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Alt 19.06.2023, 12:22   #1301  
Peter L. Opmann
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Vergleich mal mit zum Beispiel "Vom Winde verweht". Da hatten Heiner Carow und Ulrich Plenzdorf etwas ganz anderes im Sinn.
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Alt 19.06.2023, 14:38   #1302  
pecush
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Das ist eine der ganz großen Lücken in meiner Filmografie. Kenne ich leider nur die (tolle) Donald-Duck-Adaption.
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Alt 19.06.2023, 15:24   #1303  
Peter L. Opmann
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Ich wollte darauf hinaus, daß da die Beziehung von Scarlett und Rhett bis in die kleinsten Verästelungen nachverfolgt wird. Das war vielleicht zur Zeit von "Paul und Paula" einfach auch auserzählt.

"Vom Winde verweht" ist schon ein eindrucksvoller Film, wenn auch ein Melodram. Ich finde, auch für Männer geeignet.
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Alt 19.06.2023, 16:31   #1304  
pecush
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Dem kann ich folgen, ja.

Ja, Vom Winde verweht ist wohl viel mehr als eine Liebesgeschichte.
Wie gesagt, ich kenne nur die Duck-Variante. Da steckt schon viel Inhalt drin; über 100 Seiten im LTB; da war damals schon eine Menge.
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Alt 21.06.2023, 05:38   #1305  
Peter L. Opmann
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Das wollte ich hier eigentlich gestern schon reinstellen, aber durch einen Fehler der Telekom hatte ich kein Internet (immerhin hat man es schnell wiederhergestellt).

Wie neulich angekündigt, wende ich mich jetzt „Birdman“ zu. Dieser Film paßt nicht hierher, denn er wurde erst vor zehn Jahren gedreht und bekam 2015 den Oscar als bester Film sowie drei weitere Oscars (was ich gar nicht richtig mitbekommen habe). Ich habe ihn im Kino gesehen, aber mit völlig falschen Vorstellungen. Ich dachte, „Birdman“ arbeitet irgendwie die beiden „Batman“-Filme von Tim Burton auf (die hier durchaus hergehören würden, aber ich will ja keine Serien besprechen). Ehrlich gesagt, habe ich eine Weile gebraucht, bis ich mich in diesem Film zurechtgefunden habe, aber ich fand ihn nichtsdestoweniger großartig.

Michael Keaton war der erste Batman der neueren Kinogeschichte, nachdem er zuvor schon in „Beetlejuice“ mit Burton zusammengearbeitet hatte. Ich war damals etwas enttäuscht, weil in diesen Filmen eher der klassische Batman als der Frank-Miller-Batman gezeigt wurde, aber man sah, daß Burton eine Menge Comics gelesen hatte, und Keaton war für mich ein ziemlich überzeugender Bruce Wayne – doch das ist eine andere Geschichte. Nun, mehr als 20 Jahre später, will Keaton, der laut diesem Streifen einst mit drei „Birdman“-Filmen berühmt geworden ist, am Broadway von seiner Karriere retten, was noch übrig ist, indem er ein selbst inszeniertes und produziertes Stück auf die Bühne bringt, ein Stoff, der ihm als Jugendlichem viel bedeutet hat. Die Produktion ist ein Desaster, wobei hier lauter offenbar theatertypische Katastrophen vorgeführt werden: Eitelkeiten, Selbstzweifel, chaotische Affären innerhalb des Ensembles, Finanzierungsprobleme, eine Kritikerin der „New York Times“, die wild entschlossen ist, das Stück unbesehen zu verreißen, weil ihrer Meinung nach Filmstars nichts am Theater zu suchen haben. Und so weiter und so weiter.

Es geht auch um die Unfähigkeit von Schauspielern, wahrhaftig zu sein, weil sie eben alles spielen können. Keaton hält im übrigen öfters mal Zwiesprache mit seiner Filmfigur Birdman, die dann mitunter tatsächlich im Raum ist; allerdings taucht Birdman erst nach zwei Drittel des Films erstmals leibhaftig auf. Außerdem scheint Keaton gelegentlich telekinetische Fähigkeiten zu haben, wovon aber niemand – außer dem Kinozuschauer – etwas bemerkt. Gezeigt wird auch, daß man selbst ein anspruchsvolles Broadway-Publikum mit Regelverletzungen und Skandalen auf offener Bühne von den Plätzen reißen muß, um Erfolg zu haben. Doch es klappt: New York ist am Ende hingerissen von der extremen Aufführung. Keaton will den Erfolg krönen, indem er sich vor den Zuschauern mit einer echten Pistole in den Kopf schießt, aber er zerfetzt dabei nur seine Nase. Im Krankenhaus entfernt er sich den Gesichtsverband und stürzt sich aus dem Fenster, aber offenbar fliegt er wie Birdman davon.

Es wären eine ganze Reihe vorzüglicher Nebendarsteller zu nennen, von denen Emma Stone für mich die bekannteste ist. Daneben sind unter anderem Edward Norton, Naomi Watts, Amy Ryan und Lindsay Duncan dabei. Dieser Film hat aber eigentlich keine richtige Handlung, und so sind sie in der Inhaltsangabe kaum unterzubringen. Mit „Batman“ hat der Film ansonsten so gut wie nichts zu tun. Daß Michael Keaton (der in Wirklichkeit Michael Douglas heißt, seinen Namen in Hollywood aber aus nachvollziehbaren Gründen ändern mußte) wie seine Filmfigur mit Superheldenfilmen berühmt wurde, dann in der Versenkung verschwand und mit „Birdman“ ein Comeback feierte, stimmt so nicht, obwohl das meiner Wahrnehmung halbwegs entsprach.

