Sammlerforen.net     
 
  www.williams-marvels.de  

Zurück   Sammlerforen.net > Öffentliche Foren > Sammelgebiete > Comics > Magazine > NUFF! - Forum

Neues Thema erstellen Antwort
 
Themen-Optionen Ansicht
Alt 25.02.2019, 22:06   #526  
jakubkurtzberg
Moderator NUFF!
 
Benutzerbild von jakubkurtzberg
 
Ort: im Norden
Beiträge: 11.419
Zitat:
Zitat von Peter L. Opmann Beitrag anzeigen
Sprechblasen auf dem Cover haben mich nie gestört. Immerhin ist es ja ein Comic.
Condor hat jahrelang fast alle retuschiert. Da stand dann meistens "NEU!" und "Deutsche Erstveröffentlichung!".
jakubkurtzberg ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 25.02.2019, 22:52   #527  
Peter L. Opmann
Mitglied
 
Benutzerbild von Peter L. Opmann
 
Ort: Hessen
Beiträge: 5.474
Spinne (Williams) 118

Erscheinungstermin: 9/1978

Originalausgabe:
1) Amazing Spider-Man # 117
2) Mighty Thor # 140

Story-Titel:
1) Die furchtbaren Fallen des Vernichters!
2) ohne Titel (Crescendo kommt!)

Original-Storytitel:
1) The deadly Designs of the Disruptor!
2) The growing Man!

Zeichnungen:
1) John Romita / Jim Mooney / Tony Mortellaro
2) Jack Kirby / Vince Colletta

Text:
1) Stan Lee / Gerry Conway
2) Stan Lee



Ich würde gern mal das „Spectacular Spider-Man“-Magazin sehen, das 1968 erschien, als die reguläre Serie bei den 60er Nummern war. Das Magazin war innen schwarz-weiß und ahmte das Format der Warren-Horrormagazine nach. Die Story war 52 Seiten lang, sorgfältiger als üblich gezeichnet und inhaltlich etwas anspruchsvoller. Im Internet gibt’s nur wenige Informationen darüber. 1972/73 wurde dieser Band zu einem Dreiteiler in der regulären ASM-Serie verwurstet. Der hier vorliegende zweite Teil ist voller seltsamer, unlogischer, teils auch unfreiwillig komischer Szenen, während ich den ersten Teil recht überzeugend fand. Ob das schon bei der ursprünglichen Magazinstory so war oder eine Folge der Umarbeitung durch Gerry Conway, kann ich nicht sagen.

Wir erinnern uns: Es beginnt mit einem Cliffhanger. Während einer Wahlkampfveranstaltung von Richard Raleigh droht die Decke des Saals herabzustürzen. Im Dunkeln versucht Peter Parker, das Schlimmste zu verhüten. Sein Spinnennetz kann die Decke nur kurze Zeit halten, aber das Publikum kann sich wohl rechtzeitig in Sicherheit bringen (schon verwunderlich, da es ja stockdunkel ist). Auch Raleigh ist nichts passiert. Vor dem Eingang gibt er gleich ein Fernsehinterview, in dem er seinen Feinden den Kampf ansagt. Der Fernsehreporter sieht so hippiemäßig aus, wie ihn ein amerikanisches Network sicher nie vor die Kamera gelassen hätte. Peter taucht wieder auf und gesteht Gwen, er habe sich große Sorgen um sie gemacht (was ein bißchen billig klingt). Gwen antwortet mit den denkwürdigen Worten: „Du hattest Angst um mich? O Peter, Liebster… wann wirst du’s jemals lernen?“ ‚Wir alle werden’s lernen – in „Spinne“ # 123.

Im Weitergehen entdeckt Gwen ein vermeintliches Haar an Peters Sakko (ein Frauenhaar?). Es ist aber etwas von seinem Spinnennetz. Sowohl Gwen als auch Mary-Jane, die dauernd davon schwafelt, Richard Raleigh heiraten zu wollen, schöpfen jedoch keinen Verdacht. Unvermittelt kommt ein neuer Schurke ins Bild, der Vernichter. Der Mann mit einem Helm, der sein Gesicht verdeckt, und einem Cape ist jähzornig und ungeduldig wie ein Springteufel und macht auf mich überhaupt keinen Eindruck. Man sieht jetzt, daß er mit Hilfe eines verrückten Wissenschaftlers namens Thaxton den Schläger als Verschnitt von Frankensteins Monster erschaffen hat. Thaxton sagt dauernd, daß der Schläger noch der Feinabstimmung bedarf, aber der Vernichter will ihn sofort einsetzen – oder im Fall seines Versagens vernichten. Was die Frage aufwirft: Warum vernichtet er die Spinne oder Raleigh nicht lieber gleich selbst?

Als nächstes treffen wir Jonah Jameson in seinem Club im Gespräch mit Joe Robertson und Norman Osborn an. Jonah gibt sich, wie sich letztes Mal bereits abzeichnete, als bedingungsloser Fan von Raleigh zu erkennen. Osborn bleibt dagegen reserviert. Robertson will zuhause eine Akte mit brisantem Material über Raleigh durcharbeiten. Die Spinne ist inzwischen wieder auf der Suche nach dem Schläger. Sie kommt bei einer Raleigh-Party vorbei, wo – typisch USA – Spenden für ihn gesammelt werden. Eine Gangsterbande will die Gelder an sich bringen, aber die Spinne macht sie so mühelos fertig, wie wir das von früher kennen (im Hammerkopf-Epos war es nicht mehr so).

Zwischendurch ruft Peter Tante May an – das ist eine Einfügung von Conway. Sie hütet das Haus von Doktor Octopus und ist weiter nicht davon abzubringen, daß Doc Ock ein ganz lieber Mensch sei. Und schon besucht er mit Harry, Gwen und MJ wieder einen Raleigh-Auftritt. Ganz schön politisch interessiert, die Leutchen! Aber so ist Peter wieder vor Ort, als der Vernichter mit seinen Leuten die Veranstaltung überfällt und Betäubungsgas versprüht. Peter verwandelt sich in die Spinne, kommt aber diesmal gegen die Gangster nicht an (an der Benebelung liegt’s offenbar nicht). Der Vernichter kann sich davonmachen; ob er sein Ziel erreicht hat, bleibt allerdings etwas unklar. Jedenfalls kehrt er schleunigst in sein Hauptquartier zurück, wo Thaxton immer noch an dem Schläger werkelt.

Nun gibt es aber noch eine denkwürdige Szene: Jonah Jameson trifft Raleigh für ein Interview. Der hat gerade wieder Besuch von einem Unterwelt-Mann, der ihn wie in der vorigen Ausgabe einzuschüchtern versucht – wieder ohne Erfolg. Jonah hat sichts Eiligeres zu tun, als Raleigh zu erzählen, daß sein Redakteur Robertson gerade belastendes Material gegen ihn sammelt. Gleichzeitig versichert er ihm, daß das ohnehin zu nichts führen wird (na klar!). Während das Interview beginnt, läßt der Vernichter den Schläger endgültig von der Leine. Er soll Joe Robertson kidnappen.

Also, hier gibt es einige Wendungen in der Story, die mich die Stirn runzeln lassen. Mit einem endgültigen Urteil möchte ich bis zur nächsten Ausgabe warten. Immerhin hat alles im letzten Heft ja ganz vielversprechend angefangen. Aber im Moment habe ich kein gutes Gefühl… Zum ersten Mal seit langem gibt es hier mal wieder eine Checkliste mit einer Übersicht über die Monatsproduktion, außerdem eine Kleinanzeigen-Seite. Das Backcover ist bereits seit einiger Zeit für die Sea-Monkeys-Werbung reserviert.

Geändert von Peter L. Opmann (25.04.2019 um 15:44 Uhr)
Peter L. Opmann ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 25.02.2019, 23:35   #528  
Peter L. Opmann
Mitglied
 
Benutzerbild von Peter L. Opmann
 
Ort: Hessen
Beiträge: 5.474
Hier kann man übrigens in "The Spectacular Spider-Man" # 1 reinschauen:

www.youtube.com/watch?v=ZwcRvAEeGHI

Man sieht unter anderem, daß die Rolle von Joe Robertson ursprünglich Captain Stacy hatte (der inzwischen aus der Serie "herausgeschrieben" war), und der Vernichter war in Wirklichkeit Richard Raleigh.
Peter L. Opmann ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 26.02.2019, 10:26   #529  
Phantom
Mitglied
 
Benutzerbild von Phantom
 
Ort: Franken
Beiträge: 671
Zitat:
Zitat von Peter L. Opmann Beitrag anzeigen
Spinne (Williams) 118
Mir geht es auch so: den ersten Teil fand ich vielversprechend, aber jetzt wird die Story seltsam. Es könnte sich alles noch zum Guten wenden, wenn die Auflösung im nächsten Heft alle Fäden zusammenführen würde, aber das wird nicht passieren.

