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Alt 29.12.2018, 16:43   #1  
Peter L. Opmann
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Spinne (Williams) 102

Erscheinungstermin: 1/1978

Originalausgabe:
1) Amazing Spider-Man # 101
2) Mighty Thor # 133

Story-Titel:
1) Ein Monster namens… Morbius!
2) Sieh… der lebende Planet!

Original-Storytitel:
1) A Monster called Morbius!
2) Behold, the living Planet!

Zeichnungen:
1) Gil Kane / Frank Giacoia
2) Jack Kirby / Vince Colletta

Text:
1) Roy Thomas
2) Stan Lee



An diese Ausgabe habe ich mich kaum erinnert, was nicht unbedingt für sie spricht. Ich wußte noch, daß die Spinne eine Zeitlang mit acht Gliedmaßen oder auch sechs Armen herumläuft. Ich hatte den Vampir Morbius als Figur im Kopf und auch, daß die Spinne sich zwischen Morbius und der Echse wiederfindet. Aber mehr nicht. Es ist die erste von einem anderen Autor, nämlich Roy Thomas, geschriebene Episode. Sein Stil ist etwas anders als der von Stan Lee. Ich muß feststellen, daß der Zufall hier nicht so sehr bemüht wird wie bisher. Andererseits ist es schon eine befremdende Idee, die Spinne gegen einen Vampir antreten zu lassen, und die sechs Arme (die wohl noch auf das Konto von Lee gehen) nehme ich Marvel auch nur mit einigem Zögern ab. Die Zeichnungen gefallen mir nach wie vor mit kleinen Abstrichen gut.

Wenn ich mich recht entsinne, bedeutete die Lockerung des Comics Code auch, daß im Bereich Horror mehr möglich wurde. Die Morbius-Story schockt mich zwar nur begrenzt, aber vorher wäre so ein Auftritt wohl gar nicht möglich gewesen. Etwa zur selben Zeit startete Marvel auch „Dracula“ und „Frankenstein“ und andere Gruseltitel. Allerdings reichen Gil Kane und Frank Giacoia nicht an Gene Colan oder Mike Ploog heran. Vielleicht hätte Inker Jim Mooney mit seinen ausgeprägten Schatten etwas mehr Atmosphäre erzeugt.

Was sich abspielt, finde ich glaubwürdiger als vieles, was Stan Lee zuvor zusammendichtete. Peter Parker erwacht, entdeckt seine vier Zusatzarme und bekommt gleich zwei wichtige Anrufe: Gwen möchte ihn ins Kino einladen. Da sie auf keinen Fall von den Armen erfahren darf, sagt Peter mit der vagen Begründung ab, er müsse verreisen. Gwen reagiert hier mal wieder reichlich kühl, aber man kann das nachvollziehen, weil Peter offenkundig etwas vor ihr verbirgt. Gleich darauf meldet sich Joe Robertson mit einem Fotoauftrag. Peter schützt erneut vor abzureisen. Bei Jonah Jameson wäre er damit schon unten durch, aber Robertson sorgt sich, daß Peter irgendwie in Schwierigkeiten stecken könnte.

Nun bedient sich Thomas zwar direkt bei Bram Stoker, bringt aber damit Morbius und die Spinne glaubwürdiger zusammen, als wenn der Vampir einfach um die Ecke biegen würde (wie das Lee wohl geschrieben hätte). Ein Mann ist aus dem Meer vor der Ostküste der USA gefischt worden. Nun ist der Kapitän des Trawlers tot, und die Mannschaft glaubt, daß der Fremde schuld ist. Als die Crew ihn überfallen will, tötet er auch sie und trinkt ihr Blut. Im Originalroman läuft ein Schiff mit toter Besatzung in den Hafen von Whitby ein. An Land bezieht die Spinne ein Ferienhaus von Dr. Curt Conners, zum einen, um sich zu verstecken, zum anderen, um in Conners‘ Labor nach einem Mittel zu suchen, das ihre Veränderung rückgängig macht. Dieses Haus sieht aus wie das Motel von Norman Bates, worauf Thomas selbst hinweist. Morbius geht an Land und sucht nach weiteren Blutspendern; er betritt Conners‘ Haus.

Die Spinne ist ihm ein willkommenes Opfer. Sie ist vom langen Forschen erschöpft, zudem hat sie ihre sechs Arme noch nicht richtig unter Kontrolle. Es gelingt Morbius zwar nicht, sie zu beißen, aber er stürzt sie von einem Balkon herunter. Die Spinne bleibt benommen liegen. Daß genau in diesem Augenblick Conners in seinem Haus auftaucht (was er hier genau will, bleibt offen), ist wieder mal ein heftiger Zufall. Er regt sich fürchterlich auf und wird zur Echse. Die beiden Monster beginnen, sich um die Spinne zu balgen, die langsam wieder zu sich kommt. Naja, dieser Schluß wirkt eher wieder zusammengezwungen. Leider erfahren wir nicht, wo Morbius überhaupt herkommt. Interessant wäre vielleicht auch gewesen, warum Conners so ein Gespenstergemäuer sein Eigen nennt. Ersteres wird vielleicht noch aufgeklärt, letzteres sicher nicht.

Insgesamt paßt Morbius aber nicht in das Setting der Spinne. Er trägt einen Latexanzug wie ein Superheld. Er muß das Licht nicht so penibel meiden wie seine literarische Vorlage – wenn es Morgen wird, kann er sich ganz gemächlich einen Schlafplatz suchen, und er hängt sich wie eine Fledermaus auf, statt in einen Sarg zu steigen. Welche Mittel gegen ihn helfen (Knoblauch, Kreuz, Holzpflock) und ob er ein Spiegelbild hat, erfahren wir noch nicht. Er hat doch eher etwas von einem Superschurken als von einem Vampir. Heute würde so etwas wunderbar in die Mashup-Kultur passen, aber mir gefällt die Sache nicht. Warten wir ab, wie die Geschichte aufgelöst wird – vor allem, wie die Spinne ihre überzähligen Arme wieder loswird. Detail am Rande: Zum ersten Mal seit längerem gibt es mal wieder eine Monatsvorschau, die von ihrer grafischen Struktur her an die alten Vorschauen vor der Ausweitung des Programms erinnert. Wir haben allerdings hier nicht mehr sieben Titel, sondern nur noch vier (einschließlich „Horror“ von DC).



Geändert von Peter L. Opmann (25.04.2019 um 14:39 Uhr)
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Alt 29.12.2018, 18:38   #2  
Marvelianer
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Solch ähnlichen Ganzkörpersuit hat man dann später auch Prinz Namor verpasst.
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Alt 29.12.2018, 19:22   #3  
Peter L. Opmann
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Stimmt. Und vorher hat sich die Schwarze Witwe selbst schon sowas geschneidert ("Spinne" # 87).
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Alt 02.01.2019, 16:13   #4  
jakubkurtzberg
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ASM #101 in der bsv-Version war eines meiner ersten Comic-Hefte. Für einen Grundschüler waren der 6-armige Peter Parker und der Vampir gruselig und sehr prägent. Hat mir damals gefallen und gefällt mir noch heute. Für mich ebenso legendär wie "Die Hexe von Paris" aus dem Bastei-Verlag.
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Alt 02.01.2019, 18:05   #5  
Peter L. Opmann
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Es hat jeder seinen eigenen Zugang zu einer Comicserie. Ich selbst merke ebenfalls noch heute, welche "Spinne"-Ausgaben mich als Jugendlichen beeindruckt haben und welche weniger. Keine leichte Aufgabe, zum einen dies zu rekonstruieren (das ist jedenfalls der Hintergrund dieses Threads) und zum anderen die Comics aus heutiger Sicht einzuschätzen. Für manches, was ich als Zwölfjähriger gut fand, gibt es gute Argumente, bei anderen Ausgaben stelle ich fest, daß ich heute doch einen ganz anderen Blick darauf habe.

