2011 brachte der Bocola – Verlag die Abenteuer des Lance St. Lorne, gezeichnet von Warren Tuft, heraus. Schon in den ersten Zeichnungen war ich von der grafischen Umsetzung der Geschichte – im doppelten Sinne – angetan. Klare, aber nicht statische, Bilder zeigen einen „Western“, der nicht nur dem Datum nach in den 1840iger Jahren spielt, sondern in historischer Klarheit und Wahrheit auch abbildet.






Lance Nr. 1, 2011.

Lance sucht seinen alten Freund Kit Carson auf, um mit diesem gemeinsam den Indianer Broken Nose zu finden. Er reitet zu diesem Zweck nach Taos, einer Siedlung, in der sich viele Mexikaner, Amerikaner und lange vor ihnen schon, die Indianer niedergelassen haben. Es ist in diesem Falle nicht leicht, die Häuser der indianischen und zugewanderten Bevölkerungsteile auf einen Blick auseinander zu halten. Die "Neubürger" orientierten sich an den traditionellen Bauweisen der "Ureinwohner", sie glich der ihnen gewohnten.





Bild 14: Lance Nr. 1, 2011.

Die Bauweise der festen Lehmhäuser geht auf die Anazasi, zurück, die diesen Stil im Südwesten eingeführt, oder hier entwickelt haben. Vor gut fünfhundert Jahren sind sie aus der Geschichte verschwunden und die Ruinen ihrer Häuser und Städte, wie Mesa Verde, sind Touristenattraktionen. Inzwischen vermutet man eine jahrzehnte währende Trockenperiode, die sie zur Aufgabe ihrer Heimat zwang und sie deshalb spurlos verschwinden ließ. Historiker vermuten zwar in den Navajos, Hopis und anderer deren Nachkommen, aber geklärt ist das noch nicht restlos.





Überschrift eines Faltblattes für das Kit Carson Museum in Taos. Es ist auf Deutsch, aber in einer Sprache, die sich Bubble Fish selbst ausgedacht haben muss. Nur ein Beispiel: im Zusammenhang mit Kit Carson wird ständig der Begriff „ der Instalationssatz“ benutzt, der nicht nur mich verwundern, sondern das von mir verwendete Rechtschreibprogramm regelrecht aufjaulen lies.






Große Teile des ursprünglichen Wohngebäudes Kit Carsons und seiner Familie (in diesem Fall seiner dritten Frau und Kinder) sind noch im Originalzustand. Einige Anbauten hat es in den letzten 150 Jahren zwar gegeben, aber der Haupttrakt ist noch vorhanden. Über dem „Bürgersteig“ ist nun ein Schutzdach für die Fußgänger angebracht, ansonsten ist die Strassenszene durchaus mit den von Warren Tuft gezeichneten vergleichbar.






Innenansichten mit dekorativem und traditionellen Accessoires.





Teilansicht des indianischen Bezirks von Taos.

Leider kann ich nur dieses eine Bild hier anbieten. Ursprünglich wollte ich mir die Siedlung schon richtig ansehen, also mit „reingehen“ und so. Den Eintritt von 10,00 $ hatte ich auch schon auf den Tresen gelegt, aber als ich noch einmal 10,00 $ für die Fotografiererlaubnis drauflegen sollte, passte ich und schoss nur dieses eine Foto von weitem. Würde ich heute wohl anders machen …


Fazit: Es gibt von Kit Carson viele toll gezeichnete und geschriebene Comics, ebenso wie mäßige und peinliche Zeichnungen. Manche halten sich eng an die historische Person und das zeitgenössische Umfeld des Kit Carson, andere bringen beliebige Westernstorys, die meist in der klassischen Zeit um 1880 spielen (vielleicht zettele ich hier demnächst mal eine Diskussion um den Begriff Wild West und Western an, was ihn ausmacht, wo er zu lokalisieren ist und wann er spielt). Auch halte ich es grundsätzlich für problematisch geschichtliche Persönlichkeiten in fiktiven Geschichten spielen zu lassen. Selten geht das gut: oft stimmt das Umfeld nicht, es wird eine Umgebung gezeigt, die es so in dieser Zeitepoche nicht gegeben hat. Dann erleben die Personen Abenteuer, die mit deren realen Leben nichts zu tun haben, völlig frei erfunden sind. Andererseits kann dies natürlich völlig schnuppe sein, hauptsache die Story stimmt, ist unterhaltsam und ansprechend. Es wäre schnell banal und langweilig, immer wieder dasselbe von ihnen zu lesen und warum sollte man auch …

Gemeinsam ist allen Comics die enge Beteiligung des US-Militärs an den Geschichten mit Kit Carson. Dies ist von der Sache her nicht verwunderlich, prägt doch Kit Carsons Lebenslauf, nach seiner Aufgabe der Jagd auf Biber- und sonstigen Fellen, eine direkte Beziehung zur Armee, die vom Scout bis hin zur Beteiligung als Soldat (Offizier) an militärischen Konflikten reicht. Das Medaillon, das ich an den Anfang meiner Betrachtung gesetzt habe, steht nicht zufällig dort. In den Comics sieht man Kit Carson allerdings meist in Trapperkleidung, nie in Uniform (?). Den Zeichnern war es wohl nicht bewusst, oder bekannt, das sie Carson durchaus auch in militärischer Kleidung hätten zeigen können.

Ein weiterer Aspekt fiel mir bei meiner Beschäftigung mit den Kit Carson Geschichten auf: Es reiht sich ein Abenteuer ans andere, es ist keine Ausrichtung auf einen bestimmten Zweck hin zu erkennen. Ich denke da an so etwas wie die Erkundung des Weges für den später so genannten „Oregon Trail“ – da hätte es Stoff für Abenteuer ohne Ende gegeben. Das ist natürlich nicht ein spezielles „Kit Carson Problem“, viele Western- Serien (überhaupt viele Comics) handeln nach diesem Muster. Augenfällig ist mir dies vor einiger Zeit während meiner intensiven Beschäftigung mit Pecos Bill geworden. Diesem liegt das Konzept zugrunde, den Hauptdarstellern Pecos Bill und Mary Morgan das von ihnen ersehnte (Eigen-) Heim in Texas zu ermöglichen; dass dies völlig schief geht, ändert aber nichts an der in allen Heften – der ersten Serie – zielgerichteten Story, die von Anfang an auf ein echtes Finale hinführt. Es ist aber wohl mein Geschmack, der diese Art von Erzählungen bevorzugt und das musste ich hier unbedingt mal loswerden
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