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Alt 27.06.2018, 06:08   #1  
Marvel Boy
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Vergessen wir den schlechten Film.
Ich habe die Spinne Hefte damals auch nur gelegentlich und dann durcheinandergewürfelt in die Hände bekommen. Dieses Heft hat mich damals aber wirklich umgehauen und sich damit dauerhaft in meine Erinnerung eingebrannt.
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Alt 28.06.2018, 11:15   #2  
Phantom
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Zitat:
Zitat von Peter L. Opmann Beitrag anzeigen
Spinne (Williams) 34
Spinne 34 war das zweite Spinne-Heft, das ich als Kind bekam. Und ich habe ja schon geschrieben, dass sich diese Ausgabe bei mir eingebrannt hat als absoluter Höhepunkt mindestens der Ditko-Ära. Ich schaffe es auch nicht, mir vorzustellen, wie die Story auf mich wirkte, wenn ich sie heute zum ersten Mal läse. Sobald ich das wunderbare Cover sehe, fühle ich wieder als höchstens Zehnjähriger, bewundere den Durchhaltewillen der Spinne, fiebere mit Tante May und freue mich über das Happy End (wie in einem ordentlichen Western!).

Neben den tollen ersten Seiten mit dem ganzseitigen Panel als Höhepunkt finde ich mindestens drei Szenen beeindruckend: die wie in Trance kämpfende Spinne, die nur Tante May vor Augen hat und gar nicht merkt, dass die Gegner schon alle am Boden liegen, das Panel mit Betty, als sie die Verbindung zwischen ihrem Bruder und Peter herstellt, und die letzten vier Bilder der Story, wenn die Lamellen an Tante Mays Fenster langsam nach unten gezogen werden, bis ihr Gesicht friedlich im Dunkeln liegt.

Für mich die perfekte Story und eigentlich ein perfekter Schlusspunkt. Ob Ditko hier schon mit dem Gedanken gespielt hatte, die Spinne zu verlassen?

Ein paar Fragen stellen sich dem erwachsenen Leser natürlich schon: Wie hat Doc Ock eigentlich unbemerkt diese Unterwasserkuppel, die ja offenbar ganz nah an Manhattan ist (es gibt sogar einen Tunnelzugang), bauen können? Und warum musste es überhaupt eine Unterwasserkuppel sein, hätte er nicht einfach einen Keller irgendwo in der Stadt mieten können? Warum treten eigentlich alle Gegner der Spinne immer nur im Faustkampf gegenüber; waren damals Schusswaffen oder Messer noch nicht erfunden?

Seite 16 wurde offenbar wegen schlechter Druckvorlagen wieder ein bisschen nachgezeichnet. Die Seite mit der Ankündigung der Umbenennung von Klinge, Memrod usw. hat mich damals als Kind völlig verwirrt, weil ich ja gerade erst in die Marvels eingestiegen war und diese Figuren nicht kannte. Aus heutiger Sicht verstehe ich das eigentlich noch weniger: warum soll man in der deutschen Übersetzung die Namen nicht eindeutschen? Warum ist "Klinge" schlecht und lächerlich, aber "Blade" (von dem ich als Kind weder wusste, wie man das korrekt ausspricht, noch was das bedeuten soll) gut? Warum ist nicht im Gegenteil z.B. die Verwendung von "Info Point" in einem deutschen Einkaufszentrum lächerlich? Aber gut, anderes Thema.
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Alt 28.06.2018, 16:10   #3  
Peter L. Opmann
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Zitat von Phantom Beitrag anzeigen
Für mich die perfekte Story und eigentlich ein perfekter Schlusspunkt. Ob Ditko hier schon mit dem Gedanken gespielt hatte, die Spinne zu verlassen?
Meines Wissens hatte Ditko noch einige Pläne für die Serie. Nach den Meinungsverschiedenheiten mit Stan Lee hat er entwerder die Brocken hingeworfen oder wurde abserviert. Ich sehe gewisse Parallelen zu dem Konflikt zwischen Jerry Siegel und Mort Weisinger bei DC: Ditkos Stil war halt auch etwas altmodisch.

Zitat:
Zitat von Phantom Beitrag anzeigen
warum soll man in der deutschen Übersetzung die Namen nicht eindeutschen? Warum ist "Klinge" schlecht und lächerlich, aber "Blade" (von dem ich als Kind weder wusste, wie man das korrekt ausspricht, noch was das bedeuten soll) gut? Warum ist nicht im Gegenteil z.B. die Verwendung von "Info Point" in einem deutschen Einkaufszentrum lächerlich? Aber gut, anderes Thema.
Als Kind fand ich den Namen "Klinge" auch cool. (Und ich habe ihn verstanden im Gegensatz zu "Blade".) Williams war ziemlich früh dran, aber etwas später machte dann in vielen Lebensbereichen nur noch ein englischer Name etwas her.
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Alt 27.06.2018, 12:41   #4  
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Zitat von jakubkurtzberg Beitrag anzeigen
Er hat die Hefte in einem Zustand bei dem der Wert definitiv nicht gemindert werden kann, glaub mir!
Kompromisse müssen wir ja alle machen. So fing z.B. auch mal das Sammeln von Marvel Superbänden an, als preisliche Alternative zu den teuren Einzelheften.

Zitat:
Zitat von Lizard_King Beitrag anzeigen
Aber um die Frage zu beantworten: wenn ich vorsichtig bin kann ich die Hefte auch durchblättern und Bilder machen, wenn gewünscht.
Würdest Du nicht gerne mal ein schönes Buch über den reinen Steve Ditko Run der Serie machen ?
Mit dem Band über die Klon-Saga hast Du ja bewiesen, dass Du sogar aus so einem Mist ein tolles Sekundärwerk machen kannst .
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Alt 28.06.2018, 08:37   #5  
Phantom
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Zitat von Eymen Beitrag anzeigen
Würdest Du [Lizard_King] nicht gerne mal ein schönes Buch über den reinen Steve Ditko Run der Serie machen ?
Das wäre was! Und am besten mit einem ausführlichen Interview mit Ditko ("Ditko bricht sein Schweigen") und vielen Fotos aus seinem Leben. Ein Traum!
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Alt 28.06.2018, 08:52   #6  
Peter L. Opmann
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Steve Ditko ist inzwischen 90.

