Einzelnen Beitrag anzeigen
Alt 28.04.2022, 23:44   #132  
Servalan
Moderatorin Internationale Comics
 
Benutzerbild von Servalan
 
Ort: Südskandinavien
Beiträge: 10.226
Blog-Einträge: 3
Renoir (Frankreich 2012, Fidélité), Drehbuch: Jérôme Tonnerre, Gilles Bourdos und Michel Spinosa nach der Romanbiographie Le Tableau amoureux (2003) von Jacques Renoir, Regie: Gilles Bourdos, 111 min, FSK: 0

Im künstlerischen Bereich gibt es weltweit einige regelrechte Dynastien, die ihre Duftmarken hinterlassen haben: Da wären zum Beispiel die Fondas und die Chaplins, die Bleibtreus, die Hörbigers, die Manns, die Mozarts, die Bachs, die Brueghel und die Van de Velde. In Frankreich gehören die Renoirs in diese Kategorie.
Der Stammvater Auguste Renoir (1841 - 1919) war eigentlich Porzellanmaler, doch dieses Gewerbe wurde im 19. Jahrhundert modernisiert und so wurde aus ihm einer der berühmtesten impressionistischen Maler. Seine direkten Nachkommen sind unter anderem der Schauspieler Pierre Renoir, die Malerin Lucienne Bisson (1881 - 1965), der Keramiker Claude Renoir, genannt Coco (1901 - 1969), und der Drehbuchautor und Regisseur Jean Renoir (1894 - 1979), der mit der Stummfilmschauspielerin Catherine Hessling (1900 -1979) verheiratet war. Jacques Renoir (Jahrgang 1942) ist Augustes Enkel, der sich einen Ruf als Fotograf und Kameramann erworben hat, vor allem für Unterwasseraufnahmen des Meeresforschers Jacques-Yves Cousteau Anfang der 1970er.
Entsprechend wurde dieses filmische Prestigeprojekt gefeaturet: Es lief in der Sektion Un certain regard auf dem 65. Filmfestival in Cannes 2012 und vertrat Frankreich in der Auswahl als bester ausländischer Film für den Oscar 2014. Insgesamt wurde er 14mal für Filmpreise nominiert, von denen er drei gewann, darunter in den César 2014 für die besten Kostüme und den Étoiles d'Or 2014 für die beste Musik von Alexandre Desplat.
Des öfteren schaut die Kamera Auguste Renoir über die Schulter, so daß das Publikum sieht, wie die Bilder entstehen. Dabei sehen wir die Hand von Guy Ribes (Jahrgang 1948), einem berühmten Maler und Fälscher, der 2005 wegen bandenmäßiger Fälschung zu einer mehrjährigen Gefängnisstrafe verurteilt wurde.

Jacques Renoir und Gilles Bourdos widerstehen der Versuchung, ein enzyklopädische Familienpanorama aufzufächern - wie das mit den Manns geschieht. Stattdessen entscheiden sich beide für eine ungewöhnliche Perspektive, mit der sie der später berühmten und lange Zeit vergessenen Catherine Hessling ein kleines Denkmal setzen, indem sie sich auf die Jahre von 1915 bis zum Tode Auguste Renoirs konzentrieren.
Der impressionistische Spielfilm beginnt mit einer langen Radfahrt der jungen Andrée Madeleine Heuschling, wie Hessling bürgerlich hieß, zum Anwesen des alten Auguste Renoir, der noch um seine gerade verstorbene Frau Aline trauerte. Renoir litt unter rheumatischer Arthritis, die damals fälschlicherweise als Gicht diagnostiziert wurde, und schonte sich, indem er im Rollstuhl saß, um seine Kräfte zum Malen zu nutzen. Wenn Dédé, wie Andrée auch genannt, ihm nicht Modell sitzt, hilft sie als Dienstmädchen im großen Haushalt mit, denn bei dem Patron sind beide Funktionen austauschbar.
Die Schrecken des Welkriegs reichen bis nach Südfrankreich und klopfen an, wenn der verwundete Jean Renoir auf das Landgut kommt, um seine Verwundung am Bein auszukurieren. Der Patron sieht sich eher als Handwerker und verachtet seinen schauspielernden Sohn Pierre, weil Kunst bloß heiße Luft sei, die nichts Bleibendes hinterlasse.
Der rekonvaleszente Jean hat eigentlich keine Pläne für seine Zukunft. Allerdings ist er ein Filmfan, der für die Stummfilmdiva Musidora schwärmt sowie Filmgeräte und Rollen sammelt. Dédé sieht sich selbst als künftige Tänzerin, Sängerin und Schauspielerin, weswegen sie Jean umgarnt und ermuntert, denn so gut wie die Musidora sei sie allemal ...

Geändert von Servalan (18.05.2022 um 20:24 Uhr)
Servalan ist gerade online   Mit Zitat antworten