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Alt 14.04.2020, 19:56   #376  
Peter L. Opmann
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Das Grundmotiv ist ähnlich, stimmt.

Ich hätte trotzdem nicht an Kurosawa gedacht und glaube auch kaum, daß Stan Lee sich von dem Film hat inspirieren lassen.

Soweit ich mich erinnere, haben die Dorfbewohner die Samurai um Hilfe angefleht. Das ist hier nicht so. Und die Samurai ziehen auch etwas orientierungslos umher, bevor sie da ihre Aufgabe finden. Das kann man von den drei FV auch nicht behaupten. Und ein gnadenloser Despot fehlt in "Die sieben Samurai" ebenfalls.

Außerdem ist der Kurosawa-Film ein seltenes Beispiel für einen Abenteuerfilm, der zugleich Anspruch und Niveau hat. Das hätte sich Lee wohl gewünscht, sowas zu schaffen...
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Alt 15.04.2020, 09:45   #377  
Peter L. Opmann
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Die Fantastischen Vier # 83




Nun wird also der Doom-Vierteiler abgeschlossen. Ich habe ihn, bevor ich ihn wiedergelesen habe, für einen Glanzpunkt der Serie in der klassischen Phase gehalten (wir sind hier noch im Silver Age). Heute habe ich doch einen etwas anderen Blick darauf. Ich bespreche jetzt zuerst das vorliegende Heft und versuche dann, den Vierteiler insgesamt einzuordnen.

Dr. Dooms Hypnose hat nachgelassen; die FV (mit Sue als fünftem Mitglied) haben also ihre Superkräfte wieder. Ding macht davon gleich Gebrauch und schleudert eine abgebrochene Turmspitze auf Dooms Schloß, was dort durchaus Eindruck macht. Der Maler, der schon in FV # 81 beim Porträtieren von Dr. Doom zu sehen war, will sich lieber in Sicherheit bringen. Der Hauptmann (den wir ebenfalls schon kennengelernt haben) ermahnt ihn jedoch zur Loyalität. Obwohl er selbst schon mal Doom die Stirn bot, als die Stadt in die Luft gesprengt wurde, glänzt er nun wieder durch Kadavergehorsam. Doom geht er allerdings zunehmend auf die Nerven. Der Herrscher von Latveria hat offenbar wieder alle Fäden in der Hand – von den außer Kontrolle geratenen Superrobotern ist keine Rede mehr – und stellt den Aufstand der FV als Teil seines Masterplans dar.

Als das Superheldenteam ins Schloß eindringen will, läßt Doom eine Falle zuschnappen: Sue und Crystal verschwinden in einer Falltür und werden als Gefangene zu ihm gebracht. Die Männer bieten all ihre Kräfte auf, um hineinzukommen, während Doom die beiden Frauen, statt sie in ein Verlies zu schicken, bei einem exquisiten Festmahl willkommen heißt. Wieder einmal gibt er sich kultiviert, während er doch nur die Vernichtung seiner Feinde im Sinn hat. Doom tischt nicht nur auf, sondern führt auch eine gepflegte Unterhaltung über die Notwendigkeit der Tyrannei, bei der ihm Sue beherzt widerspricht. Nach dem Essen setzt er sich an einen Flügel, um zu illustrieren, wovon er gerade gesprochen hat (was er darbieten will, bleibt offen, aber man denkt an Chopin, Beethoven oder ähnliches).

Stan Lee wechselt jetzt mehrmals die Szene, um die Spannung zu erhöhen. Zunächst wird der Leser Zeuge, wie drei Halbwüchsige sich beim künftigen Haus der FV (ebenfalls vorgestellt in FV # 81) herumtreiben. Sie packt das Grauen, als sie dort einen unmenschlichen Schrei von tief unten hören. Mehr dazu in der nächsten Ausgabe, die „Das Geheimnis im Moor“ heißen wird. Reed, Johnny und Ding haben sich inzwischen bis zu den fürstlichen Gemächern im Schloß vorgekämpft. Sie rechnen mit Fallen, aber nichts dergleichen passiert. Stattdessen treffen sie auf Hauptmann und den Maler, der soeben von ihm als S.H.I.E.L.D.-Agent enttarnt wird. Mit einem Flammenwerfer will Hauptmann den Spion töten, aber der warnt, daß dabei unschätzbare Kunstwerke in Mitleidenschaft gezogen würden. Reed stellt sich ihm in den Weg, kann aber nicht verhindern, daß der Flammenwerfer in Aktion tritt. Jetzt greift Doom ein. Er spielt einen Akkord auf seiner Tastatur, und der trifft den Hauptmann als „Hochfrequenz-Sonar-Blitz“ (mal wieder Lees Vorliebe für die Macht des Klangs). Hauptmann stirbt sofort. Reed erfaßt, daß Doom es nur auf seinen Adlatus abgesehen hatte und von ihm keine Gefahr mehr droht; der Kampf ist vorbei. Doom läßt die beiden Frauen gehen. Man kann schließen, daß alle fünf FV nun Latveria verlassen.

Dieses Ende ist wieder mal ziemlich unlogisch. Wir hatten schon festgestellt: Was ist eigentlich aus den Superrobotern geworden, wegen denen die FV ja eigentlich nach Latveria gekommen waren? Warum eigentlich muß der Hauptmann sterben? Kann er Dooms Zorn durch sein Hantieren mit dem Flammenwerfer so sehr heraufbeschworen haben, daß es nur mit seinem Tod enden konnte? Lassen wir mal beiseite, wie der Hauptmann stirbt. Wie schafft es Doom eigentlich, ihn durch einen Klavierklang von einem entfernten Raum aus zu töten, alle Umstehenden aber unversehrt zu lassen? Auf jeden Fall aber frage ich mich: Warum endet das Duell Dooms mit den FV unentschieden? Sie waren doch schon fast zu ihm vorgedrungen und hatten ihre Superkräfte wieder zur Verfügung. Doom hatte zwar Sue und Crystal als Geiseln, aber die Lösung dieses Konflikts wäre trotzdem interessant gewesen.

Die seltsamen Wendungen in der Story ergeben allerdings ungewöhnliche Szenen, wie sie im Superheldengenre unüblich sind. Das Gastmahl, Dooms Höflichkeit und vorgebliche Güte, die dann dadurch kontrastiert wird, daß er aus einer momentanen Laune heraus einen Menschen tötet. Hauptmann ist zwar eine unbedeutende Nebenfigur, die wir nicht besonders gut kennenlernen und die quasi ein Nazischerge ist, um den es sozusagen nicht schade ist. Aber das ist das, was Lee oder auch Jack Kirby herausarbeiten. Das ist auch das Covermotiv: die FV wenden sich von einer Leiche ab. Demgegenüber ist der folgerichtige Ablauf der Story nicht so wichtig.