Wie gesagt: An die beiden "Morbius"-Hefte habe ich nur schwache Erinnerungen; das war schon damals nicht das, was ich von Spider-Man erwartet habe.
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Alt 02.01.2019, 22:48   #6  
Peter L. Opmann
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Spinne (Williams) 104

Erscheinungstermin: 2/1978

Originalausgabe:
1) Amazing Spider-Man # 103
2) Mighty Thor # 133

Story-Titel:
1) Im wilden Land!
2) ohne Titel (Der lebende Planet!)

Original-Storytitel:
1) Walk the savage Land!
2) The living Planet!

Zeichnungen:
1) Gil Kane / Frank Giacoia / Tony Mortellaro
2) Jack Kirby / Vince Colletta

Text:
1) Roy Thomas
2) Stan Lee



Diese Episode ist 22 Seiten lang. Vorübergehend bietet Marvel für den höheren Coverpreis etwas mehr Comic. Da es hier wieder um den drohenden Konkurs des Daily Bugle geht, dachte ich mir, daß Roy Thomas möglicherweise verklausuliert von der US-Comicindustrie spricht. Irgendwann in dieser Zeit gingen auch die Auflagen der Superheldencomics zurück, und während Jonah Jameson nach neuen Sensationen in einer vergessenen Welt in der Antarktis sucht, tut vielleicht Roy Thomas bei „Amazing Spider-Man“ das Gleiche. Gangster und alberne Superschurken reichen nicht mehr – Spidey muß nun gegen Vampire und Urzeitmonster antreten. Ich weiß nicht, ob es so war, aber dies würde den Anti-Drogen-Dreiteiler auch noch einmal in einem ganz anderen Licht erscheinen lassen.

Wie zuvor bei Bram Stoker bedient sich Thomas nun bei dem Klassiker von Arthur Conan Doyle, „The lost World“. Nach einer kurzen Einleitung, in der die Spinne ziemlich willkürlich Gangster vermöbelt und die auf mich heute sinnlos wirkt, entwickelt Jameson bei einer Redaktionskonferenz den Plan, ein Monster zu finden, das bisher nur ein Abenteurer namens Calkin gesehen hat, und damit die Auflage des Bugle in schwindelerregende Höhen zu treiben. Sein Gegner ist das Fernsehen, das News schneller liefern kann als die gute, alte Zeitung. Fotografieren soll Peter Parker, und dann fällt Jameson noch etwas ein: Als attraktiver Kontrast zum Monster Gog soll Peters Freundin Gwen dienen. Okay, sie entscheidet sich selbst, an der Expedition teilzunehmen, aber Thomas macht hier eine Frau zum Objekt. Das ginge wohl inzwischen nicht mehr und wirkt auch sehr gestrig. Für mich heute enttäuschend: Peter überlegt zwar hin und her, wie er Gwen erklären soll, daß er ein paar Tage verschwunden war (nämlich wegen seiner Zusatzarme), das wird dann aber gar nicht gezeigt; vielmehr taucht er einfach mit ihr bei den Vorbereitungen zur Expedition auf.

Der weitere Verlauf der Story ist recht vorhersehbar, aber durchaus flott erzählt. Daß sich im ewigen Eis eine fremde Dschungellandschaft verbirgt, ist hier schon bekannt. Nur das Monster ist neu. Jameson, Peter, Gwen und Calkin (den Gil Kane allerdings mal mit Glatze, mal mit wilder Stirnlocke zeichnet) begegnen einem Flugsaurier und stoßen dann in dem unbekannten Land auf einen geheimnisvollen Reptiltempel. Dort werden sie von einer Horde Wilder angegriffen, die sich dann aber abrupt aus dem Staub machen, denn hinter den Eindringlingen steht nun Gog. Wie King Kong greift er sich die blonde Frau und stapft davon. Peter vernebelt mit Gasgranaten, daß er sich in die Spinne verwandelt, und folgt Gog. Jameson und Calkin tun das gleiche mit ihren Mitteln.

Jetzt fährt Thomas zwei Gaststars auf: Zuerst erfahren wir, daß Gog im Auftrag von Kraven dem Jäger gehandelt hat. Dann begegnen Jameson und Calkin Ka-Zar und seinem Säbelzahntiger Zabu. Ka-Zar läßt sich sofort in die Suche nach Gwen einbinden. Bevor die Spinne auf Kraven trifft, bekommt sie es zunächst mit einer Riesenschlange zu tun. Dann biegt sie einen Baumstamm, um sich zu Gog zu katapultieren. Sie landet aber im Treibsand und droht, darin unterzugehen – Fortsetzung folgt.

In den Grundzügen ist an dieser Geschichte nichts auszusetzen. Es ist eine ganz ordentliche Lost-World-Variante, Gil Kane liegen solche Dschungel/versunkene Kulturen/Urzeitmonster-Sujets. Seine Grafik wirkt ein bißchen wie eine Vorwegnahme seiner Umsetzung von „Jurassic Park“. Aber insgesamt überzeugt mich das Heft wieder nicht. Daß Gwen hier zum Bikini-Mädchen und zur Scream-Queen degradiert wird, hatte ich schon angeführt. Wie Roy Thomas hier einen schon existierenden Stoff einfach adaptiert, ist zudem ziemlich frech. Gog gibt ein ganz knuffiges Monster ab, erinnert mich ein bißchen an den Drachenmann (bei dem das aber Absicht war). Und vor allem ist das keine richtige Spider-Man-Geschichte. Die natürliche Umgebung der Spinne sind die Hochhausschluchten New Yorks, und die kommen nur ganz am Rande vor. Ka-Zar mag sich mit Gog befassen, aber wenn er auf die Spinne trifft, dann muß das in NY sein. Gut, man sieht, möglich ist die Spinne auch als Dschungelheld (richtig tritt sie so erst im nächsten Heft in Erscheinung), aber zur Entfaltung kommt sie nur als Netzschwinger und Wandkrabbler.

Das Cover ist wohl das einzige, bei dem das neue US-Layout mit eingekästeltem Titelmotiv bei Williams weitgehend übernommen wird. Sonst haben die deutschen Bearbeiter immer alles daran gesetzt, den Kasten verschwinden zu lassen. Wegen der Überlänge der Spinnen-Story gibt es in dieser Ausgabe überhaupt nichts Redaktionelles, gerade mal die Sea-Monkeys-Anzeige auf der Rückseite.