Was den Film im Kino für mich schwer konsumierbar machte, ist der Umstand, daß der mexikanische Regisseur Alejandro Inarritu eine Vorliebe für extrem lange ungeschnittene Szenen hat. Die Kamera bewegt sich also häufig schier endlos durch dunkle Gänge und Umkleidezimmer hinter der Bühne oder durch mit Menschen gefüllte New Yorker Straßen und Kneipen, und der Betrachter fürchtet, die Handlung durch dieses labyrinthische Erlebnis nicht richtig mitzubekommen. Jetzt, beim zweiten Ansehen, ging es aber schon wesentlich besser.

Nun, was lernen wir durch diesen Film? Er handelt von der ebenso enervierenden wie faszinierenden Theaterwelt (um Film und speziell Superheldenfilme geht es nur sehr wenig); ob hier aber reale Theatererfahrungen verarbeitet werden, ist für mich schwer zu beurteilen. Vielleicht erlaubt sich Inarritu nur einen gigantischen Scherz. Irgendwie dreht sich alles auch um die Frage, wie ein Mensch seinem Leben Bedeutung verleihen kann (und wie es ein Schauspieler schafft, um seiner selbst willen geliebt zu werden). Aber ob Keaton zum Schluß die Antwort findet oder ob das nur zu Inarritus Riesenscherz dazugehört – wer wollte das entscheiden?
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Alt 21.06.2023, 12:45   #1306  
pecush
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Schöne Zusammenfassung.
Keaton ist MEIN Batman; ich kannte zwar auch West, aber Keatons war mein erster Batman im Kino. Erste Reihe, ausverkauftes Kino. Unvergesslich und unvergessen.
Ich finde ihn als "Birdman" großartig - weil er sich irgendwo schon selbst spielt. Er ist immer auf Batman reduziert worden, obwohl er in so vielen anderen Filmen auch (toll) gespielt hat. Jackie Brown zum Beispiel, um nur mal einen zu nennen. Ich denke, kein anderer moderner Batman-Mime hat dieses Schicksal ereilt. Ben Affleck, Christian Bale, Val Kilmer, George Clooney - da gibts genügend andere Filme und Rollen, die mit denen in Verbindung gebracht werden. (Robert Pattinson wäre noch zu nennen, der wird aber vermutlich immer als liebeskranker Vampir gelten.) Von daher ist Keaton für Birdman die perfekte Besetzung!
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Alt 21.06.2023, 14:42   #1307  
Peter L. Opmann
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Danke für das Lob.

Mir geht's genauso. Ich werde auch Michelle Pfeiffer immer als Catwoman sehen (wenn auch nicht ausschließlich).

Aber ich weise lieber vorsorglich nochmal darauf hin: In "Birdman" geht es nicht - oder eher am Rande - um einen Schauspieler, der auf eine Superheldenrolle reduziert wird. Ich dachte beim Ansehen nur öfters mal: Aha, das ist er jetzt 20 Jahre später...
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Alt 22.06.2023, 06:17   #1308  
Peter L. Opmann
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Es sollte nun mal wieder etwas Leichteres sein. Aber woran bin ich da geraten? Als Kind und Jugendlicher habe ich „Mr. Hobbs macht Ferien“ (1962) von Henry Koster gern im Fernsehen gesehen. Ich konnte den Film nur als unterhaltsam wahrnehmen, und es ist ja auch lustig, wie James Stewart immer wieder zentnerschwere Koffer ins Haus tragen muß und wieder heraus. Kritiken haben den Tenor: Solide, aber nicht sehr aufregend. Mir kommt die Komödie allerdings inzwischen ziemlich misanthropisch vor. Sie zieht entschlossen gegen die – vor allem in USA – heilige Institution der Familie zu Felde, wenn man richtig hinsieht. Das wird nur dadurch abgemildert, dass sich alle in ihr Schicksal fügen, mit ihrer Familie gestraft zu sein; nur die Mutter, die beinahe eine richtige italienische Mamma ist, genießt das alles.

Titelheld ist James Stewart, der sich an seinen jüngsten Urlaub mit seinen vier Kindern, zwei Schwiegersöhnen und einigen Enkeln erinnert. Er hätte die Zeit lieber allein mit seiner Frau Maureen O’Hara verbracht. Dem Urlaub mit seiner Sippe blickte er von Anfang an mit Grausen entgegen, und rückblickend war es sogar noch schlimmer: Das Ferienhaus bei San Franzisco eine Bruchbude, Ärger mit einer blonden Sexbombe am Strand, die sich für ihn als Bankdirektor interessiert, ein Alptraumbesuch des Chefs in spe eines seiner Schwiegersöhne, die Kündigung der Haushälterin und Unmengen von nervtötenden Marotten aller Familienmitglieder, wobei er O’Hara zuliebe immer gute Miene zum bösen Spiel machen muß. Immerhin schafft er es, daß seine pubertierende jüngste Tochter einen ersten Freund findet und daß er einen Draht zu seinem ewig fernsehenden jüngsten Sohn bekommt, indem er mit ihm eine – nicht ungefährliche – Segeltörn unternimmt.

