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22.09.2017, 17:25 | #1 | |
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Zitat:
Beginnen wir mal mit einer kleinen Rechnung: 75 Panels hat Jack Kirby für dieses Heft gezeichnet, das sind durchschnittlich 3,75 pro Seite. Man sieht, er arbeitet überwiegend mit großen Panels. Es bleiben zwar 20 Seiten, die er vollpinseln muß, aber damit ist wohl schon eine gewisse Rationalisierung verbunden. Später haben wir bei Kirby noch mehr große Panels und einen immer reduzierteren, dabei monumentaleren Zeichenstil. Er hat sich gezielt darum bemüht, immer mehr Seiten in immer kürzerer Zeit zeichnen zu können. Das war sein Versuch, am enormen Erfolg der Marvel Comics teilzuhaben. Die Story dieser Ausgabe wirkt heute ziemlich frauenfeindlich – obwohl sie ganz anders gemeint war. Ausgangspunkt ist die Unterstellung, daß Crystal, eine junge Frau, trotz Superkräften nicht bei den Fantastischen Vier mitmachen kann. Sie möchte gern, weil Sue nach der Geburt ihres Sohnes nun eine Weile ausfallen wird. Schon Sue hatte mit dem männlichen Vorurteil zu kämpfen, sie passe und gehöre – als Frau – nicht ins Team. Frauen sollen liebreizend und still sein und sich von Zeit zu Zeit aus der Hand von Bösewichtern, die sie entführt haben, befreien lassen. Mehr nicht. So die herrschende Meinung Ende 1968, als der Comic erschien. Die Story „Jetzt kommt die schöne Crystal“ soll dieses Vorurteil widerlegen. Crystal hat sich ein FV-Kostüm geschneidert und will so gleich vollendete Tatsachen schaffen. Aber Ben und auch ihr Freund Johnny reagieren sehr zurückhaltend auf ihren Wunsch, Teammitglied zu werden. Reed, der dazukommt, setzt noch eins drauf: „So eine Entscheidung sollte nicht leichtfertig getroffen werden.“ Das würde ein Mann sicher nie zu hören bekommen. Doch in diesem Moment startet der Zauberer (zuletzt zu sehen in FV # 74) seinen nächsten Angriff. Er hat neue Wunderhandschuhe konstruiert, mit denen er sich nun endgültig unbesiegbar fühlt. Zwei Seiten lang testet er sie, zertrümmert einen Truck und zerstört einen Hydranten, dann löst er aus der Ferne die alten Handschuhe auf, um die die FV gerade herumstehen. Sie wissen gleich, was das bedeutet. Ein erstes Kräftemessen zwischen dem Zauberer und der Fackel geht unentschieden aus. Da biegen die übrigen Mitglieder (ohne Sue, aber mit Crystal) im Fantasticar um die Ecke. Der Zauberer will sie auf Distanz halten, indem er einen großen Wassertank aus der Verankerung reißt und ihn auf das Fantasticar schleudert. Ding löst das Problem mit einem beherzten Schlag. Crystal sorgt dafür, daß das genau über dem Fluß (mutmaßlich dem Hudson River) geschieht, so daß kein Schaden angerichtet wird. Crystal besitzt recht rätselhafte Elementarkräfte, das heißt, sie kann Gegenstände – und Menschen – telekinetisch bewegen und Unwetter losbrechen lassen (so wie später Storm von den X-Men). Man könnte sie wohl auch als Hexenkräfte bezeichnen. Jedenfalls stellt sie sich dem Zauberer machtvoll entgegen. Der ist auf diese Gegnerin nicht eingestellt und beginnt zu wanken. Fackel und Ding tunken ihn schließlich in die Fluten des Flusses, wo er dem zugreifenden Arm von Mr. Fantastic jedoch entrinnt und damit die Chance zu einer erneuten Revanche erhält. Der Schluß liest sich besonders chauvinistisch, obwohl das damals sicher nicht so gedacht war. Crystal wird nun offiziell bei den FV aufgenommen, was ihr Freund Johnny mit der Bemerkung kommentiert: „Sollte sich jetzt ein Superschurke blicken lassen, wird Crystal ihn mit ihrem Puderquast in die Flucht schlagen!“ Ding stand ihm schon vorher kaum nach: „Willst du dich nicht lieber als Go-Go-Girl bewerben?