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Alt 30.03.2023, 06:52   #1051  
Peter L. Opmann
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Also es gibt offenbar keine Einwände. Dann schaue ich mir die "personal Journey" nochmal an und mache mir ein paar Notizen dazu.
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Alt 30.03.2023, 09:22   #1052  
Phantom
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Ich kenne Scorseses "Personal Journey" nicht und würde gern Deine Anmerkungen zu Scorseses Anmerkungen lesen. Viele der von Scorsese besprochenen Filme sagen mir auch nichts.

Mir fällt ein, dass noch eine Frage offen war:
Zitat:
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Jetzt würde mich interessieren: Was stuft denn die Lufthansa als Klassiker ein?
Ich vermute, da lohnt sich gar kein großes Nachdenken. Wahrscheinlich muss da jeden Monat ein Praktikant, der gar nicht mehr weiß, was ein Kino ist, die momentan eingekauften Filme verschlagworten, und dann werden Filme ziemlich zufällig als Filmklassiker eingeteilt. Jetzt, Anfang März, waren da z.B. Filme wie "Hui Buh" von Bully Herbig (2006), "Irre sind männlich" von 2014, "Bangla" von 2019 und viele andere Filme, die ich nicht kenne und die nicht mal zehn Jahre alt sind. Es waren natürlich auch Filme dabei, die man wirklich als Klassiker bezeichnen könnte, aber eben auch viel Durchschnittliches aus den letzten Jahren. Vielleicht sollte man das Verschlagworten eine KI machen lassen, die wird problemlos besser sein als der Praktikant. (Off topic: das Schlimme ist nicht, dass die KI in Zukunft die Arbeit von Personen überflüssig macht, sondern dass heute viele Personen ihre Arbeit so mittelmäßig erledigen, dass eine KI schon jetzt überlegen ist.)
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Alt 30.03.2023, 10:40   #1053  
underduck
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Och ... der Lusthansa empfehle ich folgenden Filmklassiker.
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Alt 30.03.2023, 11:23   #1054  
Peter L. Opmann
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Fernsehfilme hatte ich bisher noch nicht - aber wäre mal eine Überlegung wert.
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Alt 31.03.2023, 06:27   #1055  
Peter L. Opmann
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Wenden wir uns wie angekündigt den filmischen Erinnerungen von Martin Scorsese zu. Im Original heißt die Doku „A Personal Journey with Martin Scorsese through American Movies“; sie ist 225 Minuten lang. 1995 (im Jahr ihrer Entstehung) lief sie anläßlich von 100 Jahre Kino (1895 – 1995) unter dem Titel „Mythos Hollywood“ an zwei Abenden auf Arte, wo ich sie aufgezeichnet habe. Hauptthema ist, wie sich ein Regisseur in Hollywood behaupten kann – ein Thema, das Scorsese offenbar selbst stark beschäftigt. Die Kinogenres nehmen zwar breiten Raum ein (und zwar speziell Western, Gangsterfilme und Musicals), sind da aber ein Unterpunkt. Scorsese will zeigen: Die Regeln des Geschäfts sind von der Filmindustrie vorgegeben, aber begabte Regisseure konnten innerhalb dieser Grenzen immer ihren persönlichen Ausdruck finden.

Es gibt eine kurze Einführung von Michael Strauven. Er berichtet, daß Scorsese als Kind häufig krank war, in seinem Zimmer bleiben mußte und sich da mit Filmszenen, an die er sich erinnerte, auseinandersetzte. Er ging oft mit seinem Vater ins Kino und kannte bald die Namen vieler Regisseure, Produzenten und Studios. Und Strauven betont: „Er hat nicht nur den Kopf, sondern auch das Herz voller Filme.“

Dann beginnt der eigentliche Film, wiederum mit einer Einführung, die nun Scorsese gibt. Ein Buch bedeutete für ihn den ersten Zugang zum Kino: „A Pictorial History of the Movies“ von Deems Taylor. Der erste Film, der einen nachhaltigen Eindruck bei ihm hinterließ, war King Vidors „Duel in the Sun“ (1946). In dem war er als Vierjähriger ausnahmsweise mit seiner Mutter, die ihn wohl als Vorwand benutzte, um ihn sehen zu können, denn dieser Western wurde von der Kirche entschieden verurteilt. Produzent war David O. Selznick, der damit „Gone with the Wind“ übertreffen wollte. Vidor wurde am Ende als Regisseur von William Dieterle abgelöst, denn es war der Produzent, der seinen Willen durchsetzte.

Scorsese illustriert dies mit einem Ausschnitt aus Vincente Minnellis „The Bad and the Beautiful“ (1952; deutsch: „Stadt der Illusionen“), in dem sich Kirk Douglas als Filmproduzent mit dem Regisseur Ivan Triesault streitet. Er nennt wichtige Filme aus den 1950er Jahren, die Einfluß auf ihn ausübten: „The Searchers“, „The Girl can’t help it“, „East of Eden“, „Blackboard Jungle“, „Bigger than Life“ und „Vertigo“ (jeweils nur Standbilder). Aber er interessierte sich auch für unbekannte Filme: „The naked Kiss“ (1964) von Sam Fuller, „Murder by Contract“ (1958) von Irving Lerner, „The Red House“ (1947) von Delmer Daves oder „The Phenix City Story“ (1955) von Phil Karlson. Er nennt weitere Regisseure, die in Vergessenheit geraten sind: Alan Dwan, Ida Lupino, André de Toth, Joseph H. Lewis. Die Einführung endet mit einem Ausschnitt aus „Sullivan’s Travels“ (1941) von Preston Sturges.

