11.01.2024, 22:22 | #1826 |
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Auf seine Art und Weise sogar genial.
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12.01.2024, 16:46 | #1827 |
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Mein Tipp "Verbotene Spiele" von 1952" . Wer französische Filme liebt, genau das Richtige.
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12.01.2024, 17:00 | #1828 |
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Der wikipedia-Eintrag klingt sehr interessant. Aber ich kenne natürlich nicht jeden französischen Film, geschweige denn habe ihn auf Video.
Willst Du was darüber schreiben, Richy? |
13.01.2024, 06:28 | #1829 |
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„Buddy Buddy“ (1981) von Billy Wilder ist ein schwieriger Fall. Es war sein letzter Film, und er erhielt sehr gemischte Kritiken. Nachdem ich jetzt Vorlage und Remake unmittelbar nacheinander gesehen habe, muß ich sagen, daß Wilder hinter dem Original ganz klar zurückbleibt. Es ist kein schlechter Film, aber Wilder hat sich zusammen mit I. A. L. Diamond für die meisten Einzelheiten der Handlung etwas Neues einfallen lassen, und fast immer ist es nicht so lustig geworden wie „Die Filzlaus“. Ich habe das Gefühl, nichts an dieser Geschichte hat ihn wirklich interessiert. Die kleinen Seitenhiebe, etwa auf Filmzensur oder die Sexbesessenheit der modernen Gesellschaft, verpuffen. Schade eigentlich.
In meinem Remake-Handbuch wird vor allem bemängelt, daß das so bewährte Paar Jack Lemmon und Walter Matthau hier nicht funktioniert. Lemmon ist nicht so eine Nervensäge wie Jacques Brel; er leidet eher still als in Tränen aufgelöst und ist zeitweise durchaus in der Lage, seine Beziehung zu seiner Frau (Paula Prentiss) nüchtern einzuschätzen. Matthau wird zwar stärker als Auftragsmörder eingeführt, indem er zu Beginn des Films zunächst zwei von drei Kronzeugen ins Jenseits befördert. Aber er ist im Gegensatz zu Lino Ventura kein Killer, sondern im Grunde ebenfalls ein Versager. In „Extrablatt“ hat Matthau einen harten Geschäftsmann gespielt, aber hier fällt der Gegensatz zwischen dem eiskalten Killer und dem verzweifelten Selbstmordkandidat zu schwach aus. Prentiss bekommt anders als Caroline Cellier keine Chance zur Rehabilitation, und Klaus Kinski als ihr neuer Liebhaber (hier nicht nur Arzt, sondern „Sexarzt“) bleibt ganz blass – er hat keinerlei Spielraum zur Entfaltung, und zu allem Überfluß hat ihm die Synchronisation einen penetranten sächsischen Dialekt verpaßt (naja, dafür immerhin kann Wilder nichts). Die Filmmusik von Lalo Schifrin paßt gut. Insbesondere haben Wilder und Diamond sich entschlossen, das Ende umzuschreiben. Nachdem Matthau durch eine Beruhigungsspritze betäubt ist, springt Lemmon für ihn ein. Er will aus Dankbarkeit das Attentat übernehmen. Lemmon schießt daneben, trifft aber doch den Richtigen, denn die Polizei hat den Kronzeugen mit einem Polizisten die Kleider tauschen lassen. Matthau flieht als Priester verkleidet und wird von der Polizei genötigt, dem Mordopfer die letzte Ölung zu spenden. So erfährt er, daß er doch am Ziel ist, und setzt sich beruhigt auf eine einsame karibische Insel ab – bis Lemmon mit einem Boot dort ebenfalls angespült wird. Im Original war es konsequent, daß der Selbstmordkandidat dem Killer bis zuletzt seinen Auftrag vermasselt und ihn noch im Knast vollquatscht. Nur selten mal bietet „Buddy Buddy“ etwas Gleichwertiges oder gar Besseres als das Original. So bringt Matthau Lemmon keinswegs in die Klinik seines Nebenbuhlers, sondern will ihn irgendwo weitab der Zivilisation umlegen. In diesem Moment kommt die Polizei mit der schwangeren Frau vorbei und zwingt ihn dazu, sie ins Krankenhaus zu fahren. So landen sie dann doch bei Kinski, und ein Krankenpfleger versucht, sie abzuwimmeln: „Wir sind eine Sexklinik – mit dem Ergebnis beschäftigen wir uns nicht.