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Alt 21.12.2009, 22:06   #1  
Stefan Meduna
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Beiträge: 656
gold01 Bonusbeitrag 216: Mit Schirm, Charme und Melone



Zitat:
Zitat von Gerhard Förster
Hallo Leute!

Der MIT SCHIRM, CHARME UND MELONE-Bonusbeitrag ist endlich online!!!!

Sorry, dass es solange gedauert hat, aber er war einfach viel Arbeit, für alle Beteiligten.

Bitte unbedingt ansehen!!! Der Artikel beinhaltet viele interessante, spannende und überraschende Informationen, auch ein paar nette Abbildungen! Viel Spaß!!!

Salute
Gerhard

Copyright "Mit Schirm, Charme und Melone": 2009 Kinowelt GmbH

„Mit Schirm, Charme und Melone“ -Bonus:

von Winfried Secker
mit Gastbeiträgen von Michael Köhler


Übersicht:
Das Aktuellste
Vorspann
Neues Frauenbild im sich verändernden Zeitgeist von Michael Köhler

Die Hauptdarsteller Macnee und Rigg
Die wichtigsten Drehbuchautoren
Die besten Episoden
Mit Comic, Kram und Krempel - das Merchandise
Wie ging es nach der Serie weiter?

Der deutsche Teil der Serie
Titelauflistung: 4. Staffel, KINOWELT 1.Edition
Noch einige Bemerkungen zur kompletten Serie auf DVD
Abspann

Das Aktuellste:
Linda Thorson kommt am 7.3. 2010 nach Münster


Linda Thorson, Patrick Macnees Partnerin „Tara King“ in der 6. Staffel von „Mit Schirm, Charme und Melone,“ kommt am Sonntag, den 7. März 2010, neben vielen anderen Schauspielern zum Germanstarcon 4 nach Münster. Der Eintritt kostet € 5.-.
Signier-, Photo- und Gesprächstermine sind möglich. Infos dazu unter:
www.signing-shop.net/gsc/

Vorspann:
Hand aufs Herz!
Was hat Queen Elisabeth mit Pop-Ikonen wie Beatles, Kinks, Pretenders, Marc Bolan (von T-Rex) und Oasis gemein?
Blöde Frage: Sie sind alle „The Avengers- Mit Schirm, Charme und Melone“ – Fans.
In einem Interview konnte die Queen nicht verneinen, dass sie bei der Erstausstrahlung keine, wirklich keine Avengers – Episode je verpasst hätte.
Im Beatles-Film „Help“ schauen die „Fab Four“ Emma Peel.
Die Mitglieder der späteren Kinks trugen Jacken und Kinky Boots (anzügliche Stiefel) wie Cathy Gale (Steeds Partnerin vor Emma), als ein Angetrunkener ihnen zurief: „Nennt euch doch gleich die „Kinks“.
Sängerin Chrissie Hynde und die Pretenders verarbeiteten die Abschieds-Szene von Steed/Peel im Videoclip zu „Don´t Get Me Wrong“ mit Chrissie als Emma- Ersatz.
Marc Bolan widmete sein Lied „The Avengers (Superbad)“ der Folge „Vorsicht! Raubkatzen“.
Und Oasis holten vor wenigen Jahren Patrick Macnee zu einem erneuten späten John Steed–Einsatz für einen Videoclip.
Aber was ist mit:
Weltstars wie Donald Sutherland, Charlotte Rampling, Sir Christopher Lee ?
Welche Verbindungen gibt es zu Robin Hood, Prinz Eisenherz oder Mark Twain?
Und was ist mit Hildegard Knef und Jane Birkin? Lest einfach weiter.

