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Alt 18.05.2022, 12:55   #1  
Phantom
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Beiträge: 691
Standard Fürst der Füchse (Bodo V. Hechelhammer)

Mittlerweile sind ja ein paar Rezensionen dieses Buchs erschienen. Manche Schlussfolgerungen decken sich nicht mit meinen. Ich möchte deswegen auch hier eine Diskussion beginnen.

Vorausgeschickt sei, dass ich das Buch gern gelesen, auch gern zu Ende gelesen habe. Es gab bisher noch keine komplette Rolf-Kauka-Biographie, ich habe auch nicht alle Biographie-Schnipsel, die es in verschiedenen Publikationen gab, gelesen; manche habe ich gelesen, aber wieder vergessen. Mich haben die Comics (vor allem die Lizenzcomics) und die Zeichner/Texter immer viel mehr interessiert als der Verleger.

In Peter Wiechmanns Kauka-Chronik wurden einige Eigenheiten von Kauka ja en passant erwähnt. Ich hatte damit gerechnet, dass er, wohl über ein Jahrzehnt lang einer von Kaukas engsten Mitarbeitern, irgendwann auch noch ausführlicher über Kaukas Leben und Motivationen sowie die geschäftlichen Details im Hintergrund berichtet, etwa in Form einer Biographie; aber dazu ist es leider nicht gekommen. Die Chance, dass ein echter Insider, der Kauka nicht nur gut kannte, sondern auch in Einzelheiten der Comic-Produktion (künstlerisch wie geschäftlich) involviert war, uns noch unbekannte Einsichten verschaffen kann, ist wohl vorbei.

Hechelhammer ist Historiker und Mitarbeiter beim Bundesnachrichtendienst, kein Comic-Nerd. Er hat das Buch nicht begonnen, weil er sich gefragt hat, aus welchen Originalheften die Bobo-Stories in den Taschenbüchern stammten, wer denn eigentlich Eusebia erfunden hatte oder welchen literarischen Wert die Fix & Foxi-Geschichten der siebziger Jahre aus heutiger Sicht noch haben. Sondern weil er darauf gestoßen ist, dass der ehemalige BND-Chef Gerhard Wessel lange eng mit Rolf Kauka befreundet war und Kauka mehrmals in den BND-Akten auftaucht.

Hechelhammer hat mit vielen Zeitzeugen gesprochen, allen voran mit Mitgliedern der Kauka-Familie, und in vielen Archiven gegraben. Mir gefällt diese Herangehensweise, alles ist belegt, Daten wurden z.T. mit Hilfe von standesamtlichen Urkunden verifiziert.

Das Buch zeichnet also – wie der Titel sagt – chronologisch das Leben des Rolf Kauka nach. Kann sein, dass jemanden nicht im Detail interessiert, in welchen Kompanien Kauka wann und wo im Krieg gekämpft hat oder in welchen Hotels Kauka im Alter beim Heimatbesuch abgestiegen ist. Aber es schadet ja auch nicht, das ausgegraben zu haben. (Wir wollen ja auch Zeichner und Texter jeder noch so unbedeutenden Comic-Story zuordnen, also sollten wir doch mit Detailfülle leben können.) Vieles im Lebensweg von Kauka war mir vorher unbekannt; wie kam er eigentlich nach München, wie starteten und scheiterten seine Ehen, wie war die Beziehung zu seinen Kindern, wann, wie und warum hat er seinen Verlag verkauft, warum ging es irgendwann nach Georgia etc. Jetzt bin ich schlauer, und tatsächlich hat mich das Leben Kaukas beim Lesen nun doch immer mehr interessiert.

Natürlich fehlt auch mir etwas; ich hätte gern mehr zum kreativen Prozess erfahren, mehr zu den Comics, z.B. zur Frage, ob Kauka eigentlich Comics wirklich gemocht oder wer eigentlich welche Figuren erfunden hatte, mehr zur persönlichen Beziehung zwischen Kauka und den vielen Verlagsmitarbeitern. Aber das ist eben nicht der Fokus des Buches. Ich bin trotzdem froh, dass dieses Buch so erscheinen konnte, wie es der Autor eben konzipiert hat.

Ich stimme mit anderen Rezensenten nicht überein, dass dieses Buch Kauka "beerdigt" oder "zerstört". Ja, Kauka kommt nicht unbedingt besonders sympathisch rüber; für mich ergibt sich das Bild eines typischen Mitläufers (im Krieg) und eines typischen Geschäftsmannes (nach dem Krieg), der versucht, irgendwie erfolgreich zu werden (ob mit Romanen oder Comics oder Werbefilmen oder vorgegaukelten Doktortiteln ist dabei eigentlich egal) und möglichst viel Steuern zu sparen (Konten in der Schweiz, Gevacur), der versucht, Männerfreundschaften (Unternehmer, Politiker,…) zum eigenen Vorteil zu nutzen, der seinen Mitarbeitern (und seinen Kindern) möglichst wenige Zugeständnisse machen und sein Unternehmen patriarchalisch führen will. Aber so richtig überraschend ist das jetzt nicht, das trifft alles auf viele Nachkriegsunternehmer zu. (Und vielleicht auch auf heutige...)

Eine Sache stört mich an dem Buch aber doch: Es ist anscheinend am Schluss nicht noch einmal gewissenhaft auf Fehler überprüft worden. Für ein Buch in einem professionellen Verlag ist mir die Menge an Tippfehlern, Wiederholungen und Inkonsistenzen zu hoch. Liest denn aus Kostengründen heute niemand mehr abschließend Korrektur? Beispiele:
  • Ein paar Tippfehler (aus dem Gedächtnis): Weisenknabe, Dupui, Macinelle, Priem am Chiemsee, Giovanni di Lorenzo (das ist der Zeit-Journalist, der eigentlich gemeinte italienische Geheimdienstchef hieß de Lorenzo)
  • S. 47: Hier wird erwähnt, Kauka hätte sein Fotoalbum mit Zeilen aus einem Gedicht von Felix Dahn eingeleitet, u.a. mit der Zeile „wir tragen keine Krone mit“. Aber das Album ist auf S. 14 abgebildet, und da ist stattdessen deutlich in Kaukas Handschrift „wir tragen keine Schätze mit“ zu lesen.
  • S. 189: „Wenige Wochen später startet Kauka im März (…) mit 12 Folgen (…) Siggi, der Unverwüstliche (…) Mit Veröffentlichung des letzten Titels am 1. April (…)“ Wie soll das gehen, 12 Folgen in einem wöchentlich erscheinenden Heft von März bis April? (Begann natürlich schon im Januar.)
  • Am 22. Juli 1975 trifft Kauka die „fünfunddreißigjährige[n]“ Alexandra (S. 262), am 5. Dezember 1975 heiratet er die „knapp dreißigjährige“ Alexandra (S. 266). Benjamina Button?
  • S. 307: Thurman Scott hat angeblich das Konzept für Superman verkauft. Hier ist Hechelhammer wohl einer Internet-Ente aufgesessen.
  • S. 313: Luzifer erschien „wiederum bei Fleissners Universitas Verlag“. Aber der erste Roman erschien nicht bei Universitas, sondern bei Herbig (auch wenn der auch zu Fleissners Imperium gehörte).
Vielleicht ist ja anderen, die sich mit Rolf Kaukas Leben besser auskannten als ich, noch etwas aufgefallen, das nicht stimmt? Ich lese gerne andere Meinungen.
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