19.06.2012, 14:01 | #1076 |
Moderator Deutsche Comicforschung
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Es gab zwei Gründe, zum einen deine sehr dominante Kauka-Präsentation in der Sprechblase, die ich erst mal "sacken" lassen wollte.
Der zweite war, dass Kauka lange Zeit (seit der Aktion der Comixene) den Ruf hatte, "schwierig" zu sein, wenn man über "schwierige" Dinge im Verlag oder im Leben Rolf Kaukas schrieb. Das scheint sich jetzt gelockert zu haben - also gehen wir es an, peu à peu. Wenn ich unseren kommenden Artikel zu Auslands-FF mit dem in der Reddition vergleiche, liegen dazwischen doch einige Welten. eckrt |
19.06.2012, 16:18 | #1077 |
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Sündenfall war auch die völlige Zerhackstücklung und Umdeutung von 'QRN an Bretzelburg' von André Franquin. Wer war eigentlich damals in der Redaktion dafür verantwortlich?
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19.06.2012, 16:33 | #1078 |
am 11.01.2020 verstorben
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Ich danke für das Statement, Eckart!
Die angesprochene Schwierigkeit des FF-Verlegers war in der gradwandeligen Strategie des Zweit-Verkaufs in noch kritischer Phase begründet. Bei den geschwärzten Passagen in der Comixene 31/1980 ging es (auch) um Walter Neugebauers Einlassung 'seine kreative Beeinflussung auf FF übertragen zu haben' (so ähnlich) Da war halt Zündstoff! Ansonsten aber tolerierte Rolf Kauka selbst meine epische Verlags-Saga, die er noch zu guten Teilen lesen konnte. Und darin hätte ihm schon einiges auf den Senkel gehen können. Und nun deckt den Großmeister der deutschtümelnden Comics seit fast 12 Jahren der Rasen seiner Plantage und die Forschung kann in aller Ruhe ans Werk gehen! Ich bin gespannt auf die Resultate! Peter Meine Webseite: Schatztruhe
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19.06.2012, 16:38 | #1079 | |
am 11.01.2020 verstorben
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Zitat:
Wiechmann - aber das mit dem Verhackstücken bedürfte einer profunderen Auseinandersetzung. Können wir gern mal anzetteln! (Wenns mal wieder regnet, bittschön ...) Peter Meine Webseite: Schatztruhe
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19.06.2012, 20:01 | #1080 |
verstorben
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Ich würde der Übersetzung von "QRN an Bretzelburg" eine andere Qualität zubilligen wollen wie den Asterix Übersetzungen. Bei dieser Übersetzung haben wir es nicht in erster Linie mit einer tendenziös rechten Übersetzung zu tun, sondern die Übersetzung findet sich ein im politischen Mainstream der späten 60er Jahre.
Zudem welche realen Staaten dieser Welt könnte wohl der große André Franquin mit seiner Geschichte gemeint haben? Vielleicht Nord- und Südkorea? Oder Nord- und Südvietnam? Hm, gab es da nicht noch etwas anderes? |
19.06.2012, 20:01 | #1081 | |
Moderator Sekundärliteratur
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Zitat:
"Der Schlaf der Vernunft gebiert Ungeheuer" - Francisco de Goya 1799 |
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19.06.2012, 20:50 | #1082 | |
am 11.01.2020 verstorben
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Zitat:
Du hast mir mit fünf pointierten Sätzen eine Menge Argumente erspart, die aus der Feder des Texters von damals dann doch nicht ganz neutral daher gekommen wären. Franquin hat mit "QRN"die Parodie einer fiktive Diktatur geschaffen, die in ihrer muffigen Piefigkeit passgenau und eindeutig-real nur das damalige Paradies der Werktätigen meinen konnte. Die Steilvorlage für (m)eine deutsch-deutsche Eindeutschung im Stil der Zeit ... Schönen Abend wünscht der Peter Meine Webseite: Schatztruhe
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19.06.2012, 21:01 | #1083 | |
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Zitat:
Peter Meine Webseite: Schatztruhe
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20.06.2012, 19:30 | #1084 |
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Ja das war eines meiner Lieblingstaschenbücher damals und wir haben als 14jährige schon genau gewusst um was es da ging. Das hab ich heute noch eines der wenigen Exemplare aus meiner Kindheit.