“ Kennt man nur Wilders Film, so wird man ihn wohl für ganz unterhaltsam halten. Nichts besonderes, aber eine ordentlich gemachte schwarze Komödie. Die Konsequenz der „Filzlaus“ fehlt ihm. Vielleicht ist Wilder daran aber gar nicht schuld oder jedenfalls nicht allein. Denn er hat den Film nicht produziert. Kann sein, daß die Produzenten keine ätzende Komik wollten, sondern etwas Familientaugliches. Kann aber auch sein, daß Wilder mit der ganzen langen Erfahrung seiner gesamten Hollywoodkarriere nicht mehr den Mut zu einem Werk mit Biß hatte. Geändert von Peter L. Opmann (13.01.2024 um 09:10 Uhr) |
13.01.2024, 06:54 | #1830 |
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Nachtrag: "Buddy Buddy" ist, wie ich gerade sehe, nie offiziell auf DVD veröffentlicht worden. Es gibt eine britische Videocassette und eine Bootleg-DVD, die aber offenbar gar nicht so leicht zu bekommen sind. Und streamen kann man den Film wohl auch nicht.
Ich habe den Film jetzt einfach deshalb digitalisiert, weil ich das auch mit dem Original gemacht habe. Aber möglicherweise ist das eine Rarität. |
13.01.2024, 09:26 | #1831 |
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Ich fand den Film damals gut, hab den aber sicher nicht mit dem Original in Verbindung gebracht beim schauen. Obendrein stellt sich die Frage welchen der beiden habe ich zu erst gesehen.
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13.01.2024, 09:46 | #1832 |
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"Buddy Buddy" ist auch nicht schlecht. Er ist nur schlechter als "Die Filzlaus". Vielleicht erwartet(e) man von Billy Wilder immer ein absolutes Meisterwerk. Ich kann auch nur spekulieren, warum dieser Film keins geworden ist.
Bedauerlich, daß sowohl Jack Lemmon als auch Walter Matthau hier ein bißchen fehlbesetzt sind. Ich mag sie als Komikerpaar sehr. Aber hier wären vielleicht Woody Allen und Steve McQueen (wenn er das als letzte Rolle noch geschafft hätte) besser gewesen. |
13.01.2024, 10:06 | #1833 |
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Interessante Schauspielerkombie die du dir da wünschst.
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13.01.2024, 10:46 | #1834 |
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Naja, das entspricht so etwa der Besetzung, die Molinaro gewählt hat.
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13.01.2024, 11:28 | #1835 |
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Ventura, irgendwie schon aber Brel? Von dem kann ich mich eher an Musik als an Film erinnern und Allen ist mit niemanden vergleichbar finde ich.
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13.01.2024, 11:39 | #1836 |
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Wen würdest Du vorschlagen?
Okay, Jack Lemmon war nicht fehlbesetzt. Aber er hätte seinen Part so spielen können wie in "Ein verrücktes Paar", da war er auch Selbstmordkandidat - vielleicht wollte er ja diese Darbietung bewußt nicht wiederholen. |
13.01.2024, 12:01 | #1837 |
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Bin da vorurteilsfrei, äh vorschlagsfrei.
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16.01.2024, 06:21 | #1838 |
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Manche von Euch können mit Western nichts anfangen. Aber von Zeit zu Zeit muß ich hier einen behandeln, diesmal „Garten des Bösen“ (1954) von Henry Hathaway. Diesen Cinemascope-Film der 20th Century Fox habe ich in meiner Jugend mehrmals im Fernsehen gesehen, aber ich fand ihn immer seltsam. Das hat mich dazu gebracht, ihn jetzt noch einmal zu analysieren. Hathaway hat insgesamt siebenmal mit Gary Cooper zusammengearbeitet – dies ist ihr letzter gemeinsamer Film. Ich finde, er hat Stärken und Schwächen.
