Thema: Filmklassiker
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Alt 14.10.2022, 06:52   #16  
Peter L. Opmann
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Bemerkenswert finde ich auch noch die Veröffentlichungsgeschichte von "Nosferatu". Er wurde zu seiner Zeit bereits als großes Werk betrachtet und von den Kritikern überwiegend positiv besprochen. Die Uraufführung in Berlin wurde als gesellschaftliches Ereignis aufgezogen.

Trotzdem haben dann nur wenige den Film gesehen, denn die Witwe von Bram Stoker strengte einen Urheberrechts-Prozeß gegen die Produktionsfirma an und gewann ihn schließlich auch. Mir ist schleierhaft, warum man bei einem so prominenten Stoff die Rechte nicht erwarb. In Hollywood lag jedoch die Zeit, in der sich kleine Produktionsgesellschaften mit unlauteren Mitteln bekriegten, noch nicht lange zurück (das war allerdings eher vor dem Ersten Weltkrieg).

Jedenfalls erging ein Gerichtsurteil, wonach der Film vom Markt verschwinden mußte und die Kopien vernichtet werden sollten. Das führte dazu, daß die UFA die Finger von "Nosferatu" ließ und er nur in wenigen kleinen Kinos aufgeführt wurde. Die Produktionsfirma scheint auch ihr Budget überzogen zu haben (was in dieser Zeit nicht ungewöhnlich war) und mußte Konkurs anmelden.

Weshalb wir "Nosferatu" heute noch sehen können, lag daran, daß der Film so große Aufmerksamkeit erregt hatte, daß er schon in viele Länder verkauft worden war. Dort konnte man ganz frei mit ihm umgehen, weil es kein Copyright gab. Er wurde vielfach umgeschnitten, es wurden Szenen hinzugefügt und so weiter. Aber immerhin konnte der Originalfilm später aus vielen ausländischen Kopien rekonstruiert werden.

Ich finde es interessant, auch die geschäftliche Seite der Kinogeschichte zu betrachten. Man muß aber wohl sagen, daß "Nosferatu" für den Erfolg prädestiniert war und sich damit auch letztlich durchsetzte. Da gibt's andere Fälle, in denen Filme nicht verstanden oder richtig eingeschätzt wurden und verlorengingen oder nur noch verstümmelt vorliegen (etwa die Filme von Erich von Stroheim aus der selben Zeit).
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