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Alt 01.03.2023, 13:41   #151  
Servalan
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SOKO Stuttgart Staffel 4 Episode 2 (Folge 72) "Mord & Malerei" (Deutschland 2012, Bavaria Fernsehproduktion und ZDF.enterprises), Drehbuch: Klaus Arriens und Thomas Wilke, Regie: Christoph Eichhorn, 44 min

Meines Wissens war das der erste Krimikrimi dieser Serie, dem inzwischen einige gefolgt sind.

Das Kunstauktionshaus Lenné residiert in den Königsbau Passagen, eine der besten Adressen Stuttgarts. In deren Lager wird die 25jährige Doktorandin Ariane Voss ermordet aufgefunden; zwei Gemälde des französischen Malers Marc Turot wurden aus dem Rahmen geschnitten und gestohlen. Die beiden Meisterstücke aus dem frühen 20. Jahrhundert waren laut Riccarda Lenné, der Inhaberin, 1,2 Millionen Euro wert. Sie sagt auch, daß Turot nicht so bekannt ist wie Picasso, aber unter den Nazis wurden seine Bilder als "entartet" bezeichnet und zerstört. Turots Stil gilt als "magischer Perspektivismus".
Die beiden Bilder waren 70 Jahre verschollen und wurden bei Sanierungsarbeiten in Frankreich auf einem Dachboden entdeckt. Obwohl die Auktionshausbesitzerin Ariane Voss nur drei Wochen kannte, hatte sie ihr nach Geschäftsschluß Zugang zu den Werken gewährt, weil der Kunsthistoriker Professor Ulrich Beck für sie bürgte. Beck war Voss' Doktorvater und ist zugleich als Gutachter für das Kunstauktionshaus Lenné tätig.
Kurze Zeit später meldet sich telefonisch ein Erpresser, der 250.000 Euro Lösegeld fordert.



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Alt 03.03.2023, 16:54   #152  
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SOKO Stuttgart Staffel 13 Episode 23 (Folge 315) "In Stein gemeißelt" (Deutschland 2022, Bavaria Fernsehproduktion und ZDF.enterprises), Drehbuch: Klaus Jochmann, Regie: Patrick Winczewski, 44 min

In seinem Atelier an der Kunsthochschule wird der 47jährige Professor, Dozent und Bildhauer Christian Schilling inmitten einer Installation erschlagen. Gefunden wurde er von seiner Kollegin Mara Weinrich, Professorin für Kunsttheorie und Malerei. Die Installation entstand nach dem Modell von Naina, an dem sich auch seine vier Absolventen orientieren mußten. Neben dem Mord gibt es noch den Wagen von Schilling auf dem Grundstück, der in derselben Nacht demoliert wurde.
Mara Weinrich erzählt, daß Schilling früher sehr gefragt war, doch das Interesse hatte nachgelassen. Zuletzt war jedoch der Kunsthändler Leopold Winter ins Bildhaueratelier gekommen, in dem ihm Schilling eine Skulptur für 25.000 Euro verkauft hatte. Winter orderte sogleich mehr Werke; während Schilling in der Nacht 5.000 Euro von seinem Konto abhob, die seither verschwunden sind.
In einer Aufzeichnung sehen die Ermittler, wie Schilling eine Naina-Skulptur von einem seiner Studenten, dem Transmann Julian Koch, vor den Augen seiner Kommilitonen zerstört und ihn so demütigt.



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Alt 05.03.2023, 15:54   #153  
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Die Rosenheim-Cops Staffel 8 Episode 27 (Folge 153) "Tod eines Lüftlmalers" (Deutschland 2009, Bavaria Fernsehproduktion für ZDF), Drehbuch: Rigobert Mayer, Regie: Ed Ehrenberg, 44 min

Nachdem Tattoos und Graffiti hier schon mehrmals besprochen wurden, widmet sich diese Episode einer traditionellen Form der Fassadenmalerei, die in Süddeutschland und Österreich beheimatet ist. Bei der Lüftlmalerei wird die Farbe auf den frischen Kalkputz aufgetragen, sodaß sie chemisch reagiert und mit dem Putz verkieselt. Diese volkstümlichen Fresken stammen aus dem Barock und imitieren mitunter Architekturelemente im Trompe-l’œil.

Durch den gelockerten Splint an einem Baugerüst stürzt der 60jährige Firmeninhaber Siegfried Schmeller in den Tod. Verdächtig macht sich sein Angestellter Achim Lederer, der gern mal zu spät kommt und sich häufig krank meldet, weshalb es öfter Streit gab.
Der Sohn Franz Schmeller möchte den Betrieb mit innovativen Motiven gern modernisieren, wogegen sich sein Vater sträubte. Auch Franz' Frau Beate vertritt als stellvertretende Kuratorin des Heimatmuseums Rosenheim eher einen konservativen Standpunkt. Während die Suche nach dem Tatwerkzeug vorangeht, kommt die schwelende finanzielle Krise der Firma ans Licht.

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Alt 06.03.2023, 13:41   #154  
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Der Alte Staffel 3 Episode 4 (Folge 26) "Neue Sachlichkeit" (Bundesrepublik Deutschland 1979, Neue Münchner Filmproduktion), Drehbuch: Karl Heinz Willschrei, Regie: Helmuth Ashley, 60 min

Seit 1977 läuft dieser Freitagskrimi im ZDF und kommt auf über 450 Folgen. Im März 2023 wird der fünfte Hauptdarsteller antreten.
Die Kunstepisode bestreitet der griesgrämige Kriminalhauptkommissar Erwin Köster, ein Ermittler alter Schule in der Tradition von Fritz Lang. Unterstützt von seinen Assistenten neigt der scharfsinnige Köster zu eigenwilligen Alleingängen.

Nach einer Party sucht Silke Frei ihre Galerie in der prächtigen Maximilianstraße auf, weil sie dort ihre Schlüssel liegen hat und wird erschlagen. Mehrere Bilder ihrer Ausstellung sind fachmännisch abgehängt, einige fehlen, allerdings finden sich keine Einbruchspuren. Wenig später erscheint ihr Ehemann Jacob Frei, ein Möbel- und Antiquitätenhändler, am Tatort. Nach ihm wurde vor drei Wochen eine Ausstellung mit Bildern Neuer Sachlichkeit eröffnet, in einem Gesamtwert von einer Million DM.
Die Galerieangestellte Ines Sieben belastet mit ihrer Aussage ihre ehemalige Kollegin Charlotte Bäcker schwer, die wegen ihres Alkoholismus vor einem Monat fristlos gekündigt worden sei. Bäcker habe vor dem Arbeitsgericht dagegen geklagt, wurde jedoch abgewiesen. Sieben sagt, Bäcker wollte sich ihr Geld auf irgendeine Weise wiederholen.
Ins Fadenkreuz gerät Silkes Freund Hans Wagner, ein erfolgreicher Science-Fiction-Schriftsteller, der die Galeristin ziemlich übergriffig beschützt und kontrolliert hat. Um Jacob Frei als dem Erben zuvorzukommen, dringt er mit seinem Schlüssel in die Wohnung der Toten ein und sucht dort Sachen zusammen, die er ihr geliehen habe, als er von einem Assistenten ertappt wird.


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Alt 15.03.2023, 14:24   #155  
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Death in Paradise Staffel 9 Episode 2 (Folge 66) "A Murder in Portrait | Tod einer Künstlerin" (Großbritannien / Frankreich 2020, Red Planet Pictures und France Télévisions für BBC), Creator: Robert Thorogood, Drehbuch: Tom Nash, Regie: Ian Barber, 52 bzw. 59 min

In ihrem Atelier bricht die Künstlerin Donna Harman vor ihrer Leinwand tot zusammen. Harman war in den 1990er Jahren berühmt geworden und zog vor fünf Jahren nach Saint Marie. Vor einigen Jahren gab es in Paris eine Retrospektive ihrer Werke. Frisch eingetroffen sind Pakete ihrer Biographie Arty-Farty. A Memoir. Allem Anschein nach wurde Harman durch einen Energydrink vergiftet.
Verdächtig machen sich die Zeugen, allen voran Sandrine Lamore, der die Galerie Saint Marie Art Center vor Ort gehört, in der Harman mit weiteren Künstlern ausstellen sollte. Lamore hatte die Tote gefunden. Dann gibt es noch die Kunsthändlerin Patti Grenson, die Harman langjährig betreut hatte; aber unter Harmans Sachen findet sich ein nicht unterschriebener Vertrag mit der Agentur und Galerie Blank in London, bei der ihr Charlotte Ormsby-Dawlish bessere Konditionen versprach.