Was mich betrifft, habe ich zwar große Hochachtung vor der kreativen Leistung von Ditko bei "Spider-Man", aber für mich wird die Serie mit dem Wechsel zu John Romita sr. noch interessanter. Ich bin beim Lesen noch nicht soweit, aber so ist mein bisheriger Eindruck.
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Alt 27.06.2018, 12:52   #7  
Lizard_King
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Das könnte ich machen...irgendwann.
Im Moment bin ich Freizeit technisch aber voll und ganz mit dem zweiten Klonsagabuch beschäftigt...da drängt die Zeit und bis Oktober muss alles stehen.
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Alt 28.06.2018, 10:27   #8  
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@ Phantom: kennst Du das hier

Strange and Stranger: The World of Steve Ditko

von Blake Bell

?
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Alt 28.06.2018, 11:34   #9  
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Zitat von Eymen Beitrag anzeigen
@ Phantom: kennst Du das hier

Strange and Stranger: The World of Steve Ditko

von Blake Bell

?
Ich hatte das mal irgendwo durchgeblättert. Enthält jede Menge Ditko-Material, aber kaum Fotos. Ditko ließ sich (wie üblich) auch nicht von Bell für dieses Buch interviewen.
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Alt 28.06.2018, 20:15   #10  
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Zitat von Eymen Beitrag anzeigen

Strange and Stranger: The World of Steve Ditko

von Blake Bell
Zitat:
Zitat von Phantom Beitrag anzeigen
Ich hatte das mal irgendwo durchgeblättert.
Jetzt weiß ich auch wieder, wo ist das durchgeblättert hatte: steht bei mir im Bücherschrank. Ob das schon Anzeichen von Demenz sind? Oder habe ich einfach zu viele Bücher?

Ich habe nochmal nachgezählt: es gibt genau 4 Fotos von Ditko in dem Buch, eines aus dem High School Jahrbuch und drei am Zeichentisch (genau die Fotos, die auch in Alter Ego und ähnlichen Publikationen immer wieder gedruckt werden, weil wohl keine anderen Fotos im Umlauf sind). Die vielen Bildbeispiele sind natürlich toll, auch die Analysen von Bell sind lesenswert. Man findet nur auch hier nicht sehr viel Privates über Ditko.

Zitat:
Zitat von Eymen Beitrag anzeigen
(...) warum ich von Ditko den Großteil seines Gesamtwerkes -
praktisch alles ab den 1970er Jahren - unansehnlich finde.
Da stimmt ich mit Dir völlig überein. Aber die alten Sachen, auch die für Warren, sehen schon toll aus!
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Alt 28.06.2018, 20:42   #11  
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Zitat:
Zitat von Phantom Beitrag anzeigen
Man findet nur auch hier nicht sehr viel Privates über Ditko
Schau mal in die "Endnotes" zu Kapitel 9, ganz am Ende.
Da ist mir im Gedächtnis geblieben, wie Ditko Blake Bell für die Gestaltung seiner Website anheuerte und ihn ein paar Monate später wieder feuerte.
Da, und in vielen anderen Stellen im Buch, erfährt man viel Privates über den "schwierigen" Ditko. Aber Du hast Recht, es sind keine autorisierten Einblicke oder gar eine Home Story.
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Alt 02.07.2018, 20:07   #12  
Peter L. Opmann
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Spinne (Williams) 35

Erscheinungstermin: 6/1975

Originalausgabe:
1) Amazing Spider-Man # 34
2) Tales to Astonish # 98

Story-Titel:
1) Der Zauber der Jagd!
2) …das ewige Reich zu vernichten!

Original-Storytitel:
1) The Thrill of the Hunt!
2) …to Destroy the Realm Eternal!

Zeichnungen:
1) Steve Ditko
2) Werner Roth / Dan Adkins

Text:
1) Stan Lee
2) Roy Thomas



Wenn ich diese Ausgabe betrachte, würde ich mich der Vermutung, Steve Ditko habe nach dem Dreiteiler mit dem Meisterplaner bereits aussteigen wollen, anschließen. Zeichnerisch ist sie zwar in Ordnung, aber die Story erfüllt nur knapp die Mindestanforderungen. Steve Kups sah das zwar in der Schuber-Ausgabe anders: „So gut wie jedes Grundelement einer typischen Spinne-Story wird hier gekonnt zu einem neuen Abenteuer verwoben.“ Aber der Kampf mit Kraven ist nur ein müder Abklatsch der ersten Begegnung, die wir in „Spinne“ # 17 gesehen haben. Peter Parkers Privatleben bekommt zwar ziemlich viel Raum, aber da tut sich nichts entscheidend Neues. Ein paar Highlights gibt es in dieser Episode sehr wohl, aber die reißen das Ganze nicht heraus.

Von der gesamten 18. Williams-Produktion habe ich anfangs sehr wenig gesehen. „Spinne“ # 36, „FV“ # 35 und 36 sowie „Thor“ # 18 fanden nach und nach durch Superbände den Weg zu mir, aber die übrigen Hefte habe ich erst in den 90er Jahren oder später lesen können, auch dieses hier. Deshalb fällt mir auch jetzt erst auf, daß die Qualität im Vergleich zur Unterseebasis-Story merklich nachläßt.

Immerhin: Kraven bekommt eine schöne Splashpage mit einem Blick auf seine prächtige Trophäensammlung. Aber es ist einfallslos, daß er weiterhin nur einen Spider-Man als Wandschmuck braucht (da hier Kinder mitlesen, will er sich mit der Maske begnügen). Er übt schon mal mit einem wilden Löwen, der Kraven freilich wenig entgegenzusetzen hat. Die nächste Szene wirkt dann doch überraschend: Peter Parker krabbelt vor den Augen von Betty die Wand hoch und grüßt von der Decke. „Ich höre noch auf einen anderen Namen… auf den Namen Spinne!“ sagt er ihr. Es ist aber nur ein Traum von Betty und bleibt völlig ohne Konsequenzen. Etwas merkwürdig, daß sie diesen Traum als Unfug abtut, wenn sie sich schon so genau an ihn erinnert.

