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21.01.2022, 15:24 | #1 |
Moderatorin Internationale Comics
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Zunächst war ich skeptisch, doch die Neugier trieb mich dazu, mir die erste Staffel des Remakes inklusive Weihnachtsspecial anzutun. Um meine Englischkenntnisse frisch zu halten, habe ich sie mir in der Originalversion angesehen. Der nordenglische und schottische Akzent verlangen schon ein konzentriertes Hinhören, was ich gern getan habe. Die episodische Struktur der Vorlage kommt der Serie zugute, weil die Folgen ziemlich organisch wirken. In den letzten Jahrzehnten hat sich filmtechnisch einiges getan, was gut genutzt wurde; Drohnenaufnahmen sind heute üblich, während ich mich an Luftaufnahmen in der alten BBC-Serie nicht erinnern kann. Was ich als kleinen Makel empfand, war das körperliche Auftreten der drei Hauptdarsteller. Robert Hardy, Peter Davison und Christopher Timothy besaßen noch eine unterschiedliche Statur, durch die ich sie rasch unterscheiden konnte; Nicolas Ralph, Samuel West und Callum Woodhouse hingegen scheinen dieselben Ernährungsberater und Fitnesstrainer zu haben. Außerdem finde ich, dass die alte BBC-Version dreckiger und matschiger war, in der neuen Version wirkt das Landleben wie aus einem Hochglanzprospekt für müde Großstädter. Falls mir mal die Bücher in die Hand fallen, werde ich sie gerne lesen. |
13.02.2022, 18:22 | #2 |
Moderatorin Internationale Comics
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In Deutschland wird das filmische Schaffen in erster Linie vom Genre des Krimis geprägt, der in etlichen Fernsehkanälen tägliches Brot ist. Fantasy und Science Fiction zählen nicht (mehr) zum Standard, obwohl das Öffentlich-Rechtliche Fernsehen in meiner Kindheit etliche tschechoslowakische Fernsehserien wie Die Besucher, Die Märchenbraut und Luzie, der Schrecken der Straße mitproduziert hat, die mir in guter Erinnerung sind. Ein Serie oder ein Franchise vom Format eines Dr Who fehlt jedoch. Die Dreharbeiten dauerten drei Jahre, fanden teilweise unter widrigen Bedingungen und kosteten acht Millionen Euro, für einen europäischen Film schon eine Hausnummer. Die Weltpremiere fand 2008 auf dem Filmfestival in Toronto statt. In den deutschen Kinos lockte er 1.486.444 Zuschauer vor die große Leinwand und spielte ungefähr neun Millionen Euro ein. Der Film beeindruckt mit großartigen Landschaftsaufnahmen, schlägt allerdings einen düsteren Ton an, der für kleine Kinder nicht geeignet ist. Durch den sagenhaften Hintergrund spielt er in einer zeitlosen harten Vergangenheit und konzentriert sich auf ein übersichtliches Ensemble, das zur Identifikation einlädt. Mit Krabats Kampf um seine (erste) Liebe ist das auch ein Coming of Age-Film, der Otfried Preußler gefallen hat. Mich hat der Film neugierig auf das Buch gemacht. Geändert von Servalan (17.02.2022 um 19:48 Uhr) Grund: Da ist mir wohl im Übereifer etwas durcheinder geraten |
13.02.2022, 18:57 | #3 |
Eckensteher & Mosaik-FF Mod
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Die DDR-Verfilmung bezieht sich zwar auch auf die sorbischen Krabat-Legenden hat aber garantiert nicht den Roman von Preußler als Grundlage.