Ich will die vier Folgen noch im Zusammenhang beurteilen. Der Auftakt der Story (FV # 80) ist ziemlich schwach. Der zweite Teil (# 81), in dem die FV ohne Superkräfte im unheimlichen, wenn auch idyllisch scheinenden Doom-Reich gefangen sind, gefällt mir deutlich besser. Hier ist die Serie weit weg von abgegriffenen Superheldenklischees. Der dritte Teil (# 82) gibt den obligatorischen Actionteil mit Explosionen, Supergegnern und einem wankenden Doom ab. Und der Schluß, den wir gerade vorliegen haben, ähnelt dem zweiten Teil. Es gibt in dem Vierteiler viele bemerkenswerte Szenen: Der selbständig kämpfende abgerissene Roboterarm; das offenbar friedliche Latveria, das sich allmählich als furchtbares Gefängnis entpuppt; der kulturbeflissene Dr. Doom, der sich als milder Herrscher ausgibt, der besser weiß, was für sein Volk gut ist; der gewissenlose Helfer, der meint, im Schatten Dooms sei er sicher und könne ein Stückweit eigene Machtpläne verfolgen, und dessen Leben unerwartet plötzlich endet. Ich glaube fast, Lee hat diese Szenen erdacht (wenn er das Manuskript so weit ausgearbeitet hat) und sie dann, so gut es ging, durch eine Handlung miteinander verbunden – was nicht immer glückte. Vielleicht war das auch Jack Kirbys Werk, der als Geschichtenerzähler Schwächen aufweisen mag.

Gezeichnet sind die 80 Seiten hervorragend. Statt fantastischer Maschinen setzt Kirby hier europäische Dekadenz in Architektur und Interieur in Szene, und mir sind keine Details aufgefallen, bei denen das nicht glaubhaft wirkt. Er findet zudem hier das richtige Maß für seine Monumentalität. Als Schwäche der Doom-Story könnte man höchstens festhalten, daß das Privatleben der FV fast keine Rolle spielt, was aber bei dieser Story kaum anders möglich war. Insgesamt finde ich FV # 80 bis 83 nun doch ziemlich herausragend, aus etwas anderer Perspektive freilich als 1977. Die Schwächen in der Story lassen sich verkraften.

Letzte Anmerkung: Die Redaktion bringt nochmal zwei Leserbriefe zum „Fall Roter Wächter“, einer davon stammt von Hajo F. Breuer. Und es gibt noch ein Miniposter, diesmal von Crystal, die sich auf eine roten Polster räkelt.
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Alt 15.04.2020, 16:08   #378  
Peter L. Opmann
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Die Fantastischen Vier # 84



Lee und Kirby haben diese Story mit zwei Vorbereitungsszenen angekündigt. Sue hat sich von einem Makler ein Haus zeigen lassen, in dem die Familie besser vor Feinden geschützt sein kann; allerdings handelt es sich um ein Gebäude wie aus der Twilight Zone. Zwei Halbstarke sehen sich etwas später dort um und werden durch unheimliche Geräusche, die aus der Tiefe zu kommen scheinen, in die Flucht gejagt. Was es mit dem Haus auf sich hat, erfahren wir jetzt.

Zunächst wird die Familie selbst, also das Soap-Element der Serie, endlich mal wieder in den Blick genommen. Die FV kehren aus Latveria zurück und widmen sich dem Baby, das noch einen Namen braucht. Auf der Splashpage ist ein seltener anatomischer Fehler von Jack Kirby zu vermerken: Die Hand, die Reed dem Baby entgegenstreckt, ist falsch herum gezeichnet. Inker Joe Sinnott hat’s offenbar auch nicht gemerkt – oder der Zeitdruck war größer, als man bei den insgesamt sehr schönen Zeichnungen meinen sollte.

Jetzt rückt endgültig das Haus ins Zentrum des Geschehens. Ein Mann, der ihm zu nahe kam, ist fast erblindet und wirkt völlig geschockt. Die noch ahnungslosen FV (einschließlich Crystal und Sue) nähern sich auch bereits, um das Haus zu besichtigen, diesmal ohne Makler. Dabei wäre dieser Mann auch von Interesse gewesen. Ist er etwa ein Helfer jenes Superschurken, der schon im Inneren lauert? Oder wie kam er sonst dazu, den FV diese Immobilie anzubieten? Diese Fragen beantwortet das Heft leider nicht.

Die FV beginnen, den Bau zu testen – lassen wir mal beiseite, daß jedes normale Haus solchen Tests nicht standhalten könnte. Sie werden dabei von dem Bösewicht per Monitor beobachtet. Daß sie versuchen, sein Haus kaputtzumachen, schmeckt ihm überhaupt nicht. Sie können aber unbehelligt abziehen. Freilich hinterläßt der Ausflug beunruhigende Ausfälle bei allen Mitgliedern des Teams: Augenschäden. Trotzdem wird der Umzug in die Wege geleitet. Reed will im Haus ein paar Löcher bohren, damit Bilder aufgehängt werden können. Darauf reagiert das Haus aber unerwartet mit Lähmstrahlen. Das ist für Reed Richards allerdings noch lange kein Grund, ihm schleunigst den Rücken zu kehren. Er will nun herausfinden, was mit dem Haus los ist.

Der Superschurke, der kurz zuvor am Monitor saß, besteigt nun einen Aufzug. Als er an der Oberfläche angekommen ist, sehen wir: Es ist der Maulwurf (den wir übrigens das letzte Mal in FV # 28 gesehen haben – eine lange Pause für einen ihrer profiliertesten Gegner). Während die FV friedlich beim Abendessen sitzen, schlägt er zu. Sie verlieren alle ihr Augenlicht, dann tritt der Maulwurf ihnen siegessicher gegenüber – Cliffhanger. Witzig, daß auch die Dämon-Story im selben Heft davon handelt, daß der Held erblindet (exakt: er verliert seine Radarsinne, nachdem er ohnehin blind ist).

Einmal mehr fällt auf, daß Stan Lee in der Exposition seiner längeren Geschichten viel Unwahrscheinliches passieren läßt. Er hat eine Idee, also: Die FV geraten, ohne es selbst zu ahnen, in den Einflußbereich des Maulwurfs. Dann biegt er sich die Story irgendwie so zurecht, daß er diese Idee umsetzen kann (wenn das nicht Kirby getan hat). Wer ein Hochsicherheitshaus braucht, wird sicher nicht irgendeines kaufen oder mieten und es sich von irgendeinem windigen Makler aufschwatzen lassen, sondern es wahrscheinlich selbst bauen. Und warum schöpfen die FV überhaupt keinen Verdacht bei all den Ungereimtheiten, die sich um das Haus ranken? Wie sie das Bauwerk prüfen, das wirkt ziemlich routinemäßig. Sie treffen jedenfalls überhaupt keine Sicherheitsvorkehrungen. Nur so können sie dem Maulwurf so leicht in die Falle gehen – aber das sollen sie ja.

Dennoch ist es eine ziemlich gute Story, weil hier wiederum reihenweise Superheldenklischees vermieden werden. Quasi aus dem Alltag entwickeln Lee und Kirby hier eine kitzlige Gefahrensituation. Und obwohl die Geschichte so unspektakulär beginnt, steigert sich die Spannung ständig. Das ist gut gemacht und funktioniert bei mir mit kleinen Abstrichen auch heute noch.