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Alt 16.03.2023, 12:11   #156  
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L'Incroyable Histoire du facteur Cheval | Postman Cheval | Der Palast des Postboten (Frankreich 2017, Fechner Films, Fechner BE, Be TV, VOO, Finaccurate, Shelter Prod und Auvergne-Rhône-Alpes-Côte d'Azur), Idee: Fanny Desmarès, Drehbuch: Fanny Desmarès, Nils Tavernier und Laurent Bertoni, Regie: Nils Tavernier, 104 min, FSK: 0

Die unglaubliche Geschichte des Postboten Cheval, wie der Originaltitel wörtlich übersetzt heißt, erzählt von einem verschrobenen, verträumten und eigenwilligen Sonderling, dem Postboten Joseph Ferdinand Cheval (1836 - 1924), der aus eigenem Antrieb ein seltsames Bauwerk errichtet. Der Postbote Cheval hatte einige Jahre als Bäcker gearbeitet und trug seit 1867 die Post aus. Auf eigene Bitte wurde er in der Nähe seines Heimatortes auf einer 32 Kilometer langen, gebirgigen Route eingesetzt, der „Tournée de Tersanne“, die er bis zu seiner Pensionierung 1896 lief.
Der schweigsame und verschlossene Mann galt als einfältig, interessierte sich aber trotz seiner Legasthenie für Kunstwerke in aller Welt, über die er im Magasin Pittoresque gelesen hatte. Laut Nils Tavernier war Cheval eine Asperger-Persönlichkeit, die 1879 beim Postaustragen über einen Stein stolperte und diesen zum Grundstein seines Bauwerkes machte. Er widmete den Palais idéal (1879 - 1912) seiner Tochter Alice, die jedoch mit 15 Jahren verstarb und die Errichtung nicht mehr miterleben konnte, denn der Bau des idealen Palastes dauerte 33 Jahre.
Durch sein Projekt galt der Postbote zunächst als verrückt, und auch seine Tochter Alice wurde verspottet; doch je weiter der Bau voranschritt, desto mehr wurde er zu einer bewunderten Sehenswürdigkeit, die Journalisten und Touristen anlockte. Das 12 Meter hohe und 26 Meter lange Gebäude im Tal der Drôme, einem Nebenfluß der Rhône, wurde um 1890 Objekt von Postkarten; in den letzten Jahren besuchten um die 150.000 Personen jährlich den idealen Palast.
Als Maurer und Architekt war Cheval ein Amateur; er dachte, als gelernter Bäcker wisse er, wie Teige angemischt werden, und mit Kalk und Mörtel verhalte es sich so ähnlich. Der Palast ist ein eklektizistisches Bauwerk, das verschiedene Einflüsse wie Hindu-Tempel, die Anlage von Angkor Wat, die Kasbah von Algier und andere Stilemente naiv mischt. Erste künstlerische Anerkennung bekam das Werk von den Surrealisten in den 1930er Jahren. 1969 nahm Kulturminister André Malraux den idealen Palast in die Liste historischer Monumente auf.

Die Szenen mit dem idealen Palast entstanden im September und Oktober 2017 in Hauterives, wo der Film am 24. September 2018 seine Uraufführung hatte, die von 850 Zuschauern besucht wurde. Obwohl die Kritiken sehr gemischt waren, lockte der Film in Frankreich 550.759 Zuschauer in drei Wochen in die Kinos. Außerdem kam er in der Schweiz, Österreich und Deutschland in die Lichtspielhäuser.
Von der Situationistischen Bewegung wurde der Postbote Cheval mit dem bayrischen König Ludwig II. verglichen, denn beide erlitten Tragödien, die sie mit dem Bau von Burgen bewältigten.
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Alt 17.03.2023, 15:31   #157  
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SOKO Donau | SOKO Wien Staffel 14 Episode 1 (Folge 189) "Die Wahrheit stirbt zuerst" (Österreich 2018, Satel Film für ORF und ZDF), Drehbuch: Natalia Geb und Sönke Lars Neuwöhner, Regie: Holger Barthel, 44 min

SOKO Wien wird in Österreich unter dem Titel SOKO Donau ausgestrahlt und ist das sechste Spin-off der Krimiserie SOKO 5113 | SOKO München. Im September 2005 feierte die Serie ihre Premiere und kommt mittlerweile auf 247 Folgen in 17 Staffeln. Die erfolgreiche Serie wird in 15 Ländern ausgestrahlt.

Bei ihrer Joggingrunde an der Donau wird Revierinspektorin Penelope Lanz auf ein Verbrechen am anderen Flußufer aufmerksam und verständigt ihre Kollegen. Während der Einsatz läuft, findet sie heraus, daß es sich um eine Aktion des Künstlers Rafael Holzmann handelt, der mit seinem Internetprojekt "Mitten unter uns" seine Mitwelt bloßstellen will. Der Kanal besteht aus 200 Filmchen, ist mit 10.000 Klicks täglich erfolgreich und begann vor fünf Jahren an der Universität. Täter und Opfer entpuppen sich als Darsteller, die für diesen Stunt engagiert wurden. Als Kameramann Andi Bauer Lanz' erboste Reaktion filmt und zugleich online stellt, kommt es zum Eklat.
Wenig später verlagert Lanz ihr Jogging in den Wald, wo sie auf einen abgestellten Geländewagen stößt, in dem die Leiche von Andi Bauer liegt. Weil der Fundort in einem Funkloch liegt, kann sie erst in gewissem Abstand telefonieren. Doch als sie zurückkehrt, ist der Wagen verschwunden. Der Forensiker kann noch Blutproben von ihren Fingerspitzen nehmen, aber die Kriminaltechnik findet nur ein Haarband.


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Alt 18.03.2023, 16:00   #158  
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Cézanne et moi | Meine Zeit mit Cézanne (Frankreich 2016, G Films, Pathé, Orange studio, France 2 Cinéma, U Media, Alter Films, SOFICA Cinémage 10 und Sofitvciné 3), Drehbuch und Regie: Danièle Thompson, 117 min, FSK: 0

Der Film nimmt sich einige Freiheiten, um die Bromance zweier künstlerischer Genies, des Schriftstellers Émile Zola und des Malers Paul Cézanne (1839 - 1906), episch auszugestalten. Denn eigentlich handelte es sich bei der Männerfreundschaft um einen Bund aus drei Männern; der Dritte war der französische Wissenschaftler und Industrielle Jean-Baptistin Baille, der in dem Film eher als Randfigur vorkommt. Zolas Vater war ein italienischstämmiger Eisenbahningenieur, der nach Aix-en-Provence versetzt wurde, als Émile noch in die Schule ging. Als Zugezogener wurde er gehänselt und von zwei Mitschülern verteidigt, Cézanne und Baille, aus denen sich dann die "Unzertrennlichen" entwickelten.
Zola bekam erst als Erwachsener die französische Staatsbürgerschaft, was der Film in einer Szene beleuchtet.

Der Film beginnt auf dem Schreibtisch des erfolgreichen Zola und fokussiert sich auf die Zeit kurz nach Erscheinen seines Romans L’œuvre | Das Werk (1885 in Fortsetzungen, 1886 als Buch), dem 14. Band seines Romanzyklus Les Rougon-Macquart. Histoire naturelle et sociale d’une famille sous le Second Empire | Die Rougon-Macquart. Die Natur- und Sozialgeschichte einer Familie im Zweiten Kaiserreich (1871 - 1893). Der Zyklus schildert in einem Gesellschaftspanorama den französischen Alltag quer durch die Schichten, und besagtes Werk konzentriert sich auf den fiktiven Maler Claude Lantier und die Pariser Künstlerszene. Kurz darauf zeigt der Film, wie Cézanne in einer Kutsche bei Zola eintrifft und es zu einem heftigen Streit kommt, weil Cézanne sich in Lantier wiedererkennt und ungerecht behandelt fühlt. Dieser Streit galt lange Zeit als gesichert, neuere Erkenntnisse (etwa um 2016) wecken jedoch Zweifel.
Der Film betont die Kontraste der beiden Biographien: Zola kommt aus kleinen Verhältnissen, erklimmt jedoch nach und nach durch zuerst bescheidene Erfolge eine beeindruckende Karriere. Cézanne hingegen ist der Sohn eines großbürgerlichen Bankiers, der seine künstlerischen Ambitionen verachtet und ihm jegliche finanzielle Unterstützung versagt. Hinzu kommen bei Cézanne starke Zweifel an seinen Werken, von denen er etliche selbst zerstört, weil er nicht mit ihnen zufrieden ist.

Cézannes mühsamer Weg aus der Erfolglosigkeit liefert Einblicke in eine Epoche, in der die Kunst zur Debatte stand. Cézanne siedelt aus Aix-en-Provence nach Paris, um dort Anschluß an das aktuelle Kunstgeschehen zu bekommen. Eine wichtige Rolle spielt dabei der Farbenhändler Julien François Tanguy (1825 - 1894), der Père Tanguy genannt wurde und als Galerist und Kunstsammler seine Kunden wie ein Mäzen förderte. Eine Szene in seinem Laden legt den Fokus auf die ersten Farbtuben, die in den Handel kamen; chemische Fertigprodukte, so daß die Maler ihre Farben nicht mehr selbst anmischen mußten.
Natürlich netzwerkt Cézanne verzweifelt, wobei er nicht nur seine Muse, Geliebte und spätere Ehefrau Marie-Hortense Fiquet (1850 - 1922) kennenlernt. Zu seinen Arbeitskollegen zählen die Maler Auguste Renoir (1841 - 1919), Achille Emperaire (1829 - 1898), Frédéric Bazille (1841 - 1970) und Berthe Morisot (1841 - 1895). Seine größten Hoffnungen setzt Cézanne jedoch auf Édouard Manet (1832 - 1883), denn der gehörte zum Kreis, der gegen das wichtigste offizielle Ereignis der französischen Kunstwelt, den Salon de Paris, rebellierte und 1863 an der Gegenveranstaltung, dem Salon des Refusés | Salon der Zurückgewiesenen, teilnahm, womit er einen Skandal provozierte. Als Manet 1865 selbst in der Jury für den Salon sitzt, fleht ihn Cézanne an, ihn zu unterstützen, wird aber von ihm enttäuscht. In dem jungen Ambroise Vollard (1865 - 1939) findet Cézanne seinen Galeristen.
Der Film endet mit einem Epilog: Nachdem sich die Aufregung um Zolas Nestbeschmutzung in der Dreyfuß-Affäre gelegt hat, kommt er für eine Lesung nach Aix-en-Provence. Als jemand Cézanne auf den Termin hinweist, winkt der zuerst nur gelangweilt ab, bevor er sich eines besseren besinnt und an einen Ort rennt, von dem aus er Zola in gemessenem Abstand beobachten kann. Der Film endet dann in Landschaften der Provence, die sich allmählich in Gemälde Cézannes verwandeln.