Zitat:
Auch Raleigh ist nichts passiert. Vor dem Eingang gibt er gleich ein Fernsehinterview, in dem er seinen Feinden den Kampf ansagt. Der Fernsehreporter sieht so hippiemäßig aus, wie ihn ein amerikanisches Network sicher nie vor die Kamera gelassen hätte.
Doch: das soll Geraldo Rivera sein, damals ein bekannter Live-Reporter in NYC. Auf seiner Wikipedia-Seite gibt es auch ein Foto von ihm aus den Siebzigern.

Zitat:
Was die Frage aufwirft: Warum vernichtet er die Spinne oder Raleigh nicht lieber gleich selbst?
Das habe ich mich auch gefragt. Einzige Chance, wie man das hinbiegen könnte: der Vernichter will ein unbesiegbares Wesen, das ihm die Herrschaft über die Stadt sichert. Weil es im letzten Heft die Spinne aber nicht besiegen konnte, ist das Wesen doch nicht so unbesiegbar wie erhofft. Deswegen muss noch ein bisschen daran gebastelt werden. Daher vernichtet der Vernichter die Spinne noch nicht, als er die Möglichkeit dazu hätte (Seite 20), denn er braucht die Spinne noch, um an ihr die Unbesiegbarkeit des Monsters (nach Update) zu testen. Ok, sehr an den Haaren herbeigezogen. Aber ohne diese Erklärung wäre die Story wirklich totaler Schrott.

Mir sind noch ein paar Sachen aufgefallen:
  • Die Farben des Kostüms (und auch des Wagens) des Vernichters auf dem Cover stimmen überhaupt nicht mit den Farben im Inneren des Heftes überein. Dafür kann Williams nichts, das ist auch im Original so. Es hat wohl viel Zeitdruck geherrscht.
  • Im Mini-Markt kündigt ein gewisser Klaus Spillmann an, seine Superhelden-Sammlung aufzulösen.
  • Ebenfalls im Mini-Markt werden Mitglieder zwischen 11 und 15 Jahren für einen Marvel-Club gesucht. Leider sind weder Namen noch Adressen dazu angegeben.
  • Bei den Credits schreibt Williams "Tusche: Stan G.". Im Original steht "Coloring: Stan G." (d.i. Stan Goldberg).
  • Eine schöne Übersetzungsstilblüte: der Vernichter sagt "I have the brains, the guts ... to rule the world" (ich habe den Verstand und den Mumm, die Welt zu beherrschen). Williams macht daraus: "Ich habe die Hirne und die Innereien,..."
Phantom ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 26.02.2019, 10:38   #530  
Peter L. Opmann
Mitglied
 
Benutzerbild von Peter L. Opmann
 
Ort: Hessen
Beiträge: 5.474
Zitat:
Zitat von Phantom Beitrag anzeigen
Doch: das soll Geraldo Rivera sein, damals ein bekannter Live-Reporter in NYC.
Das ist ja ein Ding! Aber bei der BBC habe ich tatsächlich auch Moderatoren aus den frühen 70ern mit beachtlicher Haarpracht gesehen.
Peter L. Opmann ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 26.02.2019, 23:33   #531  
Peter L. Opmann
Mitglied
 
Benutzerbild von Peter L. Opmann
 
Ort: Hessen
Beiträge: 5.474
Spinne (Williams) 119

Erscheinungstermin: 9/1978

Originalausgabe:
1) Amazing Spider-Man # 118
2) Mighty Thor # 141

Story-Titel:
1) Countdown zum Chaos!
2) Die Wut von Replicus!

Original-Storytitel:
1) Countdown to Chaos!
2) The Wrath of Replicus!

Zeichnungen:
1) John Romita / Jim Mooney / Tony Mortellaro
2) Jack Kirby / Vince Colletta

Text:
1) Stan Lee / Gerry Conway
2) Stan Lee



Die Raleigh-Geschichte ließ sich wohl nicht mehr sinnvoll abschließen. Insgesamt wirkt sie nun so, als wären möglichst viele grelle Effekte aneinandergefügt worden, um sie so spektakulär wie möglich zu machen. Aber sie passen nicht zusammen. Was haben wir hier also? Einen janusköpfigen, offenbar korrupten Politiker (aber was für Dreck er am Stecken hat, erfahren wir nicht), einen geheimnisvollen Gangsterboß im Stil von Ditkos „Herr des Schreckens“ (bei dem aber verschwommen bleibt, was überhaupt sein Ziel ist) und ein außer Kontrolle geratendes Monster; welche Rolle die Spinne in dieser Konstellation spielt, ist ebenfalls unklar – sie wird in die Ränke eher zufällig verwickelt. Alles in allem: Action, Grusel, Pseudopolitik, aber keine schlüssige Handlung.

Der Schläger (der jetzt von einer strahlenden Aura umgeben ist) will Joe Robertson ausschalten, der offenbar etwas gegen Raleigh in der Hand hat, aber die Spinne greift gerade rechtzeitig ein. Das Monster vergißt seinen Auftrag und wendet sich nun gegen die Spinne, die sich jedoch in Sicherheit bringen kann. Dafür taucht es kurz darauf vor dem Auto von Harry und MJ auf. Die beiden machen mit dem Kastenwagen – was sonst? – Wahlkampf für Raleigh. Peter und Gwen sitzen auch drin. Der Schläger verwandelt das Auto in Schrott, aber die vier Freunde bleiben unverletzt. Peter verwandelt sich wieder in die Spinne, um den Schläger endlich aufzuhalten. Zuerst platzt sie aber ins Labor von Vernichter und Thaxton; die beiden streiten sich gerade darüber, wie stark der Schläger durch die „Fernbedienung“ des Vernichters beansprucht werden kann. Seine Befehle machen das Monster schließlich vollends verrückt, es wendet sich gegen ihn und tötet ihn.

In einer Laufschrift werden wir Leser informiert, daß Raleigh die Bürgermeisterwahl so gut wie gewonnen hat. Nun kommt es zum Showdown zwischen Schläger und Spinne. Sie sucht nach dem „Knopf“, mit dem sie das Monster ausschalten kann. Und sie findet ihn. Kurz darauf stößt die Polizei auf den ausgebrannten Schläger und den toten Vernichter. Unter der Maske verbirgt sich – Richard Raleigh. Jonah Jameson, der als guter Journalist am Ort des Geschehens ist, kann es nicht fassen, ist aber davon überzeugt, daß Raleigh integer bis zum letzten Atemzug war. Die Spinne macht sich ein paar wirre Schlußgedanken („Irgendwas in Raleighs Inneren machte ihn zu dem, was er war… er ist und bleibt ein Symbol!“). Hinter der Skyline von New York taucht der Schatten des Hulk auf, der nämlich der nächste Sparringspartner der Spinne sein wird.

Man könnte nun eine ganze Reihe von Fragen stellen: Wer war Raleigh? Ein Heuchler, der die ganze Stadt hinters Licht führte, oder doch eine Lichtgestalt? Was hatte er gegebenenfalls zu verbergen (Robbies Recherchen verlaufen jedenfalls offenbar im Sande), und was hatte er vor? Als Vernichter war er wohl wieder mal einer, der die Kontrolle über New Yorks Unterwelt an sich reißen wollte, und dazu wollte er sich des Schlägers bedienen, aber das bleibt auch ziemlich vage. Ebenso bleibt wolkig, wer – oder was – der Schläger ist. Ein Monster, das aus Leichenteilen zusammengebastelt worden ist? Ein Roboter? Wie genau ließ er sich ausschalten?

Man sieht hier die Wirkungen der seriellen Comicproduktion. Wenn eine Story originell und logisch ist, ist das eher ein seltener Glücksfall. Normalerweise muß schnell eine neue Story vorgelegt und grafisch umgesetzt werden. Das bedeutet, der Autor greift zu Klischees und nicht zuendegedachten Motiven, die er eilig montiert. An den Zeichnungen ist dagegen hier nicht viel auszusetzen. Insbesondere Jim Mooney, der am Anfang seiner Mitwirkung an „Amazing Spider-Man“ stand, liefert sehr gute Arbeit ab.

Geändert von Peter L. Opmann (25.04.2019 um 15:45 Uhr)
Peter L. Opmann ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 27.02.2019, 17:12   #532  
Phantom
Mitglied
 
Benutzerbild von Phantom
 
Ort: Franken
Beiträge: 671
Zitat:
Zitat von Peter L. Opmann Beitrag anzeigen
Spinne (Williams) 119
Ich teile Deine Meinung: der Abschluss dieser Story ist total enttäuschend und wirr. Die Motive von Raleigh werden nicht im Ansatz deutlich: Was will er eigentlich als Politiker? Warum wollte er im letzten Heft mit dem Deckeneinsturz seine eigenen Anhänger töten? Damit er noch mehr empörte Wähler bekommt?

