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Alt 23.10.2022, 19:33   #76  
Nante
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Zitat:
Zitat von Peter L. Opmann Beitrag anzeigen
(die beste der DDR ist natürlich die von 1974)
Ja, wir waren die Weltmeisterbesieger.

OK, da ich alte Stummfilme liebe, probieren wir es mal zum Einstieg damit.

Die ältesten zwei Filme, (außer vielleicht einigen Chaplin-Kurzfilmen)die ich gesehen habe, sind beide von D.W. Griffith. Nämlich „Intolerance“ von 1916 und „The Birth of a Nation“ von 1915.
Ich nenne sie bewußt in dieser Reihenfolge, denn auf „Intolerance“ bin ich Jahre vor dem anderen gestoßen, irgendwann in den 80ern zu nachtschlafender Zeit beim NDR, wenn ich mich recht erinnere.
Positiv daran war auch, daß nicht nur der Film selbst sondern auch Interviews mit Beteiligten, z.B. Gillian Gish gezeigt wurden. Negativ war, daß ich eigentlich erst eingeschaltet hatte, als ein Drittel des Films schon vorbei war. Das ist gerade bei so einem Film nicht gerade hilfreich für das Verständnis. Aber vor allem die Babylon-Szenen haben einen unvergesslichen Eindruck auf mich gemacht.
Eine Inhaltsangabe schenke ich mir hier, da es ja bei Wikepedia nachzulesen ist und ansonsten ausufern würde. Nur soviel: Neben der „Materialschlacht“, die den Film dann ja auch zum finanziellen Desaster machte, hat mich an der Babylon-Episode vor allem der Umstand gefesselt, daß hier im Gegensatz zum sonst gängigen Narrativ nicht Xerxes und die Perser „die Guten“ sind.

Finanziell ermöglich hat Griffith dieses Mammutwerk natürlich der Vorgänger „The Birth of a nation“, ein total rassistischer Lobgesang auf den Ku-Klux-Klan, der vor allem im zweiten Teil wie ein Vorgänger von Veit Harlans „Jud Süß“ wirkt und z.B. nach Ansicht von Q. Tarantino eigentlich vors Nürnberger Tribunal gehört hätte.

Aber neben dem Umstand, daß der Film eine ganze Reihe von filmischen Innovationen anstieß, muss man auch zugeben, daß er auch auf der emotionalen Ebene perfekt ist. Wer damals die angsterfüllten Gesichter von Lillian Gish oder Mae Marsh in Großaufnahme auf der Leinwand gesehen hat, wird den reitenden „Clansman“ wahrscheinlich nur Erfolg gewünscht haben. Von der teuflisch genialen Idee, das ganze mit dem Walkürenritt zu unterlegen, haben sich ja noch Jahrzehnte später andere Regisseure inspirieren lassen.

Für mich gehören beide Filme zusammen, vor allem, weil der „schlechte“ inflationsbereinigt wahrscheinlich immer noch der erfolgreichste Film aller Zeiten ist, während der „gute“ wie schon beschrieben, finanziell eher floppte.

Zum Ende noch ein Verweis auf zwei andere Filme, von denen zumindest der eine auch das Zeug zum „Klassiker" hat:
In „Nickelodeon“ (1976) von Peter Bogdanovich über die Anfänge von Hollywood werden Ausschnitte der Auführung von „The Birth…“ gezeigt.
Und in der internationalen Co-Produktion „Good Morning, Babylon“ von 1987 wird anhand zweier italienischer Brüder, die die Babylon-Kulissen mitgestalten, der Dreh von „Intolerance“ geschildert.

So, das war mal ein Versuch von mir.
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Alt 23.10.2022, 19:38   #77  
Marvel Boy
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Komme ich mal zurück auf den Film des Tages Futureworld.
Ja klasse Film, aber der Klassiker ist der Vorgänger Westworld, schon wieder ein Film der prägend für mich war.
Was mich zu Phantoms Einwand mit einmal den Film geschaut bringt. Ich habe alle diese Phantastischen Filme damals und teilweise bis heute nur einmal gesehen aber einige haben sich auf meine innere Festplatte gebrannt. Okay, ein paar andere waren auch dabei, quer durch alle Filmspielarten.
Allerdings führte meine Vorliebe dazu das ich auch alle Bücher und Lexikas zu dem Thema verschlang und irgendwann, als ich es mir leisten konnte, angefangen habe mit dem VHS Rekorder alles aufzunehmen was nur ging.

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Alt 23.10.2022, 19:44   #78  
Peter L. Opmann
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@ Rusty: "The Green Mile" (Film) klingt wirklich vielversprechend. Mal sehen, ob ich an die DVD mal rankomme. Ich bin kein Fan von Streaming, kaufe aber auch DVDs eher, wenn sie 5,99 Euro kosten.

@ Phantom: Der Kanon ist wohl eine Frage von ausgewiesener Bildung. -Daher wohl auch die Konzentration auf Literatur. Denn man muß als Bildungsbürger sehr wohl gewisse Bücher gelesen haben, aber nicht unbedingt bestimmte Filme kennen. So angesehen ist diese Kunst nicht.