Peter hat an der Uni weiter Probleme mit seiner neuen Bekannten Gwen Stacy. Immerhin bekommt er mit, daß die anderen Studenten ihn für arrogant halten, weil er in letzter Zeit nur an seine todkranke Tante denken konnte. Aber er nimmt das nicht ernst. Kraven bereitet sich indes auf die Jagd vor; seine Taktik erschöpft sich aber darin, die Spinne anzulocken, indem er in ihrer Verkleidung herumhüpft und Jonah Jameson Angst einjagt – was den nur dazu bringt, sie wieder zur Bedrohung abzustempeln. Aber die Taktik geht auf: Die (echte) Spinne erscheint auf dem Kampfplatz. Von diesem sich auf sieben Seiten erstreckenden Duell gefällt mir nur die Szene, die Ditko fürs Cover verwendet hat: als Kraven sich vom Dach eines Hochhauses herab auf die Spinne stürzt. Ansonsten gibt es ein bißchen Versteckspiel, wobei die Spinne nebenbei zwei Ganoven ins Reich der Träume schickt, und im übrigen eine deftige Prügelei mit Kraven. Der hat zwar versucht, seinen Gegner durch „Dschungelsaft“ zu lähmen, geht aber einfach etwas schneller zu Boden. Da finde ich den Kampf, bei dem Kraven am Ende in ein aufgespanntes Netz stolperte, doch origineller. Daß er der Polizei dann gesteht, das Spinne-Kostüm getragen zu haben, was mit einem verqueren Moralkodex begründet wird, ist zwar ungewöhnlich, aber doch nur ein kleines Detail.

Am Ende lernen wir eine neue, noch namenlose Sekretärin beim Daily Bugle kennen, denn Betty ist abgereist, um über ihre Gefühle Klarheit zu bekommen. Peter hat Tante May und Mrs. Watson erzählt, er gehe ins Kino, als er sich aufmachte, Kraven gegenüberzutreten. Jetzt kommt er wieder nach Hause und denkt seinerseits deprimiert darüber nach, was in Sachen Betty zu tun ist. Und das war’s. Als nächstes kehrt Metallo (The Molten Man) zurück.

In dieser Produktion wird der erste „Leser des Monats“ präsentiert, der zehnjährige Martin. Er erschien der Redaktion wohl als der ideale Lesertypus, denn er ist ein ganz normaler Junge, der nur außerdem gern Marvel-Comics liest. Was noch auffällt: Die „Aquarius“-Episode in diesem Heft scheint komplett nachgezeichnet zu sein, alle sechs Seiten, was eine Menge Arbeit gewesen sein dürfte. Möglicherweise bekam Williams eine sehr blasse Druckvorlage. Von der Tusche von Dan Adkins ist so gut wie nichts zu sehen. Und noch eins: Die Williams-Redaktion gibt auf der Leserbriefseite ihren Umzug an den Schwanenwik in Hamburg bekannt (noble Adresse direkt an der Alster).

Geändert von Peter L. Opmann (02.07.2018 um 20:47 Uhr)
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Alt 05.07.2018, 15:13   #13  
Peter L. Opmann
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Spinne (Williams) 36

Erscheinungstermin: 6/1975

Originalausgabe:
1) Amazing Spider-Man # 35
2) Tales to Astonish # 98

Story-Titel:
1) Metallo bedauert!
2) ohne Titel (…das ewige Reich zu vernichten!)

Original-Storytitel:
1) The Molten Man Regrets…!
2) …to Destroy the Realm Eternal!

Zeichnungen:
1) Steve Ditko
2) Werner Roth / Dan Adkins

Text:
1) Stan Lee
2) Roy Thomas



Auch diese Ausgabe zählt wohl nicht zu den Höhepunkten des Schaffens von Steve Ditko. Auf den ersten Blick ist die Story nicht schlecht, aber es ist letztlich ein Remake von „Spinne“ # 30. Was mich betrifft, ich kannte die # 36 deutlich früher als die # 30, so daß mir das erst jetzt so richtig auffällt. Und noch etwas anderes fällt mir auf: Zum wiederholten Mal beginnt eine Episode damit, daß ein Bösewicht aus dem Gefängnis entlassen wird; und wiederum hat er nichts Eiligeres zu tun, als seine Verbrecherkarriere fortzusetzen. Bei den „Fantastischen Vier“, die ich kürzlich gelesen habe, kam das auch mal vor, wurde aber doch etwas differenzierter dargestellt. Der Strafentlassene fand keinen Job und geriet so erneut auf die schiefe Bahn. Lee und Ditko suggerieren dagegen hier: Wer mal ins Gefängnis mußte, sollte am besten lebenslang weggesperrt bleiben. Eine Besserung (Resozialisierung) ist ausgeschlossen.

Ich muß immerhin feststellen: Ditko erzählt und zeichnet jetzt eindeutig wirkungsvoller als in „Spinne“ # 30. Schon das Cover bietet eine ungewöhnliche und sehr dramatische Perspektive. Es gibt größere Panels (auch wieder eine illustrative Splashpage, die Spinne und Metallo im Clinch zeigt), die Spinne ist akrobatischer dargestellt, ihre Suche nach Metallo wirkt spannender. Metallo seinerseits kämpft besser, denn er versucht mehrmals, die Spinne zu überrumpeln. Er nutzt zudem Masken; die Spinne muß erstmal herausfinden, wer ihr Gegner ist. Allerdings geht das Duell genauso aus wie beim letzten Mal: Metallo wird gefesselt und als Paket der Polizei übergeben. Und sonst gibt’s auch wenig Neues.

Peter Parkers Privatleben spielt in dieser Ausgabe eine kleinere Rolle als bisher. Am Anfang sieht man davon überhaupt nichts – die Spinne kommt hinzu, als Metallo gerade einen Juwelier überfällt. Am Ende erfährt er von der noch immer namenlosen neuen Sekretärin von JJJ, daß Betty und Ned Leeds abgereist sind, vermutlich an die Westküste. Peter ist tief getroffen. Sein Bild, das Betty ihm zurückgeben läßt, wirft er tief enttäuscht in den Abfalleimer (obwohl die Trennung von Betty ja das ist, was er zuletzt wollte). Tante May hat diesmal keinen Gastauftritt und darf sich erstmal regenerieren. Am Ende wird für die nächste Ausgabe ein neuer Superschurke vorgestellt, der mit der neuen Sekretärin gemeinsam hat, noch unbenamt zu sein.