Zitat:
Kurz darauf stößt die Polizei auf den ausgebrannten Schläger und den toten Vernichter. Unter der Maske verbirgt sich – Richard Raleigh. Jonah Jameson, der als guter Journalist am Ort des Geschehens ist, kann es nicht fassen, ist aber davon überzeugt, daß Raleigh integer bis zum letzten Atemzug war.
Wenn man genau ist, stimmt das nicht ganz: die Spinne hat ja Raleigh schon vorher demaskiert und sein Kostüm entfernt. Jameson und die Polizei können also nicht wissen, dass der Vernichter und Raleigh dieselbe Person sind. Hier ist aber noch ein großes Logik-Loch: Weshalb sollte die Spinne Raleigh denn decken? Wenn ein Law-and-Order-Politiker eigentlich ein Verbrecher ist, ist es doch im Sinne der Gesellschaft, das öffentlich zu machen. So wie das dargestellt ist, hat die Spinne Mitleid mit Raleigh und bezeichnet ihn als Märtyrer - so ein großer Blödsinn. Na ja, jede weitere Gedanke zu dieser dämlichen Story wäre nun wirklich Zeitverschwendung.

Williams war erneut etwas schludrig. Stan G. wird wieder als Tuscher genannt, obwohl er (im Original) koloriert hat. Auf Seite 4 ändert der Anzug von Robertson die Farbe von grün zu blau. Auf Seite 8 in Panel 2 bleibt eine Sprechblase völlig leer. Die Übersetzung ist manchmal ungenau; auf Seite 8 wird der Eindruck erweckt, dass "heute Abend" die Wahl stattfände. Das stimmt aber natürlich nicht, wir befinden uns am Vorabend der Wahl. Auf Seite 20 heißt es "wenn Raleigh in einigen Stunden noch mehr Stimmen bekommt", so als würde schon gewählt, dabei heißt es im Original "when the polls open in a few short hours", also wenn die Wahllokale in ein paar Stunden öffnen.
Phantom ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 02.03.2019, 16:49   #533  
Peter L. Opmann
Mitglied
 
Benutzerbild von Peter L. Opmann
 
Ort: Hessen
Beiträge: 5.474
Danke nochmals für die Ergänzungen.

Spinne (Williams) 120

Erscheinungstermin: 10/1978

Originalausgabe:
1) Amazing Spider-Man # 119
2) Mighty Thor # 141

Story-Titel:
1) Der Name des Herrn ist… Hulk!
2) ohne Titel (Die Wut von Replicus!)

Original-Storytitel:
1) The Gentleman’s Name is Hulk!
2) The Wrath of Replicus!

Zeichnungen:
1) John Romita / Jim Mooney / Tony Mortellaro
2) Jack Kirby / Vince Colletta

Text:
1) Gerry Conway
2) Stan Lee



An diese Ausgabe habe ich relativ deutliche Erinnerungen. Nachdem ich die Story mit Hammerkopf und dem Vernichter etwas seltsam fand, war die Spinne nach meinem Empfinden – 1978 – nun wieder in der vertrauten Marvel-Welt angekommen. Ich hatte mit 13 allerdings das Gefühl, daß die Spinne kein ernsthafter Gegner für den Hulk sein kann; insofern erwartete ich von der vorliegenden Episode nicht allzu viel. Der Hulk war mir natürlich aus der Williams-Frühzeit vertraut. Vom Hulk des Jahres 1973 (in USA) wußte ich allerdings nicht sehr viel, was hier tatsächlich ein gewisses Problem ist. Man müßte nämlich eigentlich wissen, daß der Hulk Betty und Bruce Talbot nach Kanada gefolgt ist, die gerade geheiratet haben. In seiner anderen Identität als Bruce Banner war er lange in Betty verliebt gewesen. Nicht zuletzt General „Thunderbolt“ Ross, der seinerseits mit einer kleinen Armee dem Hulk auf den Fersen ist, hatte die Beziehung unmöglich gemacht. Hier bei Williams wird diese Parallelgeschichte ganz kurz referiert. Als unbedarfter Leser bekommt man das aber kaum mit.

In den Credits wird Autor Gerry Conway erst nach Zeichner John Romita genannt. Ich weiß nicht, ob das im Original auch so ist. Jedoch macht die Redaktion wieder den Coloristen (hier eine Frau, Andrea Hunt) zum Tuscher und läßt dafür die wirklichen Inker, Jim Mooney und Tony Mortellaro (letzterer auch in USA ungenannt), aus. Alles in allem spielt die Story wieder mehr in der Spider-Man-Welt, und ich kann aus heutiger Sicht hinzufügen: Conway arbeitet mit lauter bekannten Versatzstücken, hat hier also keine große kreative Leistung vollbracht. Peter besucht Tante May, was nicht ganz einfach ist, weil sie jetzt mit Doc Ock und seiner Bande zusammenlebt. Er trifft Harry, der wieder Drogenprobleme zu haben scheint, und seinen Vater Norman Osborn, der so aufgeregt ist, daß Peter befürchtet, er könne sich wieder in den Grünen Kobold verwandeln. Jonah Jameson läßt sich überreden, Peter nach Kanada zu schicken, weil der verspricht, ihm Fotos vom Hulk zu liefern. Und der Hulk sieht sich wieder mal mit US-Truppen konfrontiert und droht, ein Chaos anzurichten.

Warum Kanada? Wie oben erwähnt, ergibt sich das aus der zeitgleichen Hulk-Folge. Conway stellt jedoch eine weitere Verbindung her: Tante May hat ein Telegramm aus Kanada erhalten. Peter hat es abgefangen und liest es. Ein Mann namens Jean-Pierre Rimbaud (Amerikaner denken da möglicherweise nicht sofort an einen französischen Dichter) bittet sie zu einem wichtigen Gespräch zu sich – Näheres erfahren wir noch nicht. Etwas seltsam erscheint, daß er daraufhin Tante May in West-Chester aufsucht, ihr aber das Telegramm nicht gibt. Sie befindet sich in Ocks Haus in ziemlich unangenehmer Gesellschaft, aber Peter unternimmt vorläufig nichts. Peter hat das Gefühl, den Namen Rimbaud zu kennen, aber er kommt nicht drauf. Er beschließt, nach Montreal zu reisen, aber das geht nur, nachdem sich Jameson bereiterklärt hat, die Spesen zu übernehmen.

Kleiner Einschub: Gerry Conway operiert mit einigen Namen, die einem Europäer bekannt vorkommen. Einer von Ocks Leuten heißt Rafferty, wie ein schottischer Popmusiker, eine Sekretärin von Rimbaud heißt Delon, wie ein französischer Schauspieler, und ein kanadischer Armeeoffizier heißt Costeau. Schriebe sich der Name „Cousteau“, hätten wir hier einen französischen Meeresforscher – vielleicht war der ja tatsächlich gemeint. Jedenfalls: Peter trifft den Absender des Telegramms nicht an und kümmert sich erstmal um seine dienstlichen Pflichten. Er besucht eine Pressekonferenz von General Ross (der sich im übrigen aufführt, als wäre Kanada eine amerikanische Provinz). Die Konferenz wird abgebrochen, als bekannt wird, daß der Hulk gesichtet wurde. Anfangs hält er sich in der Nähe eines Kraftwerks auf, dann hüpft er zum Maskattawan-Staudamm (den es in echt offenbar nicht gibt). Da Peter nicht akkreditiert ist, darf er im Pressetroß nicht mit. Im letzten Moment springt er aber tollkühn auf den Lastwagen auf. Die Fahrt endet schon nach kurzer Zeit. Obwohl Peters Spinnensinn klingelt, wird der Lkw vom Hulk hochgehoben und in eine Schlucht geschleudert, wobei aber offenbar niemand verletzt wird.

Mit einem Sprung holt die Spinne den Hulk von den Beinen. Kurz darauf nähert sich ein Panzerverband. Der Hulk wehrt sich, indem er einen riesigen Erdbrocken auf die Soldaten schleudert. Die Spinne hält ihn mit ihrem Netz auf. Sie folgt dem grünen Koloß zum Staudamm und läßt das Wasser ab, ehe der die Staumauer zerstören kann. Mit der Mauer wird sie aber dann ins Wasser gerissen und von Gesteinsbrocken, Trümmern des Damms, in die Tiefe gezogen. Die Fortsetzung heißt „Todesfalle“, was schon mal nahelegt, daß die Spinne jedenfalls nicht ertrinken wird.

