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Alt 29.11.2022, 07:42   #326  
Peter L. Opmann
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Ja, in dieser Hinsicht ist "Sunset Boulevard" sehr interessant.

Da spielt Gloria Swanson eine verrückt gewordene Stummfilm-Diva, die noch immer in der Illusion ihres damaligen Ruhms lebt. Und Erich von Stroheim ist ihr Fahrer. Am Ende läßt sie sich von ihm "inszenieren" und kommt auf seine Anweisung die Treppe herab. Swanson hatte, zusammen mit Joseph Kennedy, Stroheim für "Queen Kelly" geholt, aber auch dieser Film wurde damals, 1929, abgebrochen, weil ihn Stroheim völlig aus dem Ruder laufen ließ und wohl selbst Kennedy dafür nicht genug Geld hatte.

Wilder spielt also auf ziemlich schmerzhafte Dinge an, die wirklich passiert waren, und ich finde es bemerkenswert, daß sich sowohl Swanson als auch Stroheim dafür hergegeben haben.
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Alt 29.11.2022, 19:21   #327  
Horatio
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„Der Engel mit der Trompete“ – den sah ich auch vor vielen Jahren im TV, hat mir damals immerhin so sehr gefallen, dass ich ihn bei einer späteren Wiederholung auf Videocassette aufgenommen habe. Die Aufnahme habe ich noch, habe den Film aber schon lange nicht mehr angesehen.

Jack Benny hat in seinen Shows (Radio oder Fernsehen) später immer wieder Witze gemacht über diesen Film-Misserfolg, und in der Sprechblase gab es mal einen Artikel über Batman (-Zeitungsstrips?), da kam auch eine Geschichte mit Benny als „Stargast“ vor, die eine Anspielung auf eben diesen Film enthält.
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Alt 29.11.2022, 22:27   #328  
Peter L. Opmann
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In der englischen Wikipedia wird auch erwähnt, daß Benny später immer wieder Witze über diesen mißglückten Film gemacht habe. Und da wird daraus geschlossen, daß es ein Erfolg des Films war, daß Benny ihn dauernd heranziehen konnte und daß viele Leute ihn deshalb im Gedächtnis haben.
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Alt 29.11.2022, 23:21   #329  
Horatio
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Es gibt z. B. einen sehr spaßigen Sketch, „Fingers Hope, Jelly Roll Benny, and Rosie“, mit Benny, Bob Hope und Rosemary Clooney, in dem sie sich, vom Skript abweichend, gegenseitig ständig zum Lachen bringen. Darin wird auch dieser Film erwähnt.
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Alt 30.11.2022, 06:23   #330  
Peter L. Opmann
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Jetzt wende ich mich einem Film zu, an den ich – ähnlich wie bei dem „Engel mit der Trompete“ – nicht so genaue Erinnerungen habe. Es geht um „Cassidy, der Rebell“ (1965) von Jack Cardiff und John Ford, den ich zum ersten Mal am 29. Januar 1984 im Fernsehen gesehen habe (ich habe mir damals ein paar Notizen gemacht). Um 1990 habe ich ihn nochmal gesehen und auf Video aufgenommen. Kleine Anmerkung: Es wäre nicht schlecht, wenn ich Filme nochmal sehen würde, bevor ich über sie schreibe, aber ich stecke immer noch in meinem Umzug und komme nicht so leicht an meine Videos und DVDs heran. In ein paar Wochen dürfte dieses Problem beseitigt sein – wenn ich mir dann aber die Filme erst nochmal reinziehe, werde ich wohl nicht mehr jeden Tag einen Film vorstellen können. Vielleicht gibt’s ja dann andere Leute, die hier öfter als bisher auch mal schreiben.

Zurück zu „Cassidy“. Es handelt sich um die Biografie von Sean O’Casey, einem großen irischen Dramatiker. Er hat eine umfangreiche sechsteilige Autobiografie veröffentlicht, die in Teilen dem Film zugrunde liegt. O’Casey war ursprünglich ein einfacher Dubliner Arbeiter, der sich selbst durch Lesen bildete. Anfangs beteiligte er sich an Aufständen gegen die Briten (unter anderem am Osteraufstand 1916), merkte aber dann, daß er durch revolutionäre Theaterstücke mehr bewirken konnte, und wurde dabei von Literaturpreisträger William Butler Yeats, der auch Leiter des Dubliner Abbey Theatres war, gefördert. Das ist auch die grundlegende Filmhandlung, aber daneben geht es auch wesentlich um seine Beziehung zu Frauen (Plural!), was mich damals viel mehr interessiert hat. O’Casey wird dargestellt von Rod Taylor – man kann gut nachvollziehen, daß der bei Frauen einen Stein im Brett hatte. Es treten auf eine Tänzerin (Julie Christie), eine attraktive Witwe (Sian Philipps) und eine Buchhändlerin (Maggie Smith).

Der Nebenstrang der Romanze mit Maggie Smith hat sich mir am meisten eingeprägt, und eine Szene daraus habe ich auch in meinem Comic „Daphne erstarrt“ zitiert. Sie lernen sich kennen, als Taylor versucht, ein Buch aus ihrem Laden zu stehlen, weil er nicht genug Geld hat, es zu kaufen. Sie erwischt ihn, ist aber überrascht, daß es sich um einen Band der Werke von Oliver Goldsmith (noch ein irischer Schriftsteller) handelt. Darauf beginnt sie, ihn in seinem Bildungsdrang zu unterstützen. Es entwickelt sich eine zu Herzen gehende Liebesgeschichte. Doch als er berühmt wird und aufs europäische Festland reist, merkt sie, daß ihre gemeinsamen Ziele und Interessen weniger werden und die Liebe zuende geht. Wenn ich hier eine persönliche Anmerkung machen darf: Ich habe mich auch immer ein wenig zu Buchhändlerinnen (und auch Bibliothekarinnen) hingezogen gefühlt, denn gebildete Frauen findet man ja leider nicht so oft. Deshalb denke ich immer wieder mal gern an Maggie Smith in dieser Rolle.