Interessanter ist da schon die Leserbriefseite gleich daneben. Leserbriefseite? Überschrieben ist sie: „Hier spricht das MMT“. Wiedergegeben ist ein Leserbrief, in dem Unzufriedenheit darüber laut wird, daß die „Frankenstein“-Episoden so kurz sind. Die Redaktion erklärt das, holt dann aber noch viel weiter aus: Horrorcomics seien in Verruf gekommen. Was nicht erwähnt wird: „Dracula“ und „Frankenstein“ # 5 waren von der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften indiziert worden. In den USA war kurz vor Anlaufen dieser Serien der Comics Code gefallen, bei uns hatte sich dagegen nichts Vergleichbares getan. Die Redaktion wollte nun ein „Horror-Forum“ ins Leben rufen, in dem sich die Fans kritisch mit den beiden Serien auseinandersetzen sollten. Dazu kam es aber nicht – die Zahl der Leser, die da mitreden konnten, war wahrscheinlich sehr überschaubar.
Peter L. Opmann ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 28.06.2018, 12:19   #14  
Lizard_King
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Ditko lässt sich generell nicht interviewen, sobald es um Comics geht.
Der Mann beantwortet aber heute noch Fanpost. Man kann ihm jederzeit schreibe und mit ihm über das Weltgeschehen diskutieren. Aber auch in diesen Briefen blockt er beim Thema Comic ab.
Lizard_King ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 28.06.2018, 16:55   #15  
user06
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Zitat von jakubkurtzberg Beitrag anzeigen
Ditko war meist ein Herr der feinen Linien. Deshalb sieht es meist auch nicht gut aus, wenn seine Bleistiftzeichnungen von anderen Künstlern getuscht werden. Er pencilt grob und fügt beim Tuschen Detailiertes hinzu.
Es gibt wohl keinen Zeichner, bei dem der Unterschied dann im Ergebnis so groß ist.
Für mich ist das der Grund dafür, warum ich von Ditko den Großteil seines Gesamtwerkes -
praktisch alles ab den 1970er Jahren - unansehnlich finde.


Zitat:
Zitat von Lizard_King Beitrag anzeigen
Ditko lässt sich generell nicht interviewen, sobald es um Comics geht.
So ist es. Selbst der Ditko Biograph, Blake Bell, hatte seine Schwierigkeiten mit ihm.
Eine neumodische Definition für Ditkos Verhalten hiesse wohl "querulatorische Tendenz" .


Zitat:
Zitat von Phantom Beitrag anzeigen
Ich hatte das mal irgendwo durchgeblättert. Enthält jede Menge Ditko-Material, aber kaum Fotos. Ditko ließ sich (wie üblich) auch nicht von Bell für dieses Buch interviewen.
Es handelt sich um eine Mischung zwischen textlastiger Biographie und Artbook. Wer sich für Ditko tiefer interessiert, kommt nicht daran vorbei. Blake Bell hat auch (bisher)sechs sehr schöne Bände mit Ditko Stories aus dessen Vor-Marvel Zeit herausgeben.

Geändert von user06 (29.06.2018 um 09:04 Uhr)
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Alt 28.06.2018, 20:02   #16  
jakubkurtzberg
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Zitat:
Zitat von Eymen Beitrag anzeigen
Es gibt wohl keinen Zeichner, bei dem der Unterschied dann im Ergebnis so groß ist.
Für mich ist das der Grund dafür, warum ich von Ditko den Großteil seines Gesamtwerkes -
praktisch alles ab den 1970er Jahren - unansehnlich finde.
Ja, manches späte DC- und Gespenster-Zeugs sieht schlimm aus. Dagegen waren die frühen Marvel- und Charlton-Sachen gigantisch!
jakubkurtzberg ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 07.07.2018, 09:22   #17  
Horatio
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Ja, dem in der englischen Wikipedia referenzierten Artikel des Hollywood Reporter zufolge ist Ditkos Tod vom New York Police Department bestätigt worden. Demzufolge ist er am 29. Juni in seinem Apartment aufgefunden worden und war da seit etwa zwei Tagen tot.
Der Artikel enthält auch ein paar Erinnerungen von Graig Weich, der Ditko in dessen letztem Lebensjahr mehrmals in dessen Studio besucht hat.

https://www.hollywoodreporter.com/he...was-90-1125489
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Alt 07.07.2018, 19:39   #18  
Peter L. Opmann
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Spinne (Williams) 37

Erscheinungstermin: 7/1975

Originalausgabe:
1) Amazing Spider-Man # 36
2) Tales to Astonish # 99

Story-Titel:
1) Ein Stern fiel vom Himmel!
2) Die Katastrophe naht!

Original-Storytitel:
1) When falls the Meteor!
2) When falls the Holocaust!

Zeichnungen:
1) Steve Ditko
2) Dan Adkins

Text:
1) Stan Lee
2) Archie Goodwin



Mit diesem Heft habe ich eine unangenehme Erfahrung gemacht. Es war eine der letzten Ausgaben, die ich nur in einem Superband hatte und noch als Einzelheft erwerben wollte. Ich glaube, ich hab‘ sie dann auf der Börse beim Comic Salon 2012 oder 2014 gekauft. Sie war wirklich schwer zu finden. Überall, wo es die Williams-„Spinne“ gab, fehlte die # 37. Und dann wurde ich doch noch fündig, habe das Heft ganz schnell gekauft und erst zuhause gemerkt, daß ein geldstück-großes Stück aus dem Cover herausgeschnitten war. Damit hatte ich überhaupt nicht gerechnet. Ich habe für das Heft um die fünf Euro bezahlt, aber wert war es damit wohl höchstens 50 Cent. Naja, immerhin habe ich ein unversehrtes Exemplar im Superband.

Hier tritt ein neuer Superschurke auf, der „Knacker“ (im Original: „Looter“, also „Beutemacher“). „Knacker“ ist, wie ich schon vorweg einräume, eine unglückliche Übersetzung. Vielleicht ist die Figur ein Kompromiß, da Ditko gern mit Gangstern arbeitete, Lee aber möglicherweise darauf drängte, Superschurken einzusetzen. Das Duell erinnert mich an die Kämpfe der Spinne mit dem Geier, denn auch hier sind beide am Ende in der Luft und drohen abzustürzen. Aber der Reihe nach.