Das erste Kapitel des Films heißt „Das Dilemma des Regisseurs“. Laut Scorsese ist Filmen zwar Teamarbeit; man muß sich einigen. Aber die Vorstellung des Geldgebers, was das Publikum sehen will, ist entscheidend. Das wird durch einen Interviewausschnitt von Gregory Peck bekräftigt. King Vidor mußte bei „Duel in the Sun“ gehen, weil er nicht das lieferte, was Selznick wollte, aber er schaffte es laut Scorsese dennoch, immer „einen Film für die Studios und einen für sich“ zu machen. Aus Vidors Werk nennt er: „Der Champ“, „Stella Dallas“, „Hallelujah“, „Der letzte Alarm“, „Der Mensch der Masse“ und „Die große Parade“. Die großen Studios MGM, Warner, Paramount, RKO und Fox stellten in den 1930er bis 50er Jahren jeweils 50 Filme pro Jahr her. Jedes hatte einen eigenen Stil, was Peck und Billy Wilder näher ausführen.

Manche wie Erich von Stroheim oder Buster Keaton scheiterten am Studiosystem. Andere kamen damit klar: Clarence Brown bei MGM, Henry King bei Fox, Raoul Walsh bei Warner. Michael Curtiz drehte in knapp 30 Jahren 85 Filme für Warner. Vincente Minnelli gab zu, daß er die Reibung, die durch das Korsett des Studios entstand, brauchte, um kreativ zu sein. Frank Capra, Cecil B. DeMille und Alfred Hitchcock überlebten laut Scorsese in Nischen und schafften es, ihren Namen zum Markenzeichen zu machen. Am Ende sagt Capra in einem Interview: „Nur einer soll den Film machen – und das war für mich der Regisseur. Ich konnte Kunst nicht als Komitee akzeptieren.“

Das nächste Kapitel: „Der Regisseur als Geschichtenerzähler“. Laut Scorsese ist ein Hollywoodregisseur nicht daran interessiert, die Wirklichkeit aufzudecken, sondern Fiktionen zu schaffen. Er ist Entertainer. In Genres wurden schon früh die Begrenzungen dieser Geschichten festgelegt, und sie halfen, Filme wie am Fließband produzieren zu können. Mit einem Ausschnitt aus „The Musketeers of Pig Alley“ (1912) wird gezeigt, wie David W. Griffith schon vor dem Ersten Weltkrieg die Grundzüge jedes Genres entwarf. Und dann vergleicht Scorsese zwei Filme von Raoul Walsh, die beinahe dieselbe Geschichte erzählen, einmal als Krimi und einmal als Western: „High Sierra“ (1941) und „Colorado Territory“ (1949).

Der Film steigt nun in die Genres ein und beginnt mit dem Western. Wiederum vergleicht Scorsese, wie mit ähnlichen oder gleichen Handlungsmustern sehr unterschiedliche Aussagen gemacht werden. Zunächst verdeutlicht er die Desillusionierung von John Ford durch Ausschnitte aus „Stagecoach“ (1939), „She Wore a Yellow Ribbon“ (1949) und „The Searchers“ (1956). Ford wechselt von einer simplen Schwarzweiß-Moral zur Feier altmodischer Werte und schließlich zu einem bitteren Blick auf die USA. Drastischer fällt dieser Blick bei Anthony Mann (Szenen aus „The Furies“,1950, und „The naked Spur“ ,1953) und Budd Boetticher aus („The Tall T“, 1957). Arthur Penns Debüt „The Left-handed Gun“ (1958) behandelt nach Ansicht von Scorsese eher die Unruhe der Jugend dieser Zeit als ein Westernthema. Keinerlei Werte sind schließlich bei Clint Eastwoods „Unforgiven“ (1992) übrig. Eastwood sagt am Ende, es sei immer sehr aufregend, wenn man denkt, ein Genre sei alt und verbraucht, und dann ein Film mit einem neuen Standpunkt an die Dinge herangeht.

Mehr dazu morgen.
Peter L. Opmann ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 01.04.2023, 07:08   #1056  
Peter L. Opmann
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Das Genre des Gangsterfilms. Scorsese beginnt mit einem Ausschnitt aus „Public Enemy“ (1931) von William A. Wellman. Dieser und andere Genrevertreter werden noch mehrfach herangezogen. Er zitiert Howard Hawks: „Action gibt es nur, wenn es Gefahr gibt. Am Leben bleiben oder sterben – das ist unser größtes Drama.“ Wiederum macht Scorsese deutlich, wie sich bei gleich bleibenden Genre-Regeln die Aussage der Filme geändert hat. Anfangs ist Gangstertum eine Folge von Armut und Perspektivlosigkeit der Menschen; Beispiel dafür ist Raoul Walshs „The Regeneration“ (1915). Dann werden die Gangster zu Unternehmern, wie durch Ausschnitte aus Hawks‘ „Scarface“ (1932), Walshs „Die wilden Zwanziger“ (1939) – für Scorsese ein Schlüsselfilm - , Byron Haskins „I walk alone“ (1948 – für Scorsese ein unterschätzter Film) und Abraham Polonskys „Force of Evil“ (1949) belegt wird. Die „Firma“ wird quasi allmächtig und verschlingt die Akteure. Kulminationspunkt dieser Entwicklung ist für Scorsese Francis Coppolas „Der Pate“ (1971/74), womit er seine Regel außer Acht läßt, keine Filme zu behandeln, die in der Zeit entstanden, als er schon selbst Regisseur war. Zum Schluß führt er noch John Boormans „Point Blank“ (1968) als ästhetisches Experiment an; es ist aber auch ein Film, in dem der Killer (Lee Marvin) die Organisation nicht mehr durchschaut, für die er arbeitet.