Geändert von Peter L. Opmann (25.04.2019 um 14:40 Uhr)
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Alt 04.01.2019, 07:54   #7  
Peter L. Opmann
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Kommentar:

Zitat:
Bei Spinne #104 fällt mir ein, dass Gwen bei dem Photoshooting zu Peter im Original sagt: "Will you stop trying to protect me?" Das sollte emanzipiert wirken und den Bikini-Shots das Altbackene nehmen, naja... (S. 12, seltsamerweise sind die Seiten hier mal paginiert...). Bei den Seiten fällt mir in der schwarzweißen Fassung eine ziemliche Nähe zu deinem Zeichenstil auf, besonders bei Seiten 6 oder 10.
Das ist ja unglaublich! Da hat doch Gil Kane bei meinem "Daphne"-Comic abgekupfert!
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Alt 05.01.2019, 23:16   #8  
Peter L. Opmann
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Spinne (Williams) 105

Erscheinungstermin: 3/1978

Originalausgabe:
1) Amazing Spider-Man # 104
2) Mighty Thor # 134

Story-Titel:
1) Die Schöne und das Biest!
2) Die Menschenzüchter!

Original-Storytitel:
1) The Beauty and the Brute!
2) The People Breeders!

Zeichnungen:
1) Gil Kane / Frank Giacoia
2) Jack Kirby / Vince Colletta

Text:
1) Roy Thomas
2) Stan Lee



Kirsten Isele und Christa Manner haben jetzt einen modus vivendi gefunden: Die Redakteurin wird in den Credits der Hauptstory, Manner in denen der Zweitstory genannt. Ich glaube, dieses Heft habe ich als Junge geliebt; heute habe ich einen ganz anderen Blick darauf. Obwohl sich Roy Thomas wie beim letzten Zweiteiler bemüht, die Handlungsfäden zusammenzuführen, ist diese Dschungelstory ein großer Quatsch, und letztlich ist die Spinne darin entbehrlich. Man muß konstatieren, daß die Story zu überhaupt nichts führt. Wieder mal gibt’s keine Fotos, und so muß die Reisegruppe mit leeren Händen den Heimweg antreten. Das Monster Gog verschwindet von der Bildfläche. Ka-Zar setzt sich als Urwaldboß gegen Kraven durch, und so gibt es auch in dieser Hinsicht nichts Neues. Bei den Zeichnungen fällt mir auf, daß Frank Giacoia diesmal sehr fahrig tuscht. In den letzten Ausgaben war er von Tony Mortellaro unterstützt worden, diesmal allerdings nicht.

In ein paar Details erweist sich Thomas als frischer Erzähler, zum Beispiel im Umgang mit dem Cliffhanger. Die Spinne steckt im Treibsand fest. Nun besinnt sie sich darauf, daß sie sich mit ihrem Netz selbst herausziehen kann. Aber der Ast, an dem sie es festmacht, bricht, und nun droht sie doch zu versinken. Im letzten Moment wird sie jedoch von Ka-Zar gerettet. Beide machen sich auf, Gwen aus der Gefangenschaft von Kraven und Gog zu befreien. Dabei kommt es erstmal zum finalen Duell zwischen Ka-Zar und Kraven. Obwohl der Jäger einige Tricks einsetzt, kämpft sich Ka-Zar immer wieder zurück und stößt Kraven schließlich über eine hohe Klippe. Die Spinne wird derweil von Gog verfolgt. In einem Rückblick haben wir erfahren, daß Kraven das Wesen einst in einem abgestürzten Raumschiff fand – es ist also ein Alien. Da mischt sich ein furchtbarer Raubsaurier ein und stürzt sich auf Gog. Der Außerirdische tötet den Dino und setzt die Verfolgung der Spinne fort. Die lockt Gog in den Treibsand, in dem er untergeht. Der Abenteurer Calkin kann also seine Existenz nun nicht mehr beweisen.

Der Kampf zwischen Gog und dem Saurier ist natürlich aus „King Kong“ geklaut. Fassungslos macht mich jedoch, daß die Spinne quasi ihre Geheimidentität ausplaudert, indem sie Ka-Zar verrät, daß Gwen die Frau ist, die er liebt. Gwen ihrerseits sagt ihm, ihr Freund Peter Parker sei verschwunden. Der Dschungelheld könnte leicht eins und eins zusammenzählen. Am Ende tritt Jonah Jameson quasi geläutert auf: Er trauert um den vermißten Peter Parker. Da taucht zunächst Ka-Zar mit Gwen auf, und aus den Augenwinkeln meint JJJ die Spinne vorbeischwingen zu sehen. Gleich darauf kehrt auch Peter zurück. Ka-Zar winkt pathetisch den Expeditionsteilnehmern auf ihrem Heimweg nach. „Es gibt nur ganz wenige Lebewesen, die durch dieses wilde Land nicht verändert wurden!“ schreibt Thomas. Wo sich doch überhaupt nichts verändert hat…

Die Geschichte ist also nicht nur wild zusammengeklaut, sondern auch eine absolute Farce. Und die Spinne wirkt darin reichlich deplatziert. Weder kämpft sie gegen Kraven, noch gegen Ka-Zar. Daß sie Gog in sein Verderben lockt, ist quasi ein Akt der Selbstverteidigung, aber viel interessanter wäre doch gewesen, wenn die Gruppe das Monster – wie einst King-Kong – nach New York hätte schaffen können. Doch in der nächsten Ausgabe wird es wieder traditioneller zugehen – und Stan Lee kurzzeitig noch einmal die Arbeit als Autor aufnehmen.



Geändert von Peter L. Opmann (25.04.2019 um 14:40 Uhr)
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Alt 12.01.2019, 02:51   #9  
jakubkurtzberg
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Das Heft war mir seinerzeit, nicht als es herauskam, sondern als ich es erstmals las, zu unspektakulär. Nach der ganzen Vampir- und Dschungelaufregung...
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Alt 12.01.2019, 08:12   #10  
Peter L. Opmann
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Ja, die ersten neun Seiten sind ziemlich unspektakulär. Aber der Spinnentöter sieht doch richtig schnittig aus!
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Alt 14.01.2019, 15:42   #11  
thetifcat
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Tatsächlich war ich damals enttäuscht von 103 und Auflösung. Auch die folgenden konnten mich nicht überzeugen. Zum einen wegen der Storys zum anderen kamen dann die Hefte die man schon von Hit hatte. Mit 118 gab es ein neues aber ab 120 war dann jedes Heft ein Highlight. Empfinde ich schon wieder so und freue mich auf Hulk und co.
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Alt 14.01.2019, 16:17   #12  
Peter L. Opmann
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Hier noch ein Kommentar:

Zitat:
Zu Spidey # 106: Ich hatte Marvel eine Weile argwöhnisch beäugt. Es wirkte auf mich amateurhaft und wenig überzeugend, wahrscheinlich gerade wegen der Williams-Aufmachung. Die Hit Comics wirkten dem Superman-Heft ähnlicher: flottere, modernere Zeichnungen, Maschinenlettering. Gefiel mir besser, bis ich dann auf die Original-US-Marvels stieß. Vorher hatte ich zwei Theorien zu Marvel: entweder es war ein deutscher Versuch, Superman nachzumachen, oder es waren weniger gelungene DC-Produkte, die ein "billiger" Verlag erworben hatte. Dass man von deutschen Verlagen gerne hereingelegt wird, wusste ich von gekürzten Zack-Stories bzw. Kaukas Editierungsversuchen, ich glaubte so schnell nicht, was ich sah. Du siehst: kritischer Leser, noch mit zu wenig Sekundärliteratur ausgestattet.
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Alt 18.01.2019, 16:54   #13  
Peter L. Opmann
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Spinne (Williams) 107

Erscheinungstermin: 41978

Originalausgabe:
1) Amazing Spider-Man # 106
2) Mighty Thor # 135

Story-Titel:
1) Zerquetscht die Spinne!
2) Grauenvoll! Gefährlich! Die Superbestie!