In diesem Heft verzichtet Williams auf alle redaktionellen Seiten (bis auf die Vorschau auf der Heftrückseite) und schafft es damit, eine FV-Ausgabe und eine halbe Dämon-Story auf 30 Seiten unterzubringen. Bei der Vorschau ist Prinz Namor, der Aquarius (Submariner), die Werbefigur – also jemand, der inzwischen bei Williams nur noch als Gaststar auftauchen kann. Ein Atlantis-Krieger klagt ihn an: „Du bist ein Verräter, Namor! Die sechs neuen Marvels verteilst du an deine Untertanen! Aber den neuen Horror von DC behältst du einfach!“ Nicht unkomisch.
Peter L. Opmann ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 15.04.2020, 19:04   #379  
Crackajack Jackson
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Zu FV #83

Hier endet der Vierteiler emotionslos. Die FV arbeiten sich bis zu Dr. Doom vor und dann wird der Kampf von Doom einfach abgebrochen bzw. auf unbestimmte Zeit vertagt. Doom und Sue unterhalten sich bei Essen und Musik sogar über den Namen des Babies. Was beide noch nicht wissen, Doom wird Pate von Sues zweitem Kind Valeria.
Der Schluss ist eigentlich unbefriedigend.

Geändert von Crackajack Jackson (15.04.2020 um 19:11 Uhr)
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Alt 15.04.2020, 19:39   #380  
Peter L. Opmann
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Zitat:
Zitat von Crackajack Jackson Beitrag anzeigen
Doom und Sue unterhalten sich bei Essen und Musik sogar über den Namen des Babies. Was beide noch nicht wissen, Doom wird Pate von Sues zweitem Kind Valeria.
Ich habe das Gefühl, der echte Doom ist zu "Star Wars" ausgewandert, und bei Marvel ist er durch eine erheblich freundlichere Figur ersetzt worden.
Peter L. Opmann ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 15.04.2020, 20:08   #381  
Crackajack Jackson
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Nein, Doom ist immer noch böse.
Er kämpfte aber auch schon damals ab und zu auf der Seite der Guten.

Zu FV 84

Die FV ziehen in ihr neues, seltsames Haus am Rande der Stadt und es ist ihrer Gesundheit nicht zuträglich. Ein dauerndes leises Brummen lässt sie erblinden und hinter all dem steckt der Maulwurf.

Ein wirklich lustiger Seitenhieb auf die DC Superman Serie:
Das Ding beim Augenarzt.
Der Augenarzt sagt dem Ding, wenn er eine getönte Brille aufzieht erkennt ihn kein Mensch mehr.
Darauf das Ding: Du bist ein echter Woody Allen.
Crackajack Jackson ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 16.04.2020, 08:23   #382  
Peter L. Opmann
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Die Fantastischen Vier # 85




Erstaunlich! Diese Episode will ein moralisches Problem abhandeln. Aus heutiger Sicht würde ich sagen: Dazu ist so ein 20seitiger Comic zu kurzatmig und schmalbrüstig. Aber daß Lee und Kirby es versuchen, finde ich doch anerkennenswert. Sie wollen offenbar aus ihrer Superheldenserie mehr machen als bloße Unterhaltung. Ein Schurke bekommt mal ansatzweise menschliche Züge. Was noch auffällt: Blindheit ist das große Rahmenthema dieser Ausgabe.

Das neue Haus, in das die FV eingezogen sind, hat sich als eine Falle des Maulwurfs entpuppt. Nicht speziell für sie. Wie der sehbehinderte Bösewicht enthüllt, will er von solchen Häusern aus auf dem ganzen Planeten „blendende Strahlen“ aussenden, um die Menschheit erblinden lassen, und so die Weltherrschaft an sich reißen. Praktisch, daß die FV nun als erste ohne Sehvermögen in seinem Haus festsitzen, denn sie sind nach der Logik dieser Geschichte die einzigen, die diesen Plan vereiteln können.

Anfangs sieht es jedoch ganz und gar nicht danach aus. Der Maulwurf ist allen fünf Teammitgliedern (einschließlich Crystal) haushoch überlegen, da er an die Dunkelheit gewöhnt ist, sie ihn aber ohne Augenlicht nicht treffen können. Glücklicherweise weiht er sie beim Kämpfen mit ausgeprägter Eitelkeit ausführlich in seine Pläne ein, so daß sie immer wieder versuchen können, sich an seiner Stimme zu orientieren. Bevor ihn einer von ihnen aber in die Finger bekommt, setzt er seinen Stock, der in Wirklichkeit eine Hightech-Waffe ist, so gegen Reed ein, daß der leblos zu Boden sinkt.

Kurz zuvor hat die Szene mal wieder gewechselt. Ein Skrull-Raumschiff nähert sich der Erde, darin ein „Sklavenfänger“ auf der Suche nach einem Gladiator für die auf dem Skrull-Planeten äußerst beliebten Kampfspiele. Da wird schon auf die nächste Geschichte vorgeblendet. Hier finde ich diese Verschränkung zweier Storys nicht so glücklich, weil der Einschub signalisiert, daß der Maulwurf bald besiegt sein wird und die FV sich dann gleich um die nächste Bedrohung kümmern können. Der Spannung ist das Intermezzo nicht zuträglich.

In der Tat erleben wir gleich darauf, daß Sue den Maulwurf zu fassen kriegt und ihm seine Schutzbrille von der Nase ziehen kann. Sie bewahrt seine empfindlichen Augen vor dem Licht, und ohne sie ist er ziemlich hilflos. Nun kann auch die Fackel zuschlagen und seinen Stab zerschmelzen. Damit ist der Maulwurf am Ende. Ding setzt seine Kraft ein, um Reed eine sehr lange Herzdruckmassage zu verpassen, und am Ende schlägt er erfreulicherweise wieder die Augen auf.

Der moralische Überbau dieser Story dreht sich um den Maulwurf. Sobald ihm die Kontrolle entgleitet, wird er weinerlich und beklagt sein schweres Schicksal: von allen Leuten gemieden und stigmatisiert, blieb ihm nichts anderes übrig, als unter die Erde zu gehen. Er sieht seine bösen Pläne völlig gerechtfertigt nach allem, was ihm angetan wurde. Die FV lassen das Gegreine aber nicht gelten und verweisen etwa auf Dings Freundin Alicia Masters, die ebenfalls blind ist und ihr Leben vorbildlich meistert. Ich muß gestehen, die Figur des Maulwurf geht mir schon nahe, aber zum einen erfahren wir nur in sehr groben Umrissen, inwiefern ihm Unrecht geschehen ist, und zum anderen bleibt ihm in seiner Niederlage nur die Rolle des begossenen Pudels – was aus ihm wird und wie er vielleicht wieder in die Gesellschaft eingegliedert werden könnte, ist ausgeblendet. Sicher wird er auch eines Tages wieder in der Schurkenrolle gebraucht.