Über die Produktionsgeschichte des Films ist nicht allzu viel zu erfahren. Aber als Regisseur war ursprünglich John Ford vorgesehen, der selbst irischer Abstammung war und irische Stoffe auch schon bearbeitet hatte. Allerdings erkrankte Ford kurz nach Beginn der Dreharbeiten und mußte durch Jack Cardiff ersetzt werden, der hauptsächlich als Kameramann bekannt ist. Vielleicht ist „Cassidy“ aus diesem Grund bei einigen Kritikern nicht so angesehen. Außerdem habe ich jetzt gelesen, daß als Hauptdarsteller zunächst Sean Connery vorgesehen war, der aber wegen dem fast gleichzeitig entstandenen Film „Goldfinger“ die Rolle nicht übernehmen konnte. Sean O’Casey bekam das Drehbuch zu sehen und war – wohl nach anfänglicher Skepsis – damit einverstanden. Er starb 1964, bevor der Film fertig wurde. Ich kann verständlicherweise nicht sagen, ob „Cassidy, der Rebell“ nun tatsächlich ein guter Film ist – laut Lexikon des internationalen Films kommt er über eine übliche Kinobiografie nicht hinaus. Die Szenen, die man bei youtube besichtigen kann, sind immerhin hübsch burlesk. Aber ich verbinde mit ihm doch etwas mehr.

Geändert von Peter L. Opmann (30.11.2022 um 06:29 Uhr)
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Alt 01.12.2022, 06:21   #331  
Peter L. Opmann
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Noch eine Filmbiografie, aber ganz anderer Art: „American Splendor“ (2003) von Robert Pulcini und Shari Springer Berman. Ich habe damals in Augsburg die Kinoaufführung verpaßt (vielleicht lief der Film dort gar nicht) und kurz darauf eine gebrauchte DVD in einer Videothek gekauft. Leider fehlte das Booklet, das von Robert Crumb gestaltet ist. Etwas später habe ich die DVD dann aber noch einmal eingeschweißt auf einem Grabbeltisch gefunden. Von den Comics hatte ich schon vorher gehört. Ich habe einen Omnibus von Ballantine („The Life and Times of Harvey Pekar“); soviel ich weiß, sind die Comics noch nicht auf deutsch erschienen.

Zurück zum Film, der erst 20 Jahre alt ist, aber das ist mir in diesem Fall egal. Es handelt sich um eine sehr eigenwillige Mischung aus biografischem Spielfilm (mit Paul Giamatti in der Hauptrolle), dokumentarischen Szenen mit dem echten Pekar und Comiceffekten (so will ich das mal nennen). Das heißt, die Handlung läuft mitunter in wechselnden Panels ab, um den Zuschauer daran zu erinnern, daß es das Ganze bereits als Comic gibt. Pekar ist ein intelligenter, reflektierter Zeitgenosse, der völlig unauffällig als Mitarbeiter einer Krankenhausverwaltung in Cleveland/Ohio vor sich hin lebt. Jemand, der aus sich mehr hätte machen können, dem aber dazu der Ehrgeiz fehlte. Er interessiert sich für alte Schallplatten mit ungewöhnlicher Musik (wie Crumb, den er auf diese Weise kennenlernt), und er liest auch Comics, was ihn auf die Idee bringt, Episoden aus seinem Leben in Form von Comics zu erzählen. Allerdings ist er kein begabter Zeichner, er bringt nur hingeworfene Entwürfe zustande. Als er dann aber Crumb auf einer Plattenbörse trifft, bekommt der dieses Material zu sehen und interessiert sich sofort dafür, das für Pekar zu zeichnen.

„American Splendor“ wird eine Underground-Comicserie, das heißt, alle kommerziellen Anforderungen werden konsequent ignoriert. Ich habe nur ein „Best of“ dieser Comics (die auch von anderen Undergroundzeichnern gestaltet wurden) gelesen, aber es wird deutlich, daß Pekar einfach sein relativ ereignisarmes Leben zum Thema macht – aber so, daß es nicht langweilig ist. Die Comics sind noch viel episodischer als der Film. Hier erlebt man mit, wie Pekar an einer Stimmbandentzündung leidet, wie ihn seine Freundin verläßt, wie er dann seine spätere Frau kennenlernt, eine Verkäuferin in einem Comicladen, die bereits von ihm als Comicfigur gelesen hat, und wie sie schließlich eine Tochter adoptieren (das scheint aber mit der Wirklichkeit nicht ganz übereinzustimmen). Als Nebenfiguren treten überwiegend Kollegen aus der Krankenhausverwaltung auf, darunter ein ziemlich gehemmter bekennender Christ, mit dem Pekar trotzdem in gewissem Sinn befreundet ist.