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Alt 22.03.2023, 16:44   #159  
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Broen | Bron | Die Brücke – Transit in den Tod Staffel 3 Episode 1 bis 10 (Folge 21 bis 30) (Dänemark / Schweden / Deutschland 2015, Sveriges Television, Danmarks Radio, ZDF, ZDF Enterprises, Nimbus Film, Filmlance, Film i Skåne, NRK und Lumiere Group), Idee: Måns Mårlind, Hans Rosenfeldt und Björn Stein, Drehbuch: Hans Rosenfeldt, Erik Arhnbom, Astrid Øye und Camilla Ahlgren, Regie: Henrik Georgsson und Rumle Hammerich, 565 min, FSK: 16

Die Brücke lief von 2011 bis 2018 mit insgesamt 38 Folgen (in Deutschland als Doppelfolgen ausgestrahlt) in vier Staffeln und erzählt als Nordic Noir den Culture Clash zwischen der schwedischen und der dänischen Mentalität. Visueller Fixpunkt ist die Öresundbrücke zwischen Kopenhagen und dem schwedischen Malmö, die von dem Ermittlerduo immer wieder überquert wird.
Die Serie gehört zu den erfolgreichsten Franchises, inzwischen gibt es fünf von ihr inspirierte ähnliche Serien von grenzüberschreitenden Verbrechen. Die Kritik lobte die spannende und realistische Serie, insbesondere den Cast und die Leistungen der Schauspieler, die berufliches und privates Leben der Ermittler geschickt verknüpften, allen voran Sofia Helin in der Rolle der schwedischen Asperger-Polizistin Saga Norén.
Bemängelt wurde die Qualität der Drehbücher, die in rascher Folge bizarre und perfide Morde aufeinander häuften, was als gewaltpornographischer Überbietungswettbewerb wahrgenommen wurde. Verstärkt wurde dieser Effekt durch eine nichtlineare Erzählweise, in der Motive aus früheren Folgen häufig unvermittelt wieder auftauchen und so ein Netz von Topoi bilden, die sich gegenseitig verstärken und kommentieren.

Mit einem dieser bizarren Mordfälle beginnt die dritte Staffel: In einem leeren Haus wird die Leiche der Klinikchefin Helle Anker in einer Familienidylle an einem Tisch mit Puppen entdeckt.
In derselben Nacht besucht der Kopenhagener Kommissar Henrik Sabroe, dessen Ehefrau und zwei Töchter vor Jahren plötzlich verschwunden sind, eine Veranstaltung eines Singleclubs. Sie findet in den Ausstellungsräumen der Freddie Collection statt, einer Sammlung von 32 Kunstwerken, die dem Industriellen Freddie Holst gehören. Als sich Sabroe mit seinem Flirt unterhält, schaltet sich der Museumswärter Emil Larsson ein und erklärt den beiden Mads Mikael Brandts Skulptur "Das Zeichen"; der Bildhauer, Möbeldesigner, Architekt und Szenograf drücke damit eine "universelle Wahrheit (...) mit irdischen Metaphern" aus.
Saga Norén ermittelt im Fall Anker zuerst mit ihrer Kollegin Hanne Thomson, die jedoch in eine Sprengfalle gerät und durch Sabroe abgelöst wird. Schnell folgen als weitere Opfer der dänische Pfarrer Fabian Christiansen und der schwedische Polizizeichef Hans Petterson, Noréns Vorgesetzter und ihr persönlicher Mentor, der entführt und dem eine Hand abgetrennt wird.




Geändert von Servalan (14.04.2024 um 12:28 Uhr)
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Alt 03.04.2023, 15:48   #160  
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The Square (Schweden / Deutschland / Frankreich / Dänemark 2017, Plattform Produktion, Film i Väst, Essential Films, Parisienne, Coproduction Office, Sveriges Television, Imperative Entertainment, Arte France Cinéma, ZDF, Arte, Svenska Filminstitutet, Council of Europe – Eurimages, Medienboard Berlin-Brandenburg, Nordisk Film & TV Fond, Det Danske Filminstitut – Minorordningen, Alamode Filmverleih, TriArt Distribution und DR), Drehbuch und Regie: Ruben Östlund, Kreativer Berater: Kalle Boman, 142 min, FSK: 12

Der Film spielt in der schwedischen Kunstwelt, allerdings steht hier kein Künstler im Mittelpunkt, sondern ein Kunstvermittler. Hauptfigur ist der Däne Christian Juel Nielsen, der als Kurator für das (fiktive) X-Royal Kunstmuseum in Stockholm tätig ist, ein Museum für moderne und zeitgenössische Kunst, das in einem Teil des Stockholmer Königsschlosses untergebracht ist. Den roten Faden gibt dabei die neue Ausstellung an, die am 15. September beginnen soll und mit einer Spende von 5 Millionen Euro aus einer Stiftung finanziert wurde. Diese stammt von der Soziologin und Künstlerin Lola Arias und heißt "The Square"; sie besteht aus einen vier mal vier Meter leuchtenden Quadrat, das in den Boden vor dem Museum eingelassen ist und das einen naiv-utopischen Zufluchtsort definieren soll. Davon ausgehend zeichnet Östlund ein satirisches Gesellschaftsporträt, das wiederum selbst ein Kunstwerk darstellt.
Der Film wurde 2017 für das 70. Filmfestival in Cannes für den Wettbewerb nachnominiert und gewann mit seiner Uraufführung die Goldene Palme, also den Hauptpreis. Schweden reichte ihn als besten nicht-englischsprachigen Film sowohl für die 75. Golden Globes, die 90. Academy Awards (Oscars), die 23. Critics' Choice Movie Awards und die 22. Satellite Awards ein. Bei den 30. Europäischen Filmpreisen gewann er in sechs Kategorien. Bei dem höchsten schwedischen Filmpreis, dem 53. Guldbaggen war er in vier Kategorien nominiert und gewann in zwei weiteren.

Das Kunstwerk selbst ist ebenso fiktiv wie die meisten anderen Werke, die präsentiert werden. Östlund und Boman ließen sich bei dem fiktiven Künstler Julian Gijoni (dargestellt von Dominic West) von dem US-Künstler Robert Smithson (1938 - 1973) inspirieren; der Performance-Künstler Oleg Rogozjin ist nach dem russischen Künstler Oleg Kulik (Jahrgang 1961) gestaltet. In dem Film kommt ein authentisches Werk des Fotografen Garry Winogrand (1928 - 1984); Werke von Julian Schnabel (Jahrgang 1951) und Carl Hammoud (Jahrgang 1976) wurden parodiert.
Der Name der argentinischen Künstlerin Lola Arias (Jahrgang 1976) wurde in dem Film ohne ihre Einverständnis verwendet. Östlund berief sich zunächst auf ein Mißverständnis, erst 2023 verlautbarte seine Produktionsfirma öffentlich eine schriftliche Entschuldigung.