Und bei Lupo Modern und den Ostgoten haben wir auch genau gewusst was da parodiert wird. Was haben wir uns im Schulhof kaputtgelacht wenn wir das da gemeinsam gelesen haben. |
21.06.2012, 09:34 | #1085 |
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Lieber Eiwennho,
Balsam auf meine Schreiber-Seele: Leser und Redaktion zogen damals verständnisinning an einem Strang! Unsere Leser schätzten den Bretzelburg-Klamauk sofort richtig als Parodie, Persiflage & Seitenhiebe auf damals wohlbekannte Verhältnisse auf. Die empörten Aufschreie wurden moralilastig erst im nachhinein laut - als es opportun war, den Oberlehrer-Zeigefinger zu strecken.Verkennend, nicht erkennend, dass Franquin genau dieser Parodie auf das Land hinter dem Vorhang beabsichtigt hatte. Was denn sonst? Herzliche Grüße Peter Meine Webseite: Schatztruhe
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21.06.2012, 11:13 | #1086 |
Nachrichten
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Kritik an Präsident de Gaulles Versöhnungspolitik mit Deutschland von 1963?
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21.06.2012, 11:53 | #1087 |
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Franquin kritisiert das französische Staatsoberhaupt?
Ich mags nicht so recht glauben ... Wie kommst Du drauf? Peter Meine Webseite: Schatztruhe
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21.06.2012, 13:00 | #1088 |
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21.06.2012, 13:49 | #1089 |
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Auweia!
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21.06.2012, 19:52 | #1090 | |
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Ich habe das auch ähnlich wie Eckart in Erinnerung gehabt, bzw. verstanden.
An das geteilte Deutschland habe ich auch damals, als ich die Story das erste mal las, nicht gedacht - Pickelhauben!!!!!) Nu habe ich mal nachgeschaut, was Franquin dazu gesagt hat: Zitat:
(Quelle: Das grosse André Franquin Buch, Carlsen, S.95 ) "Der Schlaf der Vernunft gebiert Ungeheuer" - Francisco de Goya 1799 |
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22.06.2012, 01:30 | #1091 |
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Ja, nix mit de Gaulle... auf die Idee wäre ich auch nie im Leben gekommen, aber Franquins Aussage halte ich ebenfalls für die Unwahrheit bzw. ein Mißverständnis. Österreich? Italien? Wo ist da die dargestellte Diktatur, wo sind da die preußischen Pickelhauben?
Auch ich schätze die Kauka-Version dieser Geschichte sehr. |
22.06.2012, 07:33 | #1092 |
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Dollfuss und schuschnigg haben autoritär bzw. diktatorisch regiert. Wie zu der zeit Italien "regiert" wurde, muss man nicht erwähnen. Gleiches gilt für Deutschland.
Von den Diktaturen würde es passen. (sofern man das Umfeld der 30er Jahre als Inspiration für die Geschichte akzeptieren könnte) "Der Schlaf der Vernunft gebiert Ungeheuer" - Francisco de Goya 1799 |
22.06.2012, 09:07 | #1093 |
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Ich gestehe, ich kann nicht wirklich mitreden, da ich Bretzelburg (noch) nicht kenne. Weder in der Kauka- noch in der Carlsen-Version.
Ich gebe aber GRUNDSÄTZLICH zu bedenken, dass es immer heikel ist, zu glauben, die Intension des Autors entspräche der eigenen Interpretation. Natürlich ist es zulässig, zB hinter einer Naturbeschreibung eine Allegorie auf das Seelenleben einer Person zu sehen, aber zuweilen meint ein Autor mit 'das Gras ist grün' auch einfach nur, dass das Gras nicht rot, blau, gelb oder braun, sondern eben grün ist... |
22.06.2012, 09:12 | #1094 |
Moderator Sekundärliteratur
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... wenn es denn seine Intention ist.
"Der Schlaf der Vernunft gebiert Ungeheuer" - Francisco de Goya 1799 |
22.06.2012, 09:55 | #1095 |
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Aber QRN in der Kauka-Fassung ist dahingehend ein gutes Beispiel, weil es sich geradezu wie die Faust aufs Auge anbot, um es auf die deutsch-deutschen Verhältnisse umzusetzen. Franquinn verneint zwar, bei dieser Geschichte an dieselbe gedacht zu haben, er sah es eher irgendwo an einer gemeinsamen Grenze (Österreich/Italien), allein, ich will das nicht so recht glauben. Wenn man sich die Grenze, ihre Abschirmung und scharfen Kontrollen so ansieht, dann bleibt für mich eigentlich nur der "eiserne Vorhang" als Synonym übrig. Weiteres Indiz für mich die zwei Packer, die quasi als "Fluchthelfer" sofort reagieren und Pikkolo und Wanninger verstecken. Der Südtirol-Konflikt macht m.E. überhaupt keinen Sinn. Solche Verhältnisse an der Grenze gab es damals nicht. Auch die Bemühungen des intriganten Beraters "Iwan Sownjet" duche Hetze das Wettrüsten anzuheizen und mit gefakten Waffen reich zu werden passt irgendwie nicht mal ansatzweise in die 30er Jahre sondern nur in die 50er und 60er. Ebenso die satirischen Hinweise auf die Folgen der Planwirtschaft.