Gespielt ist das sehr gut, aber im Gegensatz zu früher mußte ich diesmal nicht dauernd lachen, sondern erkannte mich zu guten Teilen in Stewart wieder. Wie oft habe ich mich schon in Gesellschaft von Leuten begeben, die ich – mit gutem Grund – überhaupt nicht leiden konnte, weil ich dachte, ich könne mich nicht immerzu absondern, und vielleicht würde es ja ganz nett und erholsam werden. Dieser Film hat etwas Quälendes, auch wenn die Reibungen innerhalb der Gruppe natürlich komödienhaft überspitzt und übertrieben dargestellt sind. Bemerkenswerterweise spielt der christliche Glaube in diesem amerikanischen Familienfilm überhaupt keine Rolle – ich meine, wir sind hier im Jahr 1962. Aber vielleicht ist das ja der Grund, warum die Beziehungen so kaputt erscheinen, keiner auf jemand anderen Rücksicht nimmt und es nichts anderes mehr zu geben scheint als Beruf und möglichst luxuriös verbrachte Freizeit. Stewart und O’Hara machen immerhin den Eindruck, als ob sie noch andere Zeiten erlebt hätten.

Es spielen zwei Jungstars, also Teenageridole mit, nämlich Fabian Forte und Lauri Peters, deren Glanz rasch vergangen zu sein scheint. Der Film bemüht sich zwar auch, eine Jugendkultur vorzuführen, aber dies ist genau die Zeit zwischen dem „day the music died“ und dem Auftauchen der Beatles in der Ed-Sullivan-Show. Vorläufig gibt es hier nur Schlagersänger und ein bißchen Jazz. Aber konfrontiert mit Elvis oder den Beach Boys wäre Stewart wohl endgültig durchgedreht…

Alles in allem scheint mir „Mr. Hobbs…“ einiges über die Zeit um 1960 auszusagen. Die Komödie war so erfolgreich, daß einige ähnlich angelegte Filme folgten. Ich denke, es lohnt sich auch ein Vergleich mit etwas älteren Familienkomödien wie „Hausboot“, wo man ein paar Parallelen entdecken kann, die Grundaussage jedoch eine völlig andere ist.

Geändert von Peter L. Opmann (22.06.2023 um 06:34 Uhr)
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Alt 22.06.2023, 06:36   #1309  
Nante
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Den Film kenne ich (noch) nicht, klingt aber interessant.

Zitat:
Zitat von Peter L. Opmann Beitrag anzeigen
Wie oft habe ich mich schon in Gesellschaft von Leuten begeben, die ich – mit gutem Grund – überhaupt nicht leiden konnte, weil ich dachte, ich könne mich nicht immerzu absondern, und vielleicht würde es ja ganz nett und erholsam werden.
Ja, das kennt wohl jeder. Da war Corona teilweise wirklich eine Erholung
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Alt 22.06.2023, 09:56   #1310  
Phantom
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Den Film habe ich vor langer Zeit gesehen, hoffentlich verwechsle ich nichts, aber haben sich nicht am Schluss alle doch wieder lieb und buchen schon die nächste Reise? Kann natürlich nur ein oberflächlicher Gag sein, aber es kann auch die Botschaft sein, dass am Ende die Familie trotz aller Wirrungen das höchste Gut im Leben ist. Ganz amerikanisch eben.

Ich fürchte, ich kann mit diesen seichten Familienkomödien nichts mehr anfangen. Dann lieber Vinterbergs "Das Fest". Liegt aber vermutlich daran, dass "Familie" im klassischen Sinn in meinem Leben keine große Rolle spielt. Von den früheren Generationen sind fast alle schon lange tot, ich habe auch keine Geschwister. Familienfeiern in meiner Kindheit und Jugend habe ich zudem als sehr anstrengend in Erinnerung, ich galt vermutlich aus Sicht der anderen als recht seltsames Kind, das immer ein Buch dabei hatte, um sich der Situation zu entziehen.

@Nante: Stimmt, das war ein positiver Nebeneffekt der Corona-Zeit: man musste sich vorübergehend keine Ausreden einfallen lassen, wenn man lieber allein ein Buch lesen und nicht zur großen Party gehen wollte.
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Alt 22.06.2023, 10:06   #1311  
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Eine Stelle ist mir heute davon noch sehr gut in Erinnerung. Mr.Hobbs gibt einem Jungen Geld, damit er mit seiner Tochter tanzt. Am Ende des Abends gibt der Junge Mr. Hobbs da Geld zurück.

Ich bin da bei Phantom und finde den Film eher familienfreundlich. Es werden Familienprobleme gezeigt, gleich darauf aber die Lösung.
Alles wird gut, solange man zusammenhält.
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Alt 22.06.2023, 10:20   #1312  
Peter L. Opmann
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@ Phantom: Du erinnerst Dich teilweise richtig. Den Rahmen der Story bildet, daß Stewart in sein Büro zurückkehrt und seiner Sekretärin all die furchtbaren Urlaubserlebnisse diktiert, die er hatte. Es soll ein Brief an seine Frau werden, und er weist die Sekretärin an, diesen brief erst nach seinem Tod abzusenden. Am Ende des Films weist er sie aber an, alle ihre Aufzeichnungen zu vernichten; gleichzeitig vereinbart er dann den nächsten Urlaub mit seiner Familie. Also etwas doppelbödig.

@ Cracka: Du erinnerst Dich auch richtig. Das ist Jungstar "Fabian" (vermutlich wurde er von der British Invasion hinweggefegt).

