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14.07.2023, 17:59 | #1 | |
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Zitat:
Der Film ist total super, wie die Superagenten-Story im Verlauf des Films komplett ins Irre ausufert, das ist wirklich sehenswert. Die beiden anderen Filme kenne ich auch, und der Ali-Film ist auch ziemlich gut – wenn man den mit der deutschen Synchronisation ansieht, wo Ali von einem Profischauspieler gesprochen wird, dann ist das ein seltsames Erlebnis. |
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14.07.2023, 21:02 | #2 |
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Nochmal zurück zum House by the river:
Na ja, sagen wir: er versucht es. Das Motiv, dass ein Totgeglaubter wieder auftaucht, war damals vielleicht noch eine Überraschung, mittlerweile wird das überstrapaziert (in jedem Horrorfilm ist das sowieso Standard). Fun fact: Hayward hatte fünf Jahre vorher die Rolle des "Auferstandenen" (in dem Agatha-Christie-Film "And then there were none"), er hätte sich jetzt also denken können, was passieren wird. Bei diesem Film bin ich etwas zwiegespalten. Die Schattenspiele bei den vielen Nachtaufnahmen sind toll, die Musik von Georg Antheil ist packend. Die Story ist aber doch etwas zu vorhersehbar, und so ein echter Twist am Ende fehlt leider auch. Ich habe das Buch von A.P. Herbert gelesen, auf dem der Film basiert. Ein paar Dinge sind da anders: z.B. spielt das Buch in London, der Fluss ist die Themse; John ist ein Freund, nicht der Bruder. Marjorie ist tatsächlich schwanger. Was im Film völlig fehlt: Stephen fängt eine Affäre mit einer jungen Frau an, bei der sich eigentlich John Hoffnungen macht, lässt sie dann aber wie eine heiße Kartoffel wieder fallen; für John ist die Chance aber trotzdem vorbei. Der Schluss ist ebenfalls anders: Marjorie liest das Manuskript und erkennt die Zusammenhänge, entschließt sich aber, zu Stephen zu halten (die Liebe! die Kinder!). Doch Stephen fühlt sich schuldig, schreibt ein Geständnis auf einen Zettel und rudert auf den Fluss hinaus, um sich zu ertränken. Marjorie bittet John, ihn davon abzuhalten; John rudert also hinterher, kann Stephen in sein Boot ziehen, doch es kommt zum Handgemenge, Stephen stürzt ins Wasser und ertrinkt. Als John zu Marjorie zurückgerudert ist, behauptet er, er wäre zu spät gekommen und hätte John nicht mehr gefunden. Marjorie zeigt John das schriftliche Geständnis, aber John zerreißt es in kleine Stücke. Es gibt eine pompöse Trauerfeier, die Öffentlichkeit weint um einen großen Dichter und wird die Wahrheit nie erfahren. |
14.07.2023, 21:39 | #3 |
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Naja, ich wollte ja den Schluß nicht verraten. Man kann ihn auch so verstehen, daß Stephen (Louis Hayward) am Ende überschnappt. Dafür spricht auf jeden Fall die Erscheinung der Haushälterin in dem Vorhang, in dem er sich dann verfängt. Damit könnte auch das Auftauchen seines Bruders und seiner Frau (nach ihrem Tod) eine Ausgeburt seiner Fantasie sein, vielleicht Ausdruck seines Schuldgefühls, das ihn einholt. Das fände ich ein recht elegantes Ende.
Die Buchvorlage kenne ich nicht. Aber mir kommt die Romanhandlung recht kompliziert vor. Sollte Fritz Lang oder sein Drehbuchautor das Ganze vereinfacht haben, dann würde ich dem zustimmen. Vor allem auch deshalb, weil der Film für mich kein echter Horrorfilm ist. Der Grusel ist ein bißchen lahm, klar, vor allem gemessen an dem, was heute in Horrorfilmen passiert. Aber ich denke, es geht um die Beziehungen - die von Stephen zu seinem Bruder und zu seiner Frau und auch die von John zu Marjorie. Ich weiß nicht, ob Faßbinder diesen Film kannte, aber ihm hätte das sicher auch gefallen. |
15.07.2023, 05:58 | #4 | |
Moderator Panini Fan-Forum
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Zitat:
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15.07.2023, 13:55 | #5 | ||
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Zitat:
Noch mal kurz zum Buch: nach Stephens Tod wird eine Statue zu seinem Gedenken errichtet mit der Inschrift "In memory of Stephen Byrne - a great poet". Der letzte Satz des Romans lautet Zitat:
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15.07.2023, 14:18 | #6 |
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Es gibt beides. Stephen wird von der Vision von Emily verfolgt und stürzt deshalb von der Treppe und stirbt. Aber Du hast recht: John und Marjorie umarmen sich, nachdem er schon tot ist. Man sieht sogar, daß Stephen durch das Auftauchen seines Bruders daran gehindert wird, sein Werk zu vollenden - Marjorie ist da noch am Leben.
Aber ich fand es recht unwahrscheinlich, daß es John überleben kann, betäubt in den Fluß geworfen zu werden. Kann man den Bildern im Kino wirklich trauen? Wieso denkst Du, daß die Trennung von Werk und Künstler aus der Mode gekommen ist? Ich habe zum Beispiel gerade etwas über das Leben von Al Capp ("Li'l Abner") gelesen und wäre sehr dafür, daß man in diesem Fall zwischen Kunst und Leben trennt... |
15.07.2023, 20:50 | #7 |
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Heute wird doch (von bestimmten woken Kreisen) alles mit Moral aufgeladen: Darf man noch Filme mit Kevin Spacey gutfinden? Darf man noch Comics von Gerard Jones lesen? Darf man Li'l Abner gutfinden, wo doch Al Capp so ein Unsympath war? Meine Antwort auf all das ist natürlich ja, aber ich habe den Eindruck, dass immer mehr das anders sehen, dass also nicht mehr zwischen Werk und Künstler getrennt wird: ein Werk kann nur noch gut sein, wenn der Künstler auch moralisch gut ist/war. Keine gute Entwicklung.
Off topic: Zu Al Capp habe ich mal das Buch von Michael Schumacher gelesen, fand ich alles sehr erhellend. Ich wusste vorher über Al Capp gar nichts und kannte Li'l Abner nur aus einem alten Band "Comics-Weltbekannte Zeichenserien". |
15.07.2023, 22:00 | #8 |
Eckensteher & Mosaik-FF Mod
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Die Frage hat für mich schon Milos Forman mit "Amadeus" beantwortet.
Den Hypermoralisten würde ich vorschlagen, so ziemlich alle historischen Bauwerke bis Ende des 19. Jh niederzureißen, weil ihr Bau durch absolut unmoralische Bauherren veranlaßt wurde, ihre Errichtung selbst durch die Ausbeutung Millionen Armer Steuerzahler finanziert und oft genug mit dem leben zehntausender Bauarbeiter bezahlt wurde. - Trifft auch auf so ziemlich alle aus dem Dutzend Loire-Chateaus zu, die ich mir in den letzten 14 Tagen angeschaut habe. ... Ich fürchte allerdings auch, daß manche Leute trotzdem jubelnd zustimmen würden. |
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