Auch dieses Heft weist also Schwächen auf, die mir als Kind bestimmt nicht aufgefallen sind. Grafisch ist die Ausgabe erneut sehr gut geworden. Der Maulwurf ist zu einer typischen Kirby-Karikatur geworden mit platter Nase, extrem breitem Mund und teigigen Wangen. Gut gefällt mir, daß er ohne seine Brille völlig anders aussieht, wie das in der Realität auch oft ist. Er wandelt sich vom Unsympathen und Angstmacher zu einem bemitleidenswerten behinderten Greis – das ist schon gut gemacht. Nach wie vor inkt Joe Sinnott. Technisch fällt an dem Heft auf, dass die deutschen Texte so ungeschickt eingeklebt sind, daß man häufig Schnittkanten sieht. Das gab es bei Williams sonst meist nicht. Um die Dämon-Story ungekürzt ins Heft zu bringen, wurde auf eine Eröffnungsseite verzichtet. Ein Panel wurde geopfert, um den Serientitel und eine knappe Zusammenfassung unterzubringen. Auf dem Backcover ist erstmals eine ganzseitige Sea-Monkeys-Anzeige. Die wird uns nun praktisch bis zum Ende von Williams begleiten.
Peter L. Opmann ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 16.04.2020, 14:34   #383  
Peter L. Opmann
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Die Fantastischen Vier # 86




Ganz gemächlich rutschen die FV in ihr nächstes Abenteuer hinein. Diese Ausgabe, die mit ihrem Cover schon klar die Konfrontation von Ding mit einem Skrull und eine „Sklavenjagd“ ankündigt, verweilt vorher noch eine ganze Weile bei dem Maulwurf, der die vorherigen beiden Ausgaben bestimmt hat. Diese Auseinandersetzung ist eigentlich schon abgeschlossen, aber nun wird, unüblich für eine Superheldenstory, gezeigt, wie die FV mit ihrem besiegten Gegner umgehen. Dann darf der Sklavenjäger-Skrull in Aktion treten und Ding auf seinen Planeten entführen.

Obwohl Daniel Wamsler überzeugend gezeigt hat, daß die Sklavenjäger-Tetralogie aus drei klassischen Star-Trek-Folgen zusammengemixt ist (siehe unten), finde ich zumindest ihren Anfang ziemlich originell und bemerkenswert. Obwohl der Skrull schon seit der vorherigen Ausgabe auf der Erde ist, taucht er erst auf Seite 9 wieder auf. Während sich das Quartett (plus Crystal) von den durchgemachten Schrecken erholt, erschüttert Ding das Haus des Maulwurfs. Es will sämtliche Maschinen darin zerstören, denn es befürchtet, dass von ihnen immer noch Gefahr ausgeht. Die Fackel will helfen und die Apparate zerschmelzen, aber es geht nicht. Ding beschließt, den gefesselten Maulwurf zu befragen, was mit den Maschinen los ist – und notfalls auch Foltermethoden anzuwenden. Reed geht jedoch dazwischen: Seine Gruppe soll keinesfalls dieselben Methoden anwenden wie ihre bösen Feinde.

Der Maulwurf seinerseits gibt sich nun wieder siegessicher – die Phase des Selbstmitleids ist vorbei. Er will die FV durch provokante Bemerkungen entzweien und verwirren. Sue bedauert ihn freilich sehr und veranlaßt, daß ihm seine Fesseln abgenommen werden. Das nutzt der Maulwurf zur Flucht. Er ist nicht so hilflos, wie die FV angenommen haben; sein Tastsinn leitet ihn zu einem Schacht, in dem er verschwindet. Er kehrt nach Subterrania zurück und steht somit für künftige Auftritte weiter zur Verfügung. Reed nimmt die Flucht gleichmütig hin, denn, wie er anmerkt, man kann zwar für Falschparken bestraft werden, aber nicht für eine versuchte Welteroberung. Er meint, der alte Feind hätte ohnehin freigelassen werden müssen.

Ding hat nun genug von dem Haus und will zurück zu seiner Freundin Alicia. Genau in diesem Moment betritt der Skrull endlich die Bühne und nimmt Dings Spur auf. Dabei wird seine Fähigkeit, die äußere Form anderer Lebewesen anzunehmen, demonstriert. Seine Opfer behalten ebenfalls ihre Gestalt, so daß er sie teilweise aus dem Weg räumen muß, bevor er ihre Rolle übernimmt. Er verwandelt sich in einen älteren Spaziergänger und läßt sich von einem Truckfahrer nach New York mitnehmen. Dort angekommen wird er zu einem jüngeren Sportwagenfahrer (der offenbar völlig ungeschoren bleibt) und nähert sich weiter seinem Opfer. Ding steht an einer Kreuzung und gibt ein paar Verehrerinnen Autogramme. Der Skrull verwandelt sich ein weiteres Mal – in Reed Richards.

Der Skrull in Reeds Gestalt tut so, als wolle er zufällig in dasselbe Taxi steigen wie Ding (seltsame Szene, finde ich heute). Sobald Ding ihn erkannt hat, sagt er jedoch, es drohe eine Invasion aus dem All, und sie beide müßten sich das ansehen. Sie fahren zusammen in eine abgelegene Gegend. Der Skrull nimmt wieder seine echte Gestalt an, nachdem Ding die Aktion zunehmend komisch vorkommt, packt eine lähmende Waffe aus und streckt Ding damit nieder. Der Skrull packt Ding in sein Raumschiff und verläßt die Erde. So viel für diesmal.

In diesem Heft, das einer schon fertigen Geschichte noch einmal mehr als zehn Seiten widmet und die neue Story nur vorbereitet, gibt es nur wenige monumentale Zeichnungen. Jack Kirby zeichnet 112 Panels auf 20 Seiten, also fünf bis sechs pro Seite. Das ergibt Sinn, denn häufig geht es um eine Abfolge von Handgriffen (beim Maulwurf) oder Metamorphosen (beim Skrull). Das läßt sich besser in vielen kleinen Bildern darstellen. Kirby ist aber in meinen Augen nicht nur dann gut, wenn er große Panels hinklotzt. Auch diese Ausgabe ist grafisch hervorragend gestaltet. Wieder gibt es aber eine anatomische Schluderei: Auf der Splashpage ist der in eine Decke gehüllte Reed anatomisch nur korrekt, wenn man annimmt, daß er seinen Körper gedehnt hat. Interessantes Detail: Reed und Sue nehmen in diesem Heft mittels eines Videofons mit ihrem kleinen Sohn Kontakt auf – keine schlechte Zukunftsvision für 1969.

Außer ihrem Cliffhanger hat diese Story eigentlich nichts zu bieten; ich habe sie aber auch jetzt gern gelesen, weil ihre erste Hälfte ungewöhnlich und angenehm klischeearm ist. Logische Fehler spielen hier keine große Rolle. Als Übersetzer ist erstmals Arend Buck angegeben, dafür fehlt der Hinweis auf einen Redakteur, und nach wie vor bleibt offen, wer gelettert hat.