“ Trotz des veralteten Werte- und Gesellschaftssystems, das dieser Episode zugrundeliegt, liest sie sich sehr flüssig und gefällig. Diese Story kommt ohne größere Vorbereitungen aus, da der Zauberer eine bestens eingeführte Figur ist. Lee und Kirby können sich ganz darauf konzentrieren, wie sich Crystal im Team bewährt. Da vom Bild eines schwachen Mädchens ausgegangen wird, ergibt sich ein sehr wirkungsvoller Kontrast zu ihrem couragierten und wirkmächtigen Auftritt. Diese dramatische Grundkonstellation wird wie üblich mit einigen lockeren Sprüchen, vor allem von Ding, garniert („Wie oft müssen wir diesen Knilch denn noch verdreschen?“). Sehr sympathisch finde ich, daß die Superkräfte, die hier eingesetzt werden, noch sehr überschaubar sind. Der Zauberer kann eigentlich nur einzelne Gebäude in New York zerstören (als er dies einmal tut, wird hervorgehoben, daß es sich um ein „abbruchreifes Kaufhaus“ handelt). Im heutigen Marvel-Universum käme ihm höchstens die Rolle einer Aushilfe zu. Das bedeutet aber nicht, daß es der Story an Dramatik mangelt. Lee und Kirby sind einfach Meister darin, ihre Figuren posen und geschwollen daherreden zu lassen (mal drohend, mal witzig). Da nehme ich auch heute noch alle Schwächen, die die Story aufweist, gern in Kauf. Noch zwei Anmerkungen zum Schluß: Diese Monatsproduktion bringt eine Leserbriefseite, auf der eine Menge Enttäuschung, Frust und Wut über die Einstellung von sechs Marveltiteln zum Ausdruck kommt. Die Redaktion war dafür ja nicht der richtige Adressat, weil sie die Entscheidung sicherlich nicht getroffen hat. Sie konnte in den Briefen (20 wurden abgedruckt) die Bestätigung sehen, daß es noch genug Nachfrage nach deutschen Marvels gab. Ich weiß freilich nicht, wie stark die Auflage auch bei „Spinne“, „FV“ oder „Rächer“ schon gesunken war, so daß hier möglicherweise eine Fanreaktion suggeriert wurde, die längst nicht so stark war, wie es schien. Außerdem: Ohne Aufsehen hat Williams mit dieser Produktion den Coverpreis von 1,40 auf 1,50 D-Mark erhöht (das wären heute um die 70 Cent). Dabei blieb es bis zur Einstellung von „Spinne“, „FV“ und „Rächer“; bei „Horror“, der am längsten laufenden Williams-Heftserie, wurde der Preis später noch einmal moderat angehoben. Aus heutiger Sicht erscheint die Preiserhöhung beinahe niedlich. Sie reichte wohl bei weitem nicht aus, zu den nötigen Einnahmen zu kommen. Andererseits waren das glückliche Zeiten, als das Comiclesen ein so billiges Vergnügen war. |
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22.09.2017, 20:37 | #2 |
Moderator Sprechblase
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Der Preis für Horror wurde später noch 4 x erhöht wobei sich der Preis innerhalb von 4 Jahren um 50 Pfennig erhöhte!!!
ab 84 = 1,60 DM / ab 107 = 1,70 DM / ab 116 = 1,90 DM und ab 142 = 2,00 DM |
22.09.2017, 21:10 | #3 |
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Danke für die Präzisierung.
Aber es wäre schön, wenn es heute noch ein Comicheft - mit diesem Qualitätsniveau - für einen Euro gäbe. |
23.09.2017, 01:13 | #4 |
Moderator Preisfindung
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@Peter
Ob das so schön wäre wenn heute ein Handwerksgeselle nach der Lehre für 5 € Brutto die Std. arbeiten müsste? Mehr als ein Westfale kann der Mensch nicht werden! |
23.09.2017, 07:09 | #5 |
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Mir ging's nicht um die Inflation. Ich habe behauptet, daß so ein Comicheft auch inflationsbereinigt heute noch recht günstig wäre. Allerdings haben die Panini-Hefte nicht mehr nur 32 Seiten. Vielleicht wäre ein Vergleich schwierig.
