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Alt 23.05.2015, 13:11   #187  
Servalan
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Standard Weselsky (GDL) als Asterix

Jens Wernicke: Spin Doctoring im GDL-Arbeitskampf. Der "Diktator Weselsky" und die große "schmutzige Politik", in: telepolis (23. Mai 2015), Seite 2
Zitat:
Jens Wernicke sprach mit dem Bahnexperten Winfried Wolf, der die "STREIKZEITUNG - JA zum GDL-Arbeitskampf – NEIN zum Tarifeinheitsgesetz" herausgibt, über Hintergründe und Geschehen. (...)

Sehen Sie: So gut wie alle Kommandohöhen in dieser seit 1990 neu vereinten Republik sind von Wessis besetzt. Die meisten Firmenchefs im Osten sind Wessis. Die meisten führenden Gewerkschaftsleute im Osten sind Wessis. Selbst der erste Ministerpräsident der Linkkspartei in Ostdeutschland ist ein Wessi – und jetzt der von der GDL benannte Schlichter.

Ganz Deutschland ist von den Wessis besetzt … ganz Deutschland? Da gibt es diese kleine Gallier-Gewerkschaft: Unbezwungen, kämpferisch, authentisch. Die Mitglieder dieser Gewerkschaft sind zu einem großen Teil Ossis. Selbst bei der GDL in Bayern sind rund 30 Prozent Ostdeutsche, Menschen, die aufgrund des Kahlschlags bei der ehemaligen DDR-Reichsbahn und der hohen Arbeitslosenquoten im Osten in den Westen gingen und hier Arbeit fanden. Der GDL-Boss redet irgendwie anders. Ja, er sächselt. Wenn bei uns ein Top-Politiker oder Top-Manager oder Top-Gewerkschafter Dialekt spricht, dann wird das ja durchaus akzeptiert – solange es Schwäbisch - Kretschmann - oder Bayerisch - Seehofer - ist. Aber wehe, da sächselt einer – und dann auch noch in der Tagesschau. Aber, hallo, ist das denn die "Aktuelle Kamera"?

Der Dialekt ist bei diesem Kulturkonflikt aber nur die eine Seite. Es geht weiter mit der Grund-, ja, der Körperhaltung. Ein Ossi hat nach den Westvorstellungen devot zu sein. Es geht gerade noch, wenn der Ossi als Charmeur und Moderator auftritt, Rollen, die etwa Gregor Gysi gut verkörpert. Aber diese offensive Haltung von Weselsky, in einem Interview in "Bild" zu sagen: "Grundsätzlich habe ich ein Vorbild – Luther. Seinem Ausspruch 'Hier steh ich und kann nicht anders' fühle ich mich verbunden", das stößt in den zu 98 Prozent westlich dominierten Herrschaftskreisen unangenehm auf. Besonders, wenn das noch mit einer Körperhaltung des aufrechten Gangs – wie das Ernst Bloch vor allem im übertragenen Sinn meinte – unterstrichen wird. Genau dies war auch dem "Bild"-Politik-Chef aufgefallen, sodass der einleitende Satz des Interviews dort lautete: "Durch die Drehtür sehe ich Claus Weselsky (56), hünenhaft, breitbeinig."
Ein Kommentar bezieht sich direkt auf diese Aussage:
Zitat:
23. Mai 2015 13:15
Ganz Deutschland ist von Wessis besetzt. Ganz Deutschland?
FIAE-Flix (mehr als 1000 Beiträge seit 20.02.04)

Da gibt es noch diese kleinen Widerspenstigen Personen ganz oben in
der politischen Hierarchie, aber die Bundeskanzlerin und der
Bundespräsident sind ja nur vollkommen unrelevante Posten... (...)

Und ja - mir ist es vollkommen wurscht, ob Weselsky nun Ossi oder
Wessi ist. Irgendwie habe ich das Gefühl, dass diese Unterscheidung
besonders gerne noch von erstgenannten Leuten getroffen wird, um
letztgenannter Gruppe einen wie immer gearteten Vorwurf zu machen.

Geändert von Servalan (23.05.2015 um 13:28 Uhr)
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