Sicher hat "Mr. Hobbs macht Ferien" für die heutige Zeit nicht mehr viel zu sagen. Ich finde es aber immer interessant, wie es "damals" war. Auch wenn es kein Dokumentarfilm ist, kann man, denke ich, etwas über die Gesellschaft der frühen 60er ablesen.

Und die Misanthropie ist wohl zeitlos. Ich lese auch lieber in Ruhe ein Buch, als mich mit irgendwelchen Leuten beschäftigen zu müssen, mit denen ich keinerlei Neigungen oder Interessen teile.
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Alt 25.06.2023, 07:43   #1313  
Peter L. Opmann
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Nun also zu „Kick-Ass“ (2010), ein Film, der hier eigentlich auch nichts zu suchen hat. Er entspricht aber etwa dem, was ich von „Birdman“ erwartet habe: ein nicht unintelligentes Spiel mit Genreregeln und Klischees. Ich mag den Film, weil ich ziemlich genau verstehe, worauf angespielt oder was ironisiert wird. Dabei ist der Film eine abenteuerliche Mischung. Zum einen ist es noch einmal eine witzige Variante einer Antwort auf die Frage: Was wäre, wenn es Superhelden wirklich gäbe? Zum anderen werden bekannte Muster von Spider-Man bis Batman virtuos zitiert und durch den Kakao gezogen. Auch Elemente einer herkömmlichen Teenager-Komödie sind enthalten. Zudem handelt es sich aber auch noch um einen ziemlich harten Actionfilm mit Tarantino-Anklängen, wobei ich mich wie manche Kritiker auch frage: Wäre es nicht mit weniger Gewalt auch gegangen? Ich muß gestehen, die zugrunde liegende Comic-Miniserie von Mark Millar und John Romita jr. habe ich nur flüchtig durchgeblättert – da scheint es jedenfalls ähnlich zuzugehen.

Ich würde sagen, „Kick-Ass“ hat – trotz demonstrativem Einsatz von sozialen Medien, um die Aktualität zu unterstreichen – nichts mit der Wirklichkeit zu tun. Hier wird unterstellt, New York habe ein Problem mit überhandnehmender Straßenkriminalität wie in den 1970er Jahren, andererseits aber gebe es Leute, die ihren Traum, ein Superheld zu sein, mit selbstgeschneiderten Kostümen wahrmachen und dem Verbrechen, das sonst jeder achselzuckend hinnimmt, Einhalt gebieten. In dieser Welt gibt es aber keine Superkräfte, so daß sie sich entweder auf Überraschung und Einschüchterung verlassen müssen (wie Kick-Ass) oder mit allerhand Waffen so lange trainieren, bis sie lebende Kampfmaschinen geworden sind. Letztlich müssen sie sich nicht nur mit Kleinkriminellen auseinandersetzen, sondern auch mit einer mächtigen Mafiaorganisation, deren Mitglieder über Leichen gehen. Würden sich diese „Superhelden“ nur mit Taschendieben und Autoknackern prügeln, so wäre der Film natürlich nicht so packend geworden. Doch wie gesagt: So einen Berg Tote hätte ich nicht gebraucht.

Titelheld Aaron Johnson ist zwar Superheld, aber eigentlich ein sympathischer Verlierer (wie Peter Parker). Neben ihm gibt es aber noch das Vater-Tochter-Paar Nicolas Cage und Chloe Moretz („Big Daddy“ und „Hit-Girl“). Daddy hat seine Tochter fleißig in der hohen Kunst der Selbstjustiz unterwiesen, und gemeinsam können sie sich effektiv auch gegen brutale Gangster durchsetzen. Mafiaboß Mark Strong kann das natürlich nicht recht sein. Sein Sohn Christopher Mintz-Plasse, den er bisher nicht ernst genommen hatte, liefert ihm die Superhelden ans Messer, indem er sich als Superheld „Red Mist“ ihr Vertrauen erschleicht. So kommt es zum rasant inszenierten Showdown, bei dem die Helden öffentlichkeitswirksam hingerichtet werden sollen, doch am Ende nur die überleben, die für eine Fortsetzung unabdingbar nötig sind: Kick-Ass, Hit-Girl und Red Mist (der gewillt ist, in die Fußstapfen seines Mafia-Vaters zu treten).

Der Film ist natürlich gnadenlos postmodern. Was da alles zitiert wird (bis hin zu Ennio-Morricone-Musik), kann man in wikipedia gut nachlesen. Interessant fand ich darüber hinaus, was über die Wirkung des Films zu erfahren ist: Er ist natürlich R-rated (in Deutschland: ab 16), das heißt, Chloe Moretz durfte ihn erst einige Jahre später sehen. Obwohl er im Kino das Doppelte seiner Produktionskosten einspielte, reichte das nicht für ein positives wirtschaftliches Ergebnis, was wohl einiges über die zusätzlichen Marketingkosten aussagt. „Kick-Ass“ wurde aber ein großer Erfolg auf dem DVD- und Blue-Ray-Markt, was ihn dann doch in die schwarzen Zahlen hievte. Wenngleich er auch einer der am häufigsten raubkopierten Filme seines Jahrgangs war.