Zitat:
Die entliehene Grundidee aus der Star Trek-Episode „A Piece Of The Action“ (dt.: “Epigonen”), lässt sich kaum leugnen. Der Leser erfährt, dass die Gangster sich für ihre Spiele Sklaven halten, die ähnlich wie im antiken Rom, in einer Arena abgehalten werden. Erneut finden sich Einflüsse aus zwei weiteren Star Trek-Folgen: „The Gamesters Of Triskelion“ („Meister der Sklaven“) und „Bread And Circuses“ („Brot und Spiele“) wieder. Eindeutig zu sehen an Bens Halskrause und den benutzten Waffen, die ohne weiteres aus dem Requisitenfundus der Desilu-Studios (wo Raumschiff Enterprise gedreht wurde) stammen könnten. Auf der Fahrt zum Sklaventraining erfährt Ben, wie es zu dem 30er Jahre-Revival auf dem Skrull-Planeten gekommen ist. Ein Skrull-Sklavenjäger stieß in der Vergangenheit bei „Film“-Aufnahmen, offenbar zu Studienzwecken, auf den aus dem Gefängnis ausgebrochenen Gangster „MP-Martin“, der den Skrull als Vorbild für ihre Zivilisation dienen sollte.
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Alt 16.04.2020, 19:26   #384  
jakubkurtzberg
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Ja, da hat der gute Jack bei den Besten geklaut...
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Alt 16.04.2020, 19:43   #385  
Crackajack Jackson
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Zu FV #85
Der Maulwurf ist schon einer der Schurken, mit denen man Mitleid haben kann.
Gestern Abend las ich zufällig noch von Panini Daredevil Band 2 aus dem Jahre 2013.
Dort versucht der Maulwurf „mit der einzigen Frau zusammen zu sein, die ihn je ohne Mitleid angesehen hat“. Leider ist die gute Frau schon tot und der Maulwurf betätigt sich hier als Leichenräuber. Er hat schon viel von dem Phantom der Oper.
Verbittert von der Menschheit lebt er in seinen unterirdischen Gängen.

Es ist auch meines Wissens das erste Mal, dass Reed bei einem Kampf verletzt wird.
Ich war wirklich ein bisschen erschrocken, als Ding sagte:“Er atmet nicht mehr“.
Crackajack Jackson ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 16.04.2020, 20:56   #386  
Crackajack Jackson
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Es muss nicht immer was passieren.
Der Maulwurf entkommt, bzw. die FV lassen ihn entkommen und der Skull geht auf die Jagd.
Ein oft verwendetes Motiv: Gladiator auf einer fremden Welt.
Superman war schon Gladiator, genau wie auch der Hulk in Planet Hulk.
Ich bin wirklich gespannt, was da auf das Ding zukommt.
Crackajack Jackson ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 17.04.2020, 08:13   #387  
Peter L. Opmann
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Die Fantastischen Vier # 87




Bei dieser Ausgabe habe ich die Stimmigkeit der Geschichte eigentlich nie in Frage gestellt. Seltsam, denn was ist die Entführung von Ding als Sklave und Gladiator auf den Planeten der Skrull anderes als blühender Blödsinn? Diese Räuberpistole wird jedoch folgerichtig, ohne Sprünge und auf mitreißende Weise erzählt. Ich glaube, ich habe mich beim Lesen endlich mal ähnlich gefühlt wie 1977, als ich mir das Heft erstmals zu Gemüte geführt habe.

Der Band beginnt mit einem Szenenwechsel. Der Leser fühlt sich in einen Film noir der 1930er Jahre versetzt. Boß Barker, mit dicker Zigarre, betrachtet eine Karteikarte von Ding, einem Kämpfer, der auf der Preisliste der Skrull für „zehn perfekte Kraftsteine“ zu haben ist. Um ihn herum: Zwei Gangster und ein Flapper-Girl. Der Boß will Ding gegen Torgo antreten lassen, ein Roboterwesen, das für Lippy Louie kämpft. In diesem Moment verschafft sich Louie, gefolgt von zwei Typen mit Maschinengewehren, Zutritt zu dem Büro. Torgo wird Ding fertigmachen, und dann ist auch Barker fertig, tönt Louie.

Und dann werfen wir einen Blick in das Raumschiff des Sklavenjägers, wo Ding in eine Art Pranger eingeschlossen ist. Nachdem es ihm beinahe gelungen ist, sich zu befreien, wird es durch einen „Neurostrahl“ betäubt. Währenddessen machen sich drunten auf der Erde seine Teamkollegen Gedanken, wo Ding abgeblieben ist. Reed hat schon davon gehört, daß es gemeinsam mit einem Mann in ein Taxi stieg, der ihm selbst zum Verwechseln ähnlich sah. Da verläßt Ding bereits in Ketten das gelandete Raumschiff. Als ein paar Jungs es mit Steinen bewerfen, wird es wild und kann nur mühsam unter Kontrolle gehalten werden. Für die Skrull bedeutet das aber nur: Ein guter Fang.

Barker leistet dem Sklavenjäger eine kleine Anzahlung. Neun der Kraftsteine gibt es erst dann, wenn Ding ausgebildet ist und zum Kampf antritt. Auf der Fahrt zum Trainingslager erfährt Ding, warum der Skrull-Planet wie das Chicago der 30er Jahre aussieht. Zu dieser Zeit sammelte der Skrull-Sklavenjäger mal einen Gangster auf der Erde ein, der gerade aus dem Knast geflohen war. Er lieferte die Anregung für die Kulissen, in denen sich die Skrull nun offenbar höchst wohl fühlen.

Auf der weiteren Fahrt bekommt es der Transport mit einem Sklavenräuber zu tun, einem Mann im Doppeldeckerflugzeug. Der Angriff wird erfolgreich abgewehrt. Angekommen im Trainingszentrum, das an eine Schwarzbrennerei erinnert, lernt Ding den Sklavenhalter kennen; er soll aus ihm einen Kämpfer machen, wie Boß Barker ihn braucht. Er hetzt gleich mal ein primitives Monster von einem Dschungelplaneten auf ihn; Ding kann sich seiner nur mühsam erwehren und erfährt, daß er gegen weitaus Stärkere kämpfen wird. Man wirft ihn in eine Zelle. Als Ding sich umsieht, bemerkt er, daß sich in ihr schon ein anderer Sklave befindet, eben jener Torgo, gegen den er den Hauptkampf bestreiten wird.

Reed hat inzwischen angestrengt nachgedacht und ist zu dem Schluß gekommen, daß Ding von den Skrull entführt worden sein muß. Ebenso kombiniert er, daß es wahrscheinlich auf den Skrull-Planeten gebracht wurde. Was er zu unternehmen gedenkt, erfahren wir noch nicht – „Nächste Ausgabe: Ben Grimm, der Mörder“.

In der Science Fiction galt früher: Eine Geschichte kann auf einer unwahrscheinlichen These aufbauen, alles übrige muß sich daraus aber streng logisch und realistisch entwickeln. Das kann man von der Skrull-Story gewiß nicht behaupten. Aber hier stört man sich nicht an unglaublichen Entwicklungen und Wendungen. Jedenfalls ging es mir so. Ich war so drin in der Story, daß ich darauf nicht mehr geachtet habe. Mal sehen, wie es weitergeht. Wie beim Doom-Vierteiler lese ich auch diesen, streng genommen: Dreieinhalbteiler Heft für Heft. Ich hoffe, die nächsten beiden Ausgaben enttäuschen mich nicht.
Peter L. Opmann ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 17.04.2020, 17:43   #388  
Peter L. Opmann
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Die Fantastischen Vier # 88




Wie beim letzten Vierteiler (mit Doctor Doom) wird hier ein ziemlich hoffnungsloses Szenario aufgebaut: Ding ist in der Gewalt der Skrull, seiner Kräfte beraubt und gefügig gemacht, und die restlichen FV beginnen gerade erst zu ahnen, wo er sich überhaupt befindet, nämlich in einem weit entfernten Sternensystem. Die Story ist gut und geht mir auch heute noch an die Nerven – zumindest ein bißchen. Was auch zu der besonderen Atmosphäre beiträgt, ist die 30er-Jahre-Gangsterwelt der Skrull, die Jack Kirby mit seinem formelhaften Stil trotzdem einigermaßen glaubwürdig vor den Augen des Lesers erstehen läßt.