Original-Storytitel:
1) Squash! Goes the Spider!
2) The maddening Menace of the Super-Beast!

Zeichnungen:
1) John Romita / Frank Giacoia
2) Jack Kirby / Vince Colletta

Text:
1) Stan Lee
2) Stan Lee



Schon 1978 fand ich es ungewöhnlich, daß hier mitten in der Story der Zeichner wechselt. Gil Kane wird von John Romita abgelöst. Aber die Rückkehr von Romita hat es in sich. Nicht nur sind die Figuren nun wiedererkennbar (Flash Thompson ausgenommen, der sich eindeutig von einer 60er- zu einer 70er-Jahre-Figur gewandelt hat). Romita spielt nicht nur seine Routine voll aus, Er verwendet auch deutlich mehr dynamische Kamerawinkel und Großaufnahmen und teils auch so große Panels, wie ich es bei ihm noch selten gesehen habe. Ungewöhnlich ist auch die Story, was mir erst heute so richtig auffällt. Früher hat Stan Lee bei einem Mehrteiler nach einer verschlungenen Einleitung eine actionbetonte Folge gebracht. Diesmal macht er mit Irrungen und Wirrungen in Peter Parkers Privatleben munter weiter. Manches an dieser Episode finde ich allerdings zu kompliziert ausgedacht.

Das betrifft schon die Auflösung des Cliffhangers. Dank der Überwachungskameras, die in ganz New York installiert worden sind, hat Professor Smythe, der Konstrukteur der gefährlichen Spinnen-Roboter, das wahre Gesicht der Spinne gesehen. Nun erfahren wir, daß die Spinne das dank ihres warnenden Spinnensinns selbst mitbekommt. Eigentlich ist nichts Besonderes passiert, denn Smythe kennt ja Peter Parker nicht. Wie ein Gangsterboß später sagen wird: „Es ist ein Durchschnittsgesicht! Wir wissen immer noch nicht, wer sie ist!“ Aber Lee wendet jetzt fast zehn Seiten dafür auf, um zu zeigen, wie Peter Smythe doch noch überlistet. Im Labor von Curt Conners bastelt er eine Latexmaske, die das Gesicht von Peter Parker zeigt. Während Smythe vier New Yorker Verbrecherbossen (Kingpin ist nicht dabei) das Kamerasystem vorführt, stellt sich die Spinne demonstrativ vor einer Kamera auf und demonstriert, daß das Peter-Parker-Gesicht nur eine Maske ist. Seltsame Volte mit ganz eigener Logik! Als das Gesicht zum ersten Mal zum Vorschein kam, wußte die Spinne nicht, daß sie beobachtet wird; die Wahrscheinlichkeit ist also groß, daß sie ihr echtes Gesicht gezeigt hat. Aber andererseits: Was hat Smythe davon, da er dieses Gesicht ja nicht zuordnen kann? Es ist nun lediglich, nehme ich an, in den Filmaufnahmen gespeichert, aber viel kann Smythe damit nicht anfangen.

Egal, der Cliffhanger ist nun abgearbeitet. Smythe enthüllt den vier Bossen, daß er das Überwachungssystem zwar für die New Yorker Polizei gebaut hat, aber dank eines in der vorigen Ausgabe geklauten Computerteils als einziger steuern kann. Deshalb bietet er ihnen seine Zusammenarbeit an: Ihnen werden Verbrechen so deutlich erleichtert. Und die Spinne will er nun mit einem neuen Roboter ausschalten, der so aussieht wie der in der letzten Ausgabe, aber viel größer ist. Die Action muß allerdings noch warten. Lee und Romita fügen ein paar Handlungsfäden ein. Zunächst hat Jonah Jameson eine Demonstration gegen das Überwachungssystem der Polizei organisiert. Es stellt sich heraus, daß er ein glühender Verfechter der Bürgerrechte ist. Er tut sich sogar mit den protestierenden Studenten zusammen. Die Spinne ist von seinem Engagement freilich ausgenommen. Dennoch sieht sie das mit Genugtuung. Sie schwingt nach Hause, und Peter trifft Harry, der nach wie vor deprimiert ist, weil er bei Mary-Jane nicht recht landen kann. Da erscheint sie jedoch mit einem Haufen Freunden, um Harry aufzumuntern. Peter zieht sich zurück und trifft Gwen. Sie verbringen gemeinsam einen aufregenden Abend und die Nacht (wird extra vermerkt!), vorher aber statten sie Flash einen kurzen Besuch ab. Er ist nach seinen Vietnam-Erfahrungen verändert. Vielleicht steckt auch noch mehr dahinter. Am folgenden Morgen will Peter Flash noch einmal aufsuchen und verwandelt sich in die Spinne, um schneller hinzukommen. Dabei geht er buchstäblich Smythe und seinem Roboter ins Netz. Die Spinne wird durch ein Gas betäubt, und der Spinnen-Roboter, in dessen Cockpit Smythe persönlich sitzt, kriecht auf sie zu. (Freilich: Ist der Roboter wirklich gefährlicher, nur weil Smythe direkt am Schauplatz des Geschehens ist? Auch so eine fixe Idee von Lee.) Fortsetzung folgt.

Eine optisch sehr ansprechende, inhaltlich durchaus packende Episode, jedoch mit ein paar Schwächen, die ich schon erwähnt habe. Wieder beinhaltet die Williams-Ausgabe, abgesehen von der Sea-Monkeys-Werbung auf dem Backcover, nur Comicseiten. Die Spinne-Story ist 21 Seiten lang, die übrigen neun Seiten werden mit „Thor“ aufgefüllt. In den Credits wird jetzt nicht mehr Redakteurin Kirsten Isele, sondern nur noch Christa Manner (Lettering) erwähnt. Keine Ahnung, ob das etwas zu bedeuten und mit den völlig fehlenden redaktionellen Seiten zu tun hatte. Aber irgendwer muß die Ausgabe ja auch übersetzt und redigiert haben. Im Impressum heißt es nach wie vor: „Redaktion und verantwortlich für den Inhalt: Kirsten Isele“.

Geändert von Peter L. Opmann (25.04.2019 um 14:41 Uhr)
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Alt 20.01.2019, 20:41   #14  
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Spinne (Williams) 108

Erscheinungstermin: 4/1978

Originalausgabe:
1) Amazing Spider-Man # 107
2) Mighty Thor # 135

Story-Titel:
1) Die Spinne schlägt zu!
2) ohne Titel (Grauenvoll! Gefährlich! Die Superbestie!)

Original-Storytitel:
1) Spidey smashes thru!
2) The maddening Menace of the Super-Beast!