Wir haben eine ganz simple Handlung: Susan Hayward engagiert vier Männer (Cooper, Richard Widmark, Cameron Mitchell, Victor Manuel Mendoza), die in einem mexikanischen Nest festsitzen, um ihren Mann (Hugh Marlowe) aus einer Goldmine zu befreien, in der er verunglückt ist. Der Weg dorthin führt durch das Gebiet der Apachen – bald wird klar, daß das Unternehmen lebensgefährlich ist. Sie gelangen zu der Mine, bergen den schwerverletzten Marlowe und müssen gleich darauf vor den native americans (also Indianern) fliehen. Am Ende überleben nur Cooper und Hayward. Diese einfache Geschichte ist psychologisch enorm aufgeladen. Die Männer kennen sich gegenseitig kaum, werden aber alle von Gier nach Gold getrieben, zeitweise auch von ihrer Leidenschaft für die Frau, und tragen dementsprechend ihre Konflikte aus. Derweil ist die Ehe von Marlowe und Hayward kurz davor zu zerbrechen. „Garten des Bösen“ paßt genau in die neurotischen 50er Jahre. Die leicht kafkaeske Stimmung des Films hat mich erneut gepackt. Hathaway konzentriert sich ganz darauf zu zeigen, wie die Männer nacheinander immer mehr die Nerven verlieren. Cooper ist – natürlich – der einzige, der einen kühlen Kopf bewahrt. Irgendwann verrät er, daß er mal Sheriff war (man denkt gleich an den Will Kane aus „High Noon“). Die anderen sind alle Glücksritter. Widmark spielt wie gewohnt den Zyniker, der sich aber am Ende doch opfert, damit Cooper und Hayward endgültig den Apachen entkommen können. Man könnte diese Geschichte als einfallslos bezeichnen; sie hat jedenfalls keine Moral zu bieten. Cooper sagt in der letzten Szene: „Wenn die Erde ganz aus Gold bestehen würde, dann würden die Menschen auch für eine Handvoll Dreck sterben.“ Das ist allerdings hohles Pathos und soll dem Geschehen eine Bedeutung geben, die es nie hat. Budd Boetticher hat ähnliche simple und zugleich archaische Western gedreht, aber es ist ihm, soweit ich seine Filme gesehen habe, dabei gelungen, auf solche Pseudophilosophie zu verzichten. Und doch hat der Western etwas. „Garten des Bösen“ ist ein treffender Titel, denn es wird ein Kontrast zwischen den sich verstellenden und Mißtrauen und Haß nur mühsam verbergenden Menschen und der erhebenden Naturkulisse hergestellt. Mexiko ist hier tatsächlich ein wunderschöner Garten. Mich hat das manchmal an die gelungeneren Karl-May-Filme wie „Der Schatz uim Silbersee“ erinnert, wobei Lex Barker natürlich nicht mit Gary Cooper zu vergleichen ist. Die Schauspielerleistungen finde ich durch die Bank überzeugend. Klugerweise bleiben die Apachen während etwa 80 Prozent der Filmdauer völlig unsichtbar; es gibt nur eine ständige latente Bedrohung durch sie. Daß sie auch im letztendlichen Gefecht auf einem schmalen Gebirgspaß immer nur aus Distanz zu sehen sind, erscheint heute negativ, denn sie werden so auf mordlustige Gesellen reduziert, die man am besten einen nach dem anderen tötet. Cooper sagt immerhin an einer Stelle, daß sie lediglich ihr Land gegen die eindringenden Weißen verteidigen wollen. Also ein zwiespältiger Fall. Dieser Western wird, soweit ich sehe, nicht zu den großen Klassikern gerechnet. An der Kasse war er damals erfolgreich, wenn auch nicht übermäßig. Ich weiß nicht, ob die Buchvorlage schlecht war oder Hathaway das Buch aus irgendwelchen Gründen umschreiben ließ (mit welcher Absicht, wäre zu fragen). Ich bin jedenfalls immer enttäuscht, wenn ein Film nichts bedeutet und auch nichts Überraschendes erzählt. Doch die Atmosphäre finde ich so gelungen, daß ich mir „Garten des Bösen“ auch noch ein weiteres Mal ansehen kann – allerdings wohl nicht so schnell wieder… |
16.01.2024, 06:36 | #1839 |
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Nach dem lesen des Textes kann ich sagen, ja, hab ich gesehen.