Kirby hat diese Zeit als Jugendlicher noch erlebt (geboren 1920). Ich glaube nicht, daß er nach Fotos gezeichnet hat, denn er stellt Kleider, Fahrzeuge, Möbel, Häuser und alles übrige in seinem ureigenen Stil dar; zudem ist zu vermuten, daß er gar keine Zeit hatte, Recherchen zu treiben oder Vorlagen zu suchen. Ich finde seine Grafik hier außerordentlich geglückt. Das gilt auch fürs Cover. Das besteht zunächst mal nur aus einem Plakat, in dem der Gladiatorenkampf von Ding gegen Torgo angekündigt wird. Das gewisse Etwas verleiht ihm Dings Pranke, das das Plakat von der Wand zu reißen versucht, wobei offenbar die ganze Wand in Mitleidenschaft gezogen wird. Sehr eigenwillig, sehr auffällig am Kiosk.

Ding hockt zusammen mit seinem künftigen Gegner, Torgo, im Verlies, und Torgo gibt ihm ein paar Tips zum Eingewöhnen. Widerstand zwecklos, erfahren wir, denn die Skrull (in ihren Gangster-Verkleidungen) können die Kämpfer jederzeit mit ihren Hypnosestrahlen kontrollieren. Ding kann die Hand nicht gegen seinen Trainer erheben. Daraus ergibt sich aber ein logisches Problem: Wenn der Kämpfer so hilflos ist, wie soll er dann gescheit kämpfen können? Oder wie hält man ihn unter Kontrolle, wenn er gerade in der Arena seine ganze Kraft entfalten soll? Nach einer Trainingseinheit, in der sich Ding besser behauptet als gedacht, erfahren wir die Antwort: Die Skrull können den Heimatplaneten jedes Gladiators aus seiner Umlaufbahn bringen. Damit bleibt Ding nichts anderes übrig, als ihr Spiel mitzuspielen, will er nicht die ganze Erde gefährden.

Währenddessen brechen die FV auf, um Ding zu finden und zurückzuholen. Sue muß wieder daheim bleiben (wie im Doom-Abenteuer), wie Reed kurzerhand bestimmt. Und zwischen Boß Barker, dem „Eigentümer“ von Ding, und Lippe Louie, der ihn mit seinem Kämpfer Torgo herausgefordert hat, kommt es zu einer dramatischen Begegnung. Zuvor hat Barker ein Bombenattentat überlebt. Die beiden Obergangster beharken sich nochmal ordentlich. Die Skrull-Zuschauer in der Arena spiegeln die Aufregung vor dem Kampf wieder. Nebenbei klingt an, daß ihre 30er-Jahre-Kulisse für sie der Weg war, Auseinandersetzungen auf eine symbolische Ebene zu bringen, so daß sie sich nicht mehr gegenseitig bekriegen mußten. Nicht ganz überzeugend, aber bemerkenswert, daß eine solche Erklärung eingeschoben wird.

Ding versucht, sich mit Torgo zusammenzutun, aber das scheitert an der Drohung, die Heimatplaneten entgleisen zu lassen, wenn beide nicht genau das tun, was die Skrull von ihnen verlangen. Und inzwischen brechen Reed, Johnny und Crystal zum Skrull-Planeten auf (der inzwischen den Namen „Kral“ erhalten hat). Finale: „In Torgos Hand“ – naja, da hätten wir uns doch irgendwie einen bedeutungsvolleren Titel gewünscht…
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Alt 17.04.2020, 17:55   #389  
Crackajack Jackson
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Zu FV #87

Diese ist eigentlich eine Solostory von dem Ding.
Die anderen Mitglieder tauchen nur in einigen Panels mal auf.
Er kommt auf einen Planeten, wo die Skulls das Chicago der 30er Jahre nachspielen. In einem späteren Condor Taschenbuch lässt er die FV auch noch mal in die Elvis Ära eintauchen. Stan Lee nimmt hier historische Filmkulissen und mischt sie mit Science Fiction. Das funktioniert ganz gut.

Es sieht nicht gut aus für Ben. Alleine auf einem fremdem Planeten, gefesselt und den Tod in der Arena vor Augen. Trotzdem lässt er sich nicht unterkriegen.

Ist aber schon seltsam, dass die beiden verfeindeten Gangs ihre Champions in eine Zelle stecken.

Ich bin auf jeden Fall auch gespannt, wie es weitergeht.
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Alt 17.04.2020, 19:20   #390  
Peter L. Opmann
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Nicht "Skulls", sondern "Skrull". Wurde das vielleicht bei Condor immer falsch geschrieben?

Mir kommt gerade der Gedanke, daß dieses Konzept einer Zukunft, die Elemente der Vergangenheit beinhaltet, vielleicht ein Stückweit den Steampunk vorwegnimmt. Klar, bei Steampunk geht es speziell um die viktorianische Zeit, die große Zeit der Industrialisierung, aber sonst sehe ich da Ähnlichkeiten. Allerdings haben ja Lee und Kirby, wie wir oben gesehen haben, selbst bei "Star Trek" geklaut.
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Alt 17.04.2020, 19:31   #391  
Crackajack Jackson
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Stan Lee hat hier wirklich an alles gedacht. Wenn die Hypnosestrahlen in der Arena nicht mehr funktionieren, muss eine andere Drohung (die Vernichtung des Heimatplaneten) herbei. Die Gladiatoren werde wirklich wie Vieh gehalten und jetzt schon, vielleicht durch Verhalten und Aussehen, hegt man keinen Groll gegenüber Torgo. Er verhält sich auch nicht feindselig, sondern emotionslos, wie ein Roboter. Die anderen Gladiatoren sind nur schmuckes Beiwerk, da man ja durch das Cover und die ganze Vorgeschichte weiß, das sich zwischen Torgo und dem Ding der Endkampf abspielen wird.
Die Weichen für das Finale sind gestellt.
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Alt 18.04.2020, 06:51   #392  
jakubkurtzberg
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Die außerirdischen Gestaltwandler heißen auch bei Condor "Skrull". Es ist aber bei allen Verlagen nicht ganz klar, ob der Plural nun "Skrull" oder "Skrulls" lautet...
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Alt 18.04.2020, 08:37   #393  
Peter L. Opmann
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Die Fantastischen Vier # 89




Ein Freund – kein ausgesprochener Marvelianer, sondern eher Anhänger holländischen Humors in Comics – schrieb mir gerade *): „Die alten FFs mag ich durchaus, speziell den Skrull-Sklaven-Zyklus. Ich war ja immer am ehesten Ding-Fan!“ Und ich sehe es ähnlich. Es ist auf jeden Fall ein sehr gelungener Vierteiler und liest sich auch heute noch für mich ziemlich fesselnd. Vergleicht man die „Sklaven“-Story mit der Doom-Story (FV # 80 bis 83), dann stehen sich beide an Spintisiererei kaum nach. Hier ist es mir aber bisher nicht so negativ aufgefallen.