Wie gesagt: Hier werden fertige Versatzstücke montiert. Nachdem Gerry Conway ganz neue Erzählmuster eingeführt hatte, geht er nun offenbar auf Nummer sicher. Die Geschichte bietet überhaupt nichts Überraschendes, nur Altbekanntes, aber das kann ja dazu beitragen, daß der Leser sich in der Serie heimisch fühlt. Die Zeichnungen (besser gesagt wohl, das Inking) sind hier und da ein bißchen nachlässig, gefallen mir aber insgesamt recht gut. Es ist keine der ganz großen, legendären Spinne-Abenteuer, aber eine eher überdurchschnittliche Ausgabe. Wir haben hier wieder mal eine Monatsproduktion mit je drei „Spinne“ und „FV“-Ausgaben vor uns. Auf der vorletzten Seite findet sich eine Leserbriefseite, auf der zum einen die Sonderausgaben „Unheimliche Begegnung der dritten Art“ (gezeichnet von Walt Simonson) und „Krieg der Sterne“ (gezeichnet von Howard Chaykin) gelobt werden, zum anderen das neue Glanzpapier kritisiert wird. Insgesamt vier Leute wünschen sich das alte, matte Papier zurück, und die Redaktion ist erstaunt und wünscht sich dazu mehr Rückmeldungen. (Mir ging es damals auch so: Das Papier der Williams-Marvels war vorher ein Alleinstellungsmerkmal gewesen und hatte einen ganz eigenen Reiz. Und in den besten Zeiten, das war etwa von der 7. bis zur 20. Produktion, gab es wirklich ein Papier, auf dem der Druck sehr gut zur Geltung kam.)

Geändert von Peter L. Opmann (25.04.2019 um 15:45 Uhr)
Peter L. Opmann ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 02.03.2019, 19:52   #534  
Marvelianer
Moderator Sprechblase
 
Benutzerbild von Marvelianer
 
Ort: Güster
Beiträge: 1.142
Die Produktion 1 - 5 hatte das richtige Papier und den schönen Glanzumschlag wie die HitComics.
Marvelianer ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 02.03.2019, 20:31   #535  
Phantom
Mitglied
 
Benutzerbild von Phantom
 
Ort: Franken
Beiträge: 671
Zitat:
Zitat von Peter L. Opmann Beitrag anzeigen
Spinne (Williams) 120
An diese Story kann ich mich auch wieder etwas besser erinnern. Und auch aus heutiger Sicht finde ich sie besser im Vergleich zu der missglückten Raleigh-Geschichte. Natürlich ist es das bewährte Muster: zwei Handlungsstränge werden angesetzt, die erst nach der Hulk-Story weitergeführt werden (Osborn wird wieder zum Grünen Kobold, und was steht eigentlich in dem Telegramm?). Dazwischen wird ein üblicher Superhelden-Fight eingestreut, um die Leser auf die Folter zu spannen und für Verkäufe im nächsten Monat zu sorgen.

Die Zeichnungen finde ich auch solide, nur der um fast 180 Grad gedrehte Kopf von Betty Brant auf Seite 9 oben rechts erinnert doch sehr an "Der Tod steht ihr gut".

Ich meine mich an ein Interview mit Gerry Conway zu erinnern, in dem er angesprochen hatte, dass am Anfang seines Spiderman-Runs tatsächlich in den Credits absichtlich erst John Romita und danach Conway genannt wurde; er war eben der Jungspund, dessen Storylines zunächst eng mit Romita abgestimmt wurden.

Mir fällt wieder auf, dass Williams in dieser Zeit schlampiger war, als ich das in der Erinnerung verklärt habe. Ich finde Schreibfehler in den Sprechblasen ("muss Sie sofort siehen" auf dem Telegramm, "Buggle-Presseausweis") und seltsame Übersetzungen.

Gleich zu Beginn heißt es z.B. auf Seite 3: "Vielleicht ist's nicht gerade üblich, immer eine gewisse Tante zu rufen ... aber ihr müsst zugeben... es bringt was". Also, das ist doch völliger Quatsch. Erste Regel für Übersetzungen: den übersetzten Satz noch einmal durchlesen und überlegen, ob er inhaltlich Sinn ergibt. Diese Regel kann man auch befolgen, wenn man den Originaltext nicht richtig versteht, dann erfindet man eben etwas Passendes. Hier steht im Original: "perhaps it isn't the most orthodox way to go calling on one's aunt - but you've got to admit - it's effective". "Call" heißt hier natürlich nicht "rufen", auch wenn das im Lexikon steht. Anderes Beispiel: auf Seite 15 sagt Hulk "Geräusche (...) die Hulk noch nie gehört hat". Im Original: "sounds Hulk has heard before". Wahrscheinlich mussten die Übersetzungen mit immer mehr Zeitdruck und immer weniger Honorar erfolgen.

Auf der Leserbriefseite fällt mir Klaus Bogdon auf; von ihm habe ich später ein paar Ausgaben des Comic-Welt-Lexikons erstanden.

Die Papierfrage war für mich auch klar: das glänzende Papier mochte ich nicht, schließlich war das alte Papier für mich ein Markenzeichen von Marvel. Weiß man eigentlich, warum Williams kurz vor Schluss umgestiegen ist? Hatte man damit versucht, doch noch ein paar mehr Hefte zu verkaufen?

Was anderes: hätte ich damals das Heft aufmerksamer gelesen, hätte ich gewusst, dass man in Quebec Französisch spricht. Als ich das erste Mal in Montreal war, hat mich das ziemlich überrascht (in meinem Landei-Denken war Kanada = Amerika = amerikanisch). Ein paar Kilometer außerhalb von Montreal konnte ich im McDonalds keinen Burger auf Englisch bestellen, das hätte ich nicht erwartet.

Und noch was ganz anderes: im Heft ist ja der internationale Flughafen von Montreal erwähnt (der heute nach Pierre Trudeau benannt ist). Ein paar Jahre nach Erscheinen des Heftes hatte man in Montreal entschieden, einen ganz neuen, größeren Flughafen zu bauen, der viel weiter weg von der Innenstadt war. Nach wenigen Jahren wurde aber klar, dass dieser neue Flughafen eine Fehlinvestition war; heute wird fast der gesamte Flugverkehr wieder über den "alten" Flughafen abgewickelt. Zum Glück könnte so etwas mit einem deutschen Flughafen nicht passieren...
Phantom ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 02.03.2019, 21:11   #536  
Peter L. Opmann
Mitglied
 
Benutzerbild von Peter L. Opmann
 
Ort: Hessen
Beiträge: 5.474
Die Redaktion schreibt:

Zitat:
Ein "Marvel-Originalpapier" gibt es eigentlich nicht. Wir sind heilfroh, daß sämtliche Comics im Augenblick auf so hochwertigem Papier gedruckt werden, weil das die Qualität unserer Marvels, wie wir finden, hebt. Und außerdem haben viele Fans das "alte" Papier bemängelt, auf dem die Farben nicht so gut herauskamen wie auf dem jetzigen.
Kirsten Isele hat insofern recht, als Williams immer wieder mal anderes Papier verwendet hat.

@ Marvelianier: Du weißt aber, welche Ausgaben ich meine? Das neue Papier, auf das damals nach meiner Erinnerung extra mit einer redaktionellen Seite hingewiesen wurde (da wurde auch der Glanzumschlag eingespart), wurde in der sechsten Produktion eingeführt. Ich habe mich da vorhin ein bißchen vertan, weil in der sechsten Produktion noch der furchtbare Maschinensatz verwendet wurde, durch den die Texte überhaupt nicht in die Sprechblasen paßten.

@ Phanton: Die Schreibfehler sind mir auch aufgefallen, aber ich schreibe ja eh' immer schon recht umfangreich. Schön, wenn Du noch darauf eingehst. Manches bei der Übersetzung kam mir auch komisch vor, aber ich kann leider nicht mit dem Original vergleichen. Auf die Leserbriefschreiber habe ich diesmal nicht so genau geachtet, sonst wäre mir Klaus Bogdon natürlich auch aufgefallen.
Peter L. Opmann ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 02.03.2019, 21:29   #537  
jakubkurtzberg
Moderator NUFF!
 
Benutzerbild von jakubkurtzberg
 
Ort: im Norden
Beiträge: 11.419
Das reguläre Williams-Papier hatte schon was. Intergrafica hat am Anfang (1-5. Produktion) sehr grobes Papier innen benutzt und die Umschläge waren etwas dünner als bei den 200er Hit Comics. Der Druck bzw. die Farbfilme waren aber oft leicht verschoben und schwarz war sehr dominant. Das Schneider Druck-Papier, das Peter hier erwähnt, fand ich persönlich nicht wirklich gut. Irgendwie zu hart, aber farbmäßig z.B. bei Spinne Nr. 40 unschlagbar. Innen fand ich das weniger gut, aber die Umschläge hatten was. Das dünne, braungammelige Papier bei Frankenstein 15 ging gar nicht. Ich mochte Williams auf Glanzpapier, auch wenn es weniger Stil hat. Spinne 101 ist klasse!
jakubkurtzberg ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 03.03.2019, 22:19   #538  
Peter L. Opmann
Mitglied
 
Benutzerbild von Peter L. Opmann
 
Ort: Hessen
Beiträge: 5.474
Spinne (Williams) 121

Erscheinungstermin: 10/1978

Originalausgabe:
1) Amazing Spider-Man # 120
2) Mighty Thor # 142

Story-Titel:
1) Der Kampf und die Wut!!
2) Die Geißel des Super-Skrull!