Ein Genre am entgegengesetzten Ende der Skala des anscheinenden Realismus ist das Musical. Durch Tanz und Gesang läßt sich aber für Scorsese alles ausdrücken, was andere Genres auch tun. Er hebt dabei den Choreografen Busby Berkeley hervor, der das Filmmusical erfand, indem er die Kamera in die Tanzbewegungen einbezog. Als Beispiele zeigt er die beiden Filme von Lloyd Bacon „42nd Street“ und „Footlight Parade“ (beide 1933). Als nächstes kommen Ausschnitte aus Vincente Minnellis „Meet me in St. Louis“ (1944) und Michael Curtiz‘ „My Dream is yours“ (1949); beide Filme haben düstere Untertöne. Darauf konzentriert sich Scorsese darauf, wie Musicals das Unterhaltungsbusiness schildern: Minnellis „The Band Wagon“ (1953), George Cukors „A Star is born“ (1953) und Bob Fosses „All that Jazz“ (1979).

Ich schreib' noch was über das Kapitel "Der Regisseur als Illusionist" - voraussichtlich heute noch. Den Rest des Films habe ich noch nicht gesehen.

Geändert von Peter L. Opmann (01.04.2023 um 14:12 Uhr)
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Alt 01.04.2023, 14:11   #1057  
Peter L. Opmann
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In „Der Regisseur als Illusionist“ macht Scorsese klar, daß das Kino zahlreiche technologische Umwälzungen durchgemacht hat, aber es stets darum geht, auch mit visuellen Mitteln eine Geschichte zu erzählen. Der Stummfilm wandelte sich zum Tonfilm, der Schwarzweiß- zum Farbfilm, das Normalformat zu Cinemascope und der 35-mm- zum 70-mm-Film. Er beginnt mit einem Ausschnitt aus Buster Keatons „The Cameraman“ (1928; Co-Regisseur war Edward Sedgwick). Keaton spielt mit der Idee, daß der Held die Kameratechnik nicht im Griff hat. Daß das Kino nicht nur eine Abart des Theaters ist, machte David W. Griffith erstmals in „The Birth of a Nation“ (1915) klar. Spezielle Kinomittel sind wechselnde Kameraperspektiven und die Montage.

Griffith entwickelte eine visuelle Grammatik des Kinos: Großaufnahmen, Irisblenden (heute kaum noch verwendet), Überblendungen, Teilabdeckung des Bildes (auch aus der Mode gekommen), Kamerafahrten und Parallelfahrten. Die Parallelmontage verwendete Griffith erstmals in „Death’s Marathon“ (1913). Die erste Superproduktion des Kinos war „Cabiria“ (1914) von Giovanni Pastrone. Griffith inspirierte sie zu seinem Film „Intolerance“ (1915). Er springt durch die Zeitalter. Ein weiterer Meister des Monumentalfilms war Cecil B. DeMille. „The Ten Commandments“ drehte er zweimal: 1923 und 1956. Manche der Effekte sind noch heute unübertroffen. In F. W. Murnaus „Sunrise“ (1927) werden ein Liebespaar und ihre Visionen von ihrer glücklichen Zukunft zusammenmontiert. In volkstümlicherer Form gestaltete dieses Motiv Frank Borzage in „Seventh Heaven“ (1927).

Dann kam der Tonfilm. William Wellman merkte zur neuen Technik an: „Knirschende Fußböden wurden mehr beachtet als knirschende Storys.“ Trotz der Beschränkungen durch Mikrofone und die Vermeidung von Störgeräuschen (wie dem Rattern der Kamera) behielt Tay Garnett in „Her Man“ (1930) die bewegliche Kamera bei. Wie durch Ton Effekte erzielt und Geschichten erzählt werden können, demonstriert Scorsese durch Ausschnitte aus George W. Hills „The big House“ (1930), Hawks‘ „Scarface“ (1932) und Wellmans „Public Enemy“ (1931).

Der Einsatz von Technicolor (das Dreischicht- statt dem alten Zweischichtverfahren, das Blau nur schwer wiedergeben konnte) machte Filme noch einmal realistischer, wurde aber auch benutzt, um Gefühle zu übersteigern, etwa in John Stahls „Leave her to Heaven“ (1945) oder Nicholas Rays „Johnny Guitar“ (1954) – beides übrigens Filme mit einer Frau in der Hauptrolle: Gene Tierney und Joan Crawford.