„Kick-Ass“ ist ein Popcorn-Film, was heutzutage einschließt, daß reihenweise – teils in Zeitlupe – Leute umgebracht werden. Er spricht aber auch eingefleischte Comic- und speziell Superheldenfans an. Er kam damals sicher zum richtigen Zeitpunkt, kurz vor dem ersten „Avengers“-Film und damit vor dem Höhepunkt der Superhelden-Welle im Kino. Schwer zu entscheiden ist für mich, ob die Selbstironie des Werks die übertriebene Brutalität aufwiegt. Im Zweifel würde ich die klassischen Marvel-Comics vorziehen, in denen die Superkräfte vergleichsweise klein waren (selbst der Hulk konnte anfangs gerade mal eine Straßenwalze heben) und Konflikte doch beim Leser große Wirkung entfalteten. Starb ausnahmsweise einmal eine Figur, so war das ein gewissermaßen epochales Ereignis. Aber mir ist klar, daß die Zeit darüber hinweggegangen ist und „Kick-Ass“ wohl nur graduell anders zu inszenieren gewesen wäre. Trotzdem sehr unterhaltsam, mitunter mitreißend – nur kann ich mir für mich nicht vorstellen, auch in „Kick-Ass“ III, IV oder V zu gehen…
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Alt 25.06.2023, 08:29   #1314  
Marvel Boy
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Gewalt ist eine Lösung wie der Handwerker sagt.
Der Film funktioniert wunderbar mit der Gewalt oder gerade auch wegen der übertriebenen Gewalt. Es bleibt keine Zeit sich Gedanken zu machen wie "real" man das ganze findet, der Film rollt erstmal mit seiner Wucht über einen hinweg. Dafür bietet er dann genug Anspielungen um auch das zweite, dritte oder gar vierte mal Spass an ihm zu haben, mit Anspielungen die man vorher garnicht so registriert hatte.
Teil Zwei ist übrigens noch sehr gut schaubar aber natürlich vorhersehbarer, ich hätte auch gerne noch mindestens einen weiteren Teil gesehen. Andererseits bleibt mir dadurch das es keinen mehr geben wird auch eine mögliche Enttäuschung erspart.
Den Comic solltest du überigens nachhholen, inklusive Nachfolgenden.

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Alt 25.06.2023, 09:20   #1315  
Peter L. Opmann
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Ich finde den Film halt unausgewogen. Wenn Gewalt, dann bitte "The Wild Bunch" und nicht vermischt mit "Eis am Stiel"...
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Alt 25.06.2023, 12:09   #1316  
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Alt 29.06.2023, 06:31   #1317  
Peter L. Opmann
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Blake Edwards ist bekannt für die „Rosaroter Panther“-Serie und für „Frühstück bei Tiffany“, vielleicht noch für „Der Partyschreck“ oder „Zehn – Die Traumfrau“. Ich habe mir jetzt mal einen unbekannteren Film von ihm angesehen, nämlich „Der letzte Zug“ (1962). Ich habe dabei gemerkt, daß ich mich bisher mit diesem Regisseur gar nicht so genau beschäftigt habe. Sein Werk ist ziemlich umfangreich, und es ist sicher voreilig, ihn, wie das meist geschieht, in die Komödien-Schublade zu stecken. Dies ist ein gut gemachter Schwarzweiß-Thriller. Allerdings hatte ich das Gefühl, daß dieser Film – ähnlich wie der im selben Jahr entstandene „Ein Köder für die Bestie“ – ein Remake vertragen könnte, das die Spannungsmomente mehr ausreizt.

Lee Remick ist eine Bankangestellte in San Francisco, die bei Nacht kurz vor ihrer Haustür von einem Unbekannten überfallen wird. Er erpreßt 100 000 Dollar von ihr (damals wohl noch eine Menge Geld), die sie bei ihrer Bank unterschlagen soll. Den Unbekannten, gespielt von Ross Martin, bekommt man in der ersten Hälfte des Films überhaupt nicht zu sehen; sein einziges Erkennungsmerkmal ist seine von Asthma beeinträchtigte Stimme (die allein dadurch bedrohlich klingt). Remick wendet sich sofort an das FBI, wo sich Agent Glenn Ford um sie kümmert. Allerdings ist Martin stets über die Schritte des FBI gut informiert und setzt Remick sowie ihre jüngere Schwester Stefanie Powers immer weiter unter Druck. Die Polizei tappt dagegen lange im Dunkeln und wird von dem Erpresser ein ums andere Mal düpiert. Eine Frau (Patricia Huston), die ebenfalls von ihm bedroht wird, bringt er um, eine andere (Anita Loo) weigert sich, mit dem FBI zusammenzuarbeiten.

Sein Asthma gibt den Ermittlern dann den entscheidenden Hinweis, wer er ist; nun müssen sie ihn aber noch finden. Schließlich kommt der Tag, an dem sich Remick das Geld verschaffen soll. Martin hat ihre Schwester trotz FBI-Überwachung gekidnappt, um sicherzugehen, daß sie tut, was er von ihr verlangt. Er dirigiert sie in ein vollbesetztes Baseballstadion, wo sie auf das Zeichen zur Übergabe des Geldes wartet. Er zögert das aber bis zum Spielende hinaus. In der Menge der Zuschauer, die zu den Ausgängen drängen, bringt er sie in seine Gewalt. Ford und seine Leute, die inzwischen Powers befreit haben, nehmen die Verfolgung auf. Martin flieht zurück ins Stadion, wo er gestellt und erschossen wird.