Das war es aber auch schon und ohne deinen Text hätte ich mich vermutlich für den Rest meines Lebens nicht mehr an den Film erinnert. KEEP CALM AND DON'T SMASH! |
16.01.2024, 06:40 | #1840 |
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Ich kann ihn auch nicht wirklich empfehlen...
Nur für eingefleischte Western-Fans oder Gary-Cooper-Fans. |
18.01.2024, 06:16 | #1841 |
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Vielleicht hat es der eine oder andere gemerkt: Den ursprünglichen Plan, zuerst die schwer erhältlichen Filme in meiner Videosammlung zu digitalisieren, kann ich nicht durchhalten. Gestern abend war mir danach, etwas Leichtes und Lustiges zu sehen. Außerdem ist „Die Marx Brothers in der Oper“ (1935) von Sam Wood bei mir auf derselben Cassette wie „Mein kleiner Gockel“ (den ich neulich besprochen habe). Dieser Marx-Brothers-Film gilt als einer ihrer besten, wenn nicht als der beste. Das ist aber vor allem eine Anerkennung für den Produzenten Irving Thalberg, der es schaffte, beinahe Unvereinbares zusammenzubringen. Er milderte die Aggressivität und den Anarchismus der Brüder, ohne ihre spezielle Komik zu zerstören; er band sie in eine halbwegs sinnvolle Handlung ein, und beließ dem Film trotzdem die gewohnte Absurdität. Die Marx Brothers wurden familientauglicher, ohne daß man sie nicht mehr wiedererkannte. Das war schon eine bemerkenswerte Leistung des MGM-Produktionschefs, der ein großer Marx-Brothers-Fan war.
Mit den vorhergehenden Filmen bei Paramount hatten die Marx Brothers immer weniger Erfolg gehabt. Das Studio wollte sie loswerden, und MGM griff zu. Manche Slapstick-Komiker waren in derselben Situation – ich erinnere besonders an Laurel und Hardy. Auch ihre Filme bekamen zu dieser Zeit zunehmend eine ordentliche Handlung, und ihre improvisierte und absurde Komik wurde in den Hintergrund gedrängt. Die Marx Brothers sind zwar nicht dem Slapstick zuzurechnen, aber die ähnliche Entwicklung ist Ausdruck dafür, daß unberechenbare Komödianten, die von der Bühne kamen, im Hollywood-Konzept der 1930er Jahre keinen Platz mehr hatten oder sich anpassen mußten. Was also ist die Handlung? Ein italienisches Opernensemble wird nach New York verpflichtet. Den Deal fädelt der windige Groucho Marx zusammen mit dem Amerikaner Sig Rumann (ein Hochstapler) ein; das Geld für die Schiffahrt und den Aufenthalt in NY kommt von der affektierten Millionärin Margaret Dumont, um die sich Groucho bemüht, die aber nicht leicht bei Laune zu halten ist. Der Tenor Walter Woolf King will mit der Reise die schöne Sängerin Kitty Carlisle für sich gewinnen, die liebt aber einen anderen Sänger, Allan Jones. Chico und Harpo Marx schleichen sich als blinde Passagiere an Bord. In NY angekommen, setzen die Marx Brothers alles daran, Dumont weiter für das Unternehmen zahlen zu lassen und sowohl Rumann als auch King das Handwerk zu legen. Bei ihrer Premiere im Opernhaus (es soll sich um die Metropolitan Opera handeln) entsteht ein unbeschreibliches Chaos, und schließlich bricht während der Vorstellung Feuer aus. Doch Carlisle und Jones gehen auf die Bühne und singen so schön, daß sich das Publikum beruhigt. Die Marx Brothers werden am Ende als Retter gefeiert. Das Drehbuch, an dem mindestens sechs Autoren, darunter auch Buster Keaton, mitschrieben, ist also doch nur ein Vorwand dafür, daß die Hauptfiguren in ihre gewohnten Rollen schlüpfen können. Highlights des Films sind einzelne glanzvolle Szenen: die Eröffnung, als Groucho Dumont beim verabredeten Dinner warten läßt und in ihrem Rücken mit einer attraktiven Blondine speist; eine Massenversammlung in Grouchos absurd kleiner Schiffskabine; eine vermasselte Polizeidurchsuchung im New Yorker Hotelzimmer der Brüder; die Opernaufführung in der Met, die die Marx Brothers unter anderem in eine Ballsportübung verwandeln. Thalberg erreichte sein Ziel: der Film spielte wieder einen schönen Gewinn ein. Groucho mochte dennoch den letzten Paramount-Film „Duck Soup“ („Die Marx Brothers im Krieg“) lieber, und ich bin geneigt, ihm zuzustimmen. Aber die Marx Brothers zollten der Leistung und dem Geschäftssinn Thalbergs Respekt. Zu seiner Strategie gehörte, sie zunächst auf eine Bühnentournee zu schicken und etliche Gags des Films vorher auszuprobieren. Mitarbeiter am Drehbuch saßen im Publikum und registrierten, welche gut und welche weniger ankamen, schrieben manche direkt um. Nach den Previews des Films, die nicht sehr positiv ausfielen, kümmerte sich Thalberg persönlich um den Schnitt; er ruinierte beim Schneiden aber nicht den Film, sondern verlieh ihm erst den richtigen Rhythmus. Ich habe „Die Marx Brothers in der Oper“ damals im Turner-Sender TNT aufgenommen, also in englischer Originalfassung. Einerseits bekommt man so den unvergleichlichen Wortwitz von Groucho pur, andererseits habe ich wahrscheinlich nicht alle Feinheiten der Gags mitbekommen. Mir hat der Film ganz gut gefallen, aber besser finde ich neben „Duck Soup“ auch das darauf folgende Werk, „Ein Tag beim Rennen“ (schon oben besprochen), obwohl es eine schwierige Produktionsgeschichte hat und Irving Thalberg dann noch vor dem Abschluß dieses Films mit 37 Jahren starb. |
19.01.2024, 06:53 | #1842 |
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Im Gegensatz zu Chaplin, Laurel& Hardy u.s.w. fanden die Marx-Brothers in der DDR praktisch nicht statt. Eigentlich kannte ich sie nur aus ein paar Bemerkungen in einigen Büchern, z.B. jemand "sah aus, wie Graucho Marx ", was mir natürlich überhaupt nicht weiter half.
Keine Ahnung, ob das nur an der Namensgleichheit mit dem Staatsheiligen Nr. 1 lag, den man nicht mit dem Klamauk in Verbindung bringen wollte, oder ob sie wirklich als zu anarchisch für den "normalen" Bürger eingeschätzt wurden. Jeder Idiot kann eine Krise meistern. Es ist der Alltag, der uns fertig macht. Geändert von Nante (19.01.2024 um 07:54 Uhr) Grund: ChapLin |
19.01.2024, 09:41 | #1843 | |
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Dazu ein Zitat aus der FAZ (1991):
Zitat:
Groucho: Why don't you fellows be nice. Get out of here before I get arrested. "Deutscher" Groucho: Nun seid doch bloß vernünftig und verschwindet, bevor sie euch verhaften. Chico: No, I'd like to stay and see that. "Deutscher" Chico: Nein, das lassen wir uns nicht entgehen. (Meint Chico seine eigene Verhaftung?) Grouchos Warnung klingt bei Ode gut gemeint, Chicos Antwort nur bescheuert. |
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20.01.2024, 06:30 | #1844 |
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Nun eines der Werke, die ich aus filmhistorischen Gründen unbedingt sichern will: „Ben Hur“ (1925) von Fred Niblo. Ein epochaler Film, obwohl er gar nicht so gut ist. Es war keineswegs der erste monumentale Antikfilm. Erfunden haben das Genre wohl 1913 die Italiener mit „Cabiria“, und wie ich gesehen habe, hatten sie auch schon „Quo vadis“ verfilmt. „Ben Hur“ war eine Machtdemonstration Hollywoods, eine Produktion von Sam Goldwyn. Er hatte einfach viel mehr Geld und spielte allein mit den Schauwerten des zweieinhalbstündigen Films noch mehr Geld ein. Er ging zudem auf Nummer sicher, indem er einen Roman von Lewis Wallace (ursprünglich General im amerikanischen Bürgerkrieg) auswählte, dessen Auflage damals nur der Bibel ein wenig nachstand. Über „Ben Hur“ könnte man sehr viel schreiben, unter anderem über die fast dreijährigen Dreharbeiten unter verschiedenen Regisseuren, die witzigerweise in Cinecitta stattfanden. Goldwyn verdarb da so die Preise, daß die Italiener danach keine eigenen Sandalenfilme mehr drehen konnten. Allerdings war bei Fertigstellung des Films die Goldwyn Company in Metro Goldwyn Meyer aufgegangen, und Goldwyn hatte gar nichts mehr zu sagen.