Cinemascope wurde erstmals von Henry Kostner in „The Robe“ (1953) verwendet. Fritz Lang sagte: „Dieses Format eignet sich nur für Beerdigungszüge.“ Aber es zeigte sich, daß die Bildwirkung durch die überbreite Leinwand tatsächlich gesteigert werden kann. Scorsese belegt das durch Ausschnitte aus Elia Kazans „East of Eden“ (1955), Minnellis „Some came running“ (1958) und Hawks‘ „Land of the Pharaohs“ (1955). Hawks sagte dazu: „Ich benutze keine Kameratricks. Die Kamera ist fast immer auf Augenhöhe, und das Publikum sieht nur, was man sieht.“

Anthony Manns „The Fall of the Roman Empire“ (1964) dient als Beleg dafür, daß die Superproduktionen ihren Endpunkt erreichten. Sie wurden zu teuer. Monumentale Szenen können heute kostensparend am Computer erzeugt werden. Scorsese blendet hier Aussagen einiger seiner Kollegen ein, um darzulegen, daß der Computer keineswegs ein Verrat an der Filmkunst ist. George Lucas sagt: „Man kann jetzt für ein Zehntel der Kosten den selben Effekt haben.“ Francis Coppola ergänzt: „Filmkunst wird nicht durch Technologie ersetzt – das Kino selbst ist eine Technologie.“ Und Brian de Palma bemerkt süffisant: „Die Kamera lügt 24mal in der Sekunde.“

Als ersten Film, der Kamera und Computer koppelte, bezeichnet Scorsese Stanley Kubricks „2001 – Odyssey in Space“ (1968). Wie „Intolerance“ und „Sunrise“ war dieser Film „zugleich Superproduktion, Experimentalfilm und visionäres Gedicht“.
Peter L. Opmann ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 01.04.2023, 16:15   #1058  
Horatio
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Es gibt natürlich nicht nur das amerikanische Kino.

Mindestens als kleine Ergänzung dazu empfehle ich den Dokumentarfilm Charles Pathé, Léon Gaumont, premiers géants du cinéma über die französischen Filmpioniere. Den sah ich vor einiger Zeit auf TV5Monde Europe.
Horatio ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 01.04.2023, 16:48   #1059  
Peter L. Opmann
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Es ist kein Etikettenschwindel, denn der Film heißt ja "Journey through American Movies". Und immerhin ist ein italienischer Stummfilm dabei...

Ich fände es nicht schlecht, wenn es etwas Ähnliches auch für die deutsche Filmgeschichte gäbe. Da taucht aber wohl immer das Problem auf: Wie gehe ich mit der Zeit von 1933 bis 1945 um?
Peter L. Opmann ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 01.04.2023, 18:40   #1060  
Horatio
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Eine Abhandlung über die deutsche Filmgeschichte wäre nicht schlecht, gibt‘s aber vielleicht eher in Buchform.

Es gibt einen Dokumentarfilm: Auge in Auge – eine deutsche Filmgeschichte von 2008, den kenne ich aber leider nicht.

Den von mir oben genannten Film über die Anfänge des französischen Films fand ich so faszinierend, dass ich ihn mir auch auf DVD gekauft habe.
In dem Zusammenhang ist auch die Filmpionierin Alice Guy-Blaché zu nennen, die den wahrscheinlich ersten fiktionalen Film überhaupt gedreht hat, im Jahr 1896: La Fée aux Choux. Über sie lief bei ARTE mal eine Doku. Oder wurde die Dame hier bereits erwähnt?
Nebenbei: Am kommenden 1. Juli vor 150 Jahren, also 1873, wurde die Dame geboren.

Aber das sind Abschweifungen vom Thema Scorsese.

Geändert von Horatio (01.04.2023 um 19:06 Uhr) Grund: Jubiläum ergänzt
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Alt 01.04.2023, 19:30   #1061  
Peter L. Opmann
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Kein Problem.

Von Alice Guy-Blache habe ich noch nie gehört. Aber 1896 haben sowohl die Lumieres als auch Melies dokumentarische Filmchen gedreht; Melies baute später inszenierte Passagen ein. Kann also gut sein, daß Du recht hast. Und es wäre auch nicht ungewöhnlich, daß eine weibliche Pionierin vergessen wurde.
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Alt 02.04.2023, 06:21   #1062  
Peter L. Opmann
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Scorsese hatte ja bereits ausgeführt, daß im klassischen Studiosystem der Produzent derjenige war, der an den Knöpfen saß, und der Regisseur nach dessen Pfeife tanzen mußte. Jetzt, im Kapitel „Der Regisseur als Schmuggler“, geht es um B- und C-Filme, in denen der Regisseur mehr Freiheit hatte, weil nicht so viel Geld auf dem Spiel stand und ihm das Studio daher nicht so genau auf die Finger sehen mußte. Im wesentlichen werden hier zunächst die Horrorfilme von Val Lewton und der sogenannte Film noir behandelt.