Die Comicserie „American Splendor“ wurde mit der Zeit so bekannt, daß Pekar vorübergehend als skurrile Gestalt für die David-Letterman-Show engagiert wurde (vielleicht ein bißchen vergleichbar mit Herbert Feuerstein oder Manuel Andrack in der Harald-Schmidt-Show). Zwischendurch muß er sich ein Jahr lang einer Krebsbehandlung unterziehen, was er auch wiederum in einem Comic verarbeitet („Our Cancer Year“). Man sieht, es gibt hier wieder mal kaum eine Story zu erzählen. Dennoch erzeugt der Film eine einzigartige Atmosphäre, der sich der Zuschauer kaum entziehen kann. Auch durch die Macken der handelnden Personen. Dazu trägt freilich wesentlich bei, daß immer wieder zwischen den oben erwähnten drei Ebenen – Spielhandlung, Dokumentaraufnahmen (in denen sich Pekar auch mal direkt an den Zuschauer wendet) und Comiceffekte – hin- und hergeblendet wird. Ich glaube, der Film ist auch nicht streng chronologisch. Giamatti spielt seine Figur ziemlich glaubwürdig, und auch die anderen Schauspieler – wenngleich mir alle unbekannt – machen ihre Sache gut.

Mich hat fasziniert, wie der Weg zur Entstehung eines ungewöhnlichen Comics dargestellt wird. „American Splendor“ hat mich motiviert, selbst einen autobiografischen Comic zu zeichnen, „Daphne erstarrt“ (den ich auch bereits oben erwähnt habe). Im Gegensatz zu Pekar hatte ich mit Zweifeln zu kämpfen, ob mein Leben wirklich erzählenswert ist. Aber ein gutes Mittel, mir über verschiedene Dinge klar zu werden, war mein Comic auf jeden Fall. Der Film „American Splendor“ war durchaus erfolgreich. Er gewann auf mehreren Festivals Preise und wurde auch für einen Oscar nominiert („Bestes adaptiertes Drehbuch“). Die Einnahmen betrugen 8,7 Millionen Dollar, mehr als das Fünffache der Produktionskosten. Wie ich lese, hat Pekar den Film dann auch in einem Comic verarbeitet („Our Movie Year“), man kann also sagen, daß hier Kunst und Kommerz auf seltsame Weise versöhnt werden.
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Alt 01.12.2022, 07:00   #332  
Marvel Boy
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Ha, da kann ich gleich mal was posten, zu dem Film hab ich vor rund acht Jahren mal ein paar wenige Worte geschrieben bei der Erstsichtung.

American Splendor
Der Film war dann doch etwas anders, genial anders. Gut, den Jazz Track am Anfang fand ich dann nicht sehr gut und es dauerte bei mir auch etwas bis ich mit der Erzählstrucktur auf gleicher Geschwindigkeit war. Mit anderen Worten der Anfang war etwas langweilig für mich. Der Film erinnerte Teilweise an Woody Allen Filme, allerdings kam er nicht ganz an diese Genialität heran. Was er auf jeden Fall bei mir bewirkt hat, ist der Drang mal wieder durch die alten Underground Sachen zu stöbern, die bei mir rumliegen.

Okay, waren jetzt wirklich nicht viele, sollte den mal wieder aus dem Regal ziehen.

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Alt 01.12.2022, 07:20   #333  
Peter L. Opmann
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Der Film wird mit Woody Allens "Stadtneurotiker" verglichen, also von der Machart her. Ich hatte überlegt, das mit anzugeben, aber es ist auch etwas irreführend, denn Harvey Pekar ist schon ein etwas anderer Typ als Allen.

Auf jeden Fall finde ich "American Splendor" auch absolut sehenswert.

Übrigens berühren sich Themen manchmal auf frappierende Weise. Gerade ist Aline Kaminsky-Crumb gestorben (die aber in "American Speldor" nicht auftaucht).
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Alt 01.12.2022, 09:36   #334  
pecush
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ja, American Splendor fand ich auch gut. Habe ich irgendwo noch als Presse-DVD zu einer TV-Ausstrahlung.
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Alt 02.12.2022, 06:46   #335  
Peter L. Opmann
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Wie ich auf Tex Avery gekommen bin, weiß ich nicht mehr. Vermutlich habe ich schon als Kind mal den einen oder anderen Cartoon von ihm gesehen. Aber ein Freund hat mir später mal zwei 240-Minuten-Cassetten mit von ihm aufgenommenen und ausgewählten Zeichentrickfilmen geschenkt. Da waren hauptsächlich alte Filme mit Bugs Bunny und seinen Freunden drauf, aber auch viele Avery-Werke. Er hat mich erst richtig auf ihn aufmerksam gemacht. Mir hat fast alles von Avery gefallen, aber besonders „Bad Luck Blackie“ und „King Size Canary“. Es war nicht ganz einfach, einen der beiden Filme auszuwählen, aber die Gags bei „Bad Luck Blackie“ – obwohl sehr komisch – scheinen mir etwas mechanisch, deshalb schreibe ich nun über letzteren, der 1947 entstand.

Ich bin verblüfft, wieviel Handlung in diesen knapp achtminütigen Film paßt. Drehbuchautor war Henry „Heck“ Allen. Eine Warnung für die, die ihn noch nicht gesehen haben (bei youtube gibt’s allerdings offenbar nur Ausschnitte): Ich will wieder die ganze Story erzählen. Eine sehr hungrige Katze ist auf der Suche nach Nahrung. Zunächst stellt sie sich aus Mülltonnen ein Fischmenü zusammen, verliert es aber an drei andere Katzen. Dann entdeckt sie einen Kühlschrank in einem Haus, der ihr gut gefüllt vorkommt. Zuerst muß sie am Wachhund vorbei, den sie mit Schlaftabletten ausschaltet (diese Aktion muß man gesehen haben).

