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Alt 17.10.2017, 16:52   #1  
Detlef Lorenz
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Nummer 58


Durch Steppe und Eis. Vom Bau der transsibirischen Eisenbahn







Zu den großen technischen Leistungen des Industriezeitalters gehört zweifelslos der Bau von Eisenbahnstrecken. Nürnberg – Fürth, Berlin – Potsdam (um nur die ersten beiden deutschen Linien zu nennen), läuteten dieses Zeitalter der schnellen Verkehrsverbindungen ein. Was aber sind die genannten Strecken gegen die Nordamerikanische Pazifik – Eisenbahn (siehe Abenteuer der Weltgeschichte Nummer 9) oder gar die „Transsibirische Eisenbahn“ („Transsib“). Die Länge dieses gigantischen Projektes beträgt über 9000 Kilometer, je nach Quelle sind es 9145 Km, oder 9288, was aber sicherlich nie ganz genau festgelegt werden kann. Zu viele Umwege, Abzweigungen, neue Planungen noch während des Baus und daraus sich resultierende Streckenänderungen, lassen genau Zahlen wohl nie zu. Aber was bedeuten schon ein paar Kilometer mehr oder weniger, gegenüber der Gesamtstrecke.

Das damalige zaristische Russland suchte in der zweiten Hälfte des 19ten Jahrhunderts Wege, um die riesige und reiche Landmasse Sibiriens zu erschließen und auch eine Verbindung zu den russischen Besitzungen im fernen Osten, die Pazifikküste mit dem Hafen Wladiwostok mit dem europäische Teil zu verbinden. Nicht nur wirtschaftliche Interessen lagen vor, auch politische Probleme tauchten mit dem aufstrebenden Konkurrenten Japan auf (wie wir später noch sehen werden). Laut des hier besprochenen Heftes soll es viele Widerstände gegen ein derartiges Eisenbahnprojekt gegeben haben, vor allem von den agrarischen Großgrundbesitzern, die befürchteten, ihre leibeigenen Arbeiter würden sich nach Sibirien absetzen. Erst ein sogenanntes Machtwort des Zaren Alexander III setzte dem ein Ende und im Jahr 1891 wurde bei Wladiwostok mit dem ersten Spatenstich der Bau begonnen. In den USA wurde an zwei Stellen zugleich, in Sacramento/Kalifornien und Omaha am Missouri begonnen. Für die wesentlich längere Transsib – Streckenführung begann man an mehreren Stellen zugleich. Ungeheure logistische Aufgaben waren zu überwinden. Auch Probleme vor Ort tauchten auf, als z. B. übersehen(?) wurde, dass manche Flüsse, wie der Amur, im Frühjahr einen bis zu 10 Meter höheren Wasserstand aufwies, und schon verlegte Gleisstrecken einfach wegspülte.

Die Arbeiter wurden zum großen Teil aus Sträflingen rekrutiert, denen man straferlas bei der Beendigung der Bauarbeiten versprach (wer von ihnen das wohl erlebt haben mag!). Aber auch chinesische Arbeitskräfte wurde herangezogen, die allerdings um 1900 gut 700 (?) Streckenkilometer demolierten, als in China der sogenannte „Boxeraufstand“ gegen die westliche koloniale Politik ausbrach (siehe: „Der Boxeraufstand“ Heft Nummer 66), der sich auch gegen Russland richtete. Der Russisch/Japanische Krieg 1904/5 (siehe Heft Nummer 51) förderte, wie so oft, den rascheren Ausbau der Strecke. Sogar eine zweigleisige Trasse wurde geplant, was aber mit dem schnellen Sieg der Japaner erst ab 1908 begonnen wurde.
Neben dem unwirtlichen sibirischen Klima – um das mal freundlich auszudrücken – machten auch wilde Tiere den Bau für die Arbeiter zum Wagnis … tatsächlich!? Im Heft ist von winterlichen Angriffen ausgehungerter Wolfsrudel die Rede und auch Bären sollen tätlich geworden sein. Ich denke, das sich mal ein Bär an eine Baustelle verirrt kann, das aber Wölfe Menschen angreifen, fällt wohl mehr ins Reich der Phantasie, bzw. der bis heute nicht endenden Mär von der Bestie Wolf, der man den Garaus machen muss.

1904 scheint die Bahn durchgehend betriebsbereit zu sein, ich habe aber auch das Jahr 1916 gefunden, das bezieht sich möglicherweise auf verschiedene Ausbaustufen. Jedenfalls ist die technische Meisterleistung, auf dem Rücken großer unermesslicher menschlicher Opfer, es ist die Rede von mehreren 10 000, für Russland ein wichtiger Meilenstein zur Erschließung des sogenannten fernen Ostens.

Das Heftinhalt hält sich recht genau an die Tatsachen, wenn man die Schauermärchen über die Wölfe mal außer Acht lässt.