Lewton war ein Produzent, der laut Scorsese die Drehbücher intensiv bearbeitete, aber nie einen Fuß an einen Drehort setzte (in wikipedia steht etwas anderes). 1943 drehte Jacques Tourneur für ihn mit einem Budget von 130 000 Dollar „Cat People“. Weil er fast kein Geld hatte, zeigte er die Katzenmenschen nie, sondern zog ein kostengünstiges Schattenspiel auf. Der Film hatte dennoch eine starke künstlerische Aussage: Die Katzenmenschen standen für eine unterdrückte Sexualität; die Figuren wurden von Kräften bewegt, die sie nicht einmal verstanden. Scorsese meint, „Cat People“ war für die Entwicklung eines reiferen Kinos in USA so wichtig wie „Citizen Kane“. Tourneurs nächster Film war „I walked with a Zombie“ (1943). Damit kam ein Gefühl von Düsternis und bösen Vorahnungen ins Kino. Ähnliches sieht er bei Max Ophüls‘ „Letter from an unknown Woman“ (1948). Es gab weitere Regisseure, die diese Linie fortführten: Fritz Lang, Alfred Hitchcock, Otto Preminger, Billy Wilder, Douglas Sirk, Robert Siodmak, Edgar Ulmer oder André de Toth. Ihre Beschäftigung mit dem Verbrechen erlaubte ihnen, so Scorsese, in die Natur des Bösen vorzudringen.

Der Film noir war in seinen Augen kein spezifisches Genre, eher eine Stimmung: Egal, wohin du dich wendest, das Schicksal stellt dir immer ein Bein. Gezeigt werden Ausschnitte aus Langs „Scarlet Street“ (1945), Ulmers „Detour“ (1945), de Toths „Crime Wave“ (1953) und Ida Lupinos „Never fear“ (1950). Lupino war als Schauspielerin von Warner Brothers entlassen worden und gründete mit ihrem Mann ihre eigene Produktionsfirma, wo sie harte Themen wie Vergewaltigung und die psychischen Folgen aufgriff. Nach einem Ausschnitt aus Joseph H. Lewis‘ „Gun crazy“ (1950), einer Variante des Bonnie-und-Clyde-Motivs, wendet sich Scorsese dem Kameramann John Alton zu, der „mit Licht malte“. Er fotografierte die Anthony-Mann-Filme „T-Men“ und „Raw Deal“ (beide 1948). Zum Schluß vermittelt er einen Eindruck von Robert Aldrichs „Kiss me deadly“ (1955), in dem die Welt komplett aus den Fugen ist und der mit dem Ausbruch des Dritten Weltkriegs endet. Alle diese Filme waren billig produziert und lebten hauptsächlich vom Einfallsreichtum ihres Regisseurs, der damit auch etwas wagen – oder durchschmuggeln – konnte, was im A-Film nicht zugelassen worden wäre.
Peter L. Opmann ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 02.04.2023, 07:58   #1063  
Nante
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Und das hat er alles in den nicht mal vier Stunden der Dokumentation untergebracht?
Respekt. - Und zwar sowohl für ihn als auch für Dich! Ich hätte da glaube ich spätestens nach der ersten Stunde kapituliert.

So, wie Du es hier (sehr gut!) schilderst, ist das aber eher eine Sache für Spezialisten und nicht für Leute wie mich, die nicht mal 20% der genannten Filme gesehen haben. Da ist man dann immer unsicher, ob es denn wirklich genau so ist, wie Scorsese es letztlich interpretiert.

Zumindest bei seinen Aussagen zur Tricktechnik bin ich da etwas anderer Meinung. Die Entwicklung in den letzten 10 Jahren kann ich nicht mehr beurteilen. Aber wenn man vergleicht, was noch 10 Jahre nach der Entstehung der Dokumentation (1995) gerade bei Massenszenen tricktechnisch möglich war (Z.B. beim HdR, der ja in dieser Hinsicht gefeiert wurde) und dies mit "realen" Szenen z.B. "Waterloo" oder den rumänischen Historienschinken über die Dakerkriege vergleicht, war CGI damals noch lange nicht soweit, gleichwertigen Ersatz zu liefern.
Nante ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 02.04.2023, 08:35   #1064  
Peter L. Opmann
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Scorsese zeigt von jedem Film natürlich nur Ausschnitte von vielleicht zwei oder drei Minuten Länge. Ich kenne auch nicht alle. Teilweise werden die von der Kritik auch nicht so positiv beurteilt. Entweder sind die dabei, weil sie ihn als Kind oder Jugendlichen berührt haben, oder es geht ihm nur um einen bestimmten Aspekt in diesen Filmen.

Zur Tricktechnik: Man kann natürlich nicht in die Zukunft sehen. Vermutlich haben Scorsese, Lucas oder Coppola die Technik damals deshalb so gesehen, weil sie nicht wußten, daß das noch perfekter geht. - Allerdings empfinde ich Computertricks auch in sehr avancierten Filmen manchmal als steril (nur gefühlsmäßig); ich fühle mich teils wohler, wenn es sich um gemalte Kulissen oder sowas handelt, auch wenn man das vielleicht erkennen kann.
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Alt 02.04.2023, 21:26   #1065  
Peter L. Opmann
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Hab' nochmal meine Videosammlung durchsucht. Eine Geschichte des deutschen Films, wie sie Horatio wünscht, ist nicht dabei, aber ein bißchen was habe ich doch gefunden.

Es gab mal einen Film zum 75. Geburtstag der UFA: "Wenn ich sonntags in mein Kino geh'..." von Hans-Christoph Blumenberg.

Ich habe auch eine Geschichte der DEFA: "Ein paar Filme werden bleiben" von Ullrich Kasten. (Ist glaube ich auf youtube zu sehen.)