Original-Storytitel:
1) The Fight and the Fury!
2) The Scourge of the Super-Skrull!

Zeichnungen:
1) Gil Kane / John Romita / Tony Mortellaro / Paul Reinman
2) Jack Kirby / Vince Colletta

Text:
1) Gerry Conway
2) Stan Lee



Marvel hat, soweit ich das überblicke, nie einen grafischen Einheitsstil gepflegt. Zeichner konnten hier immer ihre Manierismen pflegen. Und ich hatte schon als Jugendlicher einen Blick dafür. Als ich dieses Heft am Kiosk gekauft habe, war mir sofort klar, daß der Zeichner Gil Kane war. Aber er wurde in den Credits nicht erwähnt. Damals habe ich das eher für ein Versehen gehalten, heute denke ich, daß ein Leserbrief aus „Spinne“ # 116 eine Rolle spielte, in dem der Zeichenstil von Kane bemäkelt wurde. Die Redaktion hat also wohl ein bißchen geschummelt und John Romita hier vom Inker zum Zeichner befördert. Ob das die Mehrzahl der Leser nicht gemerkt hat? Allerdings taucht Kane beim nächsten Mal wieder in den Credits auf. Mir gefällt Kanes Artwork sehr gut (auch er hatte zwischendurch schwächere Phasen). Welche Rolle Paul Reinman beim Inking spielte, weiß ich nicht; vielleicht wurde er geholt, weil er bereits in den Anfangstagen den Hulk geinkt hatte.

Inhaltlich wird aus dem Aufeinandertreffen von Hulk und Spinne nicht viel gemacht. So ähnlich hatte ich mir das vorgestellt: Mit ihren akrobatischen Fähigkeiten kann die Spinne dem Hulk immer wieder ausweichen, aber ihm auch nicht gefährlich werden, und am Ende verliert der die Lust an diesem Spiel und räumt das Feld. Was der geheimnisvolle Anwalt Rimbaud von Tante May wollte, bleibt einfach offen. 1978 habe ich den Hulk-Zweiteiler wohl ganz nett gefunden, heute wirkt er auf mich wie ein mißglücktes, in sich zusammengefallenes Soufflé.

Der Cliffhanger erweist sich als gar keiner: Die Spinne droht hier keineswegs zu ertrinken, sondern wird vom Hulk aus dem Wasser geschleudert. Er wischt sie wie ein lästiges Insekt beiseite und bringt unmittelbar danach die Armee in Schwierigkeiten, indem er eine Überschwemmung erzeugt. Die Spinne kehrt jedoch nach Montreal zurück, um endlich Monsieur Rimbaud aufzusuchen. Kurz telefoniert Peter noch mit Gwen, die ihn auffordert, schnell nach Hause zu kommen, weil Harry wieder auf Drogen ist. Beim Weitergehen bemerkt Peter dank seinem Spinnensinn, daß er von einem Ganoven verfolgt wird. Er stellt sich als einer von Doc Ocks Leuten heraus. Als die Spinne ihn geschnappt hat und gerade ausquetscht, erscheint General Ross auf der Bildfläche (warum eigentlich? Will er sich jetzt auch noch um kanadische Polizeiaufgaben kümmern?).

Die Spinne entwischt jedoch und trifft (in Gestalt von Parker) in Rimbauds Büro dessen Sekretärin Delon an. Sie will ihn zu ihrem Chef bringen; Treffpunkt ist das ehemalige Weltausstellungsgelände. Dort wartet nun wiederum der Hulk auf die beiden, läßt ihr Auto in eine aufgerissene Straße stürzen und wird noch einmal von der Spinne angegriffen. Erneut kann sie sich aber nur vor ihm in Sicherheit bringen. Ross lokalisiert die beiden Superhelden, und als der Hulk die Spinne nicht zu fassen, aber es gleich darauf wieder mit der Armee zu tun bekommt, hüpft er endgültig davon. Rimbaud erscheint und will Peter darüber in Kenntnis setzen, weshalb er Tante May telegrafiert hatte. Aber auch Ocks Mann ist am Ort des Geschehens und schießt Rimbaud hinterrücks nieder. Der Anwalt nimmt seine Informationen mit ins Grab. Immerhin erwischt Peter so noch das letzte Flugzeug nach New York. Das ist ja auch was. Angekündigt wird für die nächste Ausgabe der Grüne Kobold. Ob da Gwens Tod auch schon beschlossen war?

Sowohl das Duell Hulk gegen Spinne als auch das Geheimnis um die Botschaft an Tante May aus Kanada gehen sozusagen aus wie das Hornberger Schießen. Doktor Octopus, der im Hintergrund die Fäden zu ziehen scheint, taucht übrigens, wenn ich das richtig sehe, erst in „Spinne“ # 131 wieder auf. Ob Gerry Conway und Roy Thomas hier mehr vorhatten, die Handlung aber nach zwei Ausgaben abwürgten, um zum Grünen Kobold übergehen zu können, oder ob Conway für einen Zweiteiler keine folgerichtigere und ausgeklügeltere Story zustandebrachte, entzieht sich meiner Kenntnis.

Geändert von Peter L. Opmann (25.04.2019 um 15:45 Uhr)
Peter L. Opmann ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 04.03.2019, 16:39   #539  
Phantom
Mitglied
 
Benutzerbild von Phantom
 
Ort: Franken
Beiträge: 671
Zitat:
Zitat von Peter L. Opmann Beitrag anzeigen
Spinne (Williams) 121

Story-Titel:
1) Kampfwut!!
Zwar wegen der Farben ein bisschen schwer zu erkennen, aber der Titel ist tatsächlich "Der Kampf und die Wut!"

Im Original steht "Story and art: Gerry Conway and Gil Kane". Williams schreibt "Story und Gestaltung: Gerry Conway". Ich denke nicht, dass das Absicht war, Gil Kane zu verschweigen, Williams hat das einfach verschusselt.

Ich finde die Story nicht ganz so schlimm. Kein Highlight natürlich. Aber statt der üblichen Stadtansichten von New York gibt es hier ein paar authentische Details von Montreal. Klar, die Kampfszenen mit Hulk sind Kinderkram, und als die erforderliche Seitenzahl erreicht ist, haut Hulk einfach ab, das ist schon recht billig. Aber dass auf der letzten Seite der Anwalt erschossen wird, fand ich als Neunjähriger schon "shocking". (Natürlich ist das ein übliches Motiv in Krimis, dass der Zeuge erschossen wird, bevor er plaudern kann, aber damals war ich noch nicht so abgebrüht.)

Negativ fallen mir die krakeligen Hulk-Zeichnungen auf den Seiten 18 bis 20 auf. War John Romita zu dieser Zeit nicht schon Art Director, also Mädchen für alles? Titelbilder, ggf. Korrekturen von anderen Zeichnungen, dazu noch ein eigenes Heft, das war sicher zuviel, daher konnte er wohl nicht immer ausreichend Zeit für die Spinne aufwenden. Deshalb auch immer wieder Assistenten wie Mortellaro und ab hier wieder Kane als Zeichner. Vermutlich konnten weder Romita noch Kane recht viel mit den Hulk anfangen, und hier kam wohl auch Reinman ins Spiel.

Ich will nicht langweilen, daher nur zwei Kritikpunkte an der Übersetzung: Als Peter Gwen anruft, sagt er "tut mir leid, dass ich so anrufe". Was ist denn "so"? Im Original findet sich die Auflösung, Peter sagt "I had to make this call collect", d.h. er führt ein R-Gespräch auf Gwens Kosten. Und auf S. 10 fragt die Spinne "wann hat Clark Kent zum letzten Mal im Telefonbuch Kryptonit gefunden?" Im Original ist das ein "telephone booth", nicht "book", also eine Telefonzelle. Macht schon mehr Sinn, in Büchern findet man ja eher selten Gesteinsbrocken.

Tony Mortellaro hat immer wieder versucht, seinen Namen bzw. Teile davon in die Hintergründe zu schmuggeln. Ich finde hier auf Seite 7 unten "B... ...aro" (also eine Andeutung von "Backgrounds by Mortellaro") und auf S. 12 unten links "Mor.. Back..unds". Auf Seite 7 unten heißt ein Restaurant "Gil's Place". (Diese Sachen waren mir als Neunjährigem damals total wurscht, aber heute finde ich die Suche nach solchen Details viel spannender als diese ewigen Superheldenkämpfe.)

So, jetzt schaue ich mir die Panels mit Gwen noch mal an, so lange sie noch lebt.
Phantom ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 04.03.2019, 16:56   #540  
Peter L. Opmann
Mitglied
 
Benutzerbild von Peter L. Opmann
 
Ort: Hessen
Beiträge: 5.474
Danke für die Anmerkungen.