Die 2. Umschlagseite zeigt eine zeitgenössische (Teil-)Darstellung Wladiwostoks.

Die Seiten 3, 4 und 32 erhält einen Artikel über die klimatischen und wirtschaftlichen Verhältnisse (Ost-)Sibiriens.

Die Vorschau auf der Seite 33 geht bis zum Heft 62, dass „Simon Bolivar“ gewidmet ist.

Die Nachbestellliste auf der nächsten Seite fängt bei der Nummer 19 an.
Die 3. Umschlagseite zeigt als Vorschau des kommenden Heftes den Titel „Gaius Julius Caesar, Imperator des römischen Weltreiches“. Das fängt ja schon im Titel gut an, denn Imperator war Caesar nie.

Zu guter Letzt ist es diesmal die UHU-Reklame, die das Heft abschließt. Eine gezeichnete Wohnlandschaft der damaligen Zeit wird in Verbindung mit dem Allerkleber gezeigt. Traut man den recht einfach gestalteten Möbeln keine lange Haltbarkeit zu …
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Alt 17.10.2017, 17:09   #2  
Servalan
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Gruselmärchen über böse Bären und Wölfe lassen sich besser verkaufen, als die echten Tiere und Tierchen, die den Ingenieuren einen Strich durch die Rechnung gemacht haben: Ich nehme an, das waren eher Mäuse, Ratten und andere Nager ...
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Alt 22.10.2017, 19:36   #3  
Detlef Lorenz
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Nummer 59

Gaius Julius Caesar, Imperator des römischen Weltreiches








Der im Heft bebildert wiedergegebene Lebenslauf Cäsars scheint mit korrekt wieder gegeben. Was kaum ein Wunder ist, denn er dürfte wahrscheinlich der mit meistbeschriebene Politiker der Antike sein, vor allem auch wegen seiner Selbstdarstellungen in zahlreichen Publikationen. Ich denke da nur an Commentarii de bello Gallico (Kommentare zum Gallischen Krieg), in denen er Land und Leute (Germanen und Kelten werden von ihm erstmals als unterschiedliche Völker beschrieben), den Krieg, so wie natürlich seine Rolle darin schildert. Was ich am Lebenslauf vermisse, sowohl im Comicteil, als auch in den zusätzlichen Texten auf der Seite 3 („Gaius Julius Caesar, Imperator des römischen Weltreiches“), ist die Rolle der letzten griechisch/ägyptischen Pharaonin Kleopatra. Immerhin hatten sie nicht nur ein Verhältnis miteinander, sondern auch einen Sohn, Ptolemaios XV, Caesarion (der kleine Caesar). Dieser war den römischen Politikern immerhin so wichtig, das die Vaterschaft Caesars bestritten wurde. Hauptsächlich wurde dies von Octavian in die Welt gesetzt, da er selbst „nur“ ein Adoptivsohn Cäsars und einen möglichen Anspruch auf dessen Erbe befürchten musste. Außerdem nahm Kleopatra ihren Sohn 46 v.d.Z. mit nach Rom, als sie Caesar „besuchte“. Als Oktavian den Krieg gegen seinen letzten Gegner (Marcus Antonius) in Ägypten endgültig gewonnen hatte, lies er Ptolemaios hinrichten. Natürlich kann hier nicht jedes Ereignis wieder gegeben werden, ein etwas längerer Artikel zu Caesar, als nur eine Seite, wäre dazu angebracht gewesen.

Wenden wir uns nun dem Titelbild zu, denn es hat noch mehr zu bieten, als nur die sicherlich missverstandene Titulatur Cäsars: Obgleich er verschiedene Ämter in seiner politischen Karriere innehatte, z. B. Quästor und Pontifex Maximus in Rom, Prätor in Spanien, und, erneut in Rom, Konsul, aber nie Imperator, also Kaiser in unserem Sinne. Rom war zu dieser Zeit noch Republik und jeder Adelstitel in Verbindung mit dem höchsten Amt, also auch König, war verpönt. Selbst als man ihm diesen Rang anbot, sogar eine Krone aufs Haupt drückte, lehnte er wohlweislich ab.

Desweiteren kann man die Bezeichnung des Römischen Reiches als „Weltreich“ durchaus in Frage stellen: Zu dieser Zeit konnte wohl kaum ein Staatsgebilde auf der Erde diesen Anspruch erheben. Selbst das kurzfristige Reich Alexander des Großen war nur als Regionalmacht zu begreifen, ebenso wie Rom, auch auf der Höhe seiner territorialen Ausdehnung unter Trajan (98 – 117 n. d. Z.). Die Mongolen beherrschten einst (12./13. Jahrhundert) ganz Asien, mit Ausnahme Sibiriens und Indiens, auch Russland gehörte dazu und kamen damit wohl einem Weltreich als erste sehr nahe. Nach meiner Auffassung war erst das habsburgisch/spanische Reich unter Karl V (Kaiser 1519 – 1556) ein wirkliches Weltreich. Hier ging, wie der Kaiser wohl selber sagte: „Die Sonne nie unter“, da sie auf ihrer Erdumrundung immer ein Stück Land beschien, das zum Heiligen Römischen Reich gehörte.