Das ändert sich aber jetzt sogleich. Reed, Johnny und Crystal sind in einem Raumschiff unterwegs zum Skrull-Planeten. Die Fackel steigt aus und fliegt ohne Raumanzug, dafür hell flammend durchs All. Das dürfte zwar ein physikalisches Wunder sein, hat aber einen Zweck: Sie soll eine radioaktive Spur des Skrull-Raumschiffs sichtbar machen, mit dem Ding entführt wurde. Was auch gelingt. Immerhin: Lee und Kirby bemühen sich zu erklären, wie die FV den Skrull-Planeten finden, statt sie einfach nur bei den Gladiatorenkämpfen auftauchen zu lassen, die Ding erwarten.

Ding und seinem Gegner Torgo steht derweil ihr Auftritt unmittelbar bevor. Es wird noch einmal verdeutlicht, daß sie keine andere Wahl haben, als zu kämpfen, und zwar bis einer von beiden tot ist. Noch in der Arena will Ding das Robotwesen überreden, sich mit ihm zusammenzutun, aber Torgo läßt sich darauf nicht ein. Stattdessen schleudert er eine grüne Kugel, die sich als Bombe entpuppt und Ding auf die Bretter schickt. Boß Barker protestiert: Das sei ein Foul gewesen! Während sich die Skrull-Gangster noch streiten, ob Ding nun getötet werden darf, erholt es sich wieder und nimmt den Kampf von neuem auf.

Die FV kapern im gleichen Moment ein Skrull-Raumschiff. Der anscheinend einzige Insasse soll ihnen verraten, wo sie Ding finden. In der Arena hat Ding seinen Gegner fast niedergerungen, aber Torgo befreit sich aus seinem Würgegriff und greift nun mit Nervengift an. Auf den Zuschauerrängen bricht wieder der Streit aus: Regelkonform oder nicht? (Welche Regeln da genau gelten, erfahren wir nirgendwo.) Die FV sind nun auf dem Planeten gelandet und zwingen ein Bandenmitglied von Barker, sie zu Ding zu bringen – und zwar in einem fliegenden Oldtimer. Sonst sieht man in dieser Welt allerdings keine fliegenden Autos.

Torgo bringt es nun nicht fertig, Ding zu töten. Er hat gemerkt, daß Ding ihn bei anderer Gelegenheit ebenfalls am Leben gelassen hat. Nun greift Crystal ein, nachdem sich die FV mit ihren beiden Gefangenen, dem Raumschiff-Insassen und dem Bandenmitglied, Zutritt zum Stadion verschafft haben. Sie zerstört den Schallwellenzertrümmerer, mit dem die Skrull gedroht haben, die Heimatplaneten aus ihrer Bahn zu schubsen. Kurz liegen sich die FV und Ding in den Armen. Torgo befreit alle Kampfsklaven, und gemeinsam wenden sich alle gegen die Skrull. Die Verwirrung nutzen Reed & Co., sich aus dem Staub zu machen. Torgo lassen sie zurück. Ding blickt aus dem Raumschiff emotional bewegt nach unten: „Mach’s gut, Torgo. Hau ihnen auch in meinem Namen eine runter.“

Das ist alles gekonnt erzählt, auch in Bildern. Diese Story trägt natürlich aus heutiger Sicht nicht mehr zur Welterklärung bei, aber unterhaltsam und spannend ist sie allemal. Zu meckern gibt’s nicht viel. Eine Abweichung von der nun schon lange anhaltenden Routine ist zu vermerken: Frank Giacoia vertritt hier Joe Sinnott als Inker. Das Heft ist wieder randvoll gepackt mit Comics; eine Eröffnungsseite für „Dämon“ war erneut nicht drin. Und statt für die Marvels des nächsten Monats wird wieder für Sea-Monkeys geworben. Aber auch das ist zu verkraften.

*) 2016
Peter L. Opmann ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 18.04.2020, 14:01   #394  
Crackajack Jackson
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Zitat:
Zitat von Peter L. Opmann Beitrag anzeigen
In der Arena hat Ding seinen Gegner fast niedergerungen, aber Torgo befreit sich aus seinem Würgegriff

Torgo bringt es nun nicht fertig, Ding zu töten. Er hat gemerkt, daß Ding ihn bei anderer Gelegenheit ebenfalls am Leben gelassen hat.
Das Ding hat Torgo niedergerungen, bringt es aber dann nicht fertig ihm den Todesstoß zu versetzen. Die wichtigste Stelle in der ganzen Geschichte, denn deshalb wird er später von Torgo verschont. Die beiden sind hier Freunde geworden mit großem Respekt voreinander.

Ich sehe gleich mal nach, ob die beiden sich später noch mal über den Weg gelaufen sind.
Edit: Torgo hatte 26 Auftritte in Marvel Comics unter anderem bei Hulk und den Guardians of the Galaxy.

Etwas skurril finde ich ja, dass sich die Fantastic Three auf dem Planeten erst mal in 30er Jahre Klamotten gezwängt haben.

Der Abschluss einer wunderschönen Geschichte über die Freundschaft zwischen Ding und Torgo.

Geändert von Crackajack Jackson (18.04.2020 um 14:06 Uhr)
Crackajack Jackson ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 18.04.2020, 14:09   #395  
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Zitat von Peter L. Opmann Beitrag anzeigen
[B]Obwohl Daniel Wamsler überzeugend gezeigt hat, daß die Sklavenjäger-Tetralogie aus drei klassischen Star-Trek-Folgen zusammengemixt ist (siehe unten), [...]
Das ist sehr gut möglich ... es ist andererseits aber kein Geheimnis, dass Jack Kirby ein Fan alter Gangsterfilme war (s. a. In The Days Of The Mob*) und in seinen Comics immer wieder gern solche Gangstertypen eingebaut hat.
Für mich ist es daher vorstellbar, dass er als Plotter auch ganz gut ohne Star Trek auf diese Idee gekommen sein kann und diese Ähnlichkeiten tatsächlich zufällig sind.


* Zitat aus Tom Fields Artikel aus Kirby Collector # 16:
"Jack had a certain amount of enthusiasm for everything he did," [Mark] Evanier says, but Mob had a special place in Jack's heart. "He was a fan of that stuff. He had met a lot of people who knew the gangsters." And although Evanier and Kirby's other assistant, Steve Sherman, did a lot of research on gangsters and the Depression to help enrich Kirby's historical fiction, Evanier concedes, "Jack probably could have done these stories from memory and they wouldn't have been much different."
https://twomorrows.com/kirby/articles/16mob.html
Horatio ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 18.04.2020, 14:18   #396  
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Zitat von Crackajack Jackson Beitrag anzeigen
Torgo hatte 26 Auftritte in Marvel Comics unter anderem bei Hulk und den Guardians of the Galaxy.
Und - ist er denn seinem Kumpel Ding nochmal begegnet?