Und dann habe ich noch den kürzeren Film "Papas Kino lebt - Atze Brauner und die CCC".

Ich schaue mir gerade den Rest der Scorsese-Filmgeschichte an; danach könnte ich mich um diese Teil-Historien kümmern.
Peter L. Opmann ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 03.04.2023, 06:10   #1066  
Peter L. Opmann
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Hier der Rest von Scorsese:

Wir bleiben zunächst noch beim Thema „Der Regisseur als Schmuggler“. Scorsese schiebt eine persönliche Bemerkung ein: „Ich betrachte mich immer noch als Filmstudent. Ich suche stets nach etwas oder jemandem, von dem ich lernen kann.“ So begründet er, warum man sich mit der Filmgeschichte beschäftigen sollte.

Es folgt ein Ausschnitt aus einem weithin vergessenen B-Film, „Silver Lode“ (1954) von Allan Dwan, eine Parabel der McCarthy-Ära, in der der Schurke tatsächlich McCarthy heißt. Scorsese hat ein Faible für 50er-Jahre-Filme, weil „das Unausgesprochene fast das eigentliche Thema“ wurde. So auch in „What Heaven allows“ (1955) von Douglas Sirk. Hier kritisiert er die gesellschaftliche Konvention, daß eine Frau sich nicht in einen jüngeren Mann verlieben darf. Sirk sagt dazu: „Das Indirekte ist stärker, wenn man es der Fantasie seines Publikums überläßt oder übergibt. Ich habe immer darauf vertraut, daß das Publikum Vorstellungskraft besitzt, sonst hat es im Kino nichts verloren.“ Es folgt Nicholas Rays „Bigger than Life“ (1956), in dem eine Cortisonabhängigkeit die innere Unzufriedenheit von James Mason aufdeckt und die Institution Familie angegriffen wird. Beides waren Großproduktionen.

Im Folgenden werden drei Filme von Samuel Fuller behandelt: „Forty Guns“ (1957), „Pickup on South Street“ (1953), in dem sich Richard Widmark abfällig über amerikanischen Patriotismus äußert, und „Shock Corridor“ (1963), der die USA als Irrenanstalt schildert. Fuller ging nach dem Zusammenbruch des Studiosystems nach Europa, um dort weiterzuarbeiten. „Für eine ganze Generation von Schmugglern war das die Endstation.“ Geschildert wird das in Vincente Minnellis „Two Weeks in another Town“ (1961), einer Fortsetzung von „The Bad and the Beautiful“.

Nun zum letzten Kapitel der Dokumentation, „Der Regisseur als Ikonoklast (Bilderstürmer)“. Hier werden Regeln nicht umgangen, sondern frontal angegriffen. Eingeleitet wird der Abschnitt durch David W. Griffiths „Broken Blossoms“ (1919), in dem eine Liebe zwischen zwei Kulturen und der damit verbundene Rassismus geschildert werden. Hollywood hatte laut Scorsese immer eine Haßliebe für die, die seine Regeln brechen. Das Establishment verwechselte Unterhaltung oft mit Flucht. Das wirkliche Leben galt ihnen entweder als langweilig oder als subversiv. Realismus in seine Liebesgeschichten brachte Erich von Stroheim, etwa in „The Wedding March“ (1926-28). Er wurde in Hollywood von den Eigenschaften, die ihn zu einem Künstler machten, zugrundegerichtet.

Warner produzierte in den 1930er Jahren zeitkritische Filme, die die Realität der Depression aufgriffen, etwa Mervin LeRoys „I was a Fugitive from a Chain Gang“ (1932) und der gleichzeitig entstandene „Hell’s Highway“ von Rowland Brown. Kinderarmut griff William Wellman 1933 in „Wild Boys on the Road“ auf. Erotik in einer völlig künstlichen Welt zeigte dagegen Josef von Sternberg, etwa in „The Scarlet Empress“ (1934).

Orson Welles hatte in „Citizen Kane“ (1940/41) als Einziger neben Charles Chaplin das Recht des final cut. Niemand mischte sich in die Dreharbeiten ein. Welles sagte dazu: „Ohne meinen Vertrag hätten sie mich schon am Anfang des Films gestoppt, allein wegen des Scripts.“ Bereits bei „The Magnificent Ambersons“ (1941) wurde das Filmmaterial wegen ungünstiger Preview-Ergebnisse verstümmelt und der Film in seiner Abwesenheit teils neu gedreht. Er wurde übrigens trotzdem ein Mißerfolg, gilt aber heute – wiederum trotz der Bearbeitungen – als Meisterwerk.

Chaplin machte in „The great Dictator“ (1940) Hitler zu einer Witzfigur, obwohl die USA noch nicht in den Zweiten Weltkrieg eingetreten waren und eher an guten Wirtschaftsbeziehungen zu Deutschland interessiert waren. Elia Kazan begann, die Filmzensur in Frage zu stellen. In „A Streetcar named Desire“ (1951) mußte er sich gegen die Legion of Decency durchsetzen. Scorsese fügt einen Ausschnitt aus „On the Waterfront“ (1954) mit Marlon Brando und Eva Marie Saint hinzu. Kazan, so Scorsese, ebnete den Weg für Regisseure wie Robert Aldrich, Richard Brooks, Robert Rossen, Billy Wilder, Arthur Penn oder Sam Peckinpah. Ihre Themen waren Rassismus, Gewalt in der Großstadt, jugendliche Straftäter, Homosexualität, Kriegsverbrechen oder die Todesstrafe. Otto Preminger engagierte sich stark für die Abschaffung des Production Code („The Moon is blue“ (1953), „Advise and Consent“ (1962), „The Man with the Golden Arm“ (1955)).