Das nächste interessante Detail, das sich im Heft permanent, eher penetrant, wiederholt, ist die Bekleidung der römischen Armee: alle Soldaten sind einheitlich ausgerüstet, mit „Muskelpanzer“ und dem mit obligatorischen Federbusch geschmückten Helm. Natürlich waren die Legionäre, Soldaten wie Offiziere, unterschiedlich bekleidet und ausgerüstet. Der einfache Soldat trug als Oberbekleidung entweder ein Kettenhemd oder einen Schuppenpanzer. Sein Helm war stets so gut wie ohne Aufsatz, der hätte ihn im Kampf eher geschadet denn beschützt (ähnlich der unsäglichen gehörnten Wikingerhelme).








Auf dieser Seite, aus dem Album „Die Adler Roms“, Nummer 4, ist die Darstellung der römischen Soldaten gut gelungen. Die Unterschiede zwischen den Legionären und den Offizieren sind sehr deutlich. Zum Helmbusch noch eine Anmerkung: diesen gab es in der länglichen Form, wie ihn Charlie Bood so gerne zeichnete, als auch in der hier gezeigten Form.





Auch diese Darstellung von Alesia, in die sich Vercingetorix zurück gezogen hatte, sieht eher wie eine römischen Stadtmauer aus. Dies ist gut an den halbrunden Türmen am Tor zu erkennen.





Deutlich authentischer dürfte diese Abbildung sein, die ich in „Vae victis“ Band 15 gefunden habe.

Das Heft endet mit der Ermordung Caesars, natürlich mit den berühmten, sehr zweifelhaften letzten Worten des ermordeten: „Auch Du, mein Sohn Brutus!“ nachdem er von mehr als 20 Messerstichen durchbohrt zusammen gebrochen ist …

Auf der Seite 33 gibt es sogenannte Worterklärungen. Dort ist unter dem Stichwort „Imperator“ erklärt: „Titel römischer Feldherrn und hoher Beamter.“ Das ist grundsätzlich korrekt. Ein Feldherr erhielt in republikanischen Zeiten nach einem Sieg oft von seinen Soldaten diesen Titel verliehen. Er war nur symbolisch, denn er legte ihn, musste ihn sogleich ablegen, wenn er in Rom eintraf. Octavian nahm als erster Herrscher diese Titulatur in seinen Namen auf (weil er im Kampf um die Macht gewonnen hatte), behielt ihn dann aber auf Lebenszeit. Das wurde unter den römischen Kaisern bis in die Spätantike (Justinian) so Usus, egal, wie sie ihre Herrschaft erworben hatten. In späteren Jahrhunderten verstand man deshalb unter Imperator schlichtweg einen Kaiser. Im englischen beispielsweise als „Emperor“, im französischen der “Empereur“. „Imperator“ steht auch bei uns stets für einen kaiserlichen Herrscher der über verschiedene Völker gebot. Meiner Meinung nach hätte diese Bezeichnung so nicht auf das Titelblatt gehört, weil es zu Missverständnissen unter den jugendlichen Lesern führen kann (und sicherlich auch so geschehen ist).

Die Nachbestellliste reicht jetzt nur noch bis zum 21sten Heft zurück.
Das Thema des nächsten Heftes ist der Kautschuk, ohne den in der modernen Welt nichts geht.

Auf der letzten Umschlagseite sehen wir für die Peligom-Reklame einen römischen Legionär, wie ihn Charlie Bood seit seinen ersten Comictagen im „Horrido“ für die Serie „Tilo der Rächer“ schon 1954 gezeichnet hatte.
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Alt 23.10.2017, 07:22   #4  
Armin Kranz
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Zum Thema "Untergang der römischen Republik" an dem Cäsar maßgeblich () beteiligt war gibt es ein seht gute Buch von Tom Holland: Rubikon

In diesem schildert der Autor auf komplexe Weise wie es letztendlich zum Untergang der römischen Republik kam. Behandelt wir schwerpunktmäßder Zeitraum ca. 130/120 v.Chr. - 31 n.Chr.. In einem weiteren Buch (Dynastie) behandelt er den Zeitraum von 31. vChr. - 68 n.Chr.. Beide Bücher lassden sich ob des Themas unglaublich gut lesen und vermitteln einem ein sehr gutes/informatives Bild dieser Zeit.

_______________________
Grüße aus der Bibliothek

Geändert von Armin Kranz (23.10.2017 um 09:11 Uhr)
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