Bleibt die Frage, ob es bestimmte Kriterien gibt, die einen Filmklassiker definieren. Finde ich jedenfalls schwierig. Was macht man mit Filmen, die nicht in diese Kriterien hineinpassen, aber trotzdem gut sind? Ich glaube daher, "Klassiker" kann man nicht festlegen. Es bleibt nichts übrig, als bei jedem einzelnen Film zu bestimmen, was daran gut ist und was nicht. Manchmal ziehe ich mich sogar darauf zurück, daß ein Film mir eben gefällt.
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Alt 23.10.2022, 19:50   #79  
Marvel Boy
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Du gibst 5,99 für eine DVD aus? Soviel gebe ich kaum noch für eine BR. DVD max 3. Da könntest du mal zu Kik schauen die hatten Green Mile lange für den Preis stehen. Den Film kann ich auch nur empfehlen.
Streaming ist auch nicht meins nur gibt es einiges gar nicht mehr anders.

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Alt 23.10.2022, 20:05   #80  
Horatio
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Zu Futureworld:

Zitat:
Zitat von Peter L. Opmann Beitrag anzeigen
Nicht verwendete Szenen [aus „Westworld“] von Brynner wurden in „Futureworld“ als Traumsequenz verwurstet. So wirkte also der Star des Films an den Dreharbeiten überhaupt nicht mit (und kostete auch keine Gage).
Aber in dieser Traumsequenz ist auch Blythe Danner zu sehen, und die beiden küssen sich sogar.
Horatio ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 23.10.2022, 20:38   #81  
Peter L. Opmann
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Puh, schon wird's schwierig, auf alle Wortmeldungen angemessen zu reagieren.

Vor allem muß ich zu Nante was sagen (Respekt, auch ein Stummfilm-Liebhaber!).

David W. Griffith ist allerdings beinahe eine Bildungslücke bei mir. Natürlich hätte ich auf Anhieb sagen können, daß "Birth of a Nation" und "Intolerance" bedeutende Filme von ihm sind. Aber ich kenne ersteren nur in Form von kurzen Ausschnitten, die in filmhistorischen Dokus enthalten sind. Dabei wurde mir nicht klar, daß der Film den Ku-Klux-Clan thematisiert und daß er rassistisch ist. (Ich habe aber keinen Zweifel, daß Du recht hast.)

Von "Intolerance" habe ich mal größere Teile gesehen, weil dieser Film von Buster Keaton in seinem ersten längeren Film "The three Ages" parodiert wird. Aber ganz kenne ich "Intolerance" auch nicht. Und ich wußte nicht, daß der Film an der Kasse durchfiel (das heißt, er hatte wohl schon viele Zuschauer, aber die Produktionskosten waren zu hoch).

Wenn ich mir den wikipedia-Eintrag ansehe, muß ich gestehen, daß mir gar nicht bewußt war, wie viele Filme Griffith gemacht hat. Ich dachte, er sei schon in den 20er Jahren von der Bildfläche verschwunden, aber er hat ja sogar etliche Tonfilme gedreht. Also brauche ich zumindest mal eine Griffith-Biografie.

Was bei mir von ihm hängengeblieben ist, ist, daß er die Sprache des Kinos erfunden hat, etwa das Schnitt-Gegenschnitt-Verfahren oder elliptisches Erzählen. Das ist wohl tatsächlich das Verdienst, das man ihm nicht nehmen kann. Und ich denke auch im Zusammenhang mit Stroheim an Griffith, denn Stroheim begann als Komparse in "Birth of a Nation", fiel Griffith dabei auf und wurde sein Assistent. Von Stroheim wiederum wird gesagt, daß bei ihm das Kino erwachsen wurde: Er zeigte in seinen Filmen erstmals Menschen, die von Leidenschaften und Schuld getrieben werden, die man also nicht einfach ins Gut-Böse-Schema einfügen kann.

Geändert von Peter L. Opmann (23.10.2022 um 21:30 Uhr)
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Alt 23.10.2022, 20:40   #82  
Peter L. Opmann
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@ Horatio: Richtig, das ging mir beim Schreiben auch kurz durch den Kopf. Ein paar Drehtage (oder zumindest einen) muß Brynner also gehabt haben.

Aber diese Traumsequenz ist im Film ziemlich unmotiviert. Mir leuchtete sofort ein, daß sie nur drin ist, damit die Szenen mit dem "Gunslinger" noch nutzbringend verwertet werden konnten.
Peter L. Opmann ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 23.10.2022, 20:44   #83  
Peter L. Opmann
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@ Marvel Boy: Da kann ich mich nur auf meinen persönlichen Geschmack zurückziehen.

Ich fand "Westworld" auch nicht schlecht. "Westworld" ist sicher kein Billigfilm, aber es ist doch die typische Crichton-Masche. Ich finde "Futureworld" origineller erzählt.
Peter L. Opmann ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 23.10.2022, 20:53   #84  
Marvel Boy
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Die "übliche Crichton Masche" kannte ich damals noch nicht.
Aber, ja, Futureworld ist auch klasse, nur war er nicht so prägend, in Richtung SF und artverwandtem, für mich.