Neues Frauenbild im sich verändernden Zeitgeist
von Michael Köhler


Als die britische TV-Serie "Mit Schirm, Charme und Melone" am 18. Oktober 1966 mit der Episode "Die Roboter" erstmals über deutsche Fernsehschirme flimmerte, traf sie auf eine Realität, die weit davon entfernt war, ein neues Frauenbild, wie es Schauspielerin Diana Rigg in ihrer Rolle als professionelle Amateurdetektivin Emma Peel in einer Mischung aus Selbstbewusstsein, Schlagfertigkeit, Unabhängigkeit und Sexappeal verkörperte, zu verinnerlichen. Doch Gleichberechtigung der Geschlechter in der Ära des von Beat erschütterten Swinging London und von Hippies dominierten San Francisco lag als Zeitgeist schon in der Luft. Das bewiesen nicht nur die binnen weniger Monate einsetzende überschwängliche Fanbriefflut an den damals noch jungen Sender ZDF, der "The Avengers" im vierzehntägigen Turnus mit der amerikanischen Reihe "New Orleans, Bourbon Street" immer Dienstags 21.15 Uhr ausstrahlte, sondern auch die wenigen negativen Reaktionen, die John Steeds und Emma Peels mitunter sarkastischer Britenhumor polarisierend entfachte. Besonders konservative Gemüter und die seinerzeit noch allgegenwärtige Kirche liefen Sturm gegen ein ihrer Meinung nach aus den Angeln gehobenes Weltbild, das bizarre Abenteuer im Bereich der Science Fiction mit diversen Todesopfern pro Folge unter Mitwirkung einer allzu selbständigen Frau im hautengen Lederanzug mit außerordentlichen Kenntnissen der fernöstlichen Lehre Karate einfach so hin nahm.

Als die Serie nach nur 13 Folgen am 18. April 1967 abgesetzt werden sollte – die Gründe dafür liegen im Dunkeln –entfachte dies ein Sturm der Entrüstung, der in Programmzeitschriften und Tageszeitungen monatelang thematisiert wurde, aber sich auch vehement bis massiv in diversen Unterschriftaktionen ans ZDF ausdrückte. Es obsiegten schließlich die geneigten Fernsehzuschauer: In der Sommerpause von Juli bis August 1967 zeigte das Zweite nochmals vier weitere Folgen der schwarzweißen Staffel, bis ab 28. August weitere 19 Episoden der von nun ab in Farbe ausgestrahlten Reihe folgen sollten. Weitere neun monochrome Abenteuer blieben aber lange Jahrzehnte ungesendet, angeblich weil sie laut ZDF inhaltlich viel schlechter waren, was, nachdem die Serie komplett auf Video vorlag (und nun auf DVD erhältlich ist), sich als knallharte Lüge erwies. Wie sehr der Einfluss der Kirche aufs damalige Programmgestalten nachhaltige Auswirkungen zeigte, wurde auch klar, als – wiederum auf vielfachen Zuschauerwunsch – ausgesuchte Folgen der schwarzweißen Staffel ab Herbst 1968 jeweils Samstagnachmittag gegen 17 Uhr gezeigt werden sollten. Von sieben anvisierten Episoden gelangten lediglich vier zur Ausstrahlung - angeblich weil zu brutale Szenen gezeigt wurden, an denen die vorzugsweise um diese Uhrzeit vor der Glotze sitzenden Kinder hätten Schaden nehmen können. In den Genuss der kompletten Serie kam der deutsche TV-Konsument erst 1998, als der Privatsender SAT 1 erstmals alle 26 Folgen ausstrahlte. Auch fünf Folgen der farbigen 5. Staffel, die bis dahin ebenfalls vom ZDF ignoriert wurden, sowie die noch fehlenden Episoden mit Emma-Peel-Nachfolgerin Tara King kamen zum Zug (von insgesamt 33 Tara King-Folgen waren die ZDF-Seher mit nur 10 Krimis abgespeist worden und diese wurden erst ab August 1970 gezeigt, als die Reihe nach neun Produktionsjahren und 161 Folgen im Heimatland schon längst eingestellt war).

Was in Deutschland nur wenige Eingeweihte bis heute wissen: Die emanzipierte Emma Peel und ihre leider nicht ganz so schlagfertige Nachfolgerin Tara King hatten eine legendäre Vorgängerin: Dr. Catherine Gale. Dargestellt von der britischen Schauspielerin Honor Blackman erlebte Mrs. Gale ihre Blüte von 1962 bis 1964 nicht nur auf der Insel, sondern auch im Sendebereich des britischen Commonwealth (Kanada, Australien, Neuseeland). Anfänglich musste die knallharte Judoexpertin, die noch vor Emma Peel schwarzes Leder für die moderne Frau alltagsfähig machte, sich ihre Aufgaben mit Dr. Martin King und Nachtclubsängerin Venus Smith teilen. Doch die Begeisterung, die der sehr selbstbewussten Anthropologin vom englischen Fernsehpublikum entgegenschlug, ließ die Produzenten nach Staffel zwei zur Ansicht gelangen, dass ab Season drei ausschließlich Catherine Gale Seite an Seite mit John Steed immer kniffligere und utopischere Fälle lösen durfte. Die regelmäßig Samstags nach 22 Uhr vom britischen Privatkanal ITV (später Thames Television) ausgestrahlte Serie, die Honor Blackman und Patrick Macnee zu nationalen Stars mit diversen Trophäen avancieren ließ, erwies sich als absoluter Publikumsrenner.