Dann bricht sie ins Haus ein, aber der Kühlschrank ist leer, und auch eine Sardinenbüchse. In einer Dose Katzenfutter entdeckt sie schließlich eine kleine Maus. Doch die warnt sie: „Ich habe diesen Film schon gesehen, und ehe er vorbei ist, werde ich dir das Leben retten!“ Also wäre es unklug, sie vorzeitig zu verspeisen. Stattdessen rät sie: „Im Nebenraum ist ein großer, fetter Kanarienvogel – friß den!“ Der Vogel erweist sich jedoch als noch mickriger als die Maus. Da fällt der Blick der Katze auf eine Flasche flüssigen Pflanzendünger („Jumbo Gro“), und sie kommt auf den Gedanken, den Kanari etwas wachsen zu lassen. Es funktioniert, aber als die Katze in den Schenkel beißen will, fällt ihr auf, daß der Vogel inzwischen wesentlich größer ist als sie. Er stürzt sich auf sie, aber die Katze bekommt das Wachstumsmittel zu fassen, trinkt einen Schluck und stellt die alten Größenverhältnisse wieder her.

Die Katze beginnt, den Kanari zu verfolgen, und wirft die Flasche mit dem Wachstumsmittel aus dem Fenster. Auf diese Weise bekommt der Hund einen Schluck ab. Als die Jagd durchs Viertel zuende zu sein scheint, taucht hinter einem Haus der monströse Hund auf, der den Vogel beschützt und nun die Katze jagt. Vorher wirft er die Jumbo-Gro-Flasche in einen Schornstein; dadurch rollt sie der Maus vor die Füße. Die Maus trinkt, wird gigantisch groß und verjagt den Hund – so rettet sie der Katze tatsächlich das Leben. Katze und (die viel größere) Maus verabschieden sich herzlich, aber der Katze fällt ein, daß sie ja immer noch nichts im Magen hat. Also trinkt sie erneut einen Schluck Wachstumsmittel, wird größer als die Maus und verfolgt sie. Die Maus nimmt ihr jedoch die Flasche ab, wird erneut größer und verpaßt der Katze eine Abreibung. Doch nun reißt die Katze wieder die Flasche an sich und trinkt, dann wieder die Maus. Am Ende sind beide gleich gigantomanisch, aber die Flasche ist nun leer. Man sieht Katze und Maus, wie sie Arm in Arm auf unserem blauen Planeten stehen und winken – dabei ist die Erde vergleichsweise ungefähr so groß wie ein Medizinball.

Auch wenn ich nun die Story verraten habe, kann man sich den Film, wenn man ihn noch nicht kennt. immer noch gut ansehen. Denn was sich unmöglich beschreiben läßt, ist, wie die Gags inszeniert sind. Ich glaube, auch die Animation lebt von den grotesken Gags. Wenn die Figuren ins Gigantische wachsen, werden die Maßstäbe nicht unbedingt eingehalten, aber es sieht geradezu bizarr aus. Daneben bleiben Gegenstände wiederholt in der Luft stehen. Andere Gags, die man von Avery kennt, wie aus dem Film springende Figuren oder Schilder mit witzigen Anmerkungen, findet man hier nicht – aber dann wäre es wohl wirklich zu viel des Guten. „King Size Canary“ muß man vor dem Hintergrund sehen, daß Maß aller Dinge – damals wie heute – die Disney-Cartoons sind, die eine viel positivere Grundstimmung vermitteln. Bei Disney wäre es undenkbar, daß eine Cartoonfigur hauptsächlich eine andere auffressen will. Auch die Grundhaltung „Erst kommt das Fressen und dann die Moral“ wäre bei Disney ein No-go. Dieser Kontrast dürfte auch 1947 den Zuschauern bewußt gewesen sein. Ich würde den Humor bei Avery aber nicht als zynisch bezeichnen. Denn Katze, Hund und Kanarienvogel sind eher gutmütige Charaktere und zudem nicht besonders helle. Nur bei der Maus bin ich mir nicht ganz sicher.
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Alt 02.12.2022, 06:59   #336  
Marvel Boy
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Das erste mal als ich was von Avery sah war ich ganz hin und weg und die Begeisterung hat bis heute gehalten.

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Alt 03.12.2022, 07:08   #337  
Peter L. Opmann
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Martin Scorsese, Robert Altman, Paul Schrader, Bob Rafelson – sie alle haben Remakes von alten Hollywoodfilmen gedreht. Ich habe schon „Cape Fear“ und „Thieves like us“ (das Remake von „They live by Night“) erwähnt. Gemeinsam ist ihnen, daß sie in den 1970er und 80er Jahren das zeigten, was die Vorlagen nur andeuten konnten. Ich schreibe diesmal über „Wenn der Postmann zweimal klingelt“ (1981) von Rafelson, der mich durch diese Unverblümtheit als jungen Kinogänger sehr gepackt hat. Für die Version von Tay Garnett von 1946 mit John Garfield und Lana Turner, einen Klassiker des Film noir, hatte ich damit keine Sensoren mehr, obwohl dieser Film vermutlich künstlerisch interessanter ist. Aber so kann’s gehen.