Heute dürfte „Ben Hur“ nicht mehr allgemein bekannt sein, daher kurz, worum es geht: Der Titelheld ist Sproß einer Jerusalemer Fürstenfamilie, die unter den Römern, den neuen Herren in Palästina, unter die Räder zu kommen droht. Der Diener Simonides bringt zwar das Familienvermögen in Sicherheit, aber Ben Hur wird verhaftet und zum Galeerensträfling gemacht, der Rest der Familie versprengt. Hur rettet dem Kapitän des Schiffs bei einem Piratenüberfall das Leben und wird freigelassen. Er macht Karriere als Wagenlenker in der Arena, reist aber bei jeder Gelegenheit nach Jerusalem, um seine Mutter und Schwester zu suchen. Zunächst muß er aber gegen den Römer Messala beim Wagenrennen antreten – an ihm will er sich für das rächen, was seiner Familie angetan wurde. Das Rennen nimmt gut fünf Minuten des Films ein und wirkt noch heute packend inszeniert. Mit einer neuen Spur kommt Ben Hur nach Jerusalem: Er findet Simonides. Es ist die Zeit, in der das Volk von einem Wanderprediger hin und her gerissen ist. Die einen halten ihn für den verheißenen Messias, die anderen für einen Betrüger, der ans Kreuz geschlagen gehört. Ben Hur begegnet diesem Jesus von Nazareth, der ihn ermahnt, von seinen Rachegedanken abzulassen. Seine Mutter und Schwester sind inzwischen in einem Verlies vom Aussatz befallen, aber Jesus heilt sie noch auf dem Weg nach Golgatha. Die Familie ist wieder vereint; der Gedanke von Friede und Versöhnung verbreitet sich überall. Ben Hurs letzter Satz: „Er ist nicht tot. In den Herzen der Menschen wird er ewig leben.“ Der Film ist von Szenen aus dem Leben Jesu eingerahmt, beginnend mit seiner Geburt. Bemerkenswert, daß schon 1925 die Auferstehung geleugnet wurde. Bei Cecil B. DeMille, dem Spezialisten für monumentale (naive) Bibelfilme, hätte es das nicht gegeben. Ansonsten wird aber eine Menge pseudochristliche Folklore geboten: Die Geburt findet am 24. Dezember statt (wenn schon, hätte es der 25. sein müssen), und Maria und Josef werden nicht in einen Stall, sondern in die „Höhle Davids“ geschickt, an einen „heiligen Ort“. Wann immer Jesus ein Wunder tut, führt er seine Hand wie ein Zauberkünstler. Und immer wieder tauchen Hinweise auf Reliquienverehrung auf. Biblisches Geschehen wird so inszeniert, wie es einfache Menschen verstehen können. Die biblischen Szenen sind häufig in frühem Technicolor gefilmt. Die meiste Zeit bleiben aber die Geschichte Jesu (er selbst ist auch nie richtig im Bild) und die des Ben Hur ziemlich unverbunden. Im Interesse der Action kreuzen sie sich erst, wenn Ben Hur seine Rache beinahe vollendet hat. Ich habe ein wenig auf die Filmtechnik geachtet. Es gibt eine bewegliche Kamera, Totalen, Nahaufnahmen und Schwenks (erfunden hat das ja David W. Griffith). Aber Niblo geht sehr sparsam damit um. Es dürfte Absicht sein, daß er die Bilder speziell während des Wagenrennens in Bewegung bringt. Da wurden 60 Kameras eingesetzt, teils wurde von einem kleinen Flugzeug aus gefilmt, und man verwendete auch Aufnahmen eines echten Unfalls, der ursprünglich nicht im Drehbuch stand. Wie ich gelesen habe, kamen dabei vier Pferde zu Tode. Der Rest des Films ist sehr statisch aufgenommen. Was mir noch auffiel: Massenszenen werden oft durch eingeschnittene kleine Szenen aufgelockert. Das soll aber bereits ein Kennzeichen der Erzählweise von Wallace sein. Angeblich wurde