Besonders am Ende läßt der Film an Nervenkitzel doch zu wünschen übrig. Das Netz des FBI zieht sich einfach mehr und mehr zusammen, und der Erpresser büßt zunehmend seine überlegene Position ein. Als unbefriedigend empfand ich auch, daß manche Handlungsfäden im Film nicht weiterverfolgt werden. So bleibt völlig unklar, was da eigentlich mit Patricia Huston lief – die Episode dient nur dazu zu zeigen, daß er völlig kaltblütig ist. Bei der Frau, die nicht gegen ihn aussagen will, stellt sich heraus, daß Martin offenbar ihren kranken Sohn mit großen Summen unterstützt. Es gibt aber sonst keinen Hinweis darauf, daß er das erpreßte Geld nicht für sich haben will. Allerdings ist die Atmosphäre der latenten Bedrohung im Film sehr intensiv. Edwards bleibt konsequent bei der Perspektive des Opfers und des FBI; man hat permanent das Gefühl, daß Martin seinen Verfolgern immer einen Schritt voraus ist. Dazu trägt auch das getragene Tempo des Films bei – zu viel Action hätte den Suspense zerstört. Die Regie läßt einen ausgeprägten Stilwillen erkennen.

Blake Edwards konnte mit Sicherheit mehr als exakt ausgerechnete Gags mit Peter Sellers inszenieren. Ob es sich lohnt, sich mit seinem Werk genauer auseinanderzusetzen, weiß ich aber nicht so recht. „Der letzte Zug“ ist jedenfalls letztlich nur eine Fingerübung, ein Thriller, der jedenfalls nicht in derselben Liga spielt wie „Psycho“.
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Alt 29.06.2023, 20:28   #1318  
Horatio
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Mir ist Blake Edwards auch aus dem Krimi-Genre bekannt, als Erfinder von Richard Diamond, Private Detective und vor allem Peter Gunn.
Bei der letztgenannten Serie war Edwards nicht nur Produzent, sondern auch teils Autor und Regisseur, und zeigte dabei offenbar einen deutlichen Stilwillen.

Das Peter-Gunn-Thema von Henry Mancini ist ein Klassiker und dürfte ziemlich bekannt sein (Mancini wurde dann ja auch zu Edwards‘ „Stammkomponist“). Damit wurde, glaube ich, der Jazz-Sound bei Krimiserien begründet, der auch z. B. bei 77 Sunset Strip und Dezernat M zum Tragen kam. Die letztgenannten Serien liefen auch bei uns in den 60ern im TV, Peter Gunn lief bei uns aber erst Ende der 90er im Privatfernsehen.

Ich kenne Peter Gunn allerdings nur aus diversen Episoden, die ich bei YouTube sah.
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Alt 29.06.2023, 21:43   #1319  
Peter L. Opmann
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Ich muß gestehen, ich habe mir nur angesehen, was er an Kinofilmen gedreht hat. Und da kenne ich sehr vieles nicht. Wobei: Meine erste Begegnung mit Edwards im Kino war ein auch nicht so bekannter Film: "Micki und Maude".

Wenn man seinen Inszenierungsstil im Fernsehen wiedererkennt, ist das schon eine Leistung. Denn da sind die Produktionsbedingungen ja ganz andere.
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Alt 01.07.2023, 06:50   #1320  
Peter L. Opmann
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Der Film hat mich in seinem Grundmotiv der bedrohten Frau an einen anderen, einen wahrhaften Klassiker, erinnert: „Du lebst noch 105 Minuten“ (1948) von Anatole Litvak. Das ist wieder mal ein Film, den ich in meiner Jugend mehrmals im Fernsehen gesehen habe. Ich hatte nur noch Erinnerungen an ein paar Grundmotive. Bemerkenswert: In seiner Struktur ist der Film sehr einfach und leicht verständlich: Barbara Stanwyck liegt schwerkrank zuhause im Bett; sie ist allein im Haus und erkennt im Lauf mehrerer Telefongespräche, daß sie das Ziel eines Mordanschlags ist. Dahinter steckt ihr Ehemann (Burt Lancaster), und durch die Telefonate wird ihr kompliziertes Verhältnis zu ihm für den Zuschauer nach und nach aufgedeckt. Diese Hintergründe habe ich damals sicher nur in Ansätzen verstanden, und es erfordert auch Konzentration, sie richtig zu erfassen.

Paul Werner geht in seinem kenntnisreichen Buch „Film noir“ ausführlich auf die Rollen von Stanwyck ein, die meist eine starke und seltener eine gefährdete Frau verkörperte – hier ist sie beides. Georg Seeßlen widmet dem Topos in „Kino der Angst“ ein ganzes Kapitel: „Gefährliche Beziehungen“. Die Geschichte war bereits fünf Jahre vorher als Hörspiel erfolgreich, und ich kann mir vorstellen, daß ein Hörspiel für einen Stoff, der hauptsächlich aus Telefongesprächen besteht, auch ausreicht. Der von Hal Wallis produzierte und von Paramount vertriebene Film punktet jedoch durch das intensive Spiel von Stanwyck und durch langsame Kamerafahrten durch ihr Krankenzimmer – dabei wird sie einerseits durch die luxuriöse Einrichtung charakterisiert, andererseits erscheint sie in diesem Raum hilflos gefangen, was die Beklemmung des Zuschauers verstärkt.