Zeichnungen:
1) John Romita / Frank Giacoia
2) Jack Kirby / Vince Colletta

Text:
1) Stan Lee
2) Stan Lee



Diese Folge ist ganz konventionell gehalten. Die Spinne befreit sich aus dem Netz des Spinnentöters und verhindert den großangelegten Banküberfall der Gangsterbosse, die sich dabei auf das Videoüberwachungssystem von Professor Smythe stützen wollten. Große Überraschungen gibt es dabei nicht. Woran ich mich kaum erinnert habe, ist die eingeflochtene Nebenhandlung mit Flash Thompson, der offenbar ein Vietnamtrauma mit nach Hause gebracht hat. Diese Story, die schon in der nächsten Ausgabe beginnt, wird hier weiter vorbereitet. Grafisch ist das eine solide Ausgabe. Aber ich bekomme das Gefühl, daß die Redaktion in dieser Phase offenbar Mühe hatte, das zeichnerische Niveau zu halten. Wenn wir uns die zurückliegenden 30 bis 40 Ausgaben ansehen, mußte zuerst John Romita immer wieder durch weitere Zeichner (namentlich John Buscema) und wechselnde Inker unterstützt werden. Dann kam Gil Kane, dessen Zeichnungen am Ende geradezu schludrig wirkten (was am Inker Frank Giacoia gelegen haben kann). Vorige Ausgabe übernahm Romita wieder mit beachtlichem Artwork. Jetzt wird er schon wieder etwas schlechter.

Mit der Story muß man sich nicht lange aufhalten. Die Spinne ist durch Äthylchlorid (offenbar einfach ein Kältemittel) geschwächt und durch den Roboter gefesselt. Professor Smythe steigt aus dem Roboter aus, um in seinem Arbeitsraum den Banküberfall anzuleiern. Die Spinne wartet, bis sie wieder etwas zu Kräften gekommen ist, zerreißt die Fesseln, verklebt dem Roboter die Linse und hantiert im Cockpit. Später erfahren wir, daß sie die Polizei vor dem Banküberfall gewarnt und den Roboter so „umgepolt“ hat, daß er Smythe angreifen wird. Sie macht sich auf den Weg, um die Gangster am Ort des Überfalls hopszunehmen. Smythe besteigt wieder den Spinnentöter, aber statt daß der die Spinne angreift, verschnürt er nun Smythe, den dann die Polizei abholen kann. Die Spinne schaut noch kurz bei Jonah Jameson vorbei und droht ihm Prügel an, sollte er noch einmal mit Smythe zusammenarbeiten. Ganz zum Schluß entdeckt die Spinne Gwen und Flash Thompson Arm in Arm. Kurz darauf wird Flash von der Polizei verhaftet und mitgenommen. Gwen bleibt zurück und weint – woraus die Spinne natürlich wieder mal die falschen Schlüsse zieht.

Dadurch, daß die Spinne Schritt für Schritt ihre Handlungsfähigkeit zurückgewinnt, entstehen ein paar unglaubwürdige Situationen: Anfangs ist Smythe überzeugt, daß er die Spinne unschädlich gemacht hat. Nachdem sie sich aus dem Netz des Roboters befreit hat, hält er es für ausgeschlossen, daß sie seinen Banküberfall-Plan noch vereiteln kann, aber sie tut genau das. Schließlich stürmt er mit seinem Spinnentöter auf sie zu im festen Glauben, daß er sich nun an ihr rächen wird, was wiederum durch die Umprogrammierung in die Hose geht. Ein normaler Mensch wäre sicher schon nach dem ersten Fehlschlag vorsichtiger geworden, aber Smythe ist ja eigentlich ein „mad scientist“, an den man wohl keine normalen Maßstäbe anlegen kann. Aus heutiger Sicht würde ich mir freilich einen Gegner für die Spinne wünschen, der bis zum Schluß unberechenbar und gefährlich bleibt. Abgesehen davon ist das eine leidlich spannende und unterhaltsame Lektüre, die aber bei mir keinen bleibenden Eindruck hinterlassen hat.

Wir haben hier erneut 21 Seiten „Spinne“, diesmal nur acht Seiten „Thor“ und dadurch noch eine Seite übrig für Kleinanzeigen: Verkäufe, Kaufgesuche, Verschiedenes. Für mich sind da keine bekannten Namen dabei. Aufgefallen ist mir, daß ein Marvel-Fanclub ausdrücklich weibliche Mitglieder sucht. Was wohl aus all den Clubs geworden sein mag?

Gesamtfazit des Dreiteilers: Mir gefällt, daß durch alle drei Teile hindurch Soap-Opera-Elemente eine Rolle spielen. Die Furcht des Bullpen, daß die Leser von der Fahne gehen, wenn die Action zu kurz kommt, ist wohl kleiner geworden. Insgesamt ist der Dreiteiler aber kein Highlight. Mir hätte es auf jeden Fall besser gefallen, wenn Gil Kane erst nach ASM # 107 wieder an Romita übergeben hätte. Inhaltlich bieten die drei Ausgaben nur guten Durchschnitt. Ich finde es zwar begrüßenswert, daß die Spinne nicht mehr gegen Vampire und Dschungelmonster kämpft, aber in ihrer gewohnten Umgebung hat sie schon erinnerungswürdigere Abenteuer bestanden. Ich bin jetzt wirklich gespannt, mit welchen Vietnam-Problemen sich Flash Thompson herumschlägt – bis zur Kinopremiere von „Rambo“ sind es bei der US-Veröffentlichung noch einige Jahre.

Geändert von Peter L. Opmann (25.04.2019 um 14:41 Uhr)
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Alt 24.01.2019, 11:08   #15  
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Spinne (Williams) 109

Erscheinungstermin: 5/1978

Originalausgabe:
1) Amazing Spider-Man # 108
2) Mighty Thor # 136

Story-Titel:
1) Rache aus Vietnam!
2) Geburt einer Unsterblichen!

Original-Storytitel:
1) Vengeance from Vietnam!
2) To become an Immortal!

Zeichnungen:
1) John Romita
2) Jack Kirby / Vince Colletta

Text:
1) Stan Lee
2) Stan Lee



Stan Lee versucht hier nichts weniger als einen Paradigmenwechsel in Bezug auf den Vietnamkrieg. Aber dabei geht er recht zaghaft vor. Als ich dieses Heft erstmals gelesen habe, habe ich die Hintergründe überhaupt nicht verstanden. Heute weiß ich das eine oder andere über den Vietnamkrieg, der aber eine ziemlich verwickelte Sache war. Lee will wie knapp ein Jahr zuvor mit den Drogen noch einmal ein brisantes aktuelles Thema aufgreifen. Gut und Böse ließen sich aber in diesem Fall nicht so leicht unterscheiden, und so schaffte er es nicht, die Sache in eine überzeugende Geschichte zu verpacken. Zeichner John Romita inkt in dieser Ausgabe selbst. Man sieht den Zeichnungen die große Anstrengung nicht an, aber es ist auch nicht gerade eine grafisch herausragende Ausgabe geworden.

Im Frühjahr 1972 zeichnete sich eine militärische Niederlage der USA im Krieg gegen Nordvietnam ab, was aber der damalige Präsident Richard Nixon keinesfalls akzeptieren wollte. Aber die Stimmung in der amerikanischen Öffentlichkeit begann sich zu drehen, auch weil der Krieg viel Geld verschlang. Lee und Roy Thomas hatten Flash Thompson schon in „Spinne“ # 106 aus Vietnam zurückkehren lassen – vielleicht, weil er dort keinesfalls mehr zum Helden werden konnte. Nun zeigt sich, daß er sich in seinem Kriegseinsatz in große Probleme verwickelt hat. Das ist so angelegt: Flash irrte einmal verwundet durch den Dschungel und stieß auf die Bewohner eines Tempels, die ihn überaus freundlich behandelten und gesundpflegten. Er kehrt zu seiner Einheit zurück und erfährt von Plänen, genau das Gebiet, in dem sich der Tempel befindet, in die Steinzeit zurückzubomben. Verzweifelt versucht er, das zu verhindern, aber die US-Streitkräfte glauben ihm nicht, daß dieser Tempel mit „guten“ Vietnamesen existiert. Seine vietnamesischen Freunde werden also „irrtümlich“ getötet. Nun sind ihm „böse“ Vietnamesen auf den Fersen, um den Bombenangriff zu rächen. Davor soll er vom amerikanischen Geheimdienst geschützt werden.

