Warum wurden Jo, Jette und Jocko nie weitergeführt ?

[betamax]

Soweit ich weiß, untersagt Herge in seinem Testament nur neue Geschichten mit Tim+Struppi. Die jetzt erneut aufgelegten Jo, Jette und Jocko waren ja eine - von ihm nicht sooooooo sehr geliebte - Auftragsarbeit, an deren Figuren er ja auch nicht die Rechte hatte.
Weshalb wurde die Serie später nicht von einem anderen Zeichner
weitergeführt ? So wie z.B. heute Blake + Mortimer ? Weiß da jemand mehr ?

[Pickie]

Gute Frage, nächste ...

Habe mal jemanden angemailt, der dazu was wissen dürfte. Kann etwas dauern, dort ist auch gerade Urlaubszeit.

Jemand anders?

[Servalan]

Die letzten Angaben in der französischen Wikipédia stammen aus dem Jahre 2003. Dabach wurden seit 1951 (erste Album-Veröffentlichung) 3 Millionen Exemplare verkauft, also pro Album der Serie im Durchschnitt 500.000 Exemplare.

Ich kann mir vorstellen, daß die Ziffern zu niedrig sind.
Casterman und die Foundation Hergé sehen wohl kein Potential für eine Fortsetzung in eigener Regie mit einem neuen Team.
Kurz gesagt: rein ökonomische Gründe ...

[Mick Baxter]

500.000 klingt aber immer verlockender, schließlich gehen auch die Auflagen der Spitzentitel zurück. Und auch 100.000 verkaufte neue Geschichten könnten ein Erfolg sein (je nachdem, was da an Namensrechten gezahlt werden muß).

[Pickie]

@betamax, das ist, was ich habe:

"Re: Jo, Zette et Jocko - Why not to be continued?

Hello ...,

No, there were no plans to continue Jo et Zette. The only thing Hergé did, was to finalise Le vallée des cobras after the war. It was Jacques Martin who was in charge of that project. But it was also the end of Jo et Zette.

Hergé did not rule anything by (written) testament. He just said he did not want that the adventures of Tintin would be continued by someone else. And, indeed, he never mentioned Jo et Zette.

Do you want to do that?

Have fun,

..."

Letzteres ist natürlich nicht als Anregung zu verstehen, einfach loszulegen. Aber das Projekt scheint wirklich ein ungelegtes Ei zu sein. Jetzt kommst Du, betamax ...

[Servalan]

Zitat von Mick Baxter

500.000 klingt aber immer verlockender, schließlich gehen auch die Auflagen der Spitzentitel zurück. Und auch 100.000 verkaufte neue Geschichten könnten ein Erfolg sein (je nachdem, was da an Namensrechten gezahlt werden muß).

Du vergißt den langen Zeitraum. Wenn die einbezogen werden, zeigen sich deutlich die Schwächen deiner Kalkulation.

Die Vieux Forneaux / Alten Knacker haben dieselbe Zahl schon nach knapp drei Jahren erreicht, nämlich im Januar 2016. Die sind ein Bestseller, wie du richtig siehst.

Bei Jo, Zette et Jocko verteilen sich die Exemplare wie ein feiner Nieselregen auf über 50 Jahre, das heißt, pro Jahr kommen da gerade mal 10.000 Stück heraus.
Für die berühmte Schwarze Null brauchen Verlage im frühen 21. Jahrhundert aber knapp 20.000 Exemplare pro Titel. Der erste Band der drei alten Knacker bei Dupuis hatte damals in der ersten Auflage 17.000 Exemplare. Der war wohl so kalkuliert worden, daß er keinen allzu großen Schaden anrichtet.
Zumindest Dupuis hat das Potential von Lupano/Cauuet nicht erkannt.

Insofern fehlt der Serie aus betriebswirtschaftlicher Sicht das Potential.

[Eldorado]

Deine Rechnung hat aber ebenfalls Schwächen, denn Du vergleichst hier die Abverkäufe von Jahrzehnte alten Titeln mit denen von ganz frischem Material.
Wieviel von einem neuen "Jo, Jette & Jocke-Band abgesetzt würde weiß ich natürlich auch nicht, aber es wäre natürlich deutlich mehr als jetzt noch jedes Jahr von den alten Bänden weggehen.

[Servalan]

Stimmt schon. Wo du recht hast, hast du recht ... aber dann mußt du auch Nägel mit Köpfen machen.
Das alte Material können sie nachdrucken, unter Umständen müssen sie etwas restaurieren.

Ein Relaunch der Serie verlangt zuerst eine Vorfinanzierung:
Erst muß ein neues Team ausgewählt, ausgesucht und eingekauft werden. Das alte Konzept bekäme dabei sicher eine Frischzellenkur verpaßt, also neue Charakterentwürfe, hier und da notwendige Modernisierungen.
Für eine Dummy-Produktion müßten Probeseiten getestet und notfalls verworfen werden. Das dauert schon einige Monate, schließlich soll der hohe Status des Hergé-Erbes gewahrt bleiben.
Auf die Weise kommen einige tausend Euro Miese hinzu, die eingespielt werden wollen - ergo muß die Auflage erhöht werden, um den Break-Even (Schwarze Null) zu erreichen.
Wahrscheinlich hat niemand Lust darauf ...

Eher kann ich mir Quick & Flupke 2.0 als App für die Smartphone-Kiddies vorstellen.

[betamax]

Pickie, erst einmal besten Dank für Deine Recherche.

Selbst in Deutschland können die Verkaufszahlen so schlecht nicht sein, schon weil die Serie erneut ( nach Carlsen, Herges Werkausgabe und Schreiber & Leser ) nachgedruckt wird.

Auch wären neue 3J Comics kaum schwerer zu realisieren als neue Blake + Mortimer, Schlümpfe, Lucky Luke, Asterix.
Die Comics werden ja nicht nur in den BeNeLux Ländern angeboten, sie sind ja für den Weltmarkt bestimmt. Schaut man sich an, wieviele neue Serien mit unterirdischen Verkaufszahlen von großen Verlagen durchgeschleppt werden, dann ist es für mich umso erstaunlicher, daß es bis heute keine Fortsetzung gibt.

Selbst bin ich zwar kein so großer Herge Fan, fand die 3Js aber von der Idee immer interessanter als Tim + Struppi. Der Affe bot mehr Unterhaltung und Situationskomik als der Hund Struppi, außerdem zeigten hier mal Kinder den Erwachsenen was sie können.

[Servalan]

Mich mußt du nicht überzeugen, sondern die Leuten auf den wichtigen Pöstchen.
Casterman gehört ja mittlerweile zu einem riesigen Medienkonzern, und die Zeiten, in denen Fans an den Plätzen saßen, wo sie über Programme entscheiden können, sind inzwischen Geschichte.
Die Manager ganz oben wahren wohl eine deutliche Distanz zu den Produkten, die sie herstellen. Ich kann mir vorstellen, daß die Diskussion dort ergebnislos versickert.

Wenn dir soviel an neuen Jo, Zette et Jocko-Alben liegt, solltest du vielleicht eine internationale Initiative starten. Am besten die entsteht unter den Augen der Fondation Hergé. Wenn die merken, daß wirklich Nachfrage besteht, kommt der Stein ins Rollen.
Such dir Mitstreiter und Verbündete, und dann mach Lärm, damit du nicht überhört wirst.

Gene Roddenberrys Star Trek zum Beispiel ist ja auch erst durch hartnäckige Nachfragen eines treuen Fandoms zu dem geworden, was es heute ist.