Ich denke, auch schon 1978 hat mich interessiert, welche Verbindung Tante May zu einem Anwalt in Montreal hat, und deshalb war es enttäuschend, daß Rimbaud am Ende einfach erschossen wird, ohne daß man darüber etwas erfährt.

Ob mich dieser Mord sehr schockiert hat, weiß ich nicht mehr. Aber es ist nötig, daß man eine Figur ein bißchen kennt, damit deren Tod einem nahegeht. Beispiel: Werden Indianer beim Belagern der Wagenburg der Siedler über den Haufen geschossen, ist das für den Betrachter bestenfalls ein bißchen Thrill, aber stirbt Winnetou, weil er sich in die Schußbahn der Kugel geworfen hat, die Old Shatterhand treffen sollte, dann ist das herzerweichend.
Peter L. Opmann ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 05.03.2019, 22:54   #541  
Peter L. Opmann
Mitglied
 
Benutzerbild von Peter L. Opmann
 
Ort: Hessen
Beiträge: 5.474
Spinne (Williams) 122

Erscheinungstermin: 10/1978

Originalausgabe:
1) Amazing Spider-Man # 121
2) Mighty Thor # 142

Story-Titel:
1) Die Nacht, in der Gwen Stacy starb!
2) ohne Titel (Die Geißel des Super-Skrull!)

Original-Storytitel:
1) The Night Gwen Stacy died
2) The Scourge of the Super-Skrull!

Zeichnungen:
1) Gil Kane / John Romita / Tony Mortellaro
2) Jack Kirby / Vince Colletta

Text:
1) Gerry Conway
2) Stan Lee



Dieses Erlebnis habe ich sicher hier irgendwo schon mal erzählt. Nachdem ich die Marvels seit der 35. Produktion so gut wie lückenlos gelesen hatte, konnte ich dieses Heft am Kiosk nicht finden. Ich klapperte noch drei bis vier weitere Verkaufsstellen in meiner Heimatstadt ab – nirgendwo war das Heft zu bekommen, die „FV“ und die „Rächer“ dagegen schon. Ich war noch zu jung, um mich mit den Kioskbetreibern darüber zu unterhalten, was da los war. Es blieb für mich ein Rätsel. „Spinne“ # 123 gab es dann zwei Wochen später wieder, so daß mich der Schock über den Tod von Gwen Stacy etwas zeitverzögert traf. Die vorliegende Ausgabe habe ich nicht sehr viel, aber doch ein paar Jahre später auf dem Flohmarkt gekauft.

In den Credits ist diesmal alles in Ordnung; es fällt nur auf, daß Redakteur Roy Thomas durch Kirsten Isele ersetzt ist, was ja seine Berechtigung hat. Der Erzähltext auf der Splashpage raunt, daß der Titel der Story noch nicht genannt werden kann. Die Story selbst ist alles in allem bemerkenswert simpel. Man kann sie in wenigen Worten nacherzählen: Norman Osborn dreht durch, als sein Sohn Harry wieder der Drogensucht verfällt. Er wird zum Grünen Kobold, will endlich mit Peter Parker abrechnen, aber findet in seinem Apartment Gwen Stacy und entführt sie. Als die Spinne den Kobold auf der Brooklyn Bridge stellt, stürzt Gwen beim Kampf vom Brückenpfeiler. Die Spinne kann sie zwar mit ihrem Netz auffangen, aber sie hat sich das Genick gebrochen. Der Grüne Kobold triumphiert. Am Ende wird der Titel eingeblendet: „Die Nacht, in der Gwen Stacy starb“. Die Story ist gut, möglicherweise gerade deshalb, weil sie so simpel ist.

Es steckt viel Psychologie drin, wenn auch eine Groschenroman-Psychologie. Zu Beginn sehen wir Gwen und Mary-Jane an Harrys Krankenbett – und die Spinne, die von außen durchs Fenster blickt. Der Doktor ist da; er sagt, Harry müßte wegen LSD-Mißbrauchs eigentlich ins Krankenhaus, aber Norman Osborn läßt das nicht zu. Peter zieht sich um und eilt ebenfalls zu Harry. Norman fängt ihn jedoch ab und weist ihm die Tür. Er gibt Peter die Schuld daran, daß sein Sohn in so jämmerlichem Zustand ist. Auch Gwen und MJ müssen gehen. Wir sehen aber noch, daß Norman weitere Probleme hat. Der Aktienkurs seines Unternehmens fällt; ihm droht der Ruin. Peter liefert seine Kanada-Fotos vom Hulk beim Daily Bugle ab. Dabei stellt sich heraus, daß er wieder mal an einer Grippe laboriert. Während er als Spinne nach Hause schwingt, verliert Norman Osborn endgültig die Kontrolle über sich und wird zum Grünen Kobold. Wir sehen, wie er auf das Fenster zusteuert, hinter dem Gwen auf Peter wartet.

Als die Spinne kurz darauf eintrifft, ist sein Apartment auf den Kopf gestellt. Gwen ist weg. Als Visitenkarte hat der Kobold eine seiner Kürbisbomben zurückgelassen. Die Spinne nimmt unverzüglich die Verfolgung auf und findet den Kobold schon nach kurzer Zeit auf der Brücke (die auch im Original fälschlich als George-Washington-Brücke bezeichnet wird). Sie ist durch ihre Grippe gehandicapt, aber soweit ich sehe, ist das ein eigentlich überflüssiges Detail. Die Spinne kämpft nicht schlechter gegen den Kobold, als wenn sie fit wäre. Trotzdem: Während sie die offenbar bewußtlose Gwen von der Brücke zu holen versucht, taucht ihr Gegner wieder auf und schubst Gwen im Vorbeiknattern von dem Brückenturm. Die Spinne rettet sie und merkt nicht sofort, aber doch ziemlich schnell, daß Gwen tot ist. Sie schwört dem Kobold, wohl im Affekt, ihn umzubringen.

Schön, man kann über ein paar Aspekte der Handlung nachdenken: Wie kommt Norman Osborn darauf, daß Peter und seine Freunde an der Drogensucht seines Sohnes schuld sein könnten? Naja, es ist zwar nicht so, aber auch nicht völlig abwegig. Warum ist Gwen bewußtlos, als sie vom Kobold entführt ist? Ist sie vor Schreck in Ohnmacht gefallen, oder hat er etwas mit ihr gemacht, wovon wir nichts wissen? Dann ist da die Sache mit der Spinnen-Grippe, die für den Handlungsablauf gar nicht nötig ist. Aber insgesamt ist das eine sehr klar aufgebaute, dramaturgisch makellose Geschichte. Alle werden von Gwens Tod überrascht – mir ging es in noch etwas höherem Maß so, weil ich unvermittelt mit der toten Gwen in den Armen der Spinne konfrontiert wurde. Aber Conway hat den Ablauf der Ereignisse schon richtig, also sehr wirkungsvoll erzählt. Die Zeichnungen sind auch sehr gut. Nur der Druck läßt wieder mal zu wünschen übrig; zumindest auf einem Teil der Seiten sind die schwarzen Linien zu fett.

Nebenbei: Das Cover ist ebenfalls gut gelungen. Es bringt zum Ausdruck, daß jemand aus Peter Parkers engstem Bekanntenkreis sterben wird, verrät aber nicht, wer. An Gwen hätte ich wohl nicht gedacht, eher an Tante May, vielleicht mit etwas Überlegen an Harry Osborn. Es ist keine Szene, die im Heft vorkommt, aber das halte ich in diesem Fall für verzeihlich. Die Redaktion fügt extra den dubiosen Hinweis an: „Kein Trick!“ Ich habe übrigens nochmal einen Blick auf die Vorschauseite geworfen; da wird der US-Titel verraten: „The Night Gwen Stacy died“. Das habe ich aber damals offenbar überlesen.

Geändert von Peter L. Opmann (25.04.2019 um 15:46 Uhr)
Peter L. Opmann ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 06.03.2019, 15:22   #542  
thetifcat
Mitglied
 
Benutzerbild von thetifcat
 
Ort: Bardowick
Beiträge: 2.128
Blog-Einträge: 1
Zitat:
Zitat von Peter L. Opmann Beitrag anzeigen
Spinne (Williams) 122


Dieses Erlebnis habe ich sicher hier irgendwo schon mal erzählt. Nachdem ich die Marvels seit der 35. Produktion so gut wie lückenlos gelesen hatte, konnte ich dieses Heft am Kiosk nicht finden. „Spinne“ # 123 gab es dann zwei Wochen später wieder, so daß mich der Schock über den Tod von Gwen Stacy etwas zeitverzögert traf.
Mir ging es genauso. Wir hatten einen Sparladen "David" in Melbeck ein Dorf vor Lüneburg (bei Hamburg). Mein Vater hatte da Jahre vorher schon seine Tarzan gekauft. Und dort kam ich auch unbewusst mit Marvel in Kontakt (Hulk/BSV gemisch/erzählte ich schon mal). Später kaufte ich dort so ab 116 regelmäßig die Spinne. Nur die 122 die kam nie
thetifcat ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 07.03.2019, 23:51   #543  
Peter L. Opmann
Mitglied
 
Benutzerbild von Peter L. Opmann
 
Ort: Hessen
Beiträge: 5.474
Spinne (Williams) 123

Erscheinungstermin: 11/1978

Originalausgabe:
1) Amazing Spider-Man # 122
2) Mighty Thor # 143

Story-Titel:
1) Des Kobolds letzter Streich!
2) … und bald kommen die Zauberer!

