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Alt 02.03.2008, 11:51   #1  
nc-schmitt
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Beiträge: 1.369
gold01 LTB 10 - ganz persönlich!

Vor einiger Zeit hatte ich über ein bekanntes Internetauktionshaus ein Lustiges Taschenbuch Nr. 10 ist aus der ERSTAUFLAGE aus dem Jahre 1969 verkauft. Titel: „Mit Onkel Dagobert auf Weltreise“.
Der Gutschein für den Donald-Kopf ist nicht mehr enthalten!
Das LTB befindet sich in einem schlechten Zustand, allerdings ist es komplett und alle Seiten sind fest eingebunden! Dieses Exemplar stammt aus einer Leihbücherei, daher ist es mit einer Schutzfolie überklebt.

Nachfolgend erzähle ich Euch MEINE persönliche Geschichte zu diesem Comic-Taschenbuch:
Ein gutes Gewissen ist ein sanftes Ruhekissen. Sagt man - und hat völlig recht damit. Ich hatte fast 30 Jahre ein schlechtes Gewissen und hatte meine „Tat“ beinahe erfolgreich verdrängt, als in diesen Tagen ein Rätsel gelöst wurde, daß mich schmerzlich an längst Vergangenes erinnerte aber auch endlich eine Frage beantwortete, die mir bisher viele schlaflose Nächte bereitet hatte. Nichts weltbewegendes. Aber für mich doch sehr prägend...

Ich war 8 Jahre alt, als mich mein um zwei Jahre älterer Bruder in die bunte Welt der Comics einführte. Die „Lustigen Taschenbücher“ hatten es uns da besonders angetan. Vermutlich hatte es angefangen, als Tante Monika - eine Freundin meiner Mutter - zwei dieser Taschenbücher als Geschenk für uns Kinder mitbrachte. Es waren die aktuellen Ausgaben 13 und 14. Wobei die Nummer 14 - mit Donald-Geschichten - mir besser gefiel, als die Ausgabe 13 mit der Micky Maus. Manches verstand ich damals nicht so recht aber das wunderte ja nicht - ich war ja erst 8 Jahre alt. Dennoch waren wir „infiziert“ und mußten einfach mehr davon haben. Unser Taschengeld war knapp bemessen. Für die Schule bekamen wir alles, was wir brauchten, beispielsweise um die Milch zu bezahlen. Auch Spielzeug war ausreichend vorhanden. Schließlich hatten wir auch wenig Ansprüche. Da reichte dann auch ein „Sonntagsgeld“ von 50 Pfennige völlig aus. Durch tauschen mit Gleichaltrigen, konnte mein Bruder schnell fehlende Nummern auftreiben, auf die ich mich förmlich stürzte, um sie zu lesen. Wann immer er ein neues - mir unbekanntes - Buch mitbrachte freute ich mich am meisten. Wir versuchten viele Quellen zu nutzen. So war ein Geburtstag ein willkommener Anlaß, sich das neueste Buch - die Nr. 15 - zu wünschen. Mir war damals gar nicht bewußt, daß immer nur alle drei Monate ein neues Tb dieser Reihe in den Handel kam. 3 Monate! Eine unglaubliche Zeitspanne für einen achtjährigen!! Als wir dann fünf oder sechs Bücher hatten kannte ich alle Seiten beinahe auswendig, da ich sie ständig von neuem las oder betrachtete. Eines Tages erschrak ich fast zu Tode. Denn bei allen Büchern fehlte ein bestimmtes Teil einer Seite, der ich kaum Beachtung geschenkt hatte, da auf ihr keine Comics waren. Mein Bruder hatte die Gutscheine ausgeschnitten und ich war etwas böse darüber, da es sich doch um eine Beschädigung handelte. Als er Wochen später den Donald-Kopf vorzeigen konnte, war auch mein Wunsch geweckt einen solchen besitzen zu wollen. Mein Bruder klebte diesen Kopf auf sein Allerheiligstes: Sein Briefmarkenalbum!

Irgendwann bin ich dann auf den glorreichen Gedanken gekommen, die Schulbücherei aufzusuchen, die nur Nachmittags geöffnet war, und nach den „Lustigen Taschenbüchern“ zu fragen. „Lustige Taschenbücher“ gab es zu Hauf - aber keines mit Comics drin. Die Bibliothekarin - Frau Watermann - wußte ja nicht, was ich meinte. Und als ich bei meinem nächsten Besuch eines von meinen Büchern zeigte, hatte sie auch tatsächlich mehrere vorzuweisen. Davon war dann eines, welches ich noch nicht kannte. Band 10 „Mit Onkel Dagobert auf Weltreise“. Es sah ein bisschen anders aus, als „unsere“ Bände. Es war, wie meine Schulbücher, in einer selbstklebenden Klarsichtfolie eingeschlagen. Auf der vorletzten Seite war eine Tasche eingeklebt für die Laufkarte. Ich war der erste, der das Buch bekam, wurde ermahnt, es pfleglich zu behandeln und es spätestens wieder nach einer Woche zurückzubringen. Frau Watermann kannte uns Kinder ja persönlich und das war doppelt verpflichtend dafür zu sorgen, daß das Buch wieder zurück kam. Nachdem ich es gelesen hatte, reihte ich es zu den anderen Disney-Büchern im heimischen Regal ein. Ich wollte es ja noch ein paar mal durchsehen. Durch die Beklebung fiel das Buch auf. Und es besaß als einziges noch den Donald-Gutschein.