Kurz der Inhalt: Ein Landstreicher (Jack Nicholson) findet als Gehilfe in der Tankstelle und Raststätte eines eingewanderten Griechen Arbeit. Obwohl er eher ein Spielertyp ist, bleibt er dort, weil er sich von der jungen Ehefrau (Jessica Lange) des Griechen angezogen fühlt. Sie gibt sich anfangs spröde, läßt sich aber schließlich in Abwesenheit ihres Mannes doch auf eine Affäre mit Nicholson ein. Hinterher wollen beide miteinander weggehen und ein besseres Leben suchen. Aber sobald sie merkt, daß er relativ erfolglos versucht, durch Glücksspiel das nötige Geld zusammenzubekommen, kehrt sie wieder zu ihrem Mann zurück, der ihr immerhin gewisse finanzielle Sicherheit bietet. Da der von dem Fluchtversuch nichts mitbekommen hat, kann auch Nicholson seine Arbeit wieder aufnehmen. Doch sie setzen ihre Affäre fort und kommen auf die Idee, den Griechen umzubringen und es als Unfall zu tarnen, um seine Lebensversicherung zu kassieren. Sie töten ihn dann auch auf einer Autofahrt (das ist die wohl berühmteste Szene des Garnett-Films). Dabei machen sie allerdings Fehler, werden verhaftet und vor Gericht gestellt. Die Staatsanwaltschaft bringt sie dazu, gegeneinander auszusagen und sich so gegenseitig zu belasten.

Ein guter Rechtsanwalt (Michael Lerner) nimmt sich jedoch des Falles an und schafft es durch gerissene Winkelzüge, Bewährungsstrafen zu erwirken. Sie scheinen am Ziel zu sein. Unbehelligt können sie nun die Tankstelle übernehmen, obwohl Nicholson geregelte Arbeit nicht besonders zusagt. Lange erwartet ein Kind von ihm, und sie wollen nun sogar heiraten. Man hat aber das Gefühl, daß alles nicht richtig zusammenpaßt. Man hat ja gesehen, daß sie, wenn es hart auf hart kommt, nicht zueinander stehen. Aber sie wollen einfach das Vergangene vergessen - die körperliche Anziehung hält sie noch zusammen. Bei einer Autofahrt küssen sie sich; dabei übersieht Nicholson ein entgegenkommendes Auto, kann nur im letzten Moment ausweichen und schrottet den Wagen an einem Abhang. Lange wird herausgeschleudert und stirbt. Obwohl er eigentlich unschuldig ist, wird es diesmal für die Polizei so aussehen, als ob er sie absichtlich umgebracht hätte.

Den Reiz des Remakes macht zu einem Gutteil die Sexszene auf dem Küchentisch ziemlich am Anfang des Films aus, die ich auch sehr gut inszeniert finde. Es wirkt, als würden sich Nicholson und Lange wie Raubtiere aufeinander stürzen, und natürlich wurde damals publikumswirksam darüber spekuliert, ob es da wirklich Sex gab. Es war eine Zeit, als man keine Hardcore-Sexfilme kannte und nicht wissen konnte, daß die Einstellungen so sorgfältig arrangiert waren wie Hitchcocks Duschszene in „Psycho“. Ich halte Rafelson zugute, daß er es bei dieser einen Szene belassen hat – die Handlung ist für ihn also keineswegs nur Vorwand für Softsex. Trotzdem war Lana Turner über diese Neuverfilmung entsetzt - für sie war das Pornografie. Was mir auch stark im Gedächtnis geblieben ist, sind die Gerichtsszenen mit Lerner (ein sehr profilierter Nebendarsteller, der mir in diesem Film zum ersten Mal auffiel). Lerner weiß genau, daß seine Klienten den Griechen ermordet haben, was ihn nicht daran hindert, alle Register zu ziehen, um sie rauszupauken. Alles in allem gibt der Film vor, sehr realistisch zu sein; er zeigt jedenfalls Menschen auch in ihrer Armut und Häßlichkeit. Letztlich ist es aber eine Mischung aus Thriller und Melodram. Trotzdem handwerklich sehr gut gemacht.

Schon in den 80er Jahren bin ich draufgekommen, daß es bereits eine Verfilmung des Hard-boiled-Romans von James Caan vor 1946 gab. Vittorio de Sica drehte sie 1943 in Italien unter dem Titel „Besessenheit“. Ich hätte nicht übel Lust gehabt, schwerpunktmäßig über dieses Werk zu schreiben, aber dafür ist es mir zu wenig in Erinnerung. Allerdings - das weiß ich noch - schildert auch de Sica die verhängnisvolle Affäre wesentlich intensiver, als es Garnett (unter Zensurbedingungen) gelang – natürlich ohne explizit zu werden. Wie ich sehe, wurde „Besessenheit“ noch im Jahr seines Erscheinens verboten und der Film vernichtet. Allerdings blieb eine Kopie erhalten. Deshalb konnte ich ihn schließlich im Fernsehen sehen.

Geändert von Peter L. Opmann (03.12.2022 um 08:34 Uhr)
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Alt 03.12.2022, 07:56   #338  
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Iiih, Schmuddelkram.
Hab den Film vor langer, langer Zeit gesehen, irgendwann im TV.
Zu Zeiten als der im Kino war wurde der von den kleinen Jungs in der Schule als Porno "gehandelt". Ich bezweifele aber das einer von denen die das erzählten den wirklich im Kino gesehen hatte.

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Alt 03.12.2022, 08:32   #339  
Peter L. Opmann
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Das klingt so, als ob die Küchentisch-Szene Tagesgespräch war. Das weiß ich leider nicht mehr. Ich glaube, ich habe mit meinen Klassenkameraden nicht so viel über Kino geredet. Nur in der Schülerzeitungs-Redaktion gab es einen oder zwei, die auch cineastisch drauf waren.