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Marvel Boy ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 23.10.2022, 21:42   #85  
Horatio
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Zitat:
Zitat von Peter L. Opmann Beitrag anzeigen
@ Horatio: Richtig, das ging mir beim Schreiben auch kurz durch den Kopf. Ein paar Drehtage (oder zumindest einen) muß Brynner also gehabt haben.

Aber diese Traumsequenz ist im Film ziemlich unmotiviert. Mir leuchtete sofort ein, daß sie nur drin ist, damit die Szenen mit dem "Gunslinger" noch nutzbringend verwertet werden konnten.
Woher hast du die Information, hier seien ursprünglich für Westworld gedrehte Szenen verwendet worden? Oder ist das nur eine Vermutung deinerseits?
Horatio ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 23.10.2022, 22:15   #86  
Rusty
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Zitat:
Zitat von Peter L. Opmann Beitrag anzeigen
@ Rusty: Klingt aber so, daß ich mit dem Film doch besser bedient wäre. Ich lese ohnehin nur noch wenig Romane.
Bei mir ist es genau umgekehrt.
Es gibt immer weniger Filme und leider auch Comics die mich gut unterhalten.
Merke ich schon an den div. Film-Trailern oder beim durchblättern in Comicläden.

Da bin ich mit Romanen besser bedient.
Aktuell zB 'BOMBA - Der Dschungelboy'.
Uralte Romane, aber (für mich) immer noch gut unterhaltend.
Aber das gehört jetzt nicht in diesen Film-Thread.
Rusty ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 23.10.2022, 22:24   #87  
Peter L. Opmann
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Zitat:
Zitat von Horatio Beitrag anzeigen
Woher hast du die Information, hier seien ursprünglich für Westworld gedrehte Szenen verwendet worden? Oder ist das nur eine Vermutung deinerseits?
Oh, liege ich da etwa falsch?

Im Moment kann ich nicht sagen, woher die Information stammt. Jedenfalls war ich beim Filmdreh nicht dabei...

Entweder habe ich eine Doku über AIP oder einen Review über "Futureworld" gesehen, oder ich hab's irgendwo gelesen. In meinen Filmbüchern kommt "Futureworld" allerdings kaum vor, daher scheidet diese Möglichkeit eher aus.

Aber ich find's schon plausibel. In dieser Traumsequenz sieht man Yul Brynner größtenteils allein durch ein Gebäude laufen. Diese Aufnahmen hätte man für alles mögliche verwenden können.
Peter L. Opmann ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 24.10.2022, 07:52   #88  
Peter L. Opmann
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Ich glaube, ich muß dem Titel dieser Diskussion wieder mehr gerecht werden. Daher kommt jetzt ein Ernst-Lubitsch-Film, kein elegantes erotisches Vexierspiel wie bei ihm meist, sondern ein Anti-Nazi-Film mit dem Titel „Sein oder Nichtsein“.(1942). Das war also zwei Jahre nach Chaplins „Großem Diktator“, aber immer noch vor dem Eintritt der USA in den Zweiten Weltkrieg. Ich würde sagen, die Nazis werden hier noch übler verspottet als bei Chaplin. Hitler hat hier zwar nur eine Nebenrolle, aber Nazi-Schergen allgemein werden gnadenlos als überheblich und dumm bloßgestellt. Wäre schön gewesen, wenn sich damals, so wie in dem Film, Geist und Witz durchgesetzt hätten und der Krieg nicht durch militärische Gewalt hätte entschieden werden müssen.

Die Story ist recht kompliziert. Ich hoffe, es gelingt mir, sie zusammenzufassen. Am Vorabend des Kriegsausbruchs probt eine Warschauer Theatertruppe ein Anti-Nazi-Stück, in dem Hitler nur als Komparse vorkommt. Der Darsteller ist auch nicht besonders gut. Der Theaterleiter (Jack Benny) und seine divenhafte Frau (Carole Lombard) liefern sich ein subtiles Duell, wer von beiden künstlerisch besser und bedeutender ist.

Lombard hat ihrem Gatten auf jeden Fall eines voraus: einen jungen Liebhaber, den Luftwaffensoldaten Sobinski. Er sitzt immer in der ersten Reihe, wenn sie auftritt, und sie haben vereinbart, daß er stets in ihre Garderobe kommt, wenn ihr Mann im „Hamlet“ den Monolog „Sein oder Nichtsein“ beginnt. Da platzt die Nachricht herein, daß Polen überfallen worden ist und der Krieg begonnen hat. Sobinski muß sich seinem Kampfflugzeug widmen. Zusammen mit ein paar Kameraden fliegt er nach England und schließt sich der RAF an. Ein polnischer Geheimdienstler verrät ihnen, daß er dabei ist, nach Warschau zurückzukehren. Sie tragen ihm darauf Grüße an ihre Angehörigen daheim auf, die er sorgfältig notiert. Seltsam ist nur, daß er Carole Lombard nicht kennt, die eine nationale Berühmtheit ist.