Dieser Comic wirkt auf mich ziemlich rationell. Lee und Ditko verzichten nun darauf, Dinge auszuerzählen, die früher im einzelnen dargestellt worden wären. Wir erleben zunächst die Origin-Story des Knackers – ein Wissenschaftler, der kein Geld für seine Forschung bekommt und dann auf eigene Faust einen Meteor, auf den der zufällig gestoßen ist, analysiert. Dämpfe, die dem Gestein entweichen, verändern ihn; er wird superstark und beginnt, Verbrechen zu begehen. Er braucht allerdings weiteres Meteorgas, um seine Kräfte zu behalten. Daher bricht er in ein Museum ein. Als nächstes sehen wir die Spinne auf der Suche nach dem Knacker. Wie sie von ihm gehört hat, bleibt unerwähnt. Im Kampf gegen ihn erleidet sie nun nicht zunächst eine Niederlage; vielmehr ist der Knacker zu unerfahren und macht sich davon. Erst als er eine riesige Rakete auf Museumsbesucher stürzen läßt, gibt sie auf und rettet die Leute.

Der Knacker kehrt zurück, um den Meteor doch noch an sich zu bringen. Die Spinne hat aber schon auf ihn gewartet. Er flieht mittels eines Heißluftballons. Die Spinne hängt sich jedoch an ihn dran. In der Luft schlägt sie ihn k.o., läßt die Luft aus dem Ballon und übergibt den Bösewicht der Polizei. Anschließend knipst sie seine Festnahme. Alles schon mal gesehen, hier aber wesentlich kürzer dargeboten. Interessant ist noch Peter Parkers Begegnung mit Gwen. Während er sich daranmacht, an der Uni Freunde zu finden, ist er bei seinen Kommilitonen und auch bei ihr längst untendurch. In dem Museum, das der Knacker gleich überfallen wird, treffen sie sich wieder. Als der Schurke auftritt, läuft Peter weg, um – wie Superman – rasch sein Kostüm anzulegen. Gwen hält ihn für einen Hasenfuß und hat einen Grund mehr, Peter zu hassen. Später an der Uni verhöhnt sie ihn im Duett mit Flash Thompson. Aber man merkt: Ihr Denken dreht sich allmählich nur noch um Peter.

Gezeichnet ist der Comic sehr gut. Steve Ditko ist nun, was die Spinne betrifft, auf dem Höhepunkt seines Schaffens. Die Story finde ich allerdings teilweise ein bißchen dürftig. Insbesondere der Knacker ist eine reichlich klischeehaft angelegte Figur. Die Kabbeleien von Peter mit Gwen wirken befremdlich, wenn man bedenkt, in welchem Verhältnis sie später standen. Es blieb wohl John Romita vorbehalten, die beiden als Paar zu zeigen – eine Konstellation, die ja für Peter noch schwieriger wurde.

Der zweite "Leser des Monats" heißt Uwe und ist schon 18 Jahre alt. Er ist bekennender Marvel-Sammler – was kann sich die Redaktion Besseres wünschen! Und er fühlt sich auch noch nicht zu alt, Superheldencomics zu lesen. Mustergültig! Der Leserbriefseite ist zu entnehmen, daß Williams entschieden hat, zusätzlich die Serien „Dr. Strange“, „Der Eiserne“, „Grüne Laterne“ (DC) und „Planet der Affen“ zu starten. Als es soweit war, war ja leider nach gut einem Jahr wieder Schluß.
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Alt 08.07.2018, 15:01   #19  
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Die Geschichte aus Spinne 37 wird ja vor allem aus zwei Gründen immer wieder zitiert: zum einen wegen des "Looters", der als direkter Verweis von Ditko auf Ayn Rand gedeutet wird, zum anderen wegen des letzten Panels auf Seite 15, das von Carl Hubbell retuschiert werden musste.

Ich habe immer wieder über den vermeintlichen Einfluss der Philosophie von Ayn Rand auf Steve Ditko gelesen, erst gestern las ich dazu nochmal das entsprechende Kapitel in Blake Bells Buch. So ganz überzeugt bin ich aber noch nicht, dass Ditko wirklich in starkem Maße versucht hat, Rands Ideen in die Spider-Man-Storys fließen zu lassen. Natürlich ist belegt, dass Ditko die Bücher von Rand gelesen hatte. Und klar, der Name "Looter" ist vermutlich eine Anspielung auf Rand (die zwischen den "producers", also den Kreativen, den Unternehmern, den Kapitalisten, und den "looters", also denen, die die Kapitalisten ausplündern (z.B. Verfechter hoher Steuern), unterschied). Aber Bell meint z.B., dass sich in dem zunehmenden Selbstbewusstsein Peter Parkers gegenüber Jameson die Philosophie Rands widerspiegelt, dass nämlich der producer (hier also Peter Parker als Photograph) einen angemessenen Gewinn machen soll. Na ja, genauso gut könnte man die Szene marxistisch interpretieren und von der Ausbeutung des abhängigen Arbeiters (Peter) durch den Kapitalisten (Jameson) sprechen, gegen die sich der Arbeiter endlich auflehnt. Ob da nicht zuviel hineininterpretiert wird?

Die Sache mit dem letzten Panel auf Seite 15 wurde auch oft erzählt: angeblich hat Ditko diese Figur als Looter (vor-)gezeichnet; Stan Lee hat aber, als er den Text in die Sprechblase schrieb, gedacht, dass es sich um Spider-Man handelt. Als Ditko dann das Panel getuscht hat, hat er angeblich Lees Text völlig ignoriert und eben die Figur als Looter getuscht. Daraufhin wäre Stan Lee so verärgert gewesen, dass er Carl Hubbard beauftragte, die Figur in Spider-Man umzuzeichnen. Die Anekdote wird meist als Beleg dafür erzählt, dass Lee und Ditko überhaupt nicht mehr miteinander gesprochen hatten. Was mich nur irritiert: wäre es nicht viel einfacher (und schneller) für Stan Lee gewesen, einfach den Sprechblasentext zu ändern? Aber gut, all diese Sachen werden wir nie mehr aufklären können.

Beim Wiederlesen des Heftes jetzt fiel mir wieder auf, wie langweilig ich heute diese sich wiederholenden Faustkämpfe (a.k.a. Action-Szenen) finde. Als Kind fand ich das vielleicht spannender, das weiß ich nicht mehr genau.