Die Kritiken sind extrem zwiespältig; einerseits wird er als gelungene Satire gefeiert, andererseits wird er wegen seiner zerfaserten Struktur verrissen, beide Pole finden ihre Argumente.
Dabei dreht sich in diesen Film alles um die Kunst in der Gegenwart und ihr Verhältnis zur Gesellschaft: Kann Kunst einen eigenen sozialen Rahmen schaffen, etwas außerhalb der Gesellschaft? Oder bleibt sie Teil der Gesellschaft mit all ihren negativen Effekten? Diese Verhandlungen über Kunst sind Thema des Films, der damit meta wird. Denn Museumsdirektor Christian muß seine Ausstellungen finanzieren und vermarkten, und dazu bedient er sich einer jungen internetaffinen PR-Agentur, deren größtes Ziel Aufmerksamkeit ist. Weil er in der entscheidenden Phase mit privaten Problemen abgelenkt ist - er wurde anscheinend Opfer eines Trickbetrugs -, segnet er en passant ein kontroverses Internetvideo ab, das der Intention des Kunstwerks "The Square" zynisch widerspricht. Dieser provokative Clickbait erreicht seinen Zweck, entfesselt jedoch auch einen heftigen Shitstorm.
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Alt 04.04.2023, 16:39   #161  
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Freaks | The Monster Story | Forbidden Love | Nature's Mistakes (USA 1932, Metro-Goldwyn-Mayer), Drehbuch: Willis Goldbeck und Leon Gordon nach der Kurzgeschichte "Spurs" (1923) von Tod Robbins, Regie: Tod Browning, 64 min, FSK: 16

Bis weit in die Neuzeit reicht die Zeit der Sklaverei, in der Menschen andere Menschen besitzen können; die offizielle Abschaffung ist noch gar nicht so lange her. Deswegen gibt es eine lange Tradition, in der Menschen ausgestellt oder gesammelt werden. Die beginnt bei den Kunst- und Wunderkammern, geht weiter über Ausstellungen bei Jahrmärkten wie der britischen Bartholomew's Fair und reicht bis zu Abteilungen bei Weltausstellungen und kolonialistischen Völkerschauen, die beispielsweise auch von Carl Hagenbeck betrieben wurden. Teilweise haben Betroffene sich selbst für diesen Weg bei Shows entschieden, weil er ihnen zumindest ein eingeschränktes selbstständiges Leben ermöglichte. Diese Freakshows waren auf Jahrmärkten und bei Zirkussen keinesfalls die Hauptattraktion, sondern eher ein Beiwerk, das meist in einer Gasse an der Seite untergebracht war - deshalb wurde der Begriff Sideshow üblich. Ähnlich wie bei der Pornographie spricht der Forscher Robert Bogdan von einem guilty pleasure, einem schambesetzten Vergnügen, das einem peinlich sein kann.

Dieser Filmklassiker ist mit dem Namen seines Regisseurs und Produzenten Tod Browning (1880 - 1962) verbunden, dessen Biographie stark im Showgeschäft der gesellschaftlichen Außenseiter verankert ist. Browning begann seine Karriere im Vaudeville und Zirkus, wo er mal als Ansager arbeitete, mal als Clown unter der Zirkuskuppel. Dort entdeckte ihn der Filmpionier David Wark Griffith und engagierte ihn als Schauspieler bei seinen Stummfilmen. Später war Browning Regieassistent bei Griffith, ab 1917 führte er bei seinen eigenen Filmen Regie. Zunächst für die Universal Studios, dann für Metro-Goldwyn-Mayer drehte Browning außer Melodramen häufig Horrorfilme; 1931 führt er bei Dracula Regie, dem ersten Tonfilm des Genres.
Freaks wird künstlerisch sein Opus Magnum und ist heute der Film, der am stärksten mit seinem Namen assoziiert wird. Danach drehte Browning zwar noch bis 1939 vier weitere Filme, aber de facto beendete das verheerende Ergebnis an der Kinokasse seine Karriere. Die ursprüngliche Laufzeit des Films in den Previews war 90 Minuten, doch aus denen rannte das Publikum raus oder bekundete seinen Unwillen, weshalb die Produzenten den Film rabiat um eine knappe halbe Stunde kürzten und ein alternatives, versöhnlicheres Ende anbrachten. Bei seinem ersten Start verschwand der Film rasch in der Versenkung, in Großbritannien war bis in die 1960er seine Aufführung verboten; erst in den 1960ern wurde er in europäischen Programmkinos wiederentdeckt, baute sich einen Ruf als Kultfilm auf und gelangte dann auch in den USA in die Mitternachtsvorstellungen.

An dem Film zeigt sich die Ambivalenz des Themas. Browning produzierte den Film und hatte gegenüber den Sideshowdarstellern keine Vorurteile oder Berührungsängste, während es Berichte gibt, daß diese von anderen Darstellern oder der Crew hinter der Kamera geschnitten wurden. Ein starkes Signal der bestehenden Diskriminierung sind zeitgenössische Plakate, auf denen die Namen der Sideshowdarsteller komplett ignoriert wurden. Obwohl der Film selbst Sympathien für die Freaks aufbaut, bleibt er kontrovers, was sich in den neuen Titeln des Re-Release in den 1960ern spiegelt.
Trotz CGI, Motion Capture und den Diversity Richtlinien gibt es bis heute kein Remake, so daß Freaks filmhistorisch ein Solitär bleibt, der keineswegs an Relevanz eingebüßt hat. Insofern transzendiert er über seine Schockeffekte hinaus das Horrorgenre und dokumentiert die Bedingungen des Menschseins an sich.
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Alt 10.04.2023, 15:24   #162  
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The Team Staffel 2 Episode 1 bis 8 (Folge 9 bis 16) (Dänemark / Deutschland / Belgien / Österreich / Frankreich / Schweiz 2018, Network Movie, Lunanime, Saperfilm, Nordisk Film Production, C-Films, ZDF German Television Network, ORF, arte, VTM, BNP Paribas Fortis Film Finance, DR, SRF Schweizer Radio und Fernsehen und NRK), Originalidee und Seienkonzept: Mai Brostrøm und Peter Thorsboe, Headautor: Jesper Bernt, Co-Drehbuch: Kari Vidø, Drehbuch: Jesper Bernt, Kari Vidø, Donna Sharpe und Andi Wecker, Regie: Kasper Gaardsøe und Jannik Johansen, 470 min

Wie True Detective ist das eine Anthologieserie, deren Fall sich über die gesamte Staffel erstreckt. Im Mittelpunkt der europäischen Krimiserie steht ein international zusammengestelltes Joint Investigation Team (JIT), das in der zweiten Staffel von der dänischen Polizei geleitet wird; unterstützt wird es von der deutschen Polizei, hier dem LKA Hamburg, und dem belgischen Geheimdienst.
Die synchronisierte Fassung besteht pro Staffel aus jeweils vier Doppelfolgen. Allgemein bekommt die Serie eine positive Resonanz, einige Kritiker bemängeln Realitätsferne. Während die erste Staffel beinhart und schnörkellos die dunklen Seiten des Lebens beleuchtete, wirkt die zweite Staffel mit ihrem Happy End versöhnlicher und fast wie ein politisches Statement zu Menschenrechten und dem Welkulturerbe. Obwohl die Serie leichte Unterhaltung bietet, liefert sie im Verlauf zahlreiche Informationen über den Handel mit Kulturgütern.

Das JIT wird zusammengestellt, weil in der Pension Wenck in Tondern ein Massenmord stattgefunden hat. Unter den sieben Leichen findet sich die belgische Staatsangehörige Marwa Hassan, eine Informantin des Geheimdienstes, die eine Münze der Caliphate Union (CU) bei sich trug. Die CU ist eine Terroristenorganisation im syrischen Krieg. Geleitet wird die Pension von dem Ehepaar Bob und Agnes Kellner; weil der Deutsche Bob Kellner wegen Menschenhandels verurteilt wurde, schaltet sich das LKA Hamburg ein. Die Pension liegt auf der Route nach Esbjerg, von der Flüchtlinge weiter nach England wollen, und wurde von der Flüchtlingshilfe Helping Hands unterstützt.
Auf dem Überwachungsmaterial der Pension entdecken die Ermittler eine Frau, die dem Killer entkommen konnte. An einer der Leichen entdecken Forensiker Goldstaub und Rückstände von Plastik. Bei der Überlebenden des Massakers handelt es sich um Malu Bakiri, die sich über Nacht versteckt hat und zur nächsten Bushaltestelle flüchtet. Auch Bob Kellner hat sich über Nacht versteckt und sich später auf einen Hochsitz zurückgezogen. Als er von der Polizei entdeckt wird, trifft den verletzten Kellner ein militärisch tödlicher Schuß. Der Killer kann die Polizei bei der Verfolgungsjagd austricksen.
In einer Rückblende sieht das Publikum das Objekt der Begierde: Orhan Bakiri leitet das Archäologische Museum in Hama, dessen ganzer Stolz ein viertausend Jahre altes Kunstwerk ist, der vierteilige Goldfries "Garten der Ishtar". Durch den Krieg in Syrien wurde das Museum zur Beute des Geheimdienstes Mukhabarat und den feindlichen Parteien. Die Vitrine ist leer.
Der Kunde für die Raubkunst ist der reiche Richard Adams aus der Steiermark, der vor sechs Monaten 500.000 Euro angezahlt hat und ungeduldig wird. Als ihm seine Händler Tebos und Lucy Meyer in Wien zur Versöhnung islamische Kunst für 200.000 Euro anbieten, nimmt Adams diese erbost als Pfand mit.




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Alt 12.04.2023, 15:32   #163  
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Zéro de conduite. Jeunes diables au collège | Le Chaland qui passe | Betragen ungenügend | Zero for Conduct (Frankreich 1933, Argui-Film), Drehbuch und Regie: Jean Vigo, 42 min

Der anarchistische Film erzählt von einem erfolgreichen Schüleraufstand. Nach dem Ende der großen Ferien müssen die Zöglinge wieder zurück ins strenge, freudlose Internat. Unter ihnen sind auch die drei Lausejungen Caussat, Colin und Bruel, denen wegen geringer Vergehen sofort wieder der Ausgang am Sonntag gestrichen wird. Der verwöhnte Pennäler René Tabard ist der Außenseiter unter den Schülern. Der junge Aufseher Huguet, der gern Chaplins Tramp nachmacht, tritt seine neue Stelle an und versteht sich eher als Kumpel der Schüler. Caussat, Colin und Bruel verschwören sich zur Rache an den Erwachsenen auf ein Komplott. Zuerst wird im Speisesaal gemurrt, weil es immer nur Bohnen gibt; im Schlafsaal wird eine große Kissenschlacht organisiert; und den Höhepunkt bildet der Festtag auf dem Schulhof, dem mit vom Dach geworfenen Gegenständen sabotiert wird.