Es stellt sich heraus, daß der Geheimdienstler in Wirklichkeit ein Nazi ist und nun Druckmittel gegen die Bomberstaffel in der Hand hat. Sobinski beschließt, ihm zu folgen und ihn unschädlich zu machen, bevor er die Liste den Besatzern aushändigen kann. Zugleich möchte er auch Lombard wiedersehen. Als er in Warschau eintrifft, beschließt die Theatertruppe, ihm zu helfen (während Benny allmählich ahnt, was da zwischen dem jungen Flieger und seiner Frau läuft). Der Verräter will den deutschen Gruppenführer in Polen aufsuchen, um ihm die Daten der Flieger zu übergeben. Sie lotsen ihn ins Theater, das sie dank des gerade einstudierten Stücks wie die Gestapo-Zentrale aussehen lassen können, präsentieren ihm einen falschen Gruppenführer, nehmen ihm seine Notizen ab und töten ihn, als er zu fliehen versucht.

Nun will aber der echte Gruppenführer den Geheimagenten sehen. Außerdem erfahren die Theaterleute, daß es noch ein zweites Exemplar der verfänglichen Liste gibt. Jack Benny schlüpft in die Rolle des Verräters, und Carole Lombard will sich mit dem Gruppenführer treffen, um an die zweite Liste heranzukommen. Die Nazis haben schon mitbekommen, daß der Geheimdienstler tot ist, und wollen den Doppelgänger ins offene Messer laufen lassen. Wie zufällig bringen sie Benny mit der Leiche zusammen. Indem er dem Toten in einem unbeobachteten Moment den Bart abnimmt, kann er jedoch vorgeben, dieser sei der Imitator. Nach diesem Reinfall geht der Gruppenführer zum Rendezvous mit Carole Lombard. Sie rettet, daß plötzlich bekannt wird, daß Adolf Hitler persönlich auf dem Weg nach Warschau ist. Der Gruppenführer hat nun Wichtigeres zu tun, als sie zu verführen.

Die Theatertruppe redet den Warschauer Nazis ein, Hitler werde eine Vorstellung in ihrem Theater besuchen. Sein Auftauchen samt Leibgarde wird aber von ihnen inszeniert. Zudem spielen sie ein kleines Attentat auf den Führer vor, für das die Schuld dem Gruppenführer in die Schuhe geschoben wird. Zu seiner Sicherheit muß nun (der falsche) Hitler unverzüglich wieder aus Warschau herausgeschleust werden. So bringt sich das Ensemble per Flugzeug in Sicherheit. Die deutsche Flugzeugbesatzung ist echt. Der verkleidete Führer befiehlt ihr jedoch, mitten im Flug aus der Maschine zu springen, was sie mit wahrem Kadavergehorsam sofort tut. In England kann Benny ebenfalls den „Hamlet“ geben. Und wieder steht ein junger Mann in der ersten Reihe auf, sobald er den Monolog „Sein oder Nichtsein“ beginnt.

Diese Geschichte war zweifellos harte Arbeit für den Drehbuchautor. Der Witz des Films liegt aber vor allem darin, daß die Schauspieler in ihren Nazi-Rollen immer schlecht und abgeschmackt sind, aber die echten Nazis damit völlig täuschen können. Das kann also nur daran liegen, daß die Nazis in natura ebenso schlecht und abgeschmackt sind. Volker Schlöndorff, der sich in seinem Film „Die Blechtrommel“ selbst über Nazis lustiggemacht hat, warnte einmal: „Die sind total blöd, aber sie haben die Macht!“ Insofern kann ich verstehen, daß der Lubitsch-Film anfangs manche empört hat. Für mich, der diese Zeit nicht erlebt hat, ist das jedoch eine meisterhafte Komödie. Indem man über sie lacht, kann man Diktatoren ein Stückweit ihre Macht nehmen – wenn man es sich denn erlauben kann.

Übrigens spielen in dem Film zahlreich deutschstämmige Schauspieler mit, eine Lubitsch-Truppe, die zu Hochform aufläuft. Erwähnenswert sind vor allem Felix Bressart als polnischer Schauspieler und Sig Ruman als Gruppenführer. Und noch eins: Hier habe ich zahlreiche Gags nicht verraten (falls jemand den Film noch nicht kennt).
Peter L. Opmann ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 24.10.2022, 11:06   #89  
Rusty
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Absolut richtig. Ernst-Lubitschs Anti-Nazi-Film „Sein oder Nichtsein“
ist ein All-Time-Filmklassiker. Wird leider viel zu wenig gezeigt.
Rusty ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 24.10.2022, 18:12   #90  
Horatio
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Zitat:
Zitat von Peter L. Opmann Beitrag anzeigen
Oh, liege ich da etwa falsch?

Im Moment kann ich nicht sagen, woher die Information stammt. Jedenfalls war ich beim Filmdreh nicht dabei...

Entweder habe ich eine Doku über AIP oder einen Review über "Futureworld" gesehen, oder ich hab's irgendwo gelesen. In meinen Filmbüchern kommt "Futureworld" allerdings kaum vor, daher scheidet diese Möglichkeit eher aus.