Das lag sicherlich auch an der ungewöhnlichen Vita von Mrs. Gale, die peu à peu dem Zuschauer vermittelt wurde: hatte die resolute Witwe, die einst mit Ehemann und Kindern auf einer Farm in Afrika lebte, doch Haus, Hof und auch ihre Lieben verloren, als aufständische Mau-Mau-Krieger mit Macheten dem idyllischen Landleben ein abruptes Ende bereiteten. Zurückgekehrt nach England, fristet Gale, ein Leben als Kuratorin eines Museums, bis – laut Drehbuch in der Episode "Warlock", die sich eindringlich mit dem Thema Okkultismus und Voodoo auseinandersetzt, – John Steed ihre professionelle Hilfe sucht. Während später das Verhältnis von Emma Peel und John Steed stets von charmanter Kabbelei geprägt war, die suggerierte, es könnte mal zumindest anfänglich was zwischen den beiden gelaufen sein, präsentierte sich die Beziehung zwischen Mrs. Gale und John Steed als weitaus robuster und radikaler. Catherine Gale scheute sich nicht, ihren Partner auch mal zusammen zu stauchen, wenn ihr Steeds Mittel zur Falllösung als zu rau und menschlich entwürdigend erschienen. Inwieweit die beiden doch ein näheres Verhältnis zueinander hatten, lassen die Drehbücher bewusst offen. In der Episode "The Golden Eggs" lebt Mrs. Gale gar kurzzeitig in Steeds Apartement, allerdings schläft Steed - ganz britischer Gentleman - derweil in einem nahe gelegen Hotel.

Das nicht nur für die britische Gesellschaft neue Rollenmodell Catherine Gale – eine emanzipierte Frau, die Motorrad fährt, kämpft wie ein Mann und über eine Spitze Zunge verfügt – schlug jedenfalls ein wie eine Bombe. Die eindeutig-zweideutige Fanpost schwoll an und die Boulevard-Presse berichtet mit schöner Regelmäßigkeit über das Ungeheuerliche. Inspiriert von der Rolle übernahm man sowohl bei Gale-Nachfolgerin Emma Peel, als auch bei der 1964/65 produzierte amerikanische TV-Serie "Honey West" sowie bei Sarah Kingdom aus "Dr. Who" charakterliche Züge von Cathy Gale. Honor Blackman und Patrick Macnee zeichneten auf dem Höhepunkt des Ruhms eine Schallplatte mit dem zweideutigen Titel "Kinky Boots" auf, die 26 Jahre nach Veröffentlichung ein Top-5-Hit in den britischen Charts wurde. Nach Honor Blackmans Ausstieg aus der Serie, weil sie lieber als "Pussy Galore" mit Sean Connery alias James Bond in "Goldfinger" rangelte, tauchen Spurenelemente von Mrs. Gale noch einige Male auf: In der Peel-Folge "Too Many Christmas Trees" schickt sie Steed zu Weihnachten eine Postkarte. Im Avengers-Roman "Too Many Targets" von John Peel und Dave Rogers aus dem Jahr 1990 trifft sie nicht nur Emma Peel und Tara King, sondern auch Steeds ersten Partner Dr. David Keel. Es zeichnet sich eine romantische Annäherung zwischen Keel und Gale ab.


Mit Schirm, Charme und Melone: Die Produktionsgeschichte
Dieser umfangreiche Beitrag ist in dem Comicfach-Magazin „Die Sprechblase“ Nr.215 abgedruckt.

Die Hauptdarsteller

Patrick Macnee

Patrick Macnee schreibt sich, wie oft zu lesen ist, weder McNee noch MacNee und schon gar nicht Macknee, obwohl man seine "macKNEES" in der Episode „Das schottische Schloß“ sieht, als er als MacSteed mit flatterndem Kilt von der Balustrade springt. Er selbst spricht seinen Namen MÄCK-nie mit typisch deutscher Betonung auf der ersten Silbe, nicht wie im Englischen auf der üblicherweise zweiten. („The Avengers“, übrigens, spricht sich auch mit Betonung auf der zweiten Silbe aus.)