New York City. Zu Beginn ist Stanwyck nur beunruhigt, weil Lancaster nicht zur verabredeten Zeit von der Arbeit nach Hause gekommen ist. Auch telefonisch kann sie ihn nicht erreichen. Da hört sie durch eine falsche Verbindung (hier werden Gespräche noch von Telefonistinnen handvermittelt) eine Verabredung zweier Dunkelmänner zum Mord mit. Die Polizei interessiert sich nicht für ein nicht lokalisierbares Verbrechen, das noch gar nicht stattgefunden hat, und Stanwyck ahnt nicht, daß es um sie selbst als Mordopfer ging. Im Gespräch mit einer ehemaligen Freundin (Ann Richards) wird zunächst Stanwycks Verhältnis zu Lancaster beleuchtet. Sie ist die Erbtochter eines schwerreichen Pharma-Bosses („Aspirin-König“ Ed Begley), er ein mittelloser Arbeiter aus schwierigen Verhältnissen. Aber sie verliebt sich und heiratet ihn, verschafft ihm sogar eine hohe Position im Konzern ihres Vaters (allerdings nur als Frühstücksdirektor). Sie weiß, was sie will, aber er möchte auf eigenen Füßen stehen und nicht in ihrem goldenen Käfig leben.

Schließlich beginnt Lancaster, wie sie von einem Komplicen erfährt, durch Betrug an der Firma seines Schwiegervaters sein eigenes Geschäft aufzuziehen. Dabei läßt er sich jedoch mit Verbrechern ein (angeführt vom jungen William Conrad), die rasch das Kommando übernehmen, Sie verlangen von ihm 200 000 Dollar (also doppelt so viel wie der Erpresser in „Der letzte Zug“). Als er sagt, daß er kein eigenes Geld besitzt, zwingen sie ihn, der Ermordung seiner Frau zuzustimmen, deren Lebensversicherung ihm dann zufallen würde.

Durch ein Telefonat mit Stanwycks Arzt (Wendell Corey) erfahren wir schließlich, an welcher Krankheit sie leidet. Es sah so aus, als handele es sich um ein schweres Herzleiden, aber der Arzt hat festgestellt, daß es Herzangst ist (eine Krankheit, die es wirklich gibt), also eine rein psychische Sache. Dadurch hat sie Lancaster immer wieder unter Druck gesetzt. Am Ende kann sie ihn doch noch auf dem Weg zu einem Pharmakongress erreichen (tatsächlich will er möglichst weit von dem Mordanschlag entfernt sein). Jetzt, im Augenblick höchster Gefahr, können sie endlich einmal offen über ihre Beziehung reden – sie lieben sich noch immer. Aber da sind die Mörder bereits ins Haus eingedrungen. Lancaster beschwört seine Frau, ans Fenster zu gehen und um Hilfe zu schreien, aber sie kann sich nicht bewegen…

Bei diesem Film habe ich das starke Gefühl, daß ich nicht spoilern sollte. Aber ich möchte doch festhalten, daß er auf ein Happy End verzichtet. Er ist bedingt durch seine düstere Atmosphäre eindeutig ein Film noir, und er zieht den Zuschauer konsequent in seinen Bann. Dabei besteht er zum großen Teil aus Rückblenden, die nur allmählich erklären, warum Stanwyck in Lebensgefahr schwebt. Hitchcock hätte es vermutlich anders gemacht und dem Publikum schon deutlich früher gezeigt, daß ein Mordanschlag auf sie vorbereitet wird, während sie noch ahnungslos ist. Aber der Film funktioniert so, wie er ist, sehr gut, und ich stimme der Bemerkung in der englischen wikipedia völlig zu, daß der Filmschluß dauerhaft im Gedächtnis bleibt. Wie Blake Edwards scheint auch Anatole Litvak ein Regisseur zu sein, der ein sehr interessantes und vielfältiges Werk hinterlassen hat. Zu seinen bekanntesten Filmen zählen „Anastasia“ und „Lieben Sie Brahms?“ „Du lebst noch 105 Minuten“ hat übrigens laut DVD-Hülle eine FSK-Beschränkung auf 16 Jahre.
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Alt 01.07.2023, 11:46   #1321  
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Den Film kannte ich noch nicht, obwohl ich eigentlich ein großer Fan von Lancaster bin. Liegt wahrscheinlich aber auch daran, daß ich solche Psychothriller nicht so mag und hier ja wohl, wenn ich es richtig verstanden habe, v.a. Barbara Stanwyck im Mittelpunkt steht. Lancaster stand damals ja auch noch eher am Anfang seiner Karriere.

Zu einem Film von ihm werde ich, wenn auch erst am Monatsende auch mal wieder was schreiben. Ist ein zumindest hierzulande eher unbekannter, obwohl er dafür seinen einzigen Oscar bekommen hat.
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Alt 01.07.2023, 12:22   #1322  
Peter L. Opmann
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Bei Dir ist wohl nicht am 1. Ultimo?
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Alt 01.07.2023, 12:44   #1323  
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Ich bin ab Morgen erst mal 14 Tagen weitestgehend nur in der analogen Welt unterwegs. Um so was auf dem Smartphone zu tippen, bin ich zu alt.
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Alt 01.07.2023, 12:55   #1324  
Peter L. Opmann
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War nur ein Scherz.