Aber ich find's schon plausibel. In dieser Traumsequenz sieht man Yul Brynner größtenteils allein durch ein Gebäude laufen. Diese Aufnahmen hätte man für alles mögliche verwenden können.
Ich habe jedenfalls noch nie zuvor etwas davon gehört oder gelesen, dass nicht verwendete Brynner-Szenen aus Westworld bei Futureworld verwendet worden wären. Deshalb interessiert mich das. Ich bin SF-Fan und habe beide Filme vor 40 Jahren in der Science-Fiction-Filmreihe in der ARD gesehen.

Wenn ich mir die Szene ansehe …

https://www.youtube.com/watch?v=M4LidfkbW68

… dann sehe ich, dass zu Beginn Brynner und Danner im Treppenhaus stehen und sich ansehen. Und etwas später Brynner, wie er den „Operationssaal“ betritt, mit Danner im Hintergrund. Man sieht Brynner zwar nur von hinten, aber sein Gunslinger-Gang ist sehr charakteristisch. Beide gehen auch durch dieselben Räume dieser Villa, und das Licht ist ebenfalls gleich.
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Alt 24.10.2022, 19:57   #91  
Peter L. Opmann
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Bin gern bereit, meine Behauptung zumindest einzuklammern, bis ich die Quelle gefunden habe.

Du hast recht, daß es jedenfalls ein paar Takes gibt, in denen Brynner und Danner zusammen im Bild sind, und sie hatte ja mit "Westworld" nichts zu tun. Aber es würde zu AIP passen, daß im Vorspann mit seinem Namen geworben wird, obwohl er für den Film gar nicht (oder nur ganz kurz) engagiert wurde. Bleibt allerdings die Frage, wie AIP an das "übriggebliebene Filmmaterial" rankam.
Peter L. Opmann ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 24.10.2022, 20:52   #92  
OK.
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Kleiner Tipp von mir (Peter, ich hoffe das ist okay):

Falls sich jemand in Ergänzung zu (oder wie ich als weitgehender Ersatz für) DVDs/BluRays eine virtuelle Sammlung von Klassikern aufbauen möchte, empfehle ich iTunes. Kein anderer Anbieter, auch nicht der (leider) einzige ernstzunehmende Konkurrent Amazon Prime, hat so viele Klassiker im Programm (damit meine ich "offizielle" und persönliche Klassiker bis Ende der 70er, ab den 80ern gibt’s ja bei allen Anbietern viel mehr). Stummfilmzeit bei beiden verständlicherweise eher mau (sind bestimmt verkaufstechnisch eher Ladenhüter), aber auch da hat Apple z.B. Filme von Harold Lloyd im Angebot. Drei weitere Vorteile hat Apple mMn: Gelegentlich werden bereits gekaufte Filme, auch mancher Klassiker, kostenfrei (manch stelle sich vor! ausgerechnet Apple) und automatisch auf 4K aktualisiert (neulich z.B. "Chinatown"). Außerdem bietet Apple im Streaming die beste optische Qualität und einige der Klassiker kommen mit Extras (z.B. "West Side Story", u.a. Kommentare von Stephen Sondheim zu jedem Song).

Bin kein Apple Fanboy, aber vor ca. 5 Jahren habe ich beschlossen, meine DVD-Sammlung weitgehend aufzulösen und von ca. 1000 auf die ca. 200 einzudampfen, die es mW nirgends im Stream gibt (z.B. die wunderbare Sammlung der Laurel & Hardy-Klassiker gibt es soweit ich weiß bis heute nur auf 20+ DVDs). Und da bin ich auf Apple gekommen. Toll wäre es übrigens, wenn es für Klassiker und generell alte Filme einen Streaming-Anbieter geben würde, ist ne Marktlücke (Mubi kratzt da nur an der Oberfläche und legt zudem selbst fest, was rausfliegt).
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Alt 24.10.2022, 21:32   #93  
Peter L. Opmann
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Klingt ein bißchen wie eine Werbeunterbrechung, aber ich habe nichts dagegen.

Das wäre vielleicht eine eigene Diskussion (oder ist schon irgendwo hier geführt worden), aber ich kann mich mit Streamen nicht anfreunden. Ich sehe zwar die Vorteile - man kann seine Videos und DVDs wegschmeißen, und man kommt sogar an Filme bequem heran, die man nicht so leicht auf einem Datenträger findet. Aber das Problem ist für mich das gleiche wie bei Musik auf iTunes. Die Tracks werden beliebig - die läßt man irgendwann nur noch in Random-Einstellung ablaufen. Ich wüßte bald nicht mehr, welchen Film ich sehen soll. Zu einer DVD oder auch einer VHS-Cassette habe ich irgendwie eine Beziehung.
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Alt 25.10.2022, 06:26   #94  
Marvel Boy
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Ja, geht mir interessanter Weise genauso. Luxusprobleme.

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Alt 25.10.2022, 06:57   #95  
Peter L. Opmann
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@ Marvel Boy: Aber der Luxus ist, sich all diese Streamingdienste zu leisten...