Ich höre jetzt auch mal langsam mit den Übersetzungsfehlern auf, aber weil es so schön ist, hier noch ein Beispiel von Seite 17. Spidey sagt "why anybody would try to make off with a meteor is beyond me" (also ungefähr: ich verstehe einfach nicht, warum irgendjemand einen Meteoriten klauen möchte); Hartmut Huff übersetzt: "warum sollte jemand mit 'nem Meteor verschwinden, der hinter mir steht"
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Alt 08.07.2018, 16:18   #20  
Peter L. Opmann
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Interessante Informationen. Aber "Looter" heißt doch nicht "Ausgebeuteter"? Und soweit ich mich mit Ayn Rand beschäftigt habe, war sie vor allem Vertreterin eines extremen Individualismus, also kein Staat, jeder ist seines Glückes Schmied. Habe allerdings von ihr selbst noch nie etwas gelesen.

Ditko ist ja eher bekannt für sein striktes Gut-Böse-Schema. Das erkenne ich in seinen Storys von Haftentlassenen wieder. Eine Haft verändert niemanden; einmal auf der schiefen Bahn, dann immer.

Ich habe mir nochmal das Panel auf Seite 15 angesehen. Entscheidend für die Story ist das ja nicht. Ob da die Spinne oder der Looter gezeigt wird, macht keinen großen Unterschied. Man hat vielleicht um jeden Preis darauf kommen wollen, wie das Verhältnis zwischen Lee und Ditko war, und deshalb aus Mücken Elefanten gemacht.

Steve Kups schrieb in der Marvel-Deutschland-Ausgabe auf Basis der Erinnerungen von Flo Steinberg, der Betty Brant von Stan Lee: "Stan war ein gutmütiger Kerl und erhielt oft Besuch von seinen Zeichnern. Jeder fand es entspannend, im Büro abzuhängen und sich gegenseitig ein wenig besser kennenzulernen." Natürlich weiß ich nicht, ob Flo Steinberg die Atmosphäre nicht allzu rosig darstellt, aber wenn diese Beschreibung nicht völlig aus der Luft gegriffen ist, frage ich mich: Warum soll das ausgerechnet bei Lee und Ditko anders gewesen sein?

Naja, mit der nun folgenden "Spinne" # 38 ändert sich der Charakter der Storys nochmal deutlich...
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Alt 09.07.2018, 09:35   #21  
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Zitat von Peter L. Opmann Beitrag anzeigen
Interessante Informationen. Aber "Looter" heißt doch nicht "Ausgebeuteter"?
Nein, "Looter" heißt "Plünderer". Bei Rand einerseits die tatsächlichen Plünderer, Gauner, Kriminelle, andererseits eben auch alle, die den "Helden" der Gesellschaft (Unternehmer, Kreative,...) den verdienten Gewinn wegnehmen wollen (Sozialisten, Faule, Arbeitsscheue,...). Ich vereinfache jetzt sicher, da ich von Rand auch nichts gelesen habe; grundsätzlich würde mich "Atlas shrugged" schon interessieren, aber mir ist die Zeit zu schade, mich durch über 1000 Seiten von einer Person zu quälen, die in zentralen Punkten Ansichten vertritt, die meiner ziemlich entgegenstehen.

Was ich nur sagen wollte: Wir wissen, dass Ditko dem "Objektivismus", also der von Rand begründeten Philosophie (oder "Philosophie" in Anführungszeichen, je nach Sichtweise), viel abgewinnen konnte. Wir wissen, dass Ditko nach der Marvel-Zeit vor allem in der Fan-Presse auch Arbeiten veröffentlichte, die explizit diesen Objektivismus vertreten haben (auch hier muss ich wieder sagen, dass ich davon nichts selber gelesen habe).

Jetzt ist es natürlich naheliegend, auch die Spider-Man-Storys nach Spuren von Rands Ideen zu durchforsten, was viele auch schon gemacht haben. Dass der "looter" (deutsch: Knacker; zu dieser Übersetzung sage ich jetzt mal gar nichts) seinen Namen vielleicht Rand verdankt, scheint mir durchaus plausibel. Aber andere Sachen finde ich eben nicht überzeugend. Dass Peter Parker mehr Geld von Jameson für die Bilder fordert, kann man natürlich (wie es eben manche tun) als "Rand-typisch" interpretieren, weil Peter eben auch ein "producer" im Sinne Rands ist und dafür gerechten Gewinn erwarten darf. Aber wenn wir jetzt nicht wüssten, dass Ditko Rand gelesen hat, sondern stattdessen erführen, dass er sich zu der Zeit mit Marx beschäftigt hat, würden dieselben Leute sagen: hier hat Ditko seine Ideen in Spider-Man einfließen lassen, denn Peter ist eindeutig vom Kapitalisten Jameson ausgebeutet worden, und jetzt lehnt er sich endlich gegen ihn auf. Ich behaupte also nicht, dass die Rand-Interpretation falsch ist, ich finde sie nur nicht hinreichend belegt.

Zitat:
Ditko ist ja eher bekannt für sein striktes Gut-Böse-Schema. Das erkenne ich in seinen Storys von Haftentlassenen wieder. Eine Haft verändert niemanden; einmal auf der schiefen Bahn, dann immer.
Das stimmt schon. Andererseits ist dieses strikte Gut/Böse-Schema in der Trivialliteratur doch weit verbreitet. Ohne das jetzt belegen zu können, schätze ich, dass das in der Mehrheit der Superhelden- und Crime-Comics der 40er und 50er Jahre so simplifiziert dargestellt war.

Zitat:
Natürlich weiß ich nicht, ob Flo Steinberg die Atmosphäre nicht allzu rosig darstellt, aber wenn diese Beschreibung nicht völlig aus der Luft gegriffen ist, frage ich mich: Warum soll das ausgerechnet bei Lee und Ditko anders gewesen sein?
Dass Ditko und Lee ca. ab Spider-Man #25 nicht mehr miteinander geredet haben, scheint schon belegt. Lee hat behauptet, Ditko hätte nicht mehr kommunizieren wollen, Ditko hat das Umgekehrte behauptet.
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Alt 13.07.2018, 18:55   #22  
Horatio
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Tatsächlich taucht Norman Osborn schon vorher in der Serie auf, als Mitglied in dem Club, dem auch Jonah Jameson angehört (und als Anzeigenkunde des Daily Bugle). Aber eben inoffiziell, denn er ist dort noch nicht als Osborn identifiziert:

http://www.thegreengoblinshideout.co...-norman-osborn
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Alt 14.07.2018, 17:09   #23  
Peter L. Opmann
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Spinne (Williams) 39

Erscheinungstermin: 8/1975

Originalausgabe:
1) Amazing Spider-Man # 38
2) Tales to Astonish # 101

Story-Titel:
1) Ein Kerl namens Joe!
2) …und Unheil wird winken!

