28.12.2022, 15:57 | #11 |
Eckensteher & Mosaik-FF Mod
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Dann mal ein Film, den ich mir über Weihnachten noch mal gegeben habe:
„Catch 22“ (1970) von Mike Nichols gegeben. Ich weiß nicht, ob man ihn als Klassiker bezeichnen kann, auf jeden Fall ist es eine Verfilmung (oder zumindest deren Versuch) eines echten Klassikers, nämlich des gleichnamigen Buches von Joseph Heller UND, da wir das Thema ja schon mal hatten, ein eindeutiger ANTIkriegsfilm. Die „Handlung“ spielt ca 1944 auf einer kleinen fiktiven Insel im Mittelmeer, von dem aus ein amerikanisches Bombengeschwader seine Einsätze gegen Norditalien fliegt. Die Gedanken der Piloten kreisen eigentlich um drei Dinge: Die Schikanen durch ihre Vorgesetzten, die Gier auf Sex und die Angst vor den Einsätzen, durch die ihre Anzahl systematisch reduziert wird. (Ich habe mal gelesen, für die Bomberbesatzungen lag die Abschußrate pro Einsatz im Schnitt bei 5%. Wenn man sich die durchschnittlich geforderten 25-35 Einsätze vor Augen führt….) Vor allem die Hauptfigur Yossarian (Alan Arkin) aber auch seine Freunde (u.a. Art Garfunkel, Martin Sheen und Anthony Perkins) drehen deswegen zunehmend durch, wobei jeder versucht auf seine Weise damit klar zu kommen. Im Grunde dreht sich immer alles um den titelgebenden Catch-22: Wer verrückt ist, braucht nicht zu fliegen, fliegt aber trotzdem, solange er nicht sagt, daß er nicht fliegen will. Wenn er das allerdings sagt, kann er nicht verrückt sein. Am Ende sind fast alle Freunde von Yossarian tot oder „verschwunden“ und er beschließt nun doch zu desertieren. Wie er es allerdings versucht ist eine der besten Szenen des Film. Da ich das Buch schon zu DDR-Zeiten gelesen hatte, war ich beim ersten Anschauen vor ca 15 Jahren skeptisch, wie die filmische Umsetzung der vielen irrwitzigen aber doch klugen Schilderungen oder Dialoge („Was ist Dein Problem, Mann?“ - „Man versucht mich umzubringen.“ – „Niemand versucht das!“ „Ach ja, und warum schießt man dann auf mich?“ – „Sie schießen auf uns alle!“ – „Und wo ist da der Unterschied?“) funktionieren sollte. Diese Zweifel sind auch nach dem Anschauen diesmal nicht ganz verschwunden aber wenn man bedenkt, daß das Buch eigentlich als unverfilmbar galt, hat es Nichols eigentlich ganz gut gelöst. Neben dem Weglassen einiger Episoden und Figuren behält er die unchronologische Erzählweise bei und verbindet die Episoden durch eine immer wiederkehrende Szene, in der Yossarian im angeschossenen Flugzeug zusehen muß, wie sein Kamerad stirbt (und allmählich auch erfährt, warum er ihm nicht helfen kann!) Die schwächste Figur war für mich seltsamerweise Alan Arkin, den ich nie so recht mit der literarischen Figur verbinden konnte. Überzeugend andererseits vor allem „die Bösen“ (John Voight, Orson Welles und besonders das wunderbar schleimig-bösartige Duo Martin Balsam und Buck Henry). Unterm Strich ersetzt der Film nicht das Buch, ja man sollte es sogar vorher besser gelesen haben, um bei den ganzen Wendungen der Handlung nicht ganz verloren zu gehen. Aber ich habe schon wesentlich entäuschendere Bestseller-Verfilmungen gesehen. Geändert von Nante (28.12.2022 um 19:38 Uhr) |
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