Apropos Kilt: Was haben die drei bekanntesten englischen Agenten jener Zeit gemeinsam? Gemeint sind Patrick McGoohan als John Drake (und später
Nummer 6), Patrick Macnee als John Steed und Sean Connery als James Bond? Denkpause… Sie sind gar keine Engländer! Macnee und Connery stammen aus Schottland. McGoohan ist in New York geboren und hat irische Wurzeln.
Tatsächlich trug Patrick Macnee während seiner Kinderjahre teilweise einen Kilt. Aber nicht nur, weil er Schotte war. Sein Vater, der sehr gut mit Pferden umgehen konnte, immer korrekt angezogen war – der perfekte Dandy – der allerdings auch das Geld der Familie mit Alkohol und Glücksspiel durchbrachte und sich schließlich nach Indien absetzte, überließ die Erziehung Patricks lesbischer Mutter und ihrer Geliebten, einer Dragonerin, die Patrick mit Onkel Evelyn ansprechen musste und die ihn als Mädchen an- und erziehen wollte. Da war der Kilt gegenüber einem Kleidchen noch das geringere Übel für die Mannesehre des kleinen Patrick. Dies war für ihn eine herbe Zeit, dürfte ihn aber schon frühzeitig auf den Umgang mit eigenwilligen und selbständigen Frauen eingeübt haben. Seine Mutter ist übrigens aus der Linie der Huntingtons, woher Patrick seine Abstammung von Robin Hood ableitet. Sie wurde dank ihres Stehvermögens, trotz ihrer Alkoholsucht, stolze 96 Jahre alt.

Patrick musste 4 Jahre in den Krieg. Die Mannschaft schob aber auf dem Schiff in der Nordsee eine ruhige Kugel. Er lag nur einen Tag mit Bronchitis im Lazarett. Das rettete ihm das Leben. An dem Tag wurde sein Schiff versenkt. Er verlor die meisten seiner Kameraden. 1942 heiratet er Barbara Douglas. Zwei Kinder, Rupert und Jenny, entspringen der Ehe, die 1956 geschieden wird.

Die Schauspielerin Catherine Woodville wird zwar als Dr. Keels Braut in der 1. Folge der „Avengers“ ermordet, hat aber im wirklichen Leben mehr Glück und wird Patrick Macnees 2. Frau. Doch die „Avengers“ gewähren dem jungen Paar auf Dauer zu wenig Zeit. Die Ehe wird 1969 geschieden. Nach den Avengers bekommt er in England keine Rolle mehr. Er geht nach Amerika, wo er reichlich Theater spielt, unterbrochen von Gastautritten im Fernsehen, wie in den Serien Columbo und Frasier. Er schafft es, seine zeitweilige Alkoholsucht komplett abzulegen, beschließt mehr für sich und seinen Körper zu tun, wird Vegetarier und schwimmt viel. Dabei rettet er eine Frau vorm Ertrinken und belebt sie erfolgreich wieder, was weltweit durch die Medien geht.

Macnees Sohn Rupert lebt als Regisseur von Dokumentationen und Fernsehproduzent wenige Flugstunden von seinem Vater entfernt in Kanada und seine Tochter, die früher als Köchin die Rolling Stones zeitweilig auf Tournee bekochte, zog für eine Weile zu ihm, weil Meerluft ihr schweres Asthma lindert.

Immerhin listet seine Filmographie Auftritte in etwa 40 Kino- und 50 Fernsehfilmen, 40 Theaterstücken, 15 Fernsehserien als festes Mitglied und 50 Gastauftritte in Fernsehserien auf. 1988 heiratet Macnee seine heiß geliebte dritte Frau Baba Sekely, mit der er seitdem in Californien in seinem Haus am Meer eine glückliche Ehe führt. Insgesamt 11 Jahre „Mit Schirm, Charme und Melone“ haben ihn weltberühmt gemacht. Dank seines Freundes Roger Moore spielt er einen gewissen Tibbett im James Bond-Abenteuer „Im Angesicht des Todes“, aber wirklich stolz ist er darauf, dass er in der Hauptrolle im Theaterstück „Sleuth“ den