sein Roman recht getreulich abgefilmt. Ben Hur ist ein typischer amerikanischer Held, ein großer Individualist. Die geschichtliche Situation, die den Hintergrund bildet, bleibt ziemlich unwichtig. Gäbe es das biblische Jerusalem nicht, dann müßte man sich lediglich einen anderen Grund dafür ausdenken, warum der Held am Ende friedfertig wird. Bis dahin ist er aber zielstrebig, zäh und setzt sich hauptsächlich mit Willenskraft gegen alle Widerstände durch. Darsteller ist Ramon Novarro, einer der großen Kinohelden der Stummfilmzeit neben Douglas Fairbanks und dem Herzensbrecher Rodolfo Valentino. Aber auch sein Gegenspieler, Francis X. Bushman (Messala), war im gleichen Fach tätig und in gewissem Sinn der Vorläufer von Clark Gable. Von den übrigen Stars ist glaube ich keiner bis heute bekannt geblieben. Beim Wagenrennen sollen zahlreiche VIPs der damaligen Zeit zu sehen sein, darunter Sam Goldwyn selbst, Lionel Barrymore, Joan Crawford, Harold Lloyd, Myrna Loy und Carole Lombard. Ich denke, „Ben Hur“ setzte Maßstäbe für eine ganze Reihe von Monumentalfilmen. Sie trugen freilich den Keim des Untergangs in sich, denn sie wurden bis in die frühen 1960er Jahre schließlich so teuer, daß es unmöglich war, die Kosten zu amortisieren, geschweige denn, Gewinn zu machen. Am Ende gelang es dem Genre auch nicht mehr richtig, die Leute von ihren Fernsehgeräten wegzulocken. Das ahnte freilich 1925 noch niemand. Geändert von Peter L. Opmann (20.01.2024 um 06:56 Uhr) |
20.01.2024, 06:48 | #1845 | |
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Zitat:
Ein Meisterwerk. |
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20.01.2024, 06:52 | #1846 |
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Dafür gibt es eine Tradition in Hollywood. Auf jeden Fall ist es in "The Robe", dem ersten Cinemascope-Film, auch so.
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20.01.2024, 06:55 | #1847 |
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Bei der Stummfilmversion sind mir vor allem zwei Dinge in Erinnerung:
1. Ben Hur war hier (im Gegensatz zu "Stonface" Heston) wirklich jung, dafür war der Messala-Darsteller eigentlich zu alt. 2. Die Seeschlacht, die aus heutiger Sicht sicher eher komisch wirkt. Jeder Idiot kann eine Krise meistern. Es ist der Alltag, der uns fertig macht. |
20.01.2024, 06:58 | #1848 |
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Die Seeschlacht fand ich nicht mißglückt. Man sieht höchstens ein bißchen, daß das alles wohl im Studio gedreht ist. Aber auch hier gibt es wuselnde Massenszenen.
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20.01.2024, 08:52 | #1849 |
Moderator Panini Fan-Forum
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Ich erinnere mich an den alten Film kaum noch, an den "neuen" auch kaum besser, zum Buch ist mir nur in Erinnerung geblieben das die Geschichte eigentlich erst in der zweiten Hälfte beginnt und die erste sich nur mit Biblischen Dingen beschäftigte. Sehr dicker Wälzer und in der ersten Hälfte sehr zäh.
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20.01.2024, 09:19 | #1850 |
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Woher stammt denn diese Info? Gerade in 1960er Jahren wurden viele Sandalenfilme in Cinecitta gedreht. Z. B. die ganzen Maciste-Streifen.
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