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Alt 02.07.2021, 11:58   #24  
LaLe
Dr. Znegilletnirepus
 
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So muss das jetzt gehen...

Aus The Shades Tagebuch

Er ist kein Brian Savage. So viel ist sicher.

Wir schreiben den 20. November 1939 und Opal City beginnt eine unschöne Entwicklung zu nehmen. Das Verbrechen breitet sich zunehmend aus, Diebstähle, Morde, die ganze Palette an Dingen, die Menschen einander antun. Wenn ich das richtig beobachte, schlagen die Stimmung im Lande und das Handeln der Menschen mit der neuen Dekade einen neuen Weg ein. Es scheint, dass sich dem auch meine Stadt nicht entziehen kann und von den ruhigen 30ern in ein von menschlichen Raubtieren dominiertes Zeitalter übertritt.

Schlimmer ist jedoch das Aufkommen der Superwesen. Einiger weniger bisher. Ich befürchte allerdings, dass diese nur die Vorboten sind, denen viele folgen werden. So wie in den frühen 40ern. Der Sandmann, der Stundenmann, der Flitzer und der Grüne haben sich der Öffentlichkeit gezeigt, die beiden letztgenannten erst kürzlich. Und noch ein paar andere. Der Glänzende und dann noch einer, der auf dem Wind dahingleitet. So sieht es jedenfalls für mich aus. Und natürlich ist nicht jeder, der mit solcherlei Kräften Gesegneten ein ausgesprochener Menschenfreund. Auch unter ihnen gibt es Schurken, Verbrecher mit besonderen Fähigkeiten. Ich denke mit meinen kleinen Diebstählen und Grenzüberschreitungen würden breite Teile der Gesellschaft auch mich dieser Gruppe zuordnen. Nicht, dass mich die Sichtweise der Gesellschaft mit ihren ach so moralischen Vorstellungen in irgendeiner Weise berühren würde.

Wie auch immer, ich hatte gehofft, dass Opal City von einem solchen Superhelden verschont bleiben würde. Ich fürchtete, dass ein solcher mehr Verbrechen anziehen würde als er bekämpfen könnte. Ein Gefühl, das mit der Zeit allerdings wich.

Ein solcher Held ist nun aufgetaucht. Starman nennt er sich. Ein tölpelhafter unbeholfener Trottel. Es stimmt zwar, dass er die ersten Herausforderungen ausnahmslos gemeistert hat, angesichts eines eklatanten Mangels an Befähigung gehörte dazu aber ein unfassbares Glück.

Er trägt einen Stab. Ein hell leuchtendes Ding, das Strahlen verschießt. Und wie es scheint, verschafft ihm dies Flugfähigkeiten. Die Deutung eines derart phallischen Gegenstandes in der Hand eines Mannes überlasse ich besser Mr. Freud. Was ich jedoch denke ist, dass jemand mit einer derart mächtigen Waffe in der Hand der größte aller Superhelden sein müsste. Starman scheint aber ganz glücklich damit zu sein sich inmitten eines Haifischbeckens mit den kleinsten aller dort vertretenen Fischchen abzugeben.

Selbst wenn man ihm seine fehlende Erfahrung zugute halten wollte, er hätte es sehr viel besser anstellen können. Noch hat niemand im Laufe dieses Kostümfestes sein Leben verloren, ich fürchte jedoch, dass dieser Mann der Sterne in seinem rot-grünen Gewand der erste sein wird, den es trifft. Richtig, ich fürchte dies. Ich weiß was ich über Superhelden in Opal City sagte. Aber nun sind wir zu einem gekommen und wenn er nur einen Bruchteil dessen für die Stadt empfindet was ich ihr an Gefühlen entgegen bringe, bin ich weit davon entfernt ihn tot sehen zu wollen.

Wir werden es erleben. Wir werden sehen ob Starman ein Held ist …

… oder ein Weichei.

---

Das Feuer brannte 37 Stunden. Es loderte derart heftig, dass es eine ganze Stunde brauchte bevor die Einsatzkräfte überhaupt dicht genug heran kamen um das Feuer ernsthaft bekämpfen zu können. Es war schön anzusehen. Ein atemberaubender Anblick, besonders als die Dämmerung anbrach und das Gebäude wie ein Scheiterhaufen fröhlich aufflackerte. An jedem anderen Ort hätte ich eine nahegelegene Bar oder ein Cafe aufgesucht, einen Wein und vielleicht eine Kleinigkeit zu Essen bestellt, und mir das herrlich anzuschauende Flammenspektakel stundenlang genussvoll anschauen können.