Original-Storytitel:
1) Just a Guy named Joe
2) …and Evil shall beckon!

Zeichnungen:
1) Steve Ditko
2) Gene Colan / Dan Adkins

Text:
1) Stan Lee
2) Archie Goodwin



Ich nehme mal an, daß Steve Ditko noch nicht wußte, als er diese „Spider-Man“-Ausgabe zeichnete, daß es seine letzte war. Ob er möglicherweise dachte: Hoffentlich kann ich nach diesem Heft endlich aufhören, oder ob Stan Lee dachte: Wenn er noch einmal so einen Mist anschleppt wie ASM # 37, dann werfe ich ihn endgültig raus – das weiß wohl niemand ganz genau. Es ist erneut eine von einigen Superhelden-Mustern abweichende Geschichte, und ich bezweifle, daß es für Marvel gut gewesen wäre, wenn Ditko in dieser Art weitergemacht hätte.

Hätten wir die Originalausgabe vor uns, dann könnten wir den Epochenwechsel schon am Cover sehen. Denn es handelt sich um ein lediglich collagiertes Motiv, wahrscheinlich stand Ditko, als es produziert wurde, schon nicht mehr zur Verfügung. Eine Spinne-Figur aus dem Comic ist großgezogen, und unten sind drei Panels aus dem Comic ergänzt, die Spider-Man im Kampf mit „Joe“ und mit Gangstern zeigen. Williams hatte dieses Cover aber schon bei „Spinne“ # 2 verwendet und ließ daher ein neues zeichnen. Das ist nicht schlecht gemacht. Als Junge fiel mir das nicht auf, und heute bemerke ich es zumindest nicht auf den ersten Blick. Es ist ein nachgezeichnetes Panel, aber anatomisch wird Ditkos Version sogar verbessert. Nur werden, wie beim nachgezeichneten Cover von „Spinne“ # 30, Muskeln kaum hervorgehoben.

Dann überrascht, daß Ditko hier auf eine Splashpage verzichtet. Dafür habe ich keine Erklärung. Der Gegner der Spinne wird hier ausführlich vorgestellt. Joe Smith träumt davon, Boxchampion zu werden, ist aber wohl zu untalentiert. Sein Manager vermittelt ihm darauf eine dümmliche Filmrolle: In einem Fantasiekostüm soll er Amok laufen. Joe zertrümmert aus Frust die Kulissen so gründlich, daß eine Filmlampe umkippt und er einen gewaltigen Stromschlag abkriegt. Darauf ist er benommen, hat aber plötzlich Superkräfte. Nun kann er auf den New Yorker Straßen richtig Amok laufen. Die Spinne greift ein, wird aber von Joe locker aus dem Weg geräumt. Sein Manager kommt dazu und hilft ihm, erstmal unterzutauchen. Joe sieht immer noch Sterne und kann nicht richtig denken. Aber er bleibt nur kurz unter Kontrolle. Der Frust muß raus, und Joe will nun richtig losprügeln.

Die Spinne wird zur gleichen Zeit von einigen Ganoven angegriffen, nachdem ein Unterweltboß dem, der sie erledigt, 100 000 Dollar versprochen hat. Während sie ihre Gegner reihenweise umhaut, entdeckt sie Joe in seinem früheren Boxstudio, wo er gerade unter seinen früheren Sportfreunden aufräumt. Sie mischt sich ein, und Ditko läßt zehn Panels Prügelei ohne Dialoge folgen. Am Ende hat Joe einige schwere Treffer der Spinne abbekommen, die eine unerwartete Wirkung entfalten: die Benommenheit ist weg; Joe ist wieder normal. Alle sind glücklich. Joe kann nun Schauspieler werden und den angerichteten Schaden mit seinen Gagen problemlos bezahlen. Die Spinne zieht sich zurück, muß sich aber noch einmal mit den Gaunern befassen, die sich auf sie gestürzt hatten. Die erledigt sie nun gewissermaßen im Vorbeigehen endgültig. Aber zufrieden ist sie mit diesem Erlebnis keinesfalls.

Joe ist eine zwiespältige Figur. Daß jemand ungewollt zum Bösewicht mutiert, finde ich keine schlechte Idee. Das wurde später mit dem „Strolch“ („Prowler“) noch einmal durchexerziert. Aber daß einer durch einen Stromschlag superstark wird, halte ich für ein Indiz dafür, daß Ditko auf das Superheldenkonzept keine Lust mehr hatte. Er hätte die Spinne sicher lieber als Gegenspieler der Unterwelt gesehen. Und anscheinend war er ein Fan von Boxen und Wrestling. Aber für den Leser ist die Story ziemlich unbefriedigend. Joe, der zur Abwechslung mal ein gewisses Profil bekommt, hätte wohl zu einer interessanten Figur ausgebaut werden können, taucht aber offenbar erst spät wieder im Marvel-Universum auf.

Aber es tut sich auch wieder einiges in Peter Parkers Privatleben. Bei Jameson kündigt bereits die zweite Sekretärin (vielleicht auch die dritte, denn die im letzten Heft sah etwas anders aus). Peter begegnet in der Redaktion Ned Leeds. Er dachte, Leeds ist mit Betty an die Westküste gereist, aber es stellt sich heraus, daß auch Leeds nicht weiß, wo Betty steckt. Peter bleibt bei seiner Strategie, die Verbindung zu Betty durch Arschloch-Verhalten zu beenden (weil die Spinne zwischen ihnen steht). Leeds empfindet das als Herzlosigkeit. An der Uni stößt Peter auf demonstrierende Studenten. Hier sind sie noch keine Helden; Peter distanziert sich von ihnen, was ihn allerdings in den Verdacht bringt, Parteigänger von Richard Nixon zu sein (1966 war er noch nicht US-Präsident, hatte aber anscheinend schon einen schlechten Ruf). Jedenfalls: Zu diesem Zeitpunkt war die Protestkultur noch im Zwielicht.