Auf jeden Fall reden wir über "Elmer Gantry" - den kenne ich wiederum nicht.
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Alt 04.07.2023, 06:31   #1325  
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„El Dorado“, den Western (1966) von Howard Hawks, habe ich lange nicht mehr gesehen. Ich habe schon geglaubt, es wäre ein Remake von „Rio Bravo“, einem Film, den ich mir im Gegensatz dazu öfters reinziehe, und Hawks hätte mit „Rio Lobo“ dann ein weiteres, allerdings schwächeres Remake gemacht. Stimmt nicht ganz: Hawks behandelt in diesen drei Filmen lediglich teilweise die gleichen Themen. Und eine Klammer besteht dadurch, daß John Carpenter sich für seinen Reißer „Assault on Precinct 13“ sie alle zum Vorbild genommen hat. Die Entscheidung, ob mir nun „Rio Bravo“ oder „El Dorado“ besser gefällt, ist nicht leicht – würde ich eine Liste anlegen, könnten beide Western punkten. Letztlich würde sich die Waage bei mir aber zugunsten von „Rio Bravo“ neigen.

Waren im ersten Film John Wayne und Dean Martin Sheriffs, ist hier Robert Mitchum der Sheriff des Städtchens El Dorado und Wayne ein Revolverheld, der aber auf eine verquere Weise mit ihm befreundet ist. Wayne hat ein Angebot bekommen, in einem Farmerkrieg die Drecksarbeit zu erledigen, lehnt aber nach einem Gespräch mit Mitchum ab. Monate später trifft er einen anderen Revolvermann (Christopher George), der dieses Angebot nun angenommen hat; nebenbei erfährt er von ihm, daß Mitchum in den Konflikt wohl nicht eingreifen wird, weil er inzwischen zu einem versoffenen Wrack abgesunken ist. Wayne kehrt nach El Dorado zurück, um nach seinem Freund zu sehen. Auf dem Weg erschießt er in Notwehr einen Sohn des Farmers, dem seine Wasserrechte abgepreßt werden sollen, und wird darauf von dessen Schwester (Michele Carey) in die Hüfte geschossen. Die Kugel ist nicht leicht zu entfernen, so daß Wayne jetzt unter wiederkehrenden Lähmungserscheinungen leidet.

Wayne macht die Bekanntschaft von James Caan, einem Messerwerfer, der nicht mit Schußwaffen umgehen kann. Beide tun sich zusammen. Als sie nach El Dorado kommen, ist der Farmerkrieg dort schon in vollem Gange. Wayne kümmert sich zunächst um Mitchum und befreit ihn mit einer Roßkur vorerst von seiner Alkoholsucht. Dann stellen sich Wayne, Mitchum und Caan, der mit einer Schrotflinte ausgerüstet wurde, dem Terror entgegen. Die beiden alten Freunde können zwar ihre Kampferfahrung ausspielen und nehmen den Verbrecherboß (Edward Asner) fest, erleben aber wegen ihrer Handicaps auch Rückschläge. Am Ende wird die Sheriffstation belagert, und sie müssen Asner im Austausch gegen Wayne freigeben und haben nun kein Druckmittel mehr in der Hand. Obwohl Waynes rechter Arm gelähmt ist, will er sich George zum Schein zum Duell stellen, tötet ihn aber überraschend mit einem Gewehr – er kämpft unfair, weil er weiß, daß er ihm sonst unterlegen wäre. Carey erschießt Asner.

Das Drehbuch stammt bei allen drei Hawks-Western von Leigh Brackett. Ein Pluspunkt von „El Dorado“ ist Robert Mitchum, der seine Rolle in meinen Augen besser ausfüllt als der zu glamouröse Dean Martin. Dafür fehlt dem Film eine Angie Dickinson (Charlene Holt gibt sich als Waynes Langzeitfreundin alle Mühe, kommt da aber nicht ran) und auch ein Walter Brennan. Insgesamt ist „El Dorado“ sehr gute Unterhaltung, nicht zu brutal, dafür mit angenehmen ironischen Untertönen. Im Vergleich zu „Rio Bravo“ finde ich die Handlung dennoch etwas zu kompliziert und den Film damit zu lang, und Humor und Action sind auch nicht so gut im Gleichgewicht. Die Motive der Männerfreundschaft, die auf Profitum aufbaut, und des alternden Helden sind in beiden Filmen bestimmend, und „El Dorado“ fügt da im wesentlichen keine neuen Aspekte hinzu. Wayne und Mitchum sind hier lediglich deutlicher und ernster versehrt als im Vorgängerfilm, aber dem Tod blicken sie auch hier nicht wirklich ins Auge.

Als „El Dorado“ im Kino war, machte der Italowestern gerade seine ersten Schritte. Ich würde den Film aber nicht mit den Werken Sergio Leones vergleichen, sondern eher mit den etwas später aufkommenden Spaßwestern wie etwa denen mit Bud Spencer und Terence Hill. Hawks arbeitet zwar mit einer ähnlichen Mischung aus Humor und Härte. Er nimmt das Genre aber im Großen und Ganzen immer noch ernst, setzt sich damit auseinander und drückt das bevorstehende Ende des klassischen Westerns durch eine unterschwellige Melancholie aus. Den Italo-Spaßwestern würde ich dagegen als unbekümmert bezeichnen. Er spielt nur noch mit den Genreelementen, für seine Macher haben sie keine Bedeutung mehr. Nein, „El Dorado“ ist einer der letzten klassischen Western, auch wenn bis in die 70er Jahre hinein und dann nochmal in den 90er Jahren weitere in USA gedreht wurden.

Geändert von Peter L. Opmann (04.07.2023 um 07:08 Uhr)
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