Alexander Mackendrick zeigte in „Sweet Smell of Success“ (1957) die Politik als Spielball einer skrupellosen Boulevardpresse. Daß man auch mit Komödien Bilderstürmer sein kann, bewies Billy Wilder mit „One two three“ (1961). Sein Witz wurde von Film zu Film immer aggressiver. Guter Geschmack war für Wilder ein anderer Ausdruck für Zensur.

Arthur Penn mißachtete in „Bonnie and Clyde“ (1967) die Regel, daß nicht in der selben Einstellung geschossen und jemand getroffen werden durfte. Penn: „Ich dachte mir, wenn wir den Schuß zeigen, dann auch seine Wirkung, das heißt, wie es aussieht, wenn jemand erschossen wird. Das ist kein steriles, makelloses Ereignis, sondern blutig und grauenhaft. Außerdem waren wir mitten im Vietnamkrieg. Was man im Fernsehen sah, war genauso oder vielleicht noch blutiger als das, was wir im Film zeigten.“

Stanley Kubrick war einer der wenigen Bilderstürmer, die vollkommen zu ihren eigenen Bedingungen arbeiten konnten, allerdings in London. Sowohl in „Lolita“ (1962) als auch in „Barry Lyndon“ (1972) zeigte er den bitteren Weg eines Mannes in die Selbstzerstörung. „Barry Lyndon“ war der Aufstieg und Fall eines Opportunisten. Scorsese: „Ich empfand ihn als einen der gefühlvollsten Filme, die ich je gesehen habe.“

John Cassavetes war „Guerilla-Filmemacher in New York“, das bedeutet, jemand, der sich vermutlich um die Hollywood-Regeln einfach nicht scherte. Seine Filme wurden buchstäblich mit dem Überziehungskredit gemacht. Mit Schauspielerfreunden drehte er ein Psychodram nach dem anderen. Als Beispiel wird ein Ausschnitt aus „Faces“ (1968) gezeigt. Dazu der Regisseur: „Die Menschen leben mit Wut und Feindschaft und mit Geldmangel – und, wissen Sie, mit großen Enttäuschungen in ihrem Leben. Was sie brauchen, ist eine Antwort auf die Frage: Wo und wie kann ich leben? Wie das Leben und die Liebe in Einklang bringen, damit ich in Frieden leben kann?“

Scorsese kommt zum Schlußwort. Er kann nicht mehr weitermachen, weil er (1.) keine Zeit mehr hat und (2.) eine andere Ära erreicht hat, die der späten 60er Jahre, als er selbst begann, Filme zu machen. Die Geschichte habe kein Ende. Er zeigt nun Porträts von Regisseuren, über die er nicht ausführlicher sprechen konnte: Ernst Lubitsch, Preston Sturges, Joseph Mankiewicz, John Huston, George Stevens, Sam Peckinpah, William Wyler, Alfred Hitchcock, James Whale, Fred Zinneman, Gregory La Cava, Leo McCarey, Don Siegel, Roger Corman und Jean Renoir. Einen Filmausschnitt hat er sich aber bis zum Schluß aufgehoben: „America America“ (1963) von Elia Kazan über griechische und armenische Immigranten. Mit diesem Film habe er sich identifiziert, auch wenn seine Vorfahren aus Italien kamen.

Ursprünglich habe er Priester werden wollen, gesteht Scorsese abschließend. Beide Welten hätten manches gemeinsam, auch wenn es ebenso große Unterschiede gebe. „Es gibt eine spirituelle Ebene in Filmen, auch wenn das den Glauben nicht ersetzen kann. Menschen haben ein Bedürfnis, eine gemeinsame Erinnerung teilen zu können.“
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Alt 03.04.2023, 12:15   #1067  
Servalan
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Zitat von Peter L. Opmann Beitrag anzeigen
Griffith entwickelte eine visuelle Grammatik des Kinos: Großaufnahmen, Irisblenden (heute kaum noch verwendet), Überblendungen, Teilabdeckung des Bildes (auch aus der Mode gekommen), Kamerafahrten und Parallelfahrten.
Klar, Griffith hat diese Grammatik entwickelt, aber die Zeit ist doch nicht stehengeblieben. Scorsese packt die technische Entwicklung des Films in ein eigenes Kapitel, vielleicht übersieht er dadurch, was möglich und häufig sogar selbstverständlich geworden ist.
Teilabdeckungen des Bildes sind wohl aus der Mode gekommen, weil der director of photography heute weiß, wie die Kamera im Set stehen oder sich bewegen muß, um ähnliche Effekte zu bekommen. Die sind heute wesentlich subtiler, wirken realistischer und fühlen sich so natürlich an, daß sie dem Publikum gar nicht auffallen. Diese Tricks und Kniffe sind gewissermaßen unsichtbar geworden - aber sie sind nicht verschwunden, im Gegenteil.
Beim ersten (und häufig auch einzigen) Sehen, übersieht das Publikum diesen souveränen Umgang, weil es vollauf mit dem Plot beschäftigt ist und auf Pointen fixiert ist. Es ist von den Feinheiten abgelenkt.
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Alt 03.04.2023, 12:35   #1068  
Peter L. Opmann
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Das war ein kleiner Exkurs, und man hätte sicher über die Ausdrucksmittel des Films auch einen eigenen Film von 90 Minuten oder so machen können.