Nachdem Joe seinen Frust los ist, geht er offenbar auf die Spinne über. Aus Wut auf Leeds versetzt sie einer auf der Straße herumstehenden Schaufensterpuppe einen Schlag. (Manche glauben, die Schaufensterpuppe sollte in Wirklichkeit Stan Lee darstellen.) Dann taucht noch Mary Jane Watson bei Tante May auf. Wir sehen von ihr praktisch nur ihren voluminösen Busen und ihre Wespentaille. Als Peter nach Hause kommt, braust sie gerade in einem Sportwagen davon. Er ist enttäuscht, aber nur deshalb, weil er gehofft hatte, es sei Betty. Im Fernsehen wird gemeldet, daß Joe Smith von Hollywood einen hochdotierten Vertrag bekommen hat. Dazu wird verbreitet, daß er die Spinne im Kampf besiegt habe. Peter ist endgültig bedient. Nächste Ausgabe: „Die größte Überraschung der Saison“ – ich glaube, damit ist nicht der neue Zeichner John Romita gemeint.

Im redaktionellen Teil lernen wir den dritten „Leser des Monats“ kennen. Werner ist wiederum ein älterer Marvel-Leser und vertritt die willkommene These, daß Comics nicht Schund, sondern gute Unterhaltung sind. Recht hat er immerhin mit der Behauptung, die Jugendlichen seiner Generation würden als Eltern einmal aufgeschlossener sein. Interessanter ist die Leserbriefseite, aber vor allem die Antworten der Redaktion. Zum einen geht es um die ausgelassene Ausgabe mit dem Skorpion; da wird wahrheitswidrig behauptet, bei dem ausgefallenen Abenteuer hätten die Amerikaner einen Fehler gemacht. Außerdem teilt die Redaktion mit, man wolle in jeder Produktion die Leserbriefe nur einmal pro Serie abdrucken. Deshalb gebe es in „Spinne“ und „FV“ nur alle zwei Ausgaben eine Leserbriefseite. Es gibt immer noch Leser, die nicht verstehen, daß Williams ältere Marvels bringt als zuvor der bsv. Hier heißt es nun seitens der Redaktion lapidar, die Zeichner wechselten in USA öfters, und Williams habe darauf keinen Einfluß.

Letzte Bemerkung: Wieder mal wird eine Episode des „Submariner“ ausgelassen, ausgerechnet „Tales to Astonish“ # 100 mit einem 20 Seiten langen Duell von Aquarius und Hulk. Dafür gibt es nun einen neuen Zeichner, der mir immer gut gefallen hat: Gene Colan.

Geändert von Peter L. Opmann (14.07.2018 um 17:17 Uhr)
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Alt 14.07.2018, 18:34   #24  
Peter L. Opmann
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Was mir noch in den Sinn kam: Vielleicht hat Williams "Tales to Astonish" # 100 bewußt ausgelassen und für die "Hulk"-Serie aufsparen wollen. Die letzte Ausgabe des "Hulk" brachte die Episode aus "TtA" # 95; in "Hulk" # 38 hätte also diese Story gebracht werden können, die ja nicht nur in der Continuity des "Submariner" lag, sondern auch in der von "Hulk". Bekanntlich endete Williams-"Hulk" bereits mit # 33.
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Alt 15.07.2018, 13:43   #25  
Phantom
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Spinne (Williams) 39
Das ist wieder eine Ausgabe, die ich nie auf Deutsch gelesen habe, daher kann ich zur Williams-Ausgabe nichts sagen. Bei manchen Gesichtern hat sich Ditko offenbar keine große Mühe gegeben, insgesamt ist das zeichnerisch kein Höhepunkt. Was mich hier wieder wahnsinnig langweilt, sind die Szenen, in denen die Gangster einer nach dem anderen ohne jegliche Waffen in Faustkämpfe mit der Spinne marschieren (und natürlich verlieren). Diese Szenen muss man wohl als Kind gelesen haben, um sie interessant zu finden.

Zitat:
Peter distanziert sich von ihnen, was ihn allerdings in den Verdacht bringt, Parteigänger von Richard Nixon zu sein (1966 war er noch nicht US-Präsident, hatte aber anscheinend schon einen schlechten Ruf)
Hier wird Ditko ja nachgesagt, sein konservatives Weltbild in die Spinne-Story eingebracht zu haben, denn die Szene ist für die weitere Handlung völlig überflüssig. Die Studenten werden als Protestierer um des Protests willen gezeigt (und um eine Ausrede zu haben, nicht in die Vorlesungen zu gehen). Ich oute mich und gestehe, dass ich hier auf Peters (und Ditkos) Seite bin. Als ich damals an die Uni kam, war ich wahnsinnig dankbar, dass mir der Staat eine kostenlose akademische Ausbildung ermöglichte. Zu meiner Zeit gab es noch die Marxistisch-leninistische Hochschulgruppe, die alle Institute mit Flugblättern überschwemmte und zum Kampf gegen das System aufruf, gegen das Prüfungswesen, für Gleichheit zwischen Studierenden und Professoren usw. Ich habe damals nicht kapiert, wo denn das Problem lag; ich wollte nie gegen das System protestieren, ich fand das System gut, ich wollte einfach nur viel von meinen Professoren lernen. Wäre ich wie Peter Parker in eine Protestgruppe geraten, hätte ich wohl ähnlich reagiert wie er.

Aber die Sache mit Richard Nixon muss Hartmut Huff erdacht haben. Im Original ist von Nixon keine Rede, da wird nur Lawrence Welk erwähnt, der damals eine Fernsehshow hatte, die offenbar für junge Leute als verstaubt galt.

Sowohl der Grüne Kobold als auch Mary Jane wurden ja mehrmals von Ditko so gezeichnet, dass ihre Köpfe verdeckt waren. Vom Kobold behauptet Ditko, er hätte ihn von Anfang an als Norman Osborn geplant; dann ist klar, dass es die Spannung erhöht, sein Gesicht zunächst nicht zu zeigen. Aber was hatte Ditko mit Mary Jane vor? Sollten wir nur neugierig darauf sein, wie sie denn aussieht? Oder sollte es auch eine Überraschung sein, d.h. sollte es eine Frauenfigur sein, die schon mal unter anderem Namen vorkam (oder noch hätte vorkommen sollen)? Ich behaupte mal, hübsche Frauen zu zeichnen, war nicht die größte Stärke Ditkos; also wie hätte MJ aus seiner Feder denn ausgesehen?
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