Original-Storytitel:
1) The Goblin’s last Stand!
2) And sonn shall come: The Enchanters!

Zeichnungen:
1) Gil Kane / John Romita / Tony Mortellaro
2) Jack Kirby / Bill Everett

Text:
1) Gerry Conway
2) Stan Lee



Wenn ich genau nachdenke, bin ich nicht mehr ganz sicher. Ich weiß noch, daß ich an dem Tag, als ich dieses Heft gelesen hatte, mit einem sehr flauen Gefühl in der Schule saß. Ich weiß aber nicht mehr genau: Habe ich die Ausgabe frühmorgens noch vor der Schule gekauft und gelesen? Oder hatte ich sie am Vortag gelesen, und die Wirkung war immer noch spürbar? In meiner Familie hatte es noch keine Todesfälle gegeben, die mich treffen konnten. Ein Opa war schon vor meiner Geburt gestorben, eine Oma starb, als ich sieben war. Also kam es mir vor, als ob Gwen quasi ein Familienmitglied gewesen war. Es schien, als sei Gwen schon (fast) immer dagewesen, obwohl ich die Hälfte der Williams-Serie nur sporadisch gelesen hatte. Ich habe richtig ein bißchen um sie getrauert. Ich brauchte einige Zeit, um wieder gut drauf zu kommen.

Gwens „Tod“ nehme ich zum Anlaß, mir einen Überblick zu verschaffen, wie sie in der Serie tatsächlich agiert hat. Das variierte sehr stark – so sehr, daß ich zweifle, ob sie eine konsistente Figur war. Ihr erster Auftritt war in „Spinne“ # 32 an der Highschool. Peter fällt ihr auf, weil sie ihn offenbar als einzigen Jungen der Schule kalt läßt. Peter wälzt in seinem Kopf permanent Probleme; das interpretiert sie als Überheblichkeit. Sie beteiligt sich zwar ein bißchen an dem Gerede, daß er ein Feigling sei, merkt aber schnell, daß das überhaupt nicht stimmt. Das ist Gwen in der Ditko-Phase. Danach geht es so weiter, daß Peter immer wieder Einladungen von ihr ausschlägt. Lebenslustig, wie sie ist, verabredet sie sich dann mit Flash Thompson, aber sie ärgert sich, und gleichzeitig läßt sie durchblicken, daß Peter ihr wichtiger ist. Die Beziehung wird langsam enger. In „Spinne“ # 60 umarmen sich die beiden erstmals. Aber Gwen bekommt das (berechtigte) Gefühl, Peter verberge etwas vor ihr. Sie trifft sich mit Flash, um herauszufinden, was das ist, was zu einem Eifersuchtsdrama führt.

Peter denkt, er sei zu arm, um Gwen etwas bieten zu können. Aber Gwen will hauptsächlich, daß er da ist, wenn sie ihn braucht. Gwens Vater löst dann zwei schwere Krisen aus: Zuerst denkt sie, Peter habe ihn angegriffen, was sie ihm nicht verzeihen kann. Dann scheint die Spinne ihren Vater getötet zu haben, was sie für Peter fast unerreichbar macht. Gwen verläßt Peter und reist zu Verwandten nach England, kehrt aber nach kurzer Zeit zurück. In „Spinne“ # 100 deutet Peter an, daß er sie heiraten möchte. Kurz darauf muß er sich aber wieder – vorübergehend – vor ihr verbergen, weil er nach einem mißlungenen Experiment vier Extra-Arme hat (wie die Spinne!). Gwen wandelt sich zur emanzipierten Frau und lädt Peter zum Essen und ins Kino ein. In „Spinne“ # 107 ist davon die Rede, daß die beiden eine Nacht zusammen verbringen (man sieht davon natürlich nichts). Fast zum Schluß verursacht Gwen Probleme, weil sie Tante May beschuldigt, Peter zu sehr zu bemuttern, und Tante May daraufhin zu Doktor Octopus überläuft. In „Spinne“ 117 ist beinahe schon ihr letzter Auftritt, bei dem sie Peter versichert, Flash bedeute ihr nichts.

Das heißt: Gwen hat sehr widersprüchliche Gefühle und Motivationen. Sie sieht ja auch immer wieder anders aus. Naja, so ein Hin und Her in der Beziehung kann ich mir schon vorstellen. Aber Peter und Gwen sprechen sich darüber nie richtig aus. Klar, er kann ihr nicht erklären, daß er immer wieder zur Spinne wird und deshalb weg ist. Doch sie versuchen nie, trotzdem eine gemeinsame Basis zu finden. Alles in allem sind sie ziemlich wenig zusammen, gemessen daran, daß sie sich so sehr lieben. Das ist keine große Liebesgeschichte, was in den 60er Jahren vielleicht auch wegen Zensurbestimmungen gar nicht möglich war. Womöglich ist das der wirkliche Grund, warum Peter sie immer wieder allein läßt, wenn sie eigentlich von ihm in den Arm genommen werden will… Aber in den einzelnen Episoden schaffen es die Marvel-Künstler irgendwie, es doch wie die große Liebe aussehen zu lassen. Als der Bullpen entschied, Gwen sterben zu lassen, hat das vielleicht auch eine Rolle gespielt: Die Beziehung von Gwen und Peter war zu unbestimmt und zugleich zu zerfahren, um etwas Richtiges daraus machen zu können – lieber mit Mary-Jane nochmal neu anfangen. Wobei ich natürlich auch das Argument kenne, Gwen sei zu brav gewesen und damit eine weniger interessante Figur als MJ.

Nun endlich zum vorliegenden Heft. Die Spinne fängt den Grünen Kobold und versucht, ihn zu einem Geständnis seiner Schuld zu bringen. Aber der Kobold kann sie abschütteln. Polizei und eine Horde Gaffer sind bei der Leiche von Gwen eingetroffen, aber die Spinne jagt sie weg. Sie erinnert sich an die schönen Momente, die Peter mit Gwen erlebt hat, und daran, wie die Spinne sie immer wieder getrennt hat. Schließlich läßt sie zu, daß die Leiche abtransportiert wird, will sich aber nicht von der Polizei vernehmen lassen. Mehr in Wut als in Trauer kehrt Peter in seine Wohnung zurück und trifft dort den paranoiden Harry. Als nächstes schwingt die Spinne zur Redaktion des Daily Bugle und bespricht mit Joe Robertson (schon etwas gefaßter), wie sie Norman Osborn aufstöbern kann. Sie erhält einen heißen Tip: ein Lagerhaus am Hudson River. Dort wartet sie auf den Kobold. Als er auftaucht, kämpft sie so furios, daß ihr erst im letzten Moment klar wird, daß sie dabei ist, ihn umzubringen – und dann wäre sie nicht besser als er. Der Kobold plant eine letzte Schurkerei: Er will die Spinne von hinten von seinem Koboldbesen aufspießen lassen, aber ihre Reflexe retten sie. Der Besen bohrt sich stattdessen in die Brust des Kobolds. Sie läßt den Toten achtlos liegen, wird dabei aber von einem Unbekannten beobachtet. Wir werden auf die nächste Ausgabe vertröstet, wo wir etwas darüber erfahren sollen, wer das ist. Mary-Jane hat an Peters Apartment gewartet. Als er zurückkehrt, blafft er sie an. Sie reagiert ganz untypisch: Sie geht nicht, sondern will Peter dennoch beistehen.

Wieder alles in allem eine gute Story, gut grafisch umgesetzt. Drucktechnisch ist diesmal nichts zu bemängeln. Bemerkenswert finde ich, wie anhaltend Peters eigenartige Wut-Trauer gezeigt und thematisiert wird. Das hebt die Story sicherlich etwas über das übliche Trivial-Niveau. Ich glaube, Autor und Zeichner waren sich bewußt, daß sie an zwei Meilenstein-Ausgaben arbeiteten. Was Williams angeht: In dieser Ausgabe gibt es wieder Monats-Checkliste und eine Leserbriefseite. Fast wieder normale Verhältnisse, nachdem zwischendurch die Redaktion kaum mehr in Erscheinung getreten war. In den Briefen überwiegt das Lob. Bemängelt wird, daß in der Serie „FV“ kein Platz für redaktionelle Seiten mehr ist. Die Redaktion sagt dazu, sie wolle die Zweitstory immer in zwei Teilen abhandeln, und bei zehn Seiten „Dämon“ bleibe kein Platz mehr übrig, Das wird nun zur Diskussion gestellt: Doch wieder drei Teile? Erfreulich, daß die Redaktion nicht Seitenkürzungen in Betracht zieht.