Horatio: Die Ähnlichkeiten mit der "Star Trek"-Episode sind zu groß, als daß das Zufall sein könnte. Aber ich glaube, Kirby hat die Gangsterkulisse weiter ausgeschmückt. Damit meine ich, wie die beiden Mobs sich treffen und das Gladiatorenduell ausmachen und wie sie sich dann in der Arena aufführen.
Peter L. Opmann ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 18.04.2020, 14:26   #397  
Crackajack Jackson
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Ja, im Condor Taschenbuch #6, Original Fantastic Four 173.
An Torgo kann ich mich jetzt nicht mehr erinnern, eher an einen goldenen Affen.
Crackajack Jackson ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 18.04.2020, 14:41   #398  
Horatio
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Zitat von Peter L. Opmann Beitrag anzeigen
Horatio: Die Ähnlichkeiten mit der "Star Trek"-Episode sind zu groß, als daß das Zufall sein könnte.
Es ist mir schnurzegal, was letztlich zutrifft. Dies ist kein Ich-weiß-es-besser-Wettbewerb. Ich möchte nur auf eine alternative Erklärung hinweisen, die hier sonst vielleicht untergeht.
Horatio ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 18.04.2020, 14:53   #399  
Peter L. Opmann
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FV-Taschenbuch # 6 hab' ich sogar. Condor hat da zehn Ausgaben abgedruckt und dabei öfters die Splashpage eingespart. Torgo kommt ziemlich am Ende als "alter Kampfgefährte" vor, hat aber keinen besonders bemerkenswerten Auftritt.

@ Horatio: Ich habe da auch bloß eine Einschätzung abgegeben; ich habe mit Stan Lee und Jack Kirby nicht über dieses Thema gesprochen. Es geht hier auch sicher nicht darum, wer von uns mehr recht hat.
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Alt 18.04.2020, 16:49   #400  
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Die Fantastischen Vier # 90




„Die Rückkehr der Furchtbaren Vier“ – der Titel dieser Episode klingt ziemlich uninspiriert. Dabei haben wir es hier mit einer ganz raffinierten Story zu tun – mit 40 Jahren Abstand würde ich einschränkend hinzufügen: soweit das bei dem geringen Umfang von 20 Seiten möglich ist. Wenn man sie mit nüchternem Abstand betrachtet, kann man feststellen: Ein Anteil ist konventionell – die Furchtbaren Vier wollen wieder einmal Revanche, bringen die FV an den Rand einer Niederlage, aber werden am Ende doch besiegt. Aber Stan Lee vermischt das altbekannte Muster mit Elementen des Unheimlichen. Schauplatz ist ein Spukhaus, in dem eine seltsame alte Frau wohnt. Und das gibt der Story einen ungewohnten Twist. Ich finde sie nach wie vor sehr gut.

Schon die Eröffnung ist etwas Besonderes: Die FV umstehen Sue, die ihr Baby vorzeigt. Es wird darüber gescherzt, welchen Namen das Baby nun wohl bekommen hat. Ein sentimentaler Moment: Es heißt Franklin Benjamin – der zweite Name wurde zu Ehren von Benjamin Grimm gewählt. Ding bricht in Tränen der Rührung aus. Reed gibt inzwischen seine Entscheidung bekannt, den kleinen Franklin auf dem Land bei einem Kindermädchen, Miss Agatha Harkness, in Sicherheit zu bringen.

In diesem Moment sind die FV bereits einer tödlichen Bedrohung ausgesetzt. Der Zauberer verfolgt ihre Unterhaltung auf einem Bildschirm. Das versteckte Landhaus ist also schon entdeckt. Die Furchtbaren Vier, zu denen sich nun auch wieder Medusa gesellt, werden dort zuschlagen. Neben die Spannung der Gefahr gesellt sich nun noch der Grusel. In einer dunklen, stürmischen Nacht treffen die FV bei dem Haus von Miss Harkness ein, ein Haus, das Ding unwillkürlich an „Draculas Alptraumhaus“ erinnert. Die alte Dame erscheint mit einem schwarzen Kater im Arm in der Tür.

Lee und Kirby deuten nun wirkungsvoll britischen Horror an. Agatha Harkness verfügt über perfekte britische Manieren; schreckenerregende Gemälde, Skulpturen und die dunklen, verwinkelten Räume (angeblich vertragen ihre Augen kein helles Licht) lassen sie zunächst als Exzentrikerin erscheinen. Ein wenig erinnert sie an Miss Marple in der Darstellung von Margaret Rutherford. Ding kommentiert die Situation: „Ich würde diese olle Krähe nicht mal auf meine Tante Petunia aufpassen lassen.“

Aber nun schlagen die Furchtbaren Vier zu, die man inzwischen beinahe vergessen hätte. Ding wird mit einer Antigrav-Scheibe und einem Betäubungsstrahl außer Gefecht gesetzt. Der Fackel passiert das Gleiche durch einen Sandstrahl des Sandmanns. Reed und Sue werden von Kleisterpeter in ihrem Zimmer eingeschlossen. Nun geschieht zuerst etwas, was Kenner der Serie vermuten konnten: Medusa wendet sich gegen ihre Kumpane, denn wir wissen inzwischen, daß sie zu den Nichtmenschen gehört und nur wegen Gedächtnisverlustes auf die schiefe Bahn geraten war. Mit vereinten Kräften machen aber die drei Männer des bösen Quartetts sie unschädlich. Jetzt wollen sie sich aufmachen, die FV zu erledigen.

Auf der Treppe begegnen sie Agatha Harkness, und jetzt kippt die Story endgültig in gotischen Horror um. Im ersten Moment nimmt der Zauberer die alte Frau nicht ernst, aber sie hetzt ihren schwarzen Kater auf ihn, der sich zu einer gigantischen Bestie auswächst und den Zauberer in Angst und Schrecken versetzt. Er flieht panisch. Sandmann und Kleisterpeter versuchen zu verstehen, was gerade passiert ist. Sie schwanken zwischen Angreifen und Abhauen; da belegt Agatha Harkness offenbar Sandmann mit einem Zauber. Er versteinert. Jetzt gibt es für Kleisterpeter kein Halten mehr, aber er wird von eben der Bestie verfolgt, die auch hinter dem Zauberer her war. Kleisterpeter endet in den Klauen des Untiers.

Die Story ist noch nicht zuende und bleibt im Bereich des Horrors. Die FV sind befreit und stoßen auf ihre kampfunfähigen Gegner. Kleisterpeter liegt ohnmächtig in einem Zimmer. Sandmann ist immer noch versteinert. Der Zauberer hängt im Geäst eines Baums. Auch die FV sind völlig ratlos, was hier passiert ist. Auch Agatha Harkness trägt nicht zur Aufklärung bei: Sie tut so, als wäre gar nichts geschehen sie ermahnt die FV, ruhig zu sein, damit das Baby nicht aufwacht. Ding entdeckt in ihrem Zimmer ein Buch mit dem Titel „Die Welt der Hexen“, und bei ihm keimt ein Verdacht. Die alte Dame erkundigt sich, was Ding denkt. Da nimmt es ebenso Reißaus wie die Mitglieder der Furchtbaren Vier zuvor. Das unheimliche Geschehen wird also, wie sich das gehört, ein wenig im Ungewissen gelassen. Nur so kann der Horror richtig zur Geltung kommen.

Auf dem Cover sieht das Haus wie Hitchcocks „Psycho“-Haus aus, was ja auch keine schlechte Assoziation ist. Im Vordergrund spielt sich dagegen der erwartbare Kampf zwischen den FV und den Furchtbaren Vier ab (der aber in dieser Ausgabe so gar nicht abläuft). Joe Sinnott ist als Inker zurück. Und es ist, wie ich schon sagte, alles in allem eine sehr gute Ausgabe.
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