Eine Unterscheidung zwischen Nord- und Südvietnam gibt es hier überhaupt nicht. Man bekommt den Eindruck: Es gibt ein paar wenige liebe und viele schreckenerregende Vietnamesen. Die USA haben mit ihrer Einmischung in Südostasien einen Fehler gemacht, aber nur aus Versehen. Vietnam ist eine bizarre, für Amerikaner undurchschaubare Welt, und sie hätten sich trotz bester Absichten da wohl besser herausgehalten. Das ist eine reichlich naive Sicht auf den Vietnamkrieg, der nicht zuletzt ein Stellvertreterkrieg gegen die UdSSR und China war. Aber vielleicht ließ sich das Thema in USA nicht anders verarbeiten, wollte Marvel nicht als unpatriotisch erscheinen.

Flashs Problem erstreckt sich über zwei Ausgaben. Lee erzählt das in Form eines Rätsels, das schon in der vorigen Ausgabe begann, als er in ein Auto bugsiert wurde und Gwen darüber weinte. Nun verüben Dunkelmänner ein Attentat auf den Wagen. Die Spinne ist vor Ort und will sich einschalten, da wird sie von einem unbenannten, asiatisch wirkenden Hünen angegriffen. Mich erinnert er an den Mafioso „Menschenberg“ Marko aus „Spinne“ # 74, auch so ein Muskelmann, der eigentlich für die Spinne kein Gegner sein dürfte. Mit Mühe gelingt es ihr, Flash rauszuhauen; der erzählt ihr darauf die schon oben dargestellte Geschichte. Die Spinne entscheidet, Flash wieder beim Geheimdienst abzuliefern, und kehrt in ihre Wohnung zurück, wo sich Harry, Gwen und Tante May versammelt haben, weil sie sich wieder mal große Sorgen um Peter Parker machen. Zu allem Überfluß kommt unter seiner Zimmertür etwas Netzflüssigkeit hervor, weil ein Behälter umgekippt ist. Peter muß nicht nur die Drei beruhigen, sondern auch erklären, was das für ein klebriges Zeug ist.

Als Peter erzählt, daß Flash von Geheimdienstlern bewacht wird, will Gwen, die offenbar von dessen Vietnam-Erlebnissen keine Ahnung hat, ihn unbedingt besuchen. Peter sieht im Geheimdienst-Gebäude den mysteriösen Hünen auftauchen. Ihm ist klar, daß er es auf Flash abgesehen hat. Er kann sich aber nicht einfach in die Spinne verwandeln, weil Gwen direkt neben ihm steht. Also schützt er vor, er müsse dringend mal beim Daily Bugle anrufen, was Gwen ihm nicht so recht abnimmt. Er steigt also ohne Superheldenkostüm aus dem Fenster und krabbelt die Außenwand entlang. Ehe er eingreifen kann, kommt es im Gebäude zu einer schweren Explosion. Der Strom fällt aus, alles ist dunkel (es scheint also inzwischen Nacht zu sein). Das ermöglicht Peter, unverkleidet loszuschlagen. Im Dunkeln prügelt er sich mit dem massigen Asiaten, der noch einen kleinwüchsigen Komplizen dabei hat, und zieht den Kürzeren: Er wird gegen eine Tür geschleudert und bleibt benommen liegen. Die beiden Vietnamesen nehmen Flash gefangen und brausen in ihrem Auto davon. Peter kehrt zu Gwen zurück, schwindelt ihr vor, er habe von der Explosion etwas abgekriegt, und will nun als Spinne die Verfolgung aufnehmen, was aber wegen Gwen wieder nicht geht. Was soll er nun tun? Flash im Stich lassen? Oder Gwen gestehen, daß er die Spinne ist? Die Antwort soll die nächste Ausgabe bringen.

Nächstes Mal mischt Dr. Strange mit, der schon irgendwie zu dem fernöstlichen Setting paßt. Ich will diese Ausgabe abwarten, bevor ich ein endgültiges Urteil abgebe. Aber bisher überzeugt die Story eindeutig nicht. Wie bei „Spinne“ # 107 ist das Heft abgesehen von Cover und Backcover (Sea-Monkeys-Werbung) ganz mit Comicseiten gefüllt: 21 Seiten „Spinne“, neun Seiten „Thor“. Auffällig noch: Die Innenseiten bestehen aus etwas grauerem Papier als die äußeren.

Geändert von Peter L. Opmann (25.04.2019 um 14:41 Uhr)
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Alt 28.01.2019, 20:12   #16  
jakubkurtzberg
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Stimmt, war sehr oft in diversen Williams-Sammelbandserien drin.
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Alt 28.01.2019, 21:58   #17  
Peter L. Opmann
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Das heißt, Affenauftritte sind in Deutschland kein Verkaufsargument.
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Alt 29.01.2019, 16:37   #18  
guenkos
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Da muss sich der Verkäufer schon selbst zum Affen machen.
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Alt 29.01.2019, 16:53   #19  
jakubkurtzberg
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Alt 29.01.2019, 18:34   #20  
thetifcat
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Der rote Geist und seine Superaffen Williams Band 11 - spricht aber wieder eine andere Sprache und war weit vor Die Spinne 111. Ist sogar ein klassischer Gegener der FV.
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Alt 29.01.2019, 18:50   #21  
Horatio
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Ich fand den Spider-Man-Film klasse und bin damals mindestens zwei Mal reingegangen. Ich habe auch immer noch das Kinoplakat, das ich im Kino bekam.

Allerdings war ich seinerzeit schon schwer begeistert, überhaupt einen Superhelden-Film im Kino sehen zu können. Das war ja die große Ausnahme, anders als heute. (Ich habe also auch Hulk mit Bill Bixby im Kino damals gerne gesehen.)
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Alt 31.01.2019, 21:14   #22  
Peter L. Opmann
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Spinne (Williams) 112

Erscheinungstermin: 6/1978

Originalausgabe:
1) Amazing Spider-Man # 111
2) Mighty Thor # 137

Story-Titel:
1) Jagd auf die Spinne!
2) Der Donnergott und der Troll!

Original-Storytitel:
1) To stalk a Spider!
2) The Thunder God and the Troll!

Zeichnungen:
1) John Romita
2) Jack Kirby / Vince Colletta

Text:
1) Gerry Conway
2) Stan Lee



Das Niveau wird im zweiten Teil des Gibbon-Zweiteilers gehalten. Dabei gibt es eine wichtige Änderung: Gerry Conway löst als Autor Stan Lee ab, und so, wie John Romita mitten im Spinnenroboter-Dreiteiler den Zeichenstift von Gil Kane übernahm, tut das jetzt auch Conway im Gibbon-Zweiteiler. Und das finde ich noch etwas seltsamer. Also ich würde nicht in eine Comicserie einsteigen wollen, wenn gerade eine Story begonnen hat. Vielleicht hatte Lee den Zweiteiler in Grundzügen insgesamt vorskizziert, vielleicht hat er auch Conway beim Schreiben geholfen. Trotzdem ist das ungewöhnlich.

