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Alt 02.01.2019, 22:48   #470  
Peter L. Opmann
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Spinne (Williams) 104

Erscheinungstermin: 2/1978

Originalausgabe:
1) Amazing Spider-Man # 103
2) Mighty Thor # 133

Story-Titel:
1) Im wilden Land!
2) ohne Titel (Der lebende Planet!)

Original-Storytitel:
1) Walk the savage Land!
2) The living Planet!

Zeichnungen:
1) Gil Kane / Frank Giacoia / Tony Mortellaro
2) Jack Kirby / Vince Colletta

Text:
1) Roy Thomas
2) Stan Lee



Diese Episode ist 22 Seiten lang. Vorübergehend bietet Marvel für den höheren Coverpreis etwas mehr Comic. Da es hier wieder um den drohenden Konkurs des Daily Bugle geht, dachte ich mir, daß Roy Thomas möglicherweise verklausuliert von der US-Comicindustrie spricht. Irgendwann in dieser Zeit gingen auch die Auflagen der Superheldencomics zurück, und während Jonah Jameson nach neuen Sensationen in einer vergessenen Welt in der Antarktis sucht, tut vielleicht Roy Thomas bei „Amazing Spider-Man“ das Gleiche. Gangster und alberne Superschurken reichen nicht mehr – Spidey muß nun gegen Vampire und Urzeitmonster antreten. Ich weiß nicht, ob es so war, aber dies würde den Anti-Drogen-Dreiteiler auch noch einmal in einem ganz anderen Licht erscheinen lassen.

Wie zuvor bei Bram Stoker bedient sich Thomas nun bei dem Klassiker von Arthur Conan Doyle, „The lost World“. Nach einer kurzen Einleitung, in der die Spinne ziemlich willkürlich Gangster vermöbelt und die auf mich heute sinnlos wirkt, entwickelt Jameson bei einer Redaktionskonferenz den Plan, ein Monster zu finden, das bisher nur ein Abenteurer namens Calkin gesehen hat, und damit die Auflage des Bugle in schwindelerregende Höhen zu treiben. Sein Gegner ist das Fernsehen, das News schneller liefern kann als die gute, alte Zeitung. Fotografieren soll Peter Parker, und dann fällt Jameson noch etwas ein: Als attraktiver Kontrast zum Monster Gog soll Peters Freundin Gwen dienen. Okay, sie entscheidet sich selbst, an der Expedition teilzunehmen, aber Thomas macht hier eine Frau zum Objekt. Das ginge wohl inzwischen nicht mehr und wirkt auch sehr gestrig. Für mich heute enttäuschend: Peter überlegt zwar hin und her, wie er Gwen erklären soll, daß er ein paar Tage verschwunden war (nämlich wegen seiner Zusatzarme), das wird dann aber gar nicht gezeigt; vielmehr taucht er einfach mit ihr bei den Vorbereitungen zur Expedition auf.

Der weitere Verlauf der Story ist recht vorhersehbar, aber durchaus flott erzählt. Daß sich im ewigen Eis eine fremde Dschungellandschaft verbirgt, ist hier schon bekannt. Nur das Monster ist neu. Jameson, Peter, Gwen und Calkin (den Gil Kane allerdings mal mit Glatze, mal mit wilder Stirnlocke zeichnet) begegnen einem Flugsaurier und stoßen dann in dem unbekannten Land auf einen geheimnisvollen Reptiltempel. Dort werden sie von einer Horde Wilder angegriffen, die sich dann aber abrupt aus dem Staub machen, denn hinter den Eindringlingen steht nun Gog. Wie King Kong greift er sich die blonde Frau und stapft davon. Peter vernebelt mit Gasgranaten, daß er sich in die Spinne verwandelt, und folgt Gog. Jameson und Calkin tun das gleiche mit ihren Mitteln.

Jetzt fährt Thomas zwei Gaststars auf: Zuerst erfahren wir, daß Gog im Auftrag von Kraven dem Jäger gehandelt hat. Dann begegnen Jameson und Calkin Ka-Zar und seinem Säbelzahntiger Zabu. Ka-Zar läßt sich sofort in die Suche nach Gwen einbinden. Bevor die Spinne auf Kraven trifft, bekommt sie es zunächst mit einer Riesenschlange zu tun. Dann biegt sie einen Baumstamm, um sich zu Gog zu katapultieren. Sie landet aber im Treibsand und droht, darin unterzugehen – Fortsetzung folgt.

In den Grundzügen ist an dieser Geschichte nichts auszusetzen. Es ist eine ganz ordentliche Lost-World-Variante, Gil Kane liegen solche Dschungel/versunkene Kulturen/Urzeitmonster-Sujets. Seine Grafik wirkt ein bißchen wie eine Vorwegnahme seiner Umsetzung von „Jurassic Park“. Aber insgesamt überzeugt mich das Heft wieder nicht. Daß Gwen hier zum Bikini-Mädchen und zur Scream-Queen degradiert wird, hatte ich schon angeführt. Wie Roy Thomas hier einen schon existierenden Stoff einfach adaptiert, ist zudem ziemlich frech. Gog gibt ein ganz knuffiges Monster ab, erinnert mich ein bißchen an den Drachenmann (bei dem das aber Absicht war). Und vor allem ist das keine richtige Spider-Man-Geschichte. Die natürliche Umgebung der Spinne sind die Hochhausschluchten New Yorks, und die kommen nur ganz am Rande vor. Ka-Zar mag sich mit Gog befassen, aber wenn er auf die Spinne trifft, dann muß das in NY sein. Gut, man sieht, möglich ist die Spinne auch als Dschungelheld (richtig tritt sie so erst im nächsten Heft in Erscheinung), aber zur Entfaltung kommt sie nur als Netzschwinger und Wandkrabbler.

Das Cover ist wohl das einzige, bei dem das neue US-Layout mit eingekästeltem Titelmotiv bei Williams weitgehend übernommen wird. Sonst haben die deutschen Bearbeiter immer alles daran gesetzt, den Kasten verschwinden zu lassen. Wegen der Überlänge der Spinnen-Story gibt es in dieser Ausgabe überhaupt nichts Redaktionelles, gerade mal die Sea-Monkeys-Anzeige auf der Rückseite.



Geändert von Peter L. Opmann (25.04.2019 um 14:40 Uhr)
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