Übrigens: Im Fernsehen lief teilweise eine geschnittene Fassung. Ich habe so eine auf Video - da dachte ich, den Film kann ich auch mal zartbesaiteteren Leuten vorführen (ergab sich aber dann nicht).
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Alt 03.12.2022, 09:48   #340  
Peter L. Opmann
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Mir fällt noch ein: Bei Jessica Lange hätte ich, wie kürzlich bei Fay Wray, auch sagen können: Das ist die aus "King Kong".
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Alt 04.12.2022, 06:23   #341  
Peter L. Opmann
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„Das ist so ein Superfilm, warum ist da kein Rankommen?“ lautet der einzige Kommentar zu einem Ausschnitt aus Ottokar Runzes „Verlorenes Leben“ (1975). Nur diesen einen Ausschnitt konnte ich bei youtube zu dem Film finden. Ich habe den Schwarzweißstreifen 1984 in der ARD gesehen und mir Notizen dazu gemacht. Ich fand ihn damals auch sehr gut und habe ihn auf Video, was mir aber im Moment nichts nützt. Trotzdem möchte ich auf Basis der Informationen, die ich habe, über ihn schreiben. Es geht um einen Sexualmord an einem achtjährigen Mädchen. Da denke ich unwillkürlich an „Es geschah am hellichten Tag“ und auch an „M – Eine Stadt sucht einen Mörder“. Runzes Film ist spröder als der nach Dürrenmatt, und der Klassiker von Fritz Lang, den ich nun nicht schlechtreden will, wirkt dagegen wie Sensationsmache.

Der Mord geschieht in „Verlorenes Leben“ in Schlesien im Jahr 1927. Der ermittelnde Kommissar (Gerd Haucke) ist überzeugt: Täter kann nur ein polnischer Gutsarbeiter (Gerd Olschewski) sein, der sich eigenbrötlerisch benimmt und sich auch durch unsicheres Verhalten verdächtig macht. Haucke traut den Polen ohnehin alles zu – Beweise hat er keine. Er denkt nur noch daran, wie er Olschewski den Mord nachweisen kann. Wenn er das schafft, winkt ihm auch ein Karrieresprung. Haucke setzt den Verdächtigen unter Druck. Olschewski geht ihm darauf aus dem Weg und zieht nach Berlin um; er will dort einen Blumenladen eröffnen, was vorerst ein Traum bleibt.

Haucke engagiert einen ebenfalls polnischen Studenten (Marius Müller-Westernhagen!), der ihn zu einem Geständnis bewegen soll. Die beiden treffen sich wie zufällig, und es gelingt Müller-Westernhagen tatsächlich, allmählich Olschewskis Vertrauen zu gewinnen. Er wird sein einziger Freund. Dann erinnert er ihn immer wieder scheinbar unbeabsichtigt an die Tat und redet ihm ein, ihn belaste etwas. Das alles geschieht auf Anweisung von Haucke, der sich regelmäßig Bericht erstatten läßt. Olschewski läßt sich aber weiter nicht überführen. Müller-Westernhagen ist schon beinahe zu der Überzeugung gekommen, daß ein anderer das Mädchen umgebracht haben muß. Deshalb muß er Olschewski schließlich ein aufwendiges Trugspiel vorspielen: Er läßt ihn Zeuge werden, wie er angeblich einen pöbelnden Betrunkenen erschießt. Darauf sagt er ihm, er werde nun nach Schweden auswandern, da er zwar nicht verdächtigt werde, aber Olschewski ihn jederzeit an die Polizei verraten könne. Das Kalkül: Olschewski werde nun seinerseits den Mord an dem Mädchen gestehen, damit sein Freund dableibt.

Der Plan geht auf. Olschewski gibt den Mord zu, wird verhaftet, verurteilt und später hingerichtet. Ob er den Mord wirklich begangen hat, bleibt aber bis zum Ende offen. An Müller-Westernhagen geht das Geschehen nicht spurlos vorüber. Er will nun Priester werden, um nach dem Verrat seinen Seelenfrieden wiederzufinden. Den Rahmen des Films bildet eine Szene aus dem Zweiten Weltkrieg. Müller-Westernhagen sitzt mit vielen anderen Leuten in einem Luftschutzbunker, während Berlin bombardiert wird. Er hält sich abseits und betet, was die Aufmerksamkeit eines Hitlerjungen erregt. Nach einigem Zögern erzählt er ihm alles. Man hatte ohnehin den Eindruck, daß die Geschichte besser in die Nazizeit paßt – wenngleich die braunen Machthaber in solchen Fällen nicht lange auf ein Geständnis warteten.

Der kurze Ausschnitt in youtube zeigt, was mir als Eindruck im Gedächtnis geblieben ist: Der Film ist sehr streng inszeniert, die Schauspielerführung ist einfühlsam. Ich denke, ich bräuchte heute einen besonderen Abend, um mir den Film nochmal anzusehen, denn ich möchte irgendwie auch unterhalten werden. Aber vielleicht bin ich auch positiv überrascht, wenn ich „Verlorenes Leben“ mal wieder sehe. Der Regisseur war selbst ein Außenseiter, etwas zu alt für den Neuen Deutschen Film. Er bekam wenig Gelegenheiten, fürs Kino zu arbeiten, drehte aber eine Reihe von Fernsehfilmen. Das war eine Zeit, als Einschaltquoten noch nicht das entscheidende Kriterium waren. Runze führte aber auch bei der Agentenkomödie „Der Schnüffler“ mit Dieter Hallervorden Regie. Ich denke mal, ich habe mir „Verlorenes Leben“ damals hauptsächlich wegen Marius Müller-Westernhagen angesehen.
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Alt 04.12.2022, 13:38   #342  
Nante
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So, mal wieder ein Filmklassiker von mir:
Die Frauen von Stepford (OE: The Stepford Wives) von 1975