Noch eine Komödie, allerdings eine, die ziemlich anders gelagert ist als die bisher besprochenen oder erwähnten: „Willkommen, Mr. Chance“ (1979) von Hal Ashby. Diesen Film habe ich ziemlich früh, jedenfalls in den frühen 1980er Jahren, im Fernsehen gesehen. Ich hatte damals keine Möglichkeit, ihn einzuordnen. Ich kannte Peter Sellers, den Darsteller der Titelrolle, noch nicht – weder die „Pink Panther“-Filme noch irgendetwas anderes mit ihm; ich wußte nicht, daß Ashby unter anderem „Harold und Maude“ gedreht hatte, und mir wurde auch – glaube ich – erstmals vermittelt, daß Fernsehen etwas Schädliches sein kann. „Willkommen, Mr. Chance“ ist ein skurriler Film, der niemals zum lauten Lachen reizt. Ich merkte schon, daß es sich um eine Satire handelt, aber eine mit einer ganz seltsamen, ein wenig melancholischen Atmosphäre.

Die Handlung läßt sich diesmal recht knapp wiedergeben. Mr. Chance (ich glaube, man erfährt niemals seinen Vornamen) ist bei einem Privatmann in Washington als Gärtner angestellt. Sein ganzes Leben, mal abgesehen von Grundbedürfnissen wie Essen und Schlafen, besteht aus seiner Gartenarbeit und aus Fernsehen. Das Grundstück, auf dem er beschäftigt ist, verläßt er niemals, und alles, was er über das Leben außerhalb weiß, hat er durchs Fernsehen erfahren. Man kann sagen, das Dauerglotzen hat ihn völlig verblödet. Aber er schadet ja niemandem. Chance ist ein sehr stiller, zurückhaltender Mensch. So hätte das mit ihm ewig weitergehen können, aber eines Tages stirbt sein Arbeitgeber, und dadurch ist er gezwungen, dessen Anwesen zu verlassen. Nur seine Fernbedienung nimmt er mit.

Chance irrt orientierungslos durch die Straßen und wird schließlich von Shirley MacLaine angefahren, als er durch eine Reihe von Fernsehgeräten in einem Schaufenster abgelenkt ist. Es passiert ihm nicht viel, aber MacLaine ist sehr erschrocken und nimmt ihn mit zu sich nach Hause. Sie ist die Gattin eines einflußreichen Geschäftsmanns und bemüht sich, ihn völlig wiederherzustellen. Chance trägt jetzt aufgrund eines Mißverständnisses den Namen „Chancy Gärtner“; er lebt von da an bei ihr und ihrem Mann. Meist redet Chance überhaupt nicht, und wenn, dann wirres Zeug, Dinge, die von seiner Gartenarbeit und seinen Fernseherfahrungen herrühren. Für seine Gastgeber sind das freilich tiefe Weisheiten, die er von sich gibt. Sie halten ihn für einen Guru. Erst stellen sie ihn stolz in ihrem Bekanntenkreis vor, vermitteln ihm dann Auftritte in Fernsehtalkshows und stellen ihn bei passender Gelegenheit sogar dem US-Präsidenten vor, der ebenfalls von ihm schwer beeindruckt ist.

Niemand scheint zu durchschauen, daß er in Wahrheit ein Trottel ist. Zwar befaßt sich der Geheimdienst mit ihm, aber es gibt keinerlei Informationen über ihn, was die Behörde zu der Überzeugung bringt, er sei eine so wichtige Persönlichkeit, daß alle Daten über sein Leben ausgelöscht worden seien. Schließlich einigt sich die politische Kaste in Washington darauf, daß Chance der ideale Kandidat für die nächste Präsidentenwahl wäre. Der weiß gar nichts von seinem Glück. Der Film endet nicht mit einem wuchtigen Schlußgag, sondern Chance verläßt einfach die Gesellschaft, die so hingerissen von ihm ist, und geht somnambul weg.

Dieser Film handelt von einer offensichtlich vergangenen Zeit. Im Prinzip geht es um einen Hochstapler, aber einen unfreiwilligen. Heute gibt es zwar eine Menge Trottel im Fernsehen, aber die sind offenbar so ausgewählt, daß jeder sieht, daß sie vulgär und dumm sind. Und auch wer in der Politik Erfolg haben will, muß manchmal seine Minderbemitteltheit plakativ ausstellen (siehe der aktuelle Ex-Präsident). Ich fürchte, „Willkommen, Mr. Chance“ spricht heute weniger Menschen an als damals, als der Film erschien. Die stille Art der Inszenierung paßt nicht mehr in die heutige Medienlandschaft. Ich habe „Willkommen, Mr. Chance“ selbst auch schon länger nicht mehr gesehen, habe aber Lust bekommen, das mal wieder zu tun.
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Alt 25.10.2022, 07:14   #96  
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Zitat von Peter L. Opmann Beitrag anzeigen
@ Marvel Boy: Aber der Luxus ist, sich all diese Streamingdienste zu leisten...
Deswegen ja.
Aber natürlich auch das es heute überhaubt für uns möglich ist.
Ich hab den Luxus mehrerer Plattformen, nicht weil ich das brauche sondern weil meine Frau das "braucht", jedem sein Hobby. Mittlerweile beteidige ich mich allerdings an den Kosten denn wenn das schonmal da ist nutze ich das auch. Für mich alleine hätte ich das aber nicht gemacht.
Um auf deinen Film einzugehen, ja, gesehen, vermutlich zur gleichen Zeit wie du und eigentlich keine besonderen Erinnerungen mehr dran.