Aber wir lebten in einer für uns Kinder turbulenten Zeit. Ich hatte jeden Tag Spielkameraden im Kinderzimmer zu Gast (ich war mehr der Stubenhocker) und mein Bruder brachte auch oft seine Freunde mit nach Hause. Jedenfalls stellte ich eines Tages nach der Schule fest, daß eines der „Lustigen Taschenbücher“ fehlte! Ausgerechnet die Ausgabe 10 aus der Leihbücherei!! Ich war entsetzt. Wie konnte das geschehen. Ich würde es ersetzen müssen!! Ich hatte doch gar kein Geld dafür!!! Ich fragte meinen Bruder, ich fragte meine Mutter, ich fragte sogar meinen Vater. Niemand wußte etwas oder hatte etwas gesehen. Mein Bruder konnte auch nicht verstehen wie das passieren konnte. Auch er rätselte. Nun mußte ich damit ganz alleine fertig werden. Ich hatte wenig Geld und wie sollte ich eine schier unüberschaubare Summe (etwa DM 3,50) als Schadensersatz aufbringen. Ich war verzweifelt. In den folgenden Tagen lud ich mich bei meinen Freunden ein, um bei ihnen heimlich nach dem Buch zu fahnden. Ich fragte die Freunde meines Bruders - allesamt undurchsichtige Schlägertypen, die ja zwei Jahre älter waren - vorsichtig nach diesem Objekt. Niemand wußte etwas. Und das bereitete mir schlaflose Nächte. Und wenn ich einschlief hatte ich sorgenvolle Alpträume. In der Schule mied ich Frau Watermann so gut es eben ging. Aber mein Kinderkosmos war begrenzt und als meine Klassenlehrerin sah ich sie jeden Tag! Ich war das personifizierte schlechte Gewissen und als sie mich eines Tages nach dem Buch befragte, brach ich in Tränen aus und berichtete von dem unerklärlichen Diebstahl. Anscheinend hatte ich ihr Mitleid erregt und sie verzichtete darauf, ein Ersatzbuch zu bekommen. Zusätzlich tröstete sie mich noch ein bisschen. Mir war wirklich ein schwerer Stein vom Herzen gefallen aber ich hatte meine Lektion gelernt. Niemals wieder hatte ich mir etwas ausgeliehen. Ich wollte nie Schulden haben. Mein erstes Auto, Jahre später, war ein echter Schrotthaufen - aber bar bezahlt. Später suchte ich mir eine Eigentumswohnung, nur, damit ich niemanden Geld (für die Miete) schuldete. Daß die Wohnung viele Jahre bis zur Abzahlung eigentlich der Bank gehörte störte mich seltsamerweise nicht.

Mein Interesse an den Disney-Taschenbüchern verlor sich damals praktisch über Nacht. Ich konzentrierte mich auf wichtigeres: Briefmarken, Schell-Münzen, Auto-Bilder von Americana. Nur mein Bruder las noch ab und an die Taschenbücher und hatte, anscheinend über Freunde, einen weiteren Donald-Aufkleber organisiert, den er für jedermann gut sichtbar auf seinem braunen ledernen Schulranzen klebte. Das Leben ging weiter. Was blieb, war die Frage nach dem Verbleib des Taschenbuches - ein Mysterium, welches mich nie wirklich losgelassen hatte.

In den Tagen unserer heutigen Zeit geschah es nun, daß ich mit meiner Familie die Familie meines Bruders besuchte. Wir hatten in all den Jahren immer ein gutes Verhältnis und pflegten unseren Kontakt. Seine kleine Tochter wußte, daß ich mich für Comics interessiere und da sie mich anscheinend gut leiden mag, zeigt sie mir gerne immer wieder ihre Heftchen. Inmitten des kleinen Stapels Micky Maus und Conny (oder wie die Pferdemagazine heißen), war ein Taschenbuch, welches ich sofort erkannte. Es war zerlesen, wulstig, die Bindung mehrfach aus dem Leim aber für mich als Sammler dennoch interessant. Es war das besagte „Lustige Taschenbuch“ Nr. 10 mit dem Schutzumschlag, sogar der Leihkarte hinten drin aber - es fehlte der Donald-Gutschein! Ich sah meinen Bruder an und fragte vorwurfsvoll: „Was ist denn das?“ - „Was?“, fragte er unschuldig. Ich bohrte etwas schärfer: „Na, das Taschenbuch, hier!“ - „Ach, DAS Taschenbuch.“ - „Jaaa, DAS Taschenbuch!“, bestätigte ich betont lässig aber mit aggressiven Unterton. „Tja... das ist von Dir!“, gestand er ohne Umschweife.

Nun kam die Lösung zu Tage: Mein Bruder hatte das Buch damals genommen, um den Gutschein für den Donald-Kopf auszuschneiden. Aber anstatt es wieder zurückzulegen, versteckte er es und tat, als ob er von nichts wüßte. Schließlich wäre der Verdacht ja sofort auf ihn gefallen, wenn nur der Gutschein gefehlt hätte. So einfach war es für ihn. Beinahe - denn auch er hatte ein schlechtes Gewissen mir gegenüber, vor allem, weil er sah, wie sehr es mich doch mitgenommen hatte. Und so beendete ein harmloser Sonntagnachmittag nach etwa 30 Jahren ein prägendes Erlebnis meiner an sich unbedarften Jugend.
Ich betrachtete mir die Leihkarte und schmunzelte, als ich den Datumsstempel las, an dem ich das Buch hätte zurückbringen sollen:
15. SEP. 1972
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Alt 02.03.2008, 12:04   #2  
Maxithecat
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Ort: der Dosenöffner wird geduldet !
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Nach fast 35 Jahren das Rätsel gelöst!
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