Zudem hatte ich darauf hingewiesen, daß "A Personal Journey" 1995 entstanden und sicher nicht mehr immer auf dem neuesten Stand ist. Ich bin übrigens neulich beinahe erschrocken, als ich Scorsese in einem aktuellen Interview sah - wir sind eben jetzt fast 30 Jahre weiter.
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Alt 03.04.2023, 12:47   #1069  
Servalan
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Die Techniken, von denen ich gesprochen habe, haben sich ja nicht in den letzten 30 Jahren entwickelt; die gab es zum Beispiel schon in den 50ern und 60ern. Da denke ich vor allem an den Film Noir und den Horrorfilm, um mal Genres zu nennen, oder um Thriller, in denen Paranoia oder Klaustrophobie inszeniert wird. In denen werden diese Tricks teilweise offensiv eingesetzt.
Beispiele lassen sich sicher für die Zeit finden, mit der Scorsese sich beschäftigt - bei Hitchcock zum Beispiel, aber den ja geschickt ausgegliedert.
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Alt 03.04.2023, 13:11   #1070  
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Zitat von Peter L. Opmann Beitrag anzeigen
Ich fände es nicht schlecht, wenn es etwas Ähnliches auch für die deutsche Filmgeschichte gäbe. Da taucht aber wohl immer das Problem auf: Wie gehe ich mit der Zeit von 1933 bis 1945 um?
Deutsche Filmgeschichte findet sich hier:
https://www.arte-edition.de/item/8034.html
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Alt 03.04.2023, 13:24   #1071  
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@ Servalan: Was meinst Du mit "Hitchcock geschickt ausgeblendet"? Wie ich auch beruft sich Scorsese eben auf seine subjektive Sicht, da muß er nicht begründen, warum er Hitchcock kaum behandelt. Was mag dahinterstecken? Mag er Hitchcock nicht (weil er kein Italiener ist)? Hat er zuviel von ihm übernommen? Paßt er nicht ins Bild des Regisseurs im Clinch mit den Studios (das gab es bei Hitchcock allerdings auch)?

@ pecush: Diese Box ist mir noch nicht begegnet. DVD 1 habe ich ja nun abgefrühstückt. Was hat Edgar Reitz da gedreht ("Die Nacht der Regisseure")? Das scheint die deutsche Filmgeschichte zu sein, aber ich finde im Internet nichts dazu.
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Alt 03.04.2023, 14:03   #1072  
Servalan
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Wenn ich dich richtig verstanden habe, erwähnt Scorsese ja Hitchcock im Epilog unter den Regisseuren, über die es viel zu sagen gäbe. Scorsese erkennt also Hitchcocks Qualitäten an, beschäftigt sich aber nicht eingehend mit ihm, jedenfalls nicht im Rahmen seines persönlichen Gangs durch die amerikanische Filmgeschichte. Das kann dem Zeitrahmen seines Projekts geschuldet sein, daß irgendwann ein Ende finden mußte; vielleicht liegt es aber auch daran, daß Hitch Brite gewesen ist, auf der Insel sein Filmhandwerk begonnen hat und in seinen späten Jahren dorthin wieder zurückgekehrt ist.
Scorsese hat seine Gründe. Das muß ich anerkennen. Die muß er nicht ausbuchstabieren. Belassen wir es dabei.
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Alt 03.04.2023, 14:29   #1073  
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@ Peter: Ich habe diese Box mal besessen; ich meine, ich hatte sie irgendwo gewonnen, in einer anderen Edition. Arg lang und ausfühlich, ich habe da auch nicht alles geschaut.
Hier siehst du, welche Regisseure thematisiert werden:
https://heimat-fanpage.de/edgar-reit...er-regisseure/

Ich kann mich nicht mehr so gut an die Doku erinneren; was mich aber gestört hat, ist, dass die Regisseure lediglich den ernsthaften Teil deutscher Kinokultur abbilden. Man kann über die Qualität streiten (oder auch nicht), aber ich finde, wenn über deutsches Kino gesprochen wird, gehören auch solche Dinge wie "Pepe Nietnagel" oder "Otto" mit dazu.
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Alt 03.04.2023, 14:35   #1074  
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Verständlich. Einen ganzen Film über die Geschichte des indischen oder des neuseeländischen Films zu gucken, ist wohl selbst mir zu langweilig.

Du meinst, Edgar Reitz hat das komplette Komödienfach ausgeblendet? Das wäre wirklich unverständlich.

Danke für den Link!
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Alt 03.04.2023, 15:03   #1075  
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Wenn ich mich richtig erinnere, kam das nicht vor.

Ich sehe das immer so: Ohne Til Schweiger und Konsorten, hätten wir vielleicht gar keine deutschen Filme mehr; der holt das Geld rein, dass die Kunstfilmer benötigen und durch Förderung dann bekommen.
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