Geändert von Peter L. Opmann (25.04.2019 um 15:46 Uhr)
Peter L. Opmann ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 08.03.2019, 09:08   #544  
Peter L. Opmann
Mitglied
 
Benutzerbild von Peter L. Opmann
 
Ort: Hessen
Beiträge: 5.474
Kommentar zu "Spinne" # 122 und 123:

Zitat:
Ich nehme an, da hatten ein paar Sammler das Heft weggegrabbelt. Bei uns war die Drogenstory nicht zu bekommen, da hatten wohl auch mehr informierte Fans zugeschlagen als sonst... Ich weiß noch, dass ich den Tod von Gwen weniger in der Handlung als tragisch erlebt hatte, ich empfand es als einen Abstieg bei den Marvels, dass man jetzt anfing, Charaktere zu töten. Sowas gehörte für mich nicht in einen Comic... Das wurde später ja noch schlimmer: Jean Grey, Sasquatch usw. Mittlerweile sterben ja immer wieder mal Figuren, kehren aber dann ohne viel Erklärung zurück. Das ist recht billiger Klamauk, wahrscheinlich von den vielen "Leben" in Computerspielen beeinflusst...
Peter L. Opmann ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 09.03.2019, 09:22   #545  
Peter L. Opmann
Mitglied
 
Benutzerbild von Peter L. Opmann
 
Ort: Hessen
Beiträge: 5.474
Wir haben noch ein bißchen über Peter und Gwen weitergeredet.

Zitat:
Das mit den Beziehungen in Unterhaltungsstoffen stimmt natürlich. Ich habe gerade wieder ziemlich oft "Jeanie" gesehen, da ist es ähnlich. Es darf nie deutlich werden, dass Nelson tatsächlich eine Beziehung zu dem hübschen Dschinn-Mädchen unter seinem Dach hat. Er wirkt die meiste Zeit auch eher genervt von ihr und versucht sie vom Zaubern abzuhalten. Dass sie dann in der dritten Season tatsächlich heiraten, war eher erstaunlich. Es gab auch lustige Detailvorschriften wie zum Beispiel, dass Küsse und Umarmungen nie zu lange ausfallen dürften oder dass Nelson nie in Jeanies Flaschenwohnraum kommen durfte und ähnliches. Bei vielen Romanzen in Comics (Popeye, Archie...) ist das wie bei Donald Duck: man bemüht sich dauernd um Dates, aber wozu eigentlich? Mehr als der Kuss auf der Türschwelle geschieht nie... Unter die selben Gesetzmäßigkeiten fiel natürlich auch die Romanze zwischen Gwen und Peter. Seltsamerweise ist der Flash bei DC schon relativ früh verheiratet, und Hawkman und Hawkgirl waren auch zusammen, aber das wurde nie besonders thematisiert...
Peter L. Opmann ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 09.03.2019, 13:29   #546  
Horatio
Mitglied
 
Beiträge: 404
Zu Spinne 122:

Der Williams-Verlag hat die Marvel-Absicht, diesen Storytitel erst am Schluss zu bringen, leider konterkariert dadurch, dass seit geraumer Zeit auf Seite 2 in der Übersicht auch die Original-Storytitel genannt wurden.

Da ich diese Seite 2 damals auch zuerst las, war die Cover-Frage, wer denn sterben würde, für mich schon auf Seite 2 beantwortet ("The night Gwen Stacy died"), und der Suspense-Effekt verpufft.

Dass Gwen offenbar durch den Ruck des gestoppten Falls einen Genickbruch erleidet (daher das "SNAP!"), wird im Dialog kaschiert, indem man den Kobold sagen lässt, sie sei schon tot gewesen, bevor das Netz sie erreichte. Das ist auch im Original so und nicht etwa von Williams abgeschwächt worden (Letzteres hatte ich lange Zeit vermutet).


Ergänzung:
1973 war es wohl noch eher unüblich, dass ein Serienheld heiraten durfte (falls er es nicht schon von vornherein war). Klar, alles was mit Sex zu tun hatte, wurde ausgeblendet (obwohl sich zwischen den Panels dies und jenes ereignet haben dürfte).
Und dass dann die Ehekandidatin noch vor der Hochzeit den Tod findet, hat es ja früher öfter gegeben (ich glaube, bei "Bonanza" kam das häufiger vor).

Und Gwen Stacy hatte anfangs durchaus Feuer und einen starken Charakter. So ein braver und eher langweiliger Typ, wurde sie mMn erst als Stan Lee das Plotting übernahm und die Peter-Gwen-Liebesgeschichte zu einer recht konventionellen Seifenoper wurde.

Geändert von Horatio (09.03.2019 um 13:59 Uhr)
Horatio ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 09.03.2019, 14:01   #547  
Peter L. Opmann
Mitglied
 
Benutzerbild von Peter L. Opmann
 
Ort: Hessen
Beiträge: 5.474
Wird denn Gwens Todesursache später noch wichtig? Ich habe zwar noch ein bißchen Condor-"Spinne" gelesen und später auch "Das fehlende Jahr", aber die Kontinuität war dann ziemlich weg.

Ich teile jetzt auch weniger die Ansicht, daß Gwen ein zu blasser Charakter war, sondern ich denke, ihre Figur war in zu unterschiedliche Richtungen geschrieben. Stan Lee trat als Plotter ja erst nach ASM # 100 auf - da war bei Gwen schon alles zu spät...
Peter L. Opmann ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 09.03.2019, 14:19   #548  
Horatio
Mitglied
 
Beiträge: 404
Nun ja, Stan Lee hat ab ASM #39 wieder selbst die Storys (also auch die Plots) geschrieben.

Bestimmt hat Lee ab dieser Nummer Gwen in eine andere Richtung geschrieben als zuvor Ditko, da stimme ich dir absolut zu.
Steve Ditko hatte (glaube ich wo gelesen zu haben) eine Fortsetzung der Liebesgeschichte zwischen Peter und Betty geplant, was dann von Lee abgewürgt wurde zu Gunsten von Gwen.
Ich stelle mir vor, Gwen wäre bei Ditko eine Konkurrentin von Betty geworden und hätte Peter insgeheim nachspioniert – aber das ist reine Spekulation.

Ob als Todesursache später der Genickbruch erwähnt wird, weiß ich nicht. Aber irgendwoher muss es ja kommen, dass auch du es erwähnst, obwohl es im Dialog von Die Spinne 122/ASM #121 anders beschrieben wird.
Horatio ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 09.03.2019, 14:55   #549  
Marvel Boy
Moderator Panini Fan-Forum
 
Benutzerbild von Marvel Boy
 
Ort: Hannover
Beiträge: 16.584
Zitat:
Zitat von Peter L. Opmann Beitrag anzeigen
Wird denn Gwens Todesursache später noch wichtig?
Für Peter war sie immer wichtig, er drehte sich später noch öfters um die Frage war sie schon Tod oder habe ich sie umgebracht.
Marvel Boy ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 09.03.2019, 15:02   #550  
Peter L. Opmann
Mitglied
 
Benutzerbild von Peter L. Opmann
 
Ort: Hessen
Beiträge: 5.474
@ Horatio: Oh, "Plotter" hatte ich mißverstanden.

Der Tod von Gwen ist juristisch wohl gar nicht so einfach zu beurteilen. Aber der Grüne Kobold, der sie von der Brücke stieß, wird wohl kaum völlig freizusprechen sein.
Peter L. Opmann ist offline   Mit Zitat antworten
Neues Thema erstellen Antwort

Zurück   Sammlerforen.net > Öffentliche Foren > Sammelgebiete > Comics > Magazine > NUFF! - Forum

Themen-Optionen
Ansicht

Forumregeln
Es ist dir nicht erlaubt, neue Themen zu verfassen.
Es ist dir nicht erlaubt, auf Beiträge zu antworten.
Es ist dir nicht erlaubt, Anhänge hochzuladen.
Es ist dir nicht erlaubt, deine Beiträge zu bearbeiten.

BB-Code ist an.
Smileys sind an.
[IMG] Code ist an.
HTML-Code ist aus.

Gehe zu


Alle Zeitangaben in WEZ +2. Es ist jetzt 23:03 Uhr.


Powered by vBulletin® Version 3.8.7 (Deutsch)
Copyright ©2000 - 2024, Jelsoft Enterprises Ltd.
Copyright: www.sammlerforen.net

Das Sammler-Netzwerk: Der Sammler - Sammlerforen
Das Comic Guide-Netzwerk: Deutscher Comic Guide - Comic Guide NET - Comic-Marktplatz