Aber es war nicht irgendein Ort, es war meine Stadt.

Wir schreiben den 13. Oktober und meine Einstellung zu Opals Helden könnte sich geändert haben seit ich das letzte Mal über ihn schrieb.

Er hat sich seitdem gemacht. Ich ahne, dass ich ganz kurz davor stehe, seine wahre Identität aufzudecken, doch im Augenblick scheint dieses Wissen nur schwer fassbar. Noch immer, allein der Himmel weiß warum, trägt er keine Maske. Wie schwer kann es also sein? Mehr als alles andere ist es die fehlende Zeit, die mich in dieser Frage daran hindert ans Ziel zu gelangen.

Ich bin ein, zwei Monate fort gewesen. Es gab ein paar Schätze und Schmuckstücke, von denen ich dachte, dass sie in den Tresoren und Museen verschwendet seien und in meinem Besitz die Aufmerksamkeit bekämen, die ihnen zusteht. Oder in den Händen derer, die mich für ihre Beschaffung fürstlich entlohnten. Und dann ist da noch dieser Flash. Aber lassen sie mich nicht von ihm und seiner Stadt anfangen.

Ich hasste die eitlen Reichen. Die Bessergestellten … die Oberklasse Englands. Einer der Gründe weshalb ich mein Geburtsland verließ war der Snobismus, die Dummheit dieser sogenannten Oberschicht. Ihre nutzlose Versessenheit darauf einen verängstigten Fuchs von ihren Hunden zu Tode hetzen zu lassen erschien mir wie der makellose Inbegriff der Barbarei.

Mit dem Auftauchen des Flash beginne ich allerdings ein gewisses Verständnis für diese Art des Nervenkitzels einer tödlichen Jagd zu entwickeln. Ich weiß nicht was es ist, das mich bei ihm anzieht. Kann es ernsthaft die Aussicht auf eine aufregende Auseinandersetzung mit ihm, diesen dämlichen Flitzer, sein?

Hier in Opal haben sich die Dinge in den letzten Monaten in einer finsteren Art und Weise entwickelt. Und ohne Starman wäre es vermutlich noch viel finsterer geworden. In den drei Monaten seit seinem ersten Auftreten hat es auch außergewöhnliche Schurken in die Stadt gezogen. Einer von ihnen ist The Mist. Der Mann ist - auch mir - kein Unbekannter. Ich meine mich erinnern zu können wie er einst gegen Sandman kämpfte, damals noch mit deutlich weniger entwickelten Kräften. Mit Starman kämpfte er inzwischen dreimal und jede Auseinandersetzung wurde mit verzweifelter wirkender Brutalität geführt als die zuvor. Bislang konnte Starman jede dieser Konfrontationen für sich entscheiden. Ich nehme an, dass er ein Wissenschaftler ist; denn zweimal schlug er The Mist mit der Kenntnis um derartige Dinge. ich vermute nicht nur zu meiner sondern auch zur Überraschung seines Gegners.

Dann wäre da noch Johnny Sorrow, der versuchte die Metropole unter seine Kontrolle zu bringen. Die Schlachten zwischen den beiden entwickelten sich zu etwas geradezu Epischen. Jede offensichtliche Niederlage Sorrows wirkte wie der Teil eines Masterplans, der allein zum Ziel hatte ihn am Ende einen umso größeren Siege erringen zu lassen. Eigentlich bin ich ein wenig neidisch, dass mir selbst dieser Gedanke nie gekommen ist - obwohl, vielleicht sagt das etwas über meinen Charakter aus, über einen Mangel an echter Bösartigkeit.

Die neuen Gladstone Towers, das größte und strahlendste Gebäude, das der Skyline von Opal Glanz verlieh, wurden diese Woche eingeweiht. Alles was in der Stadt Rang und Namen hat war dort, dazu wurden extra Carole Lombard, die Gebrüder Ritz und Benny Goodman eingeflogen.