Jean Vigo mit seinem poetischen Realismus habe ich schon mal in Post #76 erwähnt. Trotz seines schmalen Werkes, das aus zwei Dokumentarfilmen und zwei Spielfilmen besteht, deren gesamte Länge weniger als 200 Minuten beträgt, hat er Filmgeschichte geschrieben und beeinflußt bis heute wichtige Regisseure wie Steve McQueen.
Vigos Vater war als Anarchist auf der Flucht, und schon als Kind litt Vigo an Tuberkulose; er selbst muß geahnt haben, daß er nicht lange zu leben hatte, denn in seiner Kreativität war er kompromißlos. Vigo starb denn auch mit 29 Jahren an einer Sepsis.
Zéro de conduite ist Vigos Spielfilmdebüt, und sein Freund Albert Riéra riet ihm, Abstriche zu machen, weil der Film sonst nicht durch die Zensur komme. Vigo sagte, er habe keine Zeit und schlug seinen Rat in den Wind. Durch den Einsatz von Zeitlupe, komplexe Kamerabewegungen und einen kleinwüchsigen Schauspieler als Internatsdirektor verbindet er Realismus mit einer poetischen Traumatmosphäre.

Bei einer Probevorführung fiel der Film beim Publikum durch und wurde gekürzt. Weil in ihm Autoritäten und Institutionen schlecht wegkommen, galt der Film als antifranzösisch und erhielt keine offizielle Freigabe (visa d'exploitation), wofür der Familienverband Pères de famille organisés mitverantwortlich war. Die erheblich gekürzte Fassung kam unter dem Titel Le Chaland qui passe in die Kinos. Die Zensurbehörde untersagte Vorführungen und bis November 1945 blieb der Film in Frankreich verboten.
Nach der Befreiung wurde der Film wiederentdeckt und inspirierte unter anderem François Truffaut und Lindsay Anderson zu eigenen Werken über renitente Jugendliche. Seit 1951 gibt es den Prix Jean Vigo in Frankreich als Preis für junge Regisseure, die Gala findet seit 1960 im Centre Pompidou statt.
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Alt 14.04.2023, 15:49   #164  
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SOKO Stuttgart Staffel 7 Episode 8 (Folge 150) "Künstlerpech" (Deutschland 2015, Bavaria Fernsehproduktion und ZDF.enterprises), Drehbuch: Mathias Aicher und Christoph Benkelmann, Regie: Michael Wenning, 44 min

Nachdem Evelyn Schöllheimer vor zwei Jahren ein Haus geerbt hat, ist sie dort mit ihrer Partnerin Gundula Krause und ihrer Freundin Pia Sander eingezogen, indem sie dort ein Künstleratelier eingerichtet hat. Denn alle drei Frauen sind Künstlerinnen. Weil Evelyn Schöllhammer beim Malen gerne laute Musik hört, erstattete die Nachbarn, das ältere Ehepaar Wirsching, ein Vogelliebhaber und eine Kaninchenzüchterin, 84mal Anzeige wegen Ruhestörung.
Eines Tages ist Pia Sander erbost, weil ihr die Schorndorfer Scheune eine Absage wegen der Ausstellung "Wandlungen" erteilt hat. Sie ist davon überzeugt, daß Evelyn Schöllhammer sie aus Konkurrenz verdrängt hat und so kommt es zum Streit. Pia Sander verbringt die Nacht bei Gundula Krause, die vor einem Monat ausgezogen ist. Am nächsten Morgen ist Evelyn Schöllhammer tot.
Sie wurde mit einer Chemikalie in ihrer Mandelmilch vergiftet, die bei älteren Pflanzenschutzmitteln vorkommt. Pia Sander ist die Mutter von Rico Sander, dem autistischen IT-Spezialisten der SOKO Stuttgart, und zählt zu den Verdächtigen, was sie als Affront empfindet. Ebenfalls verdächtigt wird Gundula Krause, die durch eine spektakuläre Performance mit ihrer Brust die berühmteste Künstlerin der drei ist. Krause jedoch lenkt den Blick der Ermittler auf Norbert Weiss, wegen dem Evelyn vor drei Tagen ihr Testament geändert hat. Die längste Zeit war Gundula Krause ihre Alleinerbin, die zugunsten einer von Norbert Weiss geleiteten Stiftung zur Förderung junger Künstler zurücktreten muß.

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Alt 21.04.2023, 15:11   #165  
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SOKO Stuttgart Staffel 5 Episode 4 (Folge 99) "Tattoo" (Deutschland 2013, Bavaria Fernsehproduktion und ZDF.enterprises), Drehbuch: Axel Bold und Edin Hadzimahovic, Regie: Christoph Eichhorn, 44 min

In einer Tiefgarage wurde der 25jährige Tätowierer Franklin Diehn ermordet, der für seinen 50er Jahre Retro-Style berühmt gewesen ist. Gearbeitet hat er im Tattoo Studio Deep Ink unweit des Tatortes. Die Besitzerin Rieke Seitz ist stolz, ihr Geschäft aus eigener Kraft ins Laufen gebracht zu haben, doch der Oldschool Künstler, der vor einiger Zeit aus Berlin kam, lockte auch eigene Kundschaft in den Laden.
Zu den verdächtigen Kunden zählen Lucie Thieme, die in der nächsten Woche ihre Heirat mit Florian Brick plant und sich von Diehn ein Liebestattoo für sich und ihren Gatten in spe wünschte; und ein ominöser Biker mit dem Decknamen Dennis, hinter dem sich Jens Ziller verbirgt, der am Hals ein frisches Schlangentattoo hat.

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Alt 23.04.2023, 15:50   #166  
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Im Schatten der Angst Staffel 1 Episode 1 (Folge 1) "Im Schatten der Angst" (Österreich / Deutschland 2019, Tivoli Film Produktion GmbH und Mona Film für ZDF und ORF), Drehbuch: Rebekka Reuber und Marie-Therese Thill, Regie: Till Endemann, 90 min

Erst vor wenigen Wochen erschien mit der zweiten Folge nach vier Jahren die Fortsetzung, bis dahin war die Premiere ein Fernsehfilm. Im Mittelpunkt steht die Psychiaterin Dr. Karla Eckhardt aus Wien, die seit 2010 in der Justizanstalt Baumbergerhöhe mit Patienten in der geschlossenen Anstalt arbeitet und für das Gericht Gutachten erstellt.

Der erste Fall zeigt ihre Explorationen zu dem Stararchitekten Carsten Spanger, der verhaftet wurde, weil er die junge Caro Eisner gefesselt und verletzt hatte. Dr. Eckhardt ist besorgt, weil sich Spanger freundlich und gefaßt verhalten hat, weshalb bei seiner gestörten Persönlichkeit auf wiederholte kriminelle Übergriffe schließt. Auf diese Weise wird Spanger mit drei ungeklärten Mordfällen in Verbindung gebracht, allesamt Wasserleichen aus der Donau.
Ihr Praktikant weist Dr. Eckhardt darauf hin, daß es in den letzten acht Jahren still um Spanger geworden ist. Vorher plante und realisierte er 20 Gebäude mit seinem Bauträger Andreas Horak. Höhepunkt seiner Karriere war vor acht Jahren die Einweihung des Wohnkomplexes Watermark an der Alten Donau. Wegen seiner Kenntnisse untersucht die Polizei die Villa Spanger mit Hammer und elektronisch nach verborgenen Räumen.
In den Fokus gerät die vermißte Antonia Weilandt, die bislang noch nicht aufgetaucht ist. Spanger zeichnet zur Entspannung, mal sind das Entwürfe von Siedlungen, mal ein Porträt von Dr. Eckhardt.
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Alt 24.04.2023, 15:12   #167  
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Грех | Il peccato - Il furore di Michelangelo | Sin | Michelangelo (Russland / Italien 2019, Andrej Končalovskij Studios, Jean Vigo Italia und Rai Cinema), Drehbuch: Andrej Kontschalowski | Андрей Кончаловский und Elena Kiseleva, Regie: Andrej Kontschalowski | Андрей Кончаловский, 128 min

Im Originaltitel kommt der Bildhauer, Maler, Architekt und Dichter Michelangelo di Lodovico Buonarroti Simoni, bekannt als Michelangelo (1475 - 1564) gar nicht vor, vielmehr heißt er schlicht Sünde. Dadurch wird der Renaissancekünstler zu einem exemplarischen Beispiel menschlichen Fehlverhaltens, durch das sich Michelangelo selbst quält.
Der Film hat keinen deutschen Wikipedia-Eintrag. Im Oktober 2019 lief der Film auf dem Internationalen Filmfestival in Rom. Im Juli 2019 schenkte Wladimir Putin während eines Rombesuchs Papst Franziskus eine Filmkopie.