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22.06.2012, 09:59 | #1096 |
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Grundsätzlich sollte man immer zurückhaltend mit Interpretationen von Inhalten sein. Auf jeden Fall bis zu dem Zeitpunkt, an dem der Autor seine Intentionen öffentlich verbreitet.
Kann sein, dass ich folgendens, mir selbst stets mahnendes Beispiel, im CGN schon einmal verbreitet habe, aber inzwischen gibt es eine Reihe "Neueinsteiger", die es sicherlich noch nicht kennen: Vor Jahren, ach ne, vor Jahrzehnten, war ich mal in der Juri eines (Schmal-) Filmwettbewerbes. Da gab es nun einen Film zu bewerten, der aus Versatzstücken, Wischblenden, sehr raschen Zoombewegungen bestand. Manchmal glaubte man (ich) zu erkennen, dass aus einer Hochbahn heraus vorbeigleitende Häuserzeilen mit wackliger Kamera abgefilmt wurden. Untermalt war das ganze mit Geräuschen, die aus Strassenlärm, vorbeirauschenden Zügen, verzerrt abgespielten Musiken udgl. zusammen gesetzt war - alles recht chaotisch. Es ist leicht vorstellbar, mich welcher Vehemenz die Juroren über diesen Streifen diskutierten, stritten und philosophierten und sogar das vermutete "zerrissene" Innenleben des Filmers in ihn reininterpretierten. Nach den Preisverleihungen (es ist mir schon lange entfallen, ob und wenn ja, welchen Platz dieser Streifen erhalten hat) wurde der Autor nach seinen Beweg- und Ausdrucksgründen gefragt: "ich habe einfach drauf los gefilmt und geschnitten und beliebige Geräuschfetzten drunter gelegt und mir ansonsten keine weiteren Gedanken gemacht" |
22.06.2012, 10:18 | #1097 |
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Umgekehrtes Beispiel: Ich mein mich zu erinnern, dass Uderzo mal beklagt hatte, dass in der Rezeption von 'Der grosse Graben' das geteilte Berlin nicht vorgekommen sei, bzw. die Parallelen dazu nicht erkannt worden wären.
Fand ich unglaublich, weil 'geteiltes Dorf - geteilte Stadt' und 'Graben - Mauer' dermassen offensichtlich ist, dass ich mir nicht vorstellen kann, dass das jemand NICHT sieht. Aber laut Uderzo scheint dort die vorhandene Intention nicht erkannt worden zu sein. PS: Rückblickend erstaunlich wie 'prophetisch' Uderzo beim Grossen Graben war: Damals hätte keiner n müden Cent drauf verwettet, dass zehn Jahre später die Teilung überwunden werden würde, während diese Lösung Uderzo ans Ende seiner Geschichte setzte. |
22.06.2012, 13:31 | #1098 |
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Ich tippe eher auf Ruritanien als Franquins Inspirationsquelle.
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22.06.2012, 18:19 | #1099 |
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P.S.:
Zu Franquins Aussage im "Großen André-Franquin-Buch" möchte ich erwähnen, dass Sadouls Frage in der dt. Ausgabe gekürzt wiedergegeben ist. Die Frage im frz. Originalwortlaut: "Vos deux principautés ennemies, l'une germanisante et l'autre italianisante, elles sont documentées ?" Franquin bezieht sich mit der Nennung Österreich/Italien also auf die Fragestellung! Kommt in der dt. Ausgabe leider so nicht rüber. |
22.06.2012, 19:23 | #1100 |
Operator
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Besitzt jemand die "Integrale"-Fassungen?
http://www.bedetheque.com/spirouetfantasio18.jpg http://www.bedetheque.com/SpirouEtFantasio18.jpg Vielleicht gibt der redaktionelle Teil da ja was her? |
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