Alle Niederlagen, die Johnny Sorrow bis dahin erlitten hatte, offenbarten sich nun lediglich als kleine Schritte hin zu seinem größten Sieg als seine Schergen die Veranstaltung sprengten. Ob der Brand des Gladstone nun beabsichtigt war oder nicht, wird wohl ein ungelöstes Rätsel bleiben. Aber gebrannt hat es und wie ich schon schrieb, es war ein atemberaubender Anblick.

Im Gebäude hielt sich zu der Zeit eine große Anzahl Menschen auf, die verloren schienen als die ersten Flammen alles in ihrem Weg erfassten. Um die Stadtvertreter war es nicht schade. Die Ritz-Brüder sind, soweit ich das beurteilen kann, lediglich in Anzüge gesteckte Schimpansen. Und Benny Goodman ist Benny Goodman. Betrübt hätte mich vom Ableben der begabten Miss Lombard unter derart schrecklichen Umständen zu hören.

Ich bin nun kein Freund des Feuers, und die von mir aus den Schatten geformten Kreaturen noch viel weniger, und so war ich zu nicht mehr in der Lage als herumzusitzen und auf das Eintreffen der schlechten Nachrichten zu warten.

Die Explosionen begannen als die Abenddämmerung zur Nacht überging, heftige Schläge machten die Brandbekämpfer fürchten und kündigten das Ende des in sich zusammenfallenden Gebäudes an.

Aus dem Inneren der Türme wurden heftige ziellos wirkende Feuerstöße abgegeben. Manche fürchteten dies sei Teil von Sorrows Plänen. Ich wusste es besser als dass ich mich mit derartigen Annahmen befasste.

Die östliche Wand brach schließlich ein und durch die so entstandene Öffnung entkamen die bislang im Inneren Gefangenen wild rennend den Flammen, die sie fürchteten, mit ihrem Leben.

Es war Lombard, die, ihre Lungen voller Ruß und Asche, eine Antwort darauf herauskrächzen konnte, wie diese wundersame Flucht gelingen konnte.

“Starman”, konnte sie noch sagen bevor sie ohnmächtig niedersank. Der Verbleib des Helden blieb jedoch ein Geheimnis, denn unter den Geretteten befand er sich nicht.

Eine weitere Stunde verging. Das Gebäude begann nun endgültig in sich zusammenzufallen. Es gab ein Stöhnen von sich und schrie geradezu schmerzerfüllt auf. Gewaltiges wütendes Bellen erklang aus dem Inneren, ein wenig wie ein Hund, der den ihn verzehrenden Flammen sein Missfallen kundtat.

Dann stürzten die Türme ein.

Und während dies geschah, passierte noch etwas anderes. Etwas ganz anderes.

Es gab eine weitere feurige Eruption, abgegeben aus den oberen Etagen eines der zentralen Türme. Und während das Gladstone fiel…

Starman stieg auf. Er kam direkt aus den Flammen wie ein knallbunter Gott, als der so viele Helden krampfhaft erscheinen wollen. Und in diesem Augenblick, als Starman aus den Flammen heraus gen Himmel aufstieg, erschien dies geradezu mühelos. Niemand hatte ihn kommen sehen. Aber alle sahen wie er ging.

Sollte noch irgendwer Zweifel daran gehegt haben, dass die Welt derart aufrechte Helden braucht, mit diesem Abgang waren sie restlos beseitigt.

Bis auf die meinen.

Etwas fehlte, etwas, das Brian Savage hatte und das dieser neue Held noch vermissen ließ. Und ich denke, ich weiß was fehlt. Starman ist ohne Frage ein Held, aber das wäre er auch in Midway, Ivy Town oder sonstwo. Savage liebte diese Stadt. Er wollte, dass sie ein sicherer und angenehmer Ort ist und brachte seine Zeit damit zu, ihr diese Sicherheit und Annehmlichkeit zu verschaffen. Und er war erfolgreich dabei. Als er starb, sagte er, dass er eines Tages wiederkehren würde. Vielleicht wird er das. Womöglich lernt Opal City eines Tages einen Helden kennen, wie er einer war.

Natürlich ist Starman ein Held, das sollten wir nicht vergessen. Denke ich. Er ist mutig. Er ist mächtig. Er ist das, was die Stadt in diesen Tagen will, wenn nicht gar benötigt. Und er ist hier.

Wie ich früher schon schrieb, er ist kein Brian Savage.

Aber für den Moment, bis jemand besseres kommt, wird er es auch tun.

Geändert von LaLe (11.11.2021 um 16:44 Uhr)
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