Eine Kleinigkeit fällt mir noch auf, die sich hier ändert: nämlich bei der Farbgebung des Spinnenkostüms. Plötzlich wird das Rot zu einer Art Lila. Jakubkurtzberg hatte allerdings schon angemerkt, daß Williams Druckvorlagen von den alten HIT-Comics übernommen hat. Und dort gibt es diesen Farbwechsel auch. Alles in allem sieht diese Ausgabe in meinen Augen grafisch ebenso gut aus wie der erste Teil.

Zum Inhalt: Nachdem die Spinne den Gibbon, der sich mit ihr zusammentun wollte, ausgelacht und auf einem Dach zurückgelassen hat, schnappt ihn sich Kraven. Da Martin Blank erklärtermaßen eifriger „Spinne“-Leser ist, kennt er den Jäger, hält ihn aber für tot. Kraven erklärt erstmal, daß er von Ka-Zar über eine Klippe gestoßen wurde („Spinne“ # 105), aber den Sturz dank seiner Gewandtheit mit ein paar Knochenbrüchen überlebt hat. Nun will er mit Hilfe des Gibbon seine Rache vollenden. Ein dummes Muster: damit ist er nämlich schon mindestens zweimal reingefallen. Sein Team-up mit dem Geier funktionierte ebensowenig wie das mit dem Monster Gog im vergessenen Dschungel. Vielleicht sollte er sich statt solcher Versager mal jemanden wie Dr. Doom als Partner suchen – wobei selbst der ja nicht allzu viele Erfolge vorzuweisen hat.

Die Spinne entdeckt inzwischen einen Brief von Tante May, der so klingt, als wolle sie sich nach dem Disput mit Gwen im vergangenen Heft etwas antun. Die Spinne macht sich auf die Suche – vergeblich. Jonah Jameson hat von der Sache schon Wind bekommen und will sie zur Schlagzeile verarbeiten: „Alte Dame von der Spinne entführt!“ Glücklicherweise wendet die sich aber an Lokalchef Joe Robertson, um Tante May zu finden. Ihm kann sie ihren Abschiedsbrief zeigen und damit beweisen, daß es sich keineswegs um eine Entführung handelt. Sie macht Robertson weis, Peter Parker habe sie geschickt. Der scheint die Ausrede zu schlucken.

Kraven bereitet derweil Martin Blank auf seinen Kampf mit der Spinne vor. Dazu flößt er ihm einen Kräutertrank ein. Ohne Wissen von Blank verwandelt er ihn damit in eine Bestie. Allerdings wendet sich der Gibbon zuerst gegen seinen Peiniger. Der hat sich allerdings selbst mit den Kräutern gestärkt. Das Duell geht daher unentschieden aus – Kraven hat jedenfalls den stärkeren Willen und hetzt den Gibbon auf die Spinne. Dabei kann er ihn offenbar mental kontrollieren. Vor dem Kampf wird jedoch noch einmal zu Peter Parker übergeblendet. Gwen ruft ihn an und erklärt ihm, sie fühle sich schuldig an Tante Mays Verschwinden. Peter versucht ihr das auszureden. Das Telefonat bringt ihn dazu, die Stadt noch einmal nach seiner Tante zu durchsuchen. Dabei stößt die Spinne schließlich auf den Gibbon. Sie weiß nichts von seiner Veränderung und wird daher hart getroffen, als er unvermittelt beginnt, auf sie einzuprügeln. Der Gibbon geht ihr an die Kehle und will sie erwürgen. Von seinem Hauptquartier aus versucht Kraven, ihn zusätzlich dazu aufzustacheln. Aber im letzten Moment zögert der Gibbon und schüttelt die innere Stimme Kravens ab. Die Spinne nutzt den Moment und wirft ihn vom Dach. Gerade noch kann sie ihren Gegner vor einem tödlichen Sturz bewahren. Der Bann des Kräuterelixiers ist gebrochen, der Gibbon bewußtlos. Kraven muß erkennen, daß er verloren hat.

Weil Martin Blank kein typischer Schurke ist, sondern eine Figur, die Mitgefühl hervorruft, finde ich den Zweiteiler insgesamt recht gelungen. Nicht ganz nachvollziehbar ist, was sich Kraven von dem Stellvertreterkampf verspricht. Zwischendurch demonstriert er, daß er stärker ist als der Gibbon; da wäre es nur folgerichtig, daß er – quasi gedopt durch seinen Kräutertrank – selbst gegen die Spinne antritt. Daß er das nicht tut, liegt sicher nicht daran, daß er sich nicht traut. Aber sein Plan ist wieder mal schlecht ausgedacht. Das Schicksal von Blank berührt auch im zweiten Teil: Erst wurde er verlacht, nun wird er von einem raffinierten Bösewicht ausgetrickst, der ihn für seine Zwecke benutzt. Auch die Aufregung um das Verschwinden von Tante May ist geschickt konstruiert und eingeflochten. Die Story gehört für mich zu den besseren.

Statt Kleinanzeigen gibt es in diesem Heft wieder mal Leserbriefe. Der erste ist eine reine Lobeshymne, aber die Redaktion läßt nun auch wieder mal ein paar kritische Töne zu. In zwei Briefen werden die reißerischen Sprüche der Redaktion bemängelt. Ein weiterer Schreiber findet den Coverpreis der Hefte von 1,50 D-Mark zu hoch. Überraschend teilt die Redaktion mit, sie habe grünes Licht für neue Titel, und deutet an, sie wolle nun auch Annuals veröffentlichen. Dazu ist es dann ja bekanntlich doch nicht gekommen. Von 48seitigen Heften mit einem dann noch höheren Preis hat Williams doch abgesehen. Ich glaube, auch Condor war später mit den Marvel-Sonderheften nicht allzu erfolgreich.

Geändert von Peter L. Opmann (25.04.2019 um 14:42 Uhr)
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Alt 01.02.2019, 18:08   #23  
Peter L. Opmann
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Zitat:
Das mit dem altrosa Kostüm von Spidey ist mir auch schon aufgefallen, seltsame Idee. Aber die haben ja auch den Silver Surfer mal in Lila auftreten lasse, den Hulk-Gegner "Abomination" rosa eingefärbt und dem Submariner grüne Beine gemalt!!! Schlimmeres kenne ich nur aus einem britischen Einzelband der Fantastic Four, in dem das Ding violett ist und die FF knallrote Anzüge tragen.
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Alt 01.02.2019, 23:19   #24  
jakubkurtzberg
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Zitat:
Das mit dem altrosa Kostüm von Spidey ist mir auch schon aufgefallen, seltsame Idee. Aber die haben ja auch den Silver Surfer mal in Lila auftreten lasse, den Hulk-Gegner "Abomination" rosa eingefärbt und dem Submariner grüne Beine gemalt!!! Schlimmeres kenne ich nur aus einem britischen Einzelband der Fantastic Four, in dem das Ding violett ist und die FF knallrote Anzüge tragen.
Da muss man dem bsv zugestehen, dass die Originale nicht vorlagen. Die Zweitstories in den farbigen Hit Comics und einige der Hauptgeschichten hätten sicherlich in s/w erscheinen sollen. FF#10 und so. Sub-Mariner mit grünen Leggings und violetter Unterhose darüber fand ich immer klasse.
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Alt 03.02.2019, 19:31   #25  
Peter L. Opmann
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Danke für die Anmerkung.