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Alt 26.10.2022, 07:52   #97  
Peter L. Opmann
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Obwohl sie schon tot war, als ich geboren wurde, interessiere ich mich seit langem für Marilyn Monroe. In ihrem filmischen Werk gibt es für mich fast nur Klassiker; natürlich muß man die frühen Filme, in denen sie in Nebenrollen mitwirkte, in Klammern setzen. Ich denke, ab „Niagara“ (1952) gibt es keinen Monroe-Film mehr, der nicht durch sie zum Klassiker wurde. Ich will mir aber jetzt einen Film vornehmen, der etwas aus dem Rahmen fällt und den vielleicht auch nicht jeder auf dem Schirm hat: „Der Prinz und die Tänzerin“ (1957). Das ist der einzige Film, den sie in Europa gedreht hat, die einzige Zusammenarbeit mit der britischen Schauspiel-Ikone Laurence Olivier (der auch Regie führte) und der einzige Film, den sie produziert hat. Er erzielte einen Gewinn, war aber für ihre Verhältnisse enttäuschend. Vielleicht liegt das daran, daß es eine Komödie anderer Art ist, als was das Publikum von ihr erwartete.

Der Film entspricht zunächst mal genau dem Titel: Er handelt von einem Prinzen eines osteuropäischen Phantasie-Fürstentums und einer amerikanischen Showtänzerin, die in London aufeinandertreffen. Der neue, noch jugendliche König soll hier gekrönt werden. In dem Fürstentum gibt aber sein Vater, der Prinzregent (Olivier), den Ton an. Der Sohn möchte zuhause einige Reformen durchführen und das Land modernisieren; das will Olivier verhindern. Vor der Krönungsfeier will er sich aber zunächst amüsieren. Er besucht eine Theatershow, läßt sich hinterher alle mitwirkenden Tänzerinnen vorstellen und wird dabei auf die sehr aufgeregte Monroe aufmerksam, weil sie ein Problem mit ihrem Büstenhalter hat. Olivier lädt sie darauf zum Abendessen – und offenbar zu mehr – in seine fürstliche Suite ein.

Monroe denkt zunächst, sie werde Teil einer großen Abendgesellschaft sein, merkt aber schnell, woher der Wind weht, als sie erkennt, daß sie der einzige Gast zum Abendessen ist. Da erteilt sie Olivier schnell und selbstbewußt eine Absage und will gehen – nicht ohne ihn darauf hinzuweisen, daß sie wenigstens etwas mehr Romantik erwartet hätte. Olivier bringt sie jedoch dazu, in seiner Suite (in einem eigenen Zimmer) zu übernachten, und gelobt Besserung. Das ist ihm wahrscheinlich noch nie passiert, daß eine Frau, die er verführen wollte (und für die er nur geringes Interesse aufbringt), ihn abblitzen läßt. Nach seinen Vorstellungen hätte er Monroe nach einem netten Abend weggeschickt und sich wieder seinen Staatsgeschäften gewidmet, nun aber bittet er sie zu bleiben. Sie zeigt, je besser sie ihn kennenlernt, immer weniger Respekt vor seiner hohen Stellung, gewinnt ihn aber andererseits lieb – gerade wegen seiner Schwächen.

Monroe macht noch vor der Krönung auch die Bekanntschaft des jugendlichen Königs und seiner Revolutionspläne sowie der Mutter des Prinzregenten (Sybil Thorndike), einer sehr exzentrischen Dame, zu der sie aber auf weiblicher Ebene einen Draht findet. Sie greift auch in das sehr gespannte Verhältnis von Vater und Sohn ein, vermittelt zwischen ihnen und hilft, ein paar von den demokratischen Reformen, die er fordert, durchzusetzen. Das hätte Olivier wohl am wenigsten erwartet, daß sich eine kleine Tänzerin in seine politischen Ränkespiele einmischt. Dabei merkt er nun auch, daß er sich in Monroe verliebt hat. Unversehens darf sie an der Krönungszeremonie teilnehmen. Es stellt sich aber dann heraus, daß die beiden nicht zusammenkommen können: Er muß in sein Fürstentum zurückkehren, und sie hat noch einen laufenden Vertrag in ihrem Theater. Es wird aber angedeutet, daß er zurückkehren wird, sobald er abgedankt hat und sein Sohn im Amt ist.

Das Besondere an dem Film ist nicht die zugegeben etwas lahme Story, sondern das Spiel von Monroe und Olivier. Wie da die Klischees der Standesunterschiede auf links gewendet werden, finde ich grandios. Olivier verändert sich unter dem Einfluß der Tänzerin völlig, und Monroe spielt ein einfaches, nicht sehr intelligentes Mädchen, jedoch mit viel praktischem Sinn und sogar Lebensklugheit. Es ist ganz und gar nicht die gewohnte Rolle des blonden Dummchens, unter der sie litt. Allerdings wirkt sie selbstredend sehr attraktiv.