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24.09.2017, 17:56 | #6 |
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Hachette Monatslieferung Zeit für Superhelden - September 2017
Ehrlich gesagt bin ich ganz froh, dass die Sammlung der klassischen Ausgaben nun abgeschlossen ist, kannte ich die meisten von ihnen eh schon und es war stets eine Menge zähflüssiger Text in ihnen zu bewältigen. Nach meinen Informationen wird der Rest der Sammlung aus aktuelleren Geschichten bestehen, die sich aus Marvel Now rekrutieren. Hier betrete ich überwiegend Neuland, wie mir die Lieferung des aktuellen Monats bewies: Ausgabe 82 - Uncanny Avengers: Der rote Schatten Autor & Zeichner: Rick Remender, John Cassaday, Inhalt: Uncanny Avengers 1-5 Die Uncanny Avengers, Captain Americas neues Heldenteam aus Menschen und Mutanten, stehen vor einer übermächtigen Herausforderung, als der teuflische Red Skull zurückkehrt. Der widerwärtige Faschist, der auf wahrhaft furchtbare Weise seine Kräfte steigern konnte, ist entschlossen, den Hass zwischen Menschen und Mutanten anzufachen. Verzweifelt versucht das noch junge Team, Red Skull und seine Anhänger aufzuhalten, bevor die ganze Welt seiner unheilvollen Macht zum Opfer fällt. Auch wenn zum x-ten Mal Altnazi Red Skull als Kontrahent die Comicseiten beehrt – bei Hachette muss jemand diesen Schurken wohl richtig geil finden - , entwickelt sich doch eine rasante Geschichte, die ihre Dramatik aus dem Spannungsfeld zwischen Mutanten und Menschen generiert. Hinzu kommt ein gehöriger Schuss Soap und gute Zeichnungen. Auf jeden Fall lesenswert. Ausgabe 81 - Hawkeye: Mein Leben als Waffe Autor & Zeichner: Matt Fraction & David Aja, Inhalt: Hawkeye 1-5 und Young Avengers Presents 6 Ein Abenteuer mit einer doppelten Dosis Bogenschützen, denn wir begegnen darin nicht einem, sondern zwei Hawkeyes! Clint Barton verbündet sich mit Kate Bishop gegen russische Verbrecherbanden, den Circus of Crime, Madame Masque und weitere gefährliche Gegner. Freuen Sie sich auf eine innovative, einzigartige Marvel-Story von Matt Fraction und David Aja. Eine der Geschichten, die aufgrund ihrer innovativen Art des Erzählens lange in Erinnerung bleiben wird und das Zeug zu einem echten Klassiker in sich birgt. Tolles Storytelling mit passender Bebilderung erzählen von einem Hawkeye, dem man so überhaupt nicht kennt. |
24.09.2017, 20:15 | #7 | |
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Zitat:
Die Sachen aus den 70er Jahren waren schon oft ziemlich verschwurbelt und schwer lesbar (Beispiel: "Deathlok" kannte ich schon ansatzweise von den US-Originalen her und war sehr gespannt, hatte aber trotzdem Mühe, das flüssig durchzulesen). Aber die 70er Jahre waren für Marvel eine sehr experimentelle Zeit, und ich fand es schon gut, das mal näher kennenlernen zu können. Es ist halt auch hart, so einen Sammelband schnell durchzulesen. Vielleicht wäre es besser gewesen, diese Hefte - wie früher - im Zweiwochen- oder Monatsabstand zu lesen, um sich in diese Serien hineinzufinden. |
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25.09.2017, 09:49 | #8 | |
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Zitat:
Es gab eine Menge wundervoller HCs. Allein schon Dr. Strange in einem Stück zu lesen war ein wunderbarer Nachmittag. Den Eisernen endlich weiterlesen, die grandiosen Nick Alben, erstmals Cap, Warlock und Howard einfach nur geil, Defenders in einer anständigen Form, Geschichten aus Asgard alle mal in einem Band und vollständig (ja über die Ausführung kann gestritten werden) und und und. Den ganzen neumodischen wiederveröffentlichten seelenlosen Scheiß, mit wenigen Ausnahmen, kannste dir dagegen an den Arsch nageln. DAS hier waren noch Comics. |
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