Ich denke, hier kann man den Begriff Klassiker ohne Bedenken verwenden. Schon allein weil er (zusammen mit dem Buch) zumindest im englischen Sprachraum einen bis heute gängigen Begriff, besser Schimpfwort, nämlich „Stepford Wive“ geprägt hat. Erst seit kurzen läuft ihm wohl „Karen“ den Rang ab.
Da ich das Buch nicht gelesen habe, kann ich nicht sagen, inwieweit die Vorlage umgesetzt wurde. Ist vielleicht auch besser, weil ich mit Romanverfilmungen selten glücklich bin.

Der Inhalt ist wahrscheinlich den meisten in groben Zügen bekannt:
Die Fotografin Joanna (Katherine Ross aus Die Reifeprüfung)zieht mit ihrem Ehemann Walter, einem Rechtsanwalt und zwei Kinder von New York ins ländliche Stepford in Connecticut. Joanna hat von Anfang an Zweifel, schon allein wegen ihrem Beruf. Aber nun ist es sowieso zu spät.
Walter (Er kam mir in Optik und Verhalten immer wie ein typischer Loser vor) lebt sich rasch ein und wird auch bald in den städtischen Herrenclub aufgenommen. Joanna dagegen kommt sich wie auf einem anderen Planeten vor, denn die Frauen von Stepford scheinen von der Emanzipation der 60er und frühen 70er noch nie etwas mitbekommen zu haben. Es regiert das fröhliche und zufriedene Vorbild der 50er Jahre in seinen schlimmsten Klischees.
Nur zwei Frauen, die resolute Bobby Markowe und zumindest anfangs die „Alteingessene“ Charmaine scheinen nicht in allein den drei K’s Erfüllung zu finden.
Verschiedene Versuche der beiden Frauen, die weibliche Bevölkerung Stepfords für die Vorzüge eigenständigen Denkens zu begeistern, scheitern glorreich. So geht etwa ein von beiden initiierter Gesprächskreis zum Thema „spezielle Frauenprobleme“ schnell in die Diskussion über, welches wohl das bessere und wirksamere Spülmittel sei.
Die Männer inzwischen beobachten das ganze eher amüsiert und Walter ermahnt Joanna, das doch nicht alle so verbissen zu sehen und nicht so egoistisch zu sein. Schließlich solle sie auch mal an die Kinder denken.
Als dann plötzlich auch noch Charmaine schlagartig zur „typischen“ Stepford-Frau wird, versuchen die beiden Freundinnen verzweifelt die Ursache zu finden. Aber alle Spuren laufen ins Leere. Im Gegenteil, nun mutiert auch noch Bobby zur mustergültigen Hausfrau und Mutter.
Joanna fühlt sich nun immermehr verfolgt und hat Angst „die nächste“ zu sein, weiß aber nicht, was das genau sein wird. Sie beschließt, den Ort (zusammen mit den Kindern natürlich) zu verlassen. Walter, der sie daran hindern will, schlägt sie mit dem Schürhaken nieder. Aber dann sind die Kinder verschwunden! Eine Nachricht fordert sie auf, in das Tagungshaus des Herrenclubs zu kommen.
Hier trifft sie auf den Chef der Verschwörer, der ihr völlig entspannt im Plauderton erklärt, was vor sich geht: Die Frauen wurden nach und nach durch gefügige (und optisch „optimierte“!) Androiden ersetzt. Für mich am beeindruckendsten ist die Selbsterständlichkeit, in der der Mann die Gründe dafür darlegt. Zusammengefaßt: Es ist einfach nur Notwehr der Männer gegen die bedrohliche Emanzipation der Frauen. Er leugnet aber auch nicht, daß auch Egoismus eine rolle spielt. Manche Argumente kann man, glaube ich heute noch gelegentlich hören.
Joanna ist schon während seinen Erläuterungen wie paralysiert und als dann am Ende „ihre“ Androidin herein kommt und sich auf sie stürzt, nicht mehr zum Widerstand fähig. Die Männer brauchen sich nicht die Hände schmutzig zu machen...
In der letzten Sequenz sieht man dann die Joanna-Androidin, die zufrieden und vorbildlich (und in so klischeehaften Kleidungsstücken, die die echte Joanna niemals getragen hätte!) im Supermarkt einkauft und glücklich die anderen „Stepford-Wives“ grüßt.

Als ich den Film das erste mal irgendwann in den späten 80er gesehen habe, war das schwer verdaulich Kost. Zumal mir als Ossi diese Frauenklischees wahrscheinlich noch unbekannter waren als Leuten im Westen. Mutti hat gearbeitet. Punkt! Dazu diese beklemmende Atmospähre zumindest im zweiten Teil des Films.