Der Film konzentriert sich dabei auf eine Schaffensperiode Michelangelos, der sich zwischen den rivalisierenden Clans der della Rovere und der Medici aufrieb, da er von beiden Familien Großaufträge bekam, die aufeinander folgende Päpste stellten. Michelangelo brennt dabei für seine Kunst, versorgt seine eigene Familie, lebt aber selbst äußerst bescheiden und gönnt auch seinen Gehilfen nur ein bescheidenes Leben. Als Gegenspieler tritt dabei der prächtige Raffaello Sanzio da Urbino, kurz Raffael (1483 - 1520), auf, der als Lebemann von ebenso üppig ausgestatteten Höflingen begleitet wird. Michelangelo und Raffael haben füreinander bloß Verachtung übrig.
Zu Beginn hadert Michelangelo mit sich selbst, weil ihn zwei Großaufträge behindern, die er gleichzeitig verfolgen soll. Zum einen beschäftigen ihn die richtigen Proportionen der Deckenfresken der Sixtinischen Kapelle (1508 - 1512), die vom Boden betrachtet werden, obwohl er beim Malen mit der Nase unter der Decke klebt.
Der zweite Auftrag ist ein marmornes Grabmonument für Papst Julius II., bürgerlich Giuliano della Rovere, der 1513 stirbt, während Michelangelos Skulptur nur teilweise fertiggestellt ist. Es kommt zum Streit mit der Familie della Rovere, bei dem sich beide Parteien schließlich auf einen zweiten Entwurf einigen.
Zwecks Beschaffung des Marmors reist Michelangelo für längere Zeit in die Steinbrüche von Carrara. Dort trifft er den Architekten und Bildhauer Jacopo Sansovino (1486 - 1570), der für die Medici die Fassade der Basilica di San Lorenzo in Florenz gestalten soll. Michelangelo schmäht, ihm fehle der titanische Funke, so schlecht seien Entwürfe. In den Steinbrüchen fixiert sich Michelangelo auf einen gigantischen Marmorblock, den er für das Grabmal komplett haben will. Die Arbeiter nennen den Block das Monster, dessen Transport aus dem Steinbruch, die Lizzatura, Todesopfer fordert.
Von dem neuen Papst Leo X., bürgerlich Giovanni di Lorenzo de Medici, wird er auf alte Beziehungen hingewiesen und sofort zu einem neuen Auftrag verpflichtet, der Fassade der Basilica di San Lorenzo (1516 - 1519). Weil die Medici das Geld für andere Zwecke brauchen, soll Michelangelo seinen Marmor fortan in den Steinbrüchen der Medici in Pietrasanta in den Apuanischen Alpen besorgen. Denn dort koste der Abbau des Marmors Michelangelo nichts.
Irgendwann verzweifelt Michelangelo, weil das Publikum vor seinen Skulpturen und Gemälden nur sündige Gedanken bekommt und nicht zu Gott betet.

Geändert von Servalan (24.04.2023 um 16:05 Uhr)
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Alt 01.05.2023, 16:47   #168  
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Notruf Hafenkante Staffel 10 Episode 5 (Folge 222) "Die unüblichen Verdächtigen" (Deutschland 2015, Letterbox Filmproduktion), Drehbuch: Erol Yesilkaya, Regie: Samira Radsi, 44 min

In der Nacht wird der 20jährige Sprayer Lukas Sonntag auf dem U-Bahndepot Altona durch Starkstrom lebensgefährlich verletzt, weil er von einer Leiter gestoßen wurde. Die Polizisten vom PK 21 wenden sich Philipp Peters, einen Freund von Lukas, der wegen eines gebrochenen Beins Krücken braucht. Deswegen wird Philipp von seinem Nachbarn Peter Sumke, genannt Sumo, gemobbt. Philipp Peters klärt die Beamten über die verwendeten Tags auf: Die Faust auf dem Diamanten zeigt die Rivalität zweier Sprayer, wobei der Diamant von Lukas Sonntag stammt. Sumo gerät in Verdacht.
Streifenpolizist Mattes Seeler hält die Verschönerung von Fassaden durch Graffiti für verharmlosend, für ihn sind das Straftaten, die jährlich einen Sachschaden von 500 Millionen Euro darstellen. Zum legalen Sprayen gibt es im Stadtteil Barmbek das Sprayerhaus in der Tuchmannstraße, wo sich Jugendliche auf einer Wand mit ihren Tags und Pieces verewigen können. Im Sprayerhaus stellen die Beamten Sumo eine Falle, doch der Jugendliche entwischt.
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Alt 05.05.2023, 15:24   #169  
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Deutschstunde (Deutschland 2019, Wild Bunch Germany, Network Movie Film, Senator Film Köln Produktion, ZDF), Drehbuch: Heide Schwochow nach dem gleichnamigen Roman (1968) von Siegfried Lenz, Regie: Christian Schwochow, 125 min, FSK: 12, JMK: 12

Siegfried Lenz hat den Künstler Max Ludwig Nansen nach dem Vorbild des Expressionisten Emil Nolde (1867 - 1956) gestaltet, der zwar heute noch als bedeutender Künstler gesehen wird, aber als problematische Persönlichkeit betrachtet wird. Denn einerseits war Nolde als "entarteter Künstler" verfemt, andererseits vertrat er rassistische und antisemitische Auffassungen und war ein überzeugter Anhänger des Nationalsozialismus.
Dennoch gelang es ihm, sich über seinen Tod hinaus bis 2008 als Opfer des Nationalsozialismus zu verklären. So erschienen seine vierbändigen Memoiren in einer bereinigten Fassung ohne antisemitische Passagen, und während der Entnazifizierung 1946 gab er wesentlich geringere Einkünfte an. Kurz vor seinem Tod wies er auf beschlagnahmte und zwangsversteigerte Werke hin, weshalb er einen Antrag auf Entschädigung stellte, der abgelehnt wurde.
Der Roman vom Verlag Hoffmann und Campe entwickelte sich zum Bestseller. Rasch waren 250.000 Exemplare verkauft, so daß er am 16. Dezember 1968 Platz 1 der Spiegel-Bestsellerliste erreichte, wo er sich monatelang hielt, auch noch in der Jahresliste 1969. Er wurde das erste Mal 1971 als zweiteiliger Fernsehfilm von Peter Beauvais verfilmt.
Die Drehbuchautorin Heide Schwochow ist die Mutter des Regisseurs. Das Ziel ihrer Fassung war es, die archaische Kerngeschichte der Parabel über die Pflicht herauszuarbeiten. Die weltabgeschiedene Provinz hinterm Deich an der Nordseeküste wird so zu einer zeitlos abstrakten Kulisse, die durch Wind, Wasser und Watt geprägt wird.

In der Nachkriegszeit sitzt der Jugendliche Siggi Jepsen in einer Strafanstalt und soll dort wie die anderen Häftlinge in der Deutschstunde einen Aufsatz mit dem Thema "Die Freuden der Pflicht" schreiben. Weil er nichts zu Papier bringt, wird er in eine Einzelzelle gebracht, wo er die Aufgabe nachholen soll. Diese Situation bildet den Rahmen für eine große Rückblende, die mit einem Bild eingeleitet wird, in dem eine Reihe von Staffeleien mit brennenden Leinwänden im Watt steht.
Siggi ist der jüngste Sohn von Jens Ole Jepsen, der den Polizeiposten im beschaulichen Rugbüll leitet. In dieser Funktion bricht er eines Tages zu seinem Freund, dem Maler Max Ludwig Nansen, auf. Er überbringt ihm die Nachricht aus der Hauptstadt, daß für ihn sofort ein Malverbot gelte, also ein Berufsverbot. Mehrere Gemälde von Nansen hängen in Jepsens Privatwohnung; diese nimmt der Polizist noch am selben Tag ab. Weil Siggi oft beim Maler ist, nutzt ihn der Vater als Spitzel, um das Verbot zu überwachen.
Natürlich malt Nansen heimlich weiter, so entsteht in seinem Atelier das Gemälde "Lachmöwen im Dienst", mit dem er sich über den Polizisten lustigmacht. Siggi wird sein Komplize, wenn Nansen dem Jungen angeblich Malen beibringt und dabei dessen Hand mit seiner führt.

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Alt 08.05.2023, 12:11   #170  
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Das Schwarze Quadrat (Deutschland 2021, FrisbeeFilms, ZDF - Das kleine Fernsehspiel und arte), Drehbuch und Regie: Peter Meister, 105 min, FSK: 12

Der MacGuffin dieser Gaunerkomödie ist eine Fassung von Kasimir Malewitschs | Казимир Малевич (1879 - 1935) berühmtem Gemälde "Das Schwarze Quadrat", von dem es verschiedene Fassungen in unterschiedlichen Formaten gibt. Eine Fassung (1915) mit den Maßen 79,5 × 79,5 cm befindet sich in der Tretjakow-Galerie, Moskau, ebenso eine Fassung (1929) mit den Maßen 80 x 80 cm; Im Russischen Museum in Sankt Petersburg wird eine Fassung (1923) mit den Maßen 106 × 106 cm ausgestellt; Eine weitere Fassung (1930 oder 1932) mit den Maßen 53,5 × 53,4 cm hängt in der Eremitage in Sankt Petersburg; Außerdem gilt eine weitere Fassung als verschollen. Weitere Fassungen werden nicht ausgeschlossen. Im Film wird der Wert des gestohlenen Gemäldes mit 60 Millionen Euro beziffert.
In seiner Director's Note verweist Peter Meister auf zwei spektakuläre Fälle mit weiteren berühmten Kunstwerken: 2019 wurde bekannt, daß sich das Gemälde "Salvator Mundi" (um 1500) von vermutlich Leonardo da Vinci (1452 - 1519) mit großer Wahrscheinlichkeit auf einer Luxusyacht des Saudi-Arabischen Kronprinzen Mohammed bin Salman befindet. Vor wenigen Jahren hing in einer großen Ausstellung der Kunstsammlung NRW Malewitschs "Schwarzes Rechteck – rotes Quadrat" (1915), doch das Gemälde entpuppte sich als Fälschung aus den 1970er Jahren.
Der Film hatte seine Premiere als Eröffnungsfilm der Hofer Filmtage 2021, wo er mit dem Hofer Kritiker Preis und dem Förderpreis Deutsches Kino ausgezeichnet wurde. Häufig wurde der Film gelobt, trotzdem hat er sich Verrisse eingehandelt. Denn bei dem Sujet waren einige lästige Traumschiff-Klischees unvermeidlich.