Spinne (Williams) 113

Erscheinungstermin: 6/1978

Originalausgabe:
1) Amazing Spider-Man # 112
2) Mighty Thor # 138

Story-Titel:
1) Die Spinne steigt aus!
2) Die Flammen des Kampfes!

Original-Storytitel:
1) Spidey cops out!
2) The Flames of Battle!

Zeichnungen:
1) John Romita
2) Jack Kirby / Vince Colletta

Text:
1) Gerry Conway
2) Stan Lee



Ist diese Episode der Auftakt eines Vierteilers mit Dr. Octopus, oder ist es eine Überbrückung bis zum Start der nächsten Konfrontation mit Doc Ock? Schwer zu sagen. Die Story entspricht in ihrer Art den Einleitungen, die Stan Lee für Mehrteiler zu schreiben pflegte: Erstmal gibt es viel Privatleben von Peter Parker zu verfolgen; spät erst taucht der nächste Superschurke auf und bringt der Spinne erstmal eine Niederlage bei, was zu einem spannenden Cliffhanger führt. Gerry Conway treibt diese Machart hier auf die Spitze. Erst ganz am Ende tritt der Superschurke überhaupt auf. Vorher wird die Gibbon-Story abgeschlossen, hat Peter Parker wieder mal Ärger mit Jonah Jameson und sucht die Spinne erneut nach der verschwundenen Tante May. Außerdem werden wir Zeuge eines weiteren Gesprächs von Gwen und Flash.

Es war bei dieser Ausgabe gewiß schwer, ein gutes Covermotiv zu finden. Also wird ein bißchen gemogelt, was bei Marvel sonst selten vorkommt. Das Cover suggeriert, Peter wolle das Spinnenkostüm wieder mal an den Nagel hängen. Es ist hier aber anders als in „Spinne“ # 51 oder 88 – er überlegt sich nur, daß er seine Zeit lieber der Suche nach Tante May widmen will als für Recht und Ordnung zu sorgen. Die Redaktion trägt dem Rechnung, indem sie auf dem Cover den US-Titel „Die Spinne steigt aus“ in eine Frage umwandelt: „Steigt die Spinne aus?“ Ehrlicherweise muß man darauf mit „I wo“ antworten.

John Romita zeichnet nun wieder nicht mehr so meisterhaft wie im Gibbon-Zweiteiler, wenngleich ich mich scheuen würde, für sein Artwork Noten zu vergeben. Die Zeichnungen sind immer noch sehr gut; ich bewerte das eher aus dem Bauch heraus. Hier wird er beim Inken nun wieder von Tony Mortellaro unterstützt, der sich vermutlich um die Hintergründe gekümmert hat. Trotzdem hatte Romita wohl nicht so viel Zeit wie in den beiden vorangegangenen Monaten – oder er hatte weniger Lust.

Schauen wir uns den Inhalt etwas näher an. Zu Beginn liefert die Spinne den verletzten Gibbon im Krankenhaus ab, das heißt, sie legt ihn in einem Krankenzimmer einfach ins Bett und bittet eine Krankenschwester, das Gibbon-Kostüm zu verbrennen. Dann nimmt sie wieder die Suche nach Tante May auf und erinnert sich an einiges, was sie mit ihr erlebt hat. Jetzt kommt die titelgebende Sequenz: Als sie beim Durchstreifen von New York auf Gangsteraktivitäten aufmerksam wird, entscheidet sie sich, nicht einzugreifen – Tante May geht vor. Jonah Jameson interpretiert das im „Daily Bugle“ sofort als Aufgabe und Feigheit der Spinne. Von Peter Parker verlangt er Fotos, die seine Kampagne unterstreichen (wenn es auch generell nicht einfach ist zu fotografieren, wie die Spinne nichts tut). Immerhin bekommt er jetzt ein Festgehalt.

Auch eine nette Idee: Vor dem Verlagsgebäude streiten sich zwei Kinder, ob die Spinne ein Feigling ist oder nicht. Tante Mays Freundin Anna Watson bringt Peter auf die Idee, sie könnte den Abschiedsbrief unter Zwang geschrieben haben. Das bringt ihn dazu, sich in Gestalt der Spinne doch wieder einen Gangster vorzuknöpfen. Warum gerade diese Type etwas über das Verschwinden von Tante May wissen könnte, wird nicht näher erklärt. Jedenfalls sagt er, er kenne seine Auftraggeber nicht. Die Szene ist schon wichtig, damit wir uns dem Auftritt von Doc Ock zumindest ein bißchen annähern. Im Anschluß erleben wir das schon erwähnte Gespräch von Gwen und Flash mit. Ich muß sagen, die beiden hängen so oft zusammen, daß man schon auf den Verdacht kommen könnte, daß sie etwas miteinander haben. Als blauäugiger Teenager habe ich da aber keinen Verdacht geschöpft – war ja auch letztlich nichts dahinter.

Kurz darauf wird die Spinne schon wieder Zeuge einer Gangsteraktion – eines brutalen Einbruchs. Und wieder scheint die Sache etwas mit Tante May zu tun zu haben. Einen der Gangster kann sie nicht so einfach ausschalten wie gewohnt; er zieht ihr eine Metallstange über den Kopf. Der Bösewicht flieht, die Spinne versucht vergeblich, ihn festzuhalten, behält aber eine Halterung in der Hand, die er offenbar am Körper trug. Während sie noch rätselt, was es damit auf sich hat, nähert sich ein weit gefährlicherer Gegner. Es ist endlich die Antwort, nach der Spinne schon eine Ewigkeit lang gesucht hat. Der Spinnensinn klingelt, die Spinne wendet sich um und sieht sich nun Doc Ock gegenüber – eine Splashpage auf der letzten Seite.

Trotz der Löcher in der Handlung (warum haben irgendwelche Gangster, auf die die Spinne zufällig trifft, etwas mit Tante May zu tun?) und trotz einer Story, die gar kein richtiges Thema hat, sehe ich dieses Heft mit Sympathie. Ich finde es gut, wenn nicht bloß einer der Supergegner der Spinne auftaucht und am Ende des Bandes (oder einer der nächsten Nummern) besiegt ist. Der Blick in das Leben von Peter Parker und seinem Alter Ego wirkt einigermaßen glaubwürdig – er hat so manches um die Ohren, was jeden New Yorker betreffen könnte. Einblicke in Peters Leben wie hier haben für mich das eigentliche Lesevergnügen ausgemacht. Das war es, was mich dazu brachte, jedes neue Heft zu kaufen, nicht irgendeine Klopperei mit Doc Ock oder anderen Figuren. Als geübter Leser weiß man, daß es ungünstig ist, wenn am Ende Dr. Octopus angreift; der Konflikt ist freilich noch überhaupt nicht entwickelt. Vielleicht wäre es noch besser, wenn man an diesem Punkt schon wüßte, was Ock will, über welche Waffen oder Strategien er eventuell verfügt, um die Spinne diesmal in die Pfanne zu hauen, und ob er, wie sich andeutet, hinter dem Verschwinden von Tante May steckt. Aber dafür hätten wohl 20 Seiten nicht ausgereicht. – Notiz am Rande: Der Spider-Man-Kinofilm wird nach wie vor auf zwei Seiten promotet.

Geändert von Peter L. Opmann (25.04.2019 um 14:42 Uhr)
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