Diese ist der gleichnamige Roman von Jurij Brězan, der aber auch sehr frei umgesetzt wird. Nachtrag: OK, Hinweis wurde schon eingearbeitet. Trotzdem ist "Die schwarze Mühle" für Liebhaber des Krabat-Stoffes auch eine Empfehlung, wenn auch eine recht düstere Bearbeitung. Geändert von Nante (14.02.2022 um 07:53 Uhr) |
10.04.2022, 13:02 | #4 |
Moderatorin Internationale Comics
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Das Buch überraschte mich dann durch eingeschobene Tagebuchausschnitte, die ich zunächst dem ermordeten Mädchen zuordnete. Besonders am Anfang der Ermittlungen widmet sich Marklund über Seiten etlichen Details, wodurch sich ein Gefühl von Zeitlupe vermittelt. Thematisch geht es um Gewalt in Beziehungen, wobei psychische Abhängigkeiten besonders perfide wirken, was Marklund ziemlich eindringlich schildert. Die Verfilmung muß natürlich gewisse Zugeständnisse machen und wirkt auf mich entschärft und auf Familientauglichkeit abgemildert. Weil die Kamera schon früh das Tagebuch zeigt, muß es anders inszeniert werden. Als Boulevardreporterin hat Annika Bengtzon natürlich einen anderen Blickwinkel auf das Verbrechen als die Polizei. Sie trägt ihr persönliches Päckchen, was in dieser Episode deutlich wird. Mit dem Roman kann die Verfilmung jedoch leider nicht mithalten. Der ist gute Unterhaltung, aber kein literarisches Meisterwerk. |
12.04.2022, 13:56 | #5 |
Moderatorin Internationale Comics
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Wie den im vorigen Post genannten Krimi habe ich diesen beim selben Krankenhausaufenthalt mit Vergnügen gelesen. Das muß zugeben, Caroline Graham versteht sich exzellent einen komplexen, aber nicht verkopften Plot und hat ein Gespür für Pacing und Timing. Nebencharaktere kann sie in wenigen Sätzen porträtieren und liefert letzten Endes einen verspielten postmodernen Roman ab, der locker daherkommt. Wegen all dieser Qualitäten muß die Fernsehfassung eng an der Vorlage bleiben, doch die filmische Umsetzung bleibt überzeugend - obwohl sie im Rückblick betrachtet schon etwas altmodisch wirkt. Der große Unterschied besteht im Finale. |
07.05.2022, 10:56 | #6 |
Moderatorin Internationale Comics
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Wegen ihres Looks findet sich die Serie in der ZDF-Mediathek unter den Retro-Serien und -Filmen. Ich hoffe, sie findet da noch einiges an Publikum, denn ich mag diese Version. Den pseudo-osteuropäischen Akzent fand ich zunächst gewöhnungsbedüftig, aber irgendwie paßt er auch zur skurrilen Note. Im Making of wurde deutlich, daß der improvisierte No-Budget über die wirklichen Anstrengungen hinweg täuscht, denn die Spezialeffekte erforderten genau soviel Einsatz wie bei ernster Science Fiction. Der verspielte und leicht verpeilte Charakter von Ijon Tichy, der in dieser Fassung ein verlotterter Alkoholiker mit reichlich Phantasie ist, kommt sehr gut rüber. Ob Lem mit diesem Münchhausen-Spleen einverstanden gewesen wäre, weiß ich nicht, zumal der in jeder Folge das Outro bildet. Mich erinnerte die Serie an die tschechische Barrandov-Science-Fiction, Raumpatrouille Orion und die klassischen Dr Who-Folgen. Dabei kommen auch viele Klischees über Osteuropäer wie Polen und Tschechen zutage, die deutlich überzeichnet werden. Mir hat's gefallen. Inzwischen scheint sie sich in dem Genre zu einem Klassiker gewandelt zu haben. Na ja, besonders groß ist die Konkurrenz ja nicht. |
02.06.2022, 14:02 | #7 |
Moderatorin Internationale Comics
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Während meines Studium sammelte ich Penguin Popular Classics, weil die so billig wie Reclam waren, aber trotzdem als echte Taschenbücher daherkamen. Die englischsprachigen Klassiker im Original betrachtete ich als Lesevorrat für schlechte Zeiten. Und als es dann soweit war, widmete ich mich zuerst der Vorlage von einem frühen Hitchcock, Secret Agent von Joseph Conrad. Tja, dann platzte der Knoten und seither gehört der ehemalige Seemann zu meinen liebsten Literaten. In seinen Stories wirkt er teilweise wie eine Vorwegnahme von Kafka oder Beckett, denn seine Antihelden scheitern über kurz oder lang, egal, wie sehr sie sich anstrengen. In der Kurzgeschichte geht es um den Elfenbeinhandel im Kongo, der zwei Kolonialbeamten zum Schicksal wird. Die beiden Weißen sind auf dem Schwarzen Kontinent hoffnungslos überfordert und finden letztlich den Tod. Die portugiesische Verfilmung lief 2016 auf der Berlinale und war vor kurzem noch in der arte mediathek. Der portugiesische Regisseur nimmt sich gewisse Freiheiten heraus und beleuchtet insbesondere die portugiesische Kolonie Angola am Kongo-Fluß: Die beiden unerfahrenen Beamten João de Mattos und Sant`Anna tragen weiße Kolonialistenuniformen, während sie durch den Urwald stolpern. Der Film gliedert sich in zwei Teile, die ungefähr gleich lang. Nachdem die beiden Beamten die Umgebung erkundet und die Einheimischen kennengelernt haben, plätschert die Handlung so vor sich hin. Im zweiten Teil wird es dann plötzlich spannend, wenn Bewaffnete auftauchen und Elfenbein gehandelt wird. Der Adaption fehlt Conrads Prägnanz und seine sachlichen Pointen. Ich empfand ihn als gestreckt, teilweise verlor er sich in Nichtigkeiten. Joseph Conrad kommt bei mir auf 9/10, die Verfilmung nur auf 6,5/10. |
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