Die beiden Kunstdiebe Vincent Kowalski und Nils Forsberg haben in Frankfurt am Main aus einem Museum "Das Schwarze Quadrat" gestohlen und begeben sich in Hamburg auf ein Kreuzfahrtschiff, um dort ihre Beute ihrem Auftraggeber zu übergeben. Doch das läuft schief, und so finden sich die beiden in der Rollen von zwei Imitatoren wider, die die Passagiere als David Bowie und Elvis Presley unterhalten sollen.
Der ältere der beiden, Vincent Kowalski, ist Kunstdieb geworden, weil er vor 30 Jahren als Maler an der Kritik gescheitert ist und sich so an der versnobten Kunstwelt rächt. Ebenfalls an Bord ist die kunstsinnige Martha, die für einen russischen Oligarchen arbeitet; sie bekommt Wind von dem Kunstwerk und will es ihrem Oligarchen vermitteln.
Es gibt aber noch weitere Interessenten, und so wird das Original zunächst gestohlen. Vincent behilft sich, indem er rasch eine Fälschung anfertigt; deren Weiß er als zu grell empfindet, weshalb er die Farbe mit seinem Urin verdünnt. Aber auch diese Fälschung kommt wiederabhanden, so daß Vincent noch eine weitere Fälschung anfertigt.
Auf der Bühne des Schiffes kommt es zum Showdown zwischen verschiedenen Parteien ...

Geändert von Servalan (08.05.2023 um 14:23 Uhr)
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Alt 16.05.2023, 15:07   #171  
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Agatha Christie's Poirot Staffel 9 Episode 1 (Folge 50) "Five Little Pigs | Das unvollendete Bildnis" (Großbritannien 2003, A&E Television Networks, Granada Productions, Chorion plc für ITV), Drehbuch: Kevin Elyot nach dem gleichnamigen Roman (USA 1942/UK 1943) von Agatha Christie, Regie: Paul Unwin, 93 min

Diese Folge fällt aus dem üblichen Schema heraus, denn Hercule Poirot hat es mit einem Cold Case zu tun. Darüber hinaus ermittelt er ohne seine Sidekicks Captain Hastings, seine Sekretärin Felicity Lemon oder Inspector James Japp.
Durch die lange Verzögerung ergeben sich fünf unzuverlässige Zeugenaussagen, aus denen Poirot mit seinen grauen Zellen die Wahrheit herausfiltert.
Diese Verzerrung der kognitiven Selektion ist als Rashomon-Effekt bekannt und spielt auf den gleichnamigen japanischen Film (siehe Post #96) an; dennoch kann Agatha Christies Vorlage zurecht als origineller Plot anerkannt werden, zumal der Film erst gut zehn Jahre später beim westlichen Publikum ankam.

Hercule Poirot wird von einer jungen Dame, Carla Lemarchant, engagiert, um einen 14 Jahre alten Mord aufzuklären. Damals wurde ihre Mutter, Caroline Crale, dafür verurteilt, ihren Mann, den etablierten Kunstmaler Amyas Crale, durch das langsam wirkende Schierlingsgift Coniin vergiftet zu haben. Bevor Caroline Crale gehängt wurde, schrieb sie ihrer Tochter einen Brief, in dem sie ihre Unschuld beteuert; und weil die ihr glaubt, soll Poirot die Wahrheit herausfinden. Poirot warnt sie, daß dabei etwas herauskommen könnte, was ihr unangenehm sein könnte, doch das stört Carla Crale nicht.
Carla war zu der Zeit noch ein Kind, das nicht begriff, was eigentlich vor sich ging. Bei seiner Ermittlung muß Poirot fünf Zeugen (die "Five Little Pigs") befragen, die als Verdächtige in Betracht kommen: Die Brüder Philip Blake, ein Börsenmakler, und Meredith Blake, ein Kräuterkundler, aus dessen Labor das Coniin stammt; das Kindermädchen Cecilia Williams; Caroline Crales Halbschwester, die Archäologin Angela Warren und die heutige Lady Dittisham, Elsa Greer, eine verwöhnte höhere Tochter und Amyas Crales Modell.
Als Hercule Poirot engagiert wird, hängt Amyas Crales Gemälde "Girl in Shadow" in der Tate Gallery. Bei einer Ausstellung sprach Elsa Greer den erfolgreichen Amyas Crale an, er solle ein Porträt von ihr malen, was Crale zunächst ablehnte, denn er male keine Porträts. Trotzig meinte Greer, sie habe immer bekommen, was sie wollte, und schlägt ihm vor, Amyas für den Auftrag zu bezahlen. Der erste Versuch scheitert, beide trennen sich, doch vierzehn Tage später kommt Amyas zu Elsa und bittet sie, die Sitzung fortzusetzen. Unvermeidlicherweise schläft der Maler mit seinem Modell. Elsa glaubt, Amyas werde sie heiraten und verkündet das öffentlich, was Caroline Crale natürlich nicht paßt.
Während Elsa Greer auf dem Herrenhaus Alderbury in Devon ihm Modell sitzt, wird Amyas vergiftet. Obwohl sich Amyas Crale auf dem Kunstmarkt durchgesetzt hat, hegt das Kindermädchen Cecilia Williams große Vorbehalte. Sie habe in Florenz Kunst studiert und bemängelt an Crale seine grauenvolle Perspektive und seine furchtbare Anatomie.
Poirot kommt selbstverständlich dem wahren Täter auf die Spur.

Geändert von Servalan (26.05.2023 um 17:49 Uhr)
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Alt 29.05.2023, 13:22   #172  
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Pfarrer Braun Folge 2 "Das Skelett in den Dünen" (Deutschland 2003, Polyphon Film- und Fernsehgesellschaft): Drehbuch: Wolfgang Limmer, sehr frei nach Gilbert Keith Chesterton, Regie: Martin Gies, 86 min

Obwohl das nach Post #39 in diesem Thread der zweite Beitrag zu dieser Serie ist, halte ich einige allgemeine Anmerkungen zum Gesamtkonzept für angebracht.
Pfarrer Braun knüpft bewußt an die beiden Pater Bown-Filme mit Heinz Rühmann aus den 1960er Jahren an, so wurde Martin Böttcher in beiden Fällen mit der Musik beauftragt. Darüber hinaus gibt es Anleihen bei Don Camillo, denn wie dieser läßt sich Pfarrer Braun vom Gekreuzigten durch ein göttliches Zeichen die Erlaubnis zu seinem Handeln geben. Wie in den Rühmann-Filmen hat Pfarrer Braun ein gespanntes Verhältnis zu seinen kirchlichen Vorgesetzten, die seine kriminalistischen Ermittlungen am liebsten verhindern würde und ihn immer wieder strafversetzen.
Insgesamt handelt es sich bei der Serie um leichten Boulevard, der beim Publikum erfolgreich ankam und von der Kritik erwartungsgemäß zerrissen wurde.

In der ersten Folge wurde Pfarrer Braun auf die (fiktive) Nordseeinsel Nordersand strafversetzt.
Dort steht, versteckt in den Dünen, das Haus des Kunstmalers Wigbert Münzing, der seine Werke erfolgreich exklusiv von der Bremer Galerie Grabner und Hufstedt vertreibt. Eines seines Werke hat Münzing als Leihgabe der Milchbar am Meer überlassen, "Europa auf dem Stier", das der Inselmaler Onno als Pornokitsch abtut, er dagegen male Strandbilder.
Eines Tages wird in den Dünen vor Münzings Haus ein Skelett gefunden, das einige Jahre alt ist. Weil damit wegen Halloween Schabernack getrieben wird, reißt Pfarrer Braun dem Skelett die rechte Hand ab und läßt diese von einem Gerichtsmediziner untersuchen. Das letzte Glied des Zeigefingers fehlt, stattdessen hat das Skelett eine silberne Prothese.
Münzing lebt zurückgezogen und läßt seine Besorgungen durch seine Muse Jovanka Dimitriu erledigen. Vor drei Jahren hatte Münziger die Albanerin illegal nach Deutschland gebracht und als Modell vor allem für Akte genutzt. Weil ein Mann Jovanka in den Dünen geschlagen hat, bekommt sie Zuflucht in Pfarrer Brauns Kirche.
Um seinen Verdacht zu bestätigen, muß Pfarrer Braun Münzing persönlich treffen. Über eine Telefonnummer, die er von der Bremer Galerie hat, nimmt er Kontakt auf und gibt sich als neureicher Kunstsammler Benjamin Sarkander aus, der einen sechsstelligen Betrag an Galerie und Finanzamt vorbei für Kunst ausgeben will.