Dummerweise habe ich mich dann verleiten lassen, mir auch die Neuverfilmung von 2004 mit Bette Midler, Glenn Close und Nicole Kidman anzutun. Aber das ist maximal ein netter Klamauk, der vor allem mit dem gefälligen Ende kaum noch was mit der Vorlage zu tun hat.
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Alt 04.12.2022, 14:23   #343  
Marvel Boy
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1975 ist also heute das Jahr der Wahl.
Ich sag nur Jaws.
Aber eure Filmwahl ist auch interessant.
Ja, den Film mit Marius hab ich gesehen, den kann man aber glaube ich nicht mit Es geschah oder mit M vergleichen.
Mit M kann man sowiso nichts vergleichen.
Die Frauen ist im original auch nicht zu vergleichen mit dem Nachfolger / Abklatsch.
Ich muss zugeben jetzt hab ich Laune mir das Original für meine Sammlung zu besorgen. Na vielleicht nächstes Jahr.

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Alt 04.12.2022, 15:33   #344  
Peter L. Opmann
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Also mir ging's nicht um das Jahr 1975. Ich suche die Filme immer sehr zufällig aus; das liest sich glaube ich auch besser, als wenn ich einem Muster folgen würde (beispielsweise "der beste Film des Jahres").

"The Stepford Wives" habe ich leider nicht gesehen. Jetzt, nachdem ich weiß, worum es da tatsächlich geht, habe ich nochmal richtig Lust bekommen, das nachzuholen. Das Androiden-Thema habe ich ja mal in "Futureworld" behandelt. Dies scheint mir aber vorrangig eine Satire auf die konservative Gesellschaft zu sein. Als Ostdeutscher müßtest Du eigentlich eine viel stärkere Horrorwirkung gehabt haben, Nante. (Allerdings könnte ich mir den Film grundsätzlich auch umgekehrt vorstellen: Die Vorstandsetage eines Konzerns mit mindestens 50 Prozent Frauen - die sich dann auch alle als Androiden entpuppen .)

Katherine Ross erinnert mich daran, daß ich über "Die Reifeprüfung" auch mal etwas schreiben könnte. Paula Prentiss habe ich mal in einem Western gesehen, aber ich weiß leider gerade nicht, in welchem.
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Alt 04.12.2022, 15:48   #345  
Crackajack Jackson
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Ich kenne Paula Prentiss nur aus dem Film 'Ein Goldfisch an der Leine'. Dort war sie wirklich gut.

Geändert von Crackajack Jackson (04.12.2022 um 18:36 Uhr)
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Alt 04.12.2022, 15:53   #346  
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Also da muß ich nochmal genauer nachsehen.

Kann aber schon sein, daß das kein bedeutender Western war.
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Alt 04.12.2022, 17:07   #347  
Marvel Boy
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Zitat:
Zitat von Peter L. Opmann Beitrag anzeigen
Also mir ging's nicht um das Jahr 1975. Ich suche die Filme immer sehr zufällig aus; das liest sich glaube ich auch besser, als wenn ich einem Muster folgen würde (beispielsweise "der beste Film des Jahres").
Das ist mir klar, passte aber gerade so schön.
Der Hai ist eigentlich erst einer meiner Lieblingsfilme seit ich ihm in den Hollywood Studios begegnet bin.

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Alt 04.12.2022, 18:34   #348  
Peter L. Opmann
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Habe per Mail noch eine Reaktion auf meinen Text über Tex Avery bekommen:

Zitat:
Nachdem er in den 90ern schwer gefeiert wurde, was er wahrscheinlich vor allem Roger Rabbit verdanken kann, ist er aktuell und wahrscheinlich gefühlt für immer aus dem hellen Scheinwerferlicht verschwunden.
Wer ihn nicht kennt, wird ihn wohl kaum noch kennen lernen, wenn er nicht gerade in verborgenen Internet-Foren nach neuen alten Impulsen stöbert. In Zeiten, in denen sogar die Disney-Klassiker kaum noch in ihren Original-Versionen gesehen werden, weil sie tricktechnisch scheinbar aktuelle Erwartungen der Masse nicht mehr erfüllen, sind die frechen Außenseiter alter Kinokultur erst recht schnell vergessen.
Ich warte auf Realfilm-Fassungen von King Size Canary oder Bad Luck Blacky.
Sie werden nicht kommen.
Gut so.
Ich habe mir das Avery-Gesamtwerk vor einigen Jahren für kleines Geld auf DVD gesichert. Leider fehlt hier der politisch unkorrekte Film Half Pint Pigmy, aber das kann ich verschmerzen. Ich wurde mit einigen mir noch unbekannten Filmen entschädigt.
Averys Filme haben die Geschwindigkeit im Trickfilm für immer revolutioniert, sie waren frech und fordernd. Aber ich sehe es wie du: Avery war nicht zynisch. Ich glaube fest daran, dass er uns auf seinen eher harmlosen Spielplatz eingeladen hat, den seine Phantasie erschaffen hat. Seine leichtsinnigen und gerne dummen Spinner blieben sicher verwahrt und laut ausgelacht auf der Leinwand.
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Alt 04.12.2022, 21:23   #349  
pecush
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Verlorenes Leben ist einer meiner liebsten Westernhagen-Filme. Wer den nur als Theo kennt, weiß gar nicht, dass er sonst fast nur ernste Rollen gespielt hat.
Die Theo-Filme habe ich mehrfach auf Scheibe, VL leider nur als Aufzeichnung.

Und den Postmann habe ich seinerzeit nur wegen der Sexszene geschaut, in frühen Teeniejahren. Müsste ich nochmal mit anderem Interesse schauen.

Geändert von pecush (04.12.2022 um 22:35 Uhr)
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Alt 04.12.2022, 21:40   #350  
Peter L. Opmann
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Was Paula Prentiss betrifft, war meine Assoziation offenbar falsch. Die hat, soweit ich sehe, in keinem Western mitgespielt.
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