Die Dreharbeiten müssen jedoch ziemlich nervenaufreibend und schwierig gewesen sein. Monroe war damals schon psychisch angeschlagen, ließ sich ausschließlich von ihrer Schauspiellehrerin Paula Strasberg etwas sagen, und es dauerte entsprechend endlos, bis ihre Szenen gedreht waren. Olivier hatte sie offenbar nur wegen ihres großen Namens als Partnerin ausgewählt, kam mit ihrer Darstellungsweise nicht klar und mußte sich letztlich von ihr an die Wand spielen lassen. Es war wohl so, wie Billy Wilder einmal sagte: Mit Monroe zu drehen, war wie im Zahnarztstuhl zu sitzen und einen Weisheitszahn gezogen zu bekommen, aber am Ende kommt ein wunderbarer Film dabei heraus. „The Prince and the Showgirl“ entsprach aber anscheinend nicht den Erwartungen des US-Publikums, das Monroe eben nur als Sexbombe sehen wollte. Vielleicht war ihm der Film auch zu britisch – Olivier hatte den Stoff vorher bereits zusammen mit seiner Frau Vivian Leigh in England auf die Bühne gebracht.

Es gibt ein Biopic über die Entstehung dieses Films, "My Week with Marilyn“ (2011). Da werden die Dreharbeiten aus der Sicht von Colin Clark dargestellt, der damals als Assistent dabei war und, jedenfalls laut dieser Darstellung, der einzige war, der Monroes Probleme erkannte und sie dazu bewegen konnte, die Dreharbeiten nicht völlig zu ruinieren. Finde ich auch sehr empfehlenswert.

Geändert von Peter L. Opmann (26.10.2022 um 07:58 Uhr)
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Alt 26.10.2022, 09:18   #98  
Nante
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Das war, glaube ich, der erste MM-Film den ich je gesehen habe. (Im Rahmen einer MM-Reihe im DDR-Fernsehen in den 80ern).
Im Gegensatz zu den anderen aus dieser Reihe(vor allem den beiden Billy-Wilder-Klassikern) hat er mich aber damals nicht vom Hocker gerissen.
Lag wahrscheinlich auch daran, daß man als Teenager nicht versteht, was eine "junge Frau" wie MM an so einem "Opa" wie Olivier findet. Aber das war in den 50ern ja in Hollywood nicht ganz unüblich. Bei den beiden Filmen von A.Hepburn mit G.Cooper und H.Bogart z.B. war der Altersunterschied ja noch größer.
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Alt 26.10.2022, 10:29   #99  
Peter L. Opmann
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Wäre mir vielleicht auch so gegangen; ich habe den Film aber erst relativ spät gesehen (ich weiß nicht mehr wann, aber ich glaube, in den 90ern). Also, ich wollte ja verdeutlichen, daß da mehr abläuft als eine platte Lovestory.

Vielleicht müßte ich auch mal einen DEFA-Film ins Auge fassen. Aber auf Anhieb fällt mir nur "Spur der Steine" von Frank Beyer ein, der mir richtig gut gefallen hat. "Die Mörder sind unter uns" kenne ich leider nicht und ist auch eventuell kein typischer DDR-Film. Und sonst müßte ich mal gucken. Kurz nach der Grenzöffnung lief an der Fachhochschule Fulda eine DEFA-Filmreihe, und ein ehemaliger Chefdramaturg war auch mal als Ehrengast da. Aber ich müßte nachsehen, was da so gezeigt wurde.

Ich habe "Jakob der Lügner" und "Paul und Paula" auf DVD, aber die wären mir auch nicht sofort als Klassiker eingefallen.
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Alt 26.10.2022, 12:15   #100  
Phantom
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Ich habe den "Prinz und die Tänzerin" tatsächlich erst vor zwei Monaten zum ersten Mal gesehen (auf dem "Turner Classic Movies"-Channel in einem amerikanischen Motel, grundsätzlich ein sehr schöner Sender für alte Filme), und ich muss leider sagen, dass ich ihn ziemlich altbacken und langweilig fand. Hat sich dieser Humor nicht überholt? Als Fifty-Ager verstehe ich noch weniger als der Teenager Nante, was eine junge Frau an so einem Opa findet.

Ein paar Mal wird in dem Film deutsch geredet, und Marilyn überrascht damit, dass sie Deutsch versteht.

Bis November ist übrigens eine kleine, aber feine Marilyn-Ausstellung im Knauf-Museum in Iphofen mit einigen Filmkostümen und anderen Artefakten. Hat mir gut gefallen (ist für mich aber auch nur eine knappe Stunde Anfahrt gewesen). Danach gab ich mir zum x-ten Mal Niagara, Some like it hot, Gentlemen prefer blondes (diese Tanzszene ganz in pink zu "diamonds are a girl's best friends" ist schon sehr brillant inszeniert und ausgestattet).
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