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Alt 02.06.2023, 16:26   #173  
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3 Tage in Quiberon (Deutschland / Österreich / Frankreich 2018, Rohfilm Factory, Dor Film und Sophie Dulac Productions), Drehbuch und Regie: Emily Atef, 115 min, FSK: 0, JMK: 10

Der Fotojournalist Robert Lebeck (1929 - 2014) hat sich sein Handwerk selbst beigebracht. Er arbeitete für die namhaften Illustrierten Revue, Kristall und Stern, bei GEO war er zeitweise Chefredakteur. Bekannt wurde er 1960 mit einer Auslandsreportage im Kongo. Seine erste Fotoausstellung hatte er 1962 im Hamburger Museum für Kunst und Gewerbe. Er porträtierte zahlreiche Schriftsteller, bildende Künstler, Musiker und Schauspieler; ein besonders inniges Verhältnis hatte er zu Romy Schneider. 1986 erschien bei der Edition Stemmle sein Fotobuch Romy Schneider. Letzte Bilder eines Mythos.
Lebeck war auch ein bedeutender Sammler von Fotografien des 19. Jahrhunderts und Zeitschriften aus der Frühzeit des Fotojournalismus. Seine Sammlung umfaßte mehr als 30.000 Exponate und wurde 2016 vom Land Berlin gekauft.

Das Biopic zehrt natürlich von der Legende Romy Schneider. Wegen ihrer Ähnlichkeit wurde Marie Bäumer häufig darauf angesprochen, Schneider zu verkörpern, aber Filme, die bloß die Lebensstationen des Stars abhakten, lehnte Bäumer ab. Der Film konzentriert sich auf drei Tage 1981, in denen Romy für den Stern vom Journalisten Michael Jürgs interviewt und von Lebeck fotografiert wurde.
Dabei nimmt sich der Film große erzählerische Freiheiten und erfindet beispielsweise die Sandkastenfreundin Hilde Fritsch dazu. Sowohl Schneiders Tochter Sarah Biasini als auch ihr Ex-Mann Daniel Biasini kritisierten den Film scharf.
Seine Premiere hatte der Film im Wettbewerb der 68. Internationalen Filmfestspiele Berlin, später wurde er mit etlichen Auszeichnungen gewürdigt.

Zu Beginn befindet sich Romy Schneider seit vier Tagen zur Entgiftung in einem Hotel in Quiberon. Obwohl sie gespanntes Verhältnis zur Presse hat, insbesondere zu deren deutschen Vertretern, willigt sie ein Interview ein. Bei der ersten Sitzung reagiert sie noch kurzangebunden, doch als die Presseleute mit Schneider und ihrer Freundin Fritsch aus dem Hotel fliehen und sich in einem Restaurant besaufen, lockert sich die Stimmung. Vor allem Lebeck findet rasch Zugang zur Bevölkerung und kann so seine Sessions durchziehen.
Jürgs nutzt diesen Vorteil, indem er Romy Schneider beim zweiten Interview Champagner bereitstellt. Mit Lebeck verbindet Schneider eine vertrauliche Nähe, die soweit geht, daß beide im selben Bett landen und eine Nacht miteinander verbringen. Bei einer Fotosession auf den Felsen am Strand stürzt Schneider und bricht sich einen Knöchel.
Im Epilog besucht Lebeck Schneider und ihre Tochter eine Woche später in Paris, wo er erneut fotografiert. Sie liest Jürgs' Interview gegen und gibt grünes Licht für eine Veröffentlichung.
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Alt 28.06.2023, 16:45   #174  
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Triumph des Willens (Deutschland 1935, Reichsparteitagsfilm), Drehbuch: Leni Riefenstahl und Walter Ruttmann, Regie: Leni Riefenstahl, 114 min, FSK: nicht geprüft, nicht indiziert und kein Vorbehaltsfilm

Mit dieser Wahl begebe ich mich auf heikles Terrain; persönlich distanziere ich mich von diesem Film, allerdings halte ich ihn kunstgeschichtlich und filmhistorisch für ein wichtiges Werk, das in diesem Rahmen präsentiert werden kann. Denn ich wollte einen Film von Leni Riefenstahl vorstellen, der einerseits für ihr Werk repräsentativ ist und zumindest dem Namen nach bekannt ist. Der halbdokumentarische Film zählt zu Riefenstahls Trilogie über die Reichsparteitage der NSDAP von 1933 und 1935 in Nürnberg und wurde international mit mehreren Preisen ausgezeichnet, darunter der Goldmedaille der Pariser Weltausstellung 1937, außerdem ist er bis heute einflußreich.

Leni Riefenstahl ist eine kontroverse Persönlichkeit, die sicher als Pionierin des Kinos ihre unbestrittenen Verdienste hat, sich jedoch einer einfachen Sicht entzieht, weil sie sich zu Lebzeiten trotz ihrer Propagandafilme in erster Linie als unpolitische Ästhetizistin inszeniert hat, die vor allem schöne Bilder produzieren wollte. Mit ihrer Bildsprache hat sie Standards gesetzt, die bis heute ihre Gültigkeit haben, und dadurch hat sie unsere Sicht auf Sport und Politik maßgeblich geprägt.
Es gibt den dreistündigen Dokumentarfilm Die Macht der Bilder | The Wonderful Horrible Life of Leni Riefenstahl (1993) von Ray Müller, der die Porträtierte kommentarlos frei reden läßt, ohne das Gesagte für das Publikum gleich einzuordnen, womit er einen tiefen Einblick in ihre Gedankenwelt ermöglicht. Dabei muß das Publikum schon genau hinhören und darauf achten, wenn sich Riefenstahl selbst widerspricht oder urplötzlich jede Frage abblockt.
Im April 1945 wurde Riefenstahl verhaftet und ein Gefangenlager verbracht, wo sie über ihre Rolle im Dritten Reich mehrfach verhört wurde. Nachdem sie im Juni 1945 aus der Haft entlassen wurde, mußte sich 1948 in vier Spruchkammerverfahren rechtfertigen und wurde 1952 entnazifiziert.

Triumph des Willens ist ein reiner Propagandafilm, der ein politisches Spektakel für die Bevölkerung Nürnbergs und das Publikum inszeniert, in dem sich die Nationalsozialistische Partei mit Pomp und in aller Pracht so inszeniert, wie sie gesehen werden will. Die Texttafeln am Anfang beziehen sich auf das Datum 1914, den Beginn des (Ersten) Weltkriegs, und kündigen ein erstarktes Deutsches Reich an, das die Schmach des Versailler Vertrags überwunden hat und seinen Rang unter den Weltmächten einfordert.
Der Film beginnt über den Wolken, denn der Führer fliegt wie eine Heilsgestalt ein und wird auf den Straßen frenetisch von jung und alt gefeiert. Nürnberg gilt hier pars pro toto für das gesamte Reich: Schon im Mittelalter eine bedeutende Stadt unter den Fuggern bietet sie breite Straßen vor malerischer Kulisse für Paraden und Aufmärsche. Es dauert zwanzig Minuten, bis das erste Wort gesprochen ist. Vorher ist ein Jubel zu sehen, wie ihn Politiker im Wahlkampf oder Diktatoren verbreiten.
Adolf Hitler bestimmt mit seinen Reden das Bild, einige Funktionäre dürfen kurz ihre Parolen absondern. Ihm gegenüber befindet sich eine meist uniformierte Masse, in der das Individuum keine Rolle spielt. Fahnen, Fackeln und Standarten marschieren in geometrischen Mustern auf, während eine Einheit beschwören, die die einzelnen Regionen miteinander verbindet. Aus Menschen wird eine Maschine im Gleichschritt stampfender Stiefel, Flaggen werden zu einem oszillierenden Muster. Der Einzelne zählt nichts.
Wir kennen heute die Geschichte und wissen, welche Versprechen gebrochen wurden. Entsprechend seltsam wirken Szenen, in denen ein SA-Mann gefeiert wird, oder wenn der Führer an eine friedfertige Jugend appelliert und ihnen zugleich einbleut, sie sollten mutig und tapfer sein und sich auf Entbehrungen einstellen.
Ein fürchterliches Dokument einer grauenhaften Zeit, die ich zum Glück nicht erleben mußte.
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Alt 28.06.2023, 21:57   #175  
Nante
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So geht es mir immer, wenn ich mir "Birth of a nation" anschaue: Ein zutiefst rassistisches Machwerk aber immer wieder bewunderswert, welche Stilmittel Griffith einsetzt, um den Zuschauer zu packen.

Der Riefenstahl-Film hat für mich als "zugereisten" Nürnberger noch den interessanten Nebenaspekt, daß er viele Ansichten der Altstadt zeigt, die nur wenig später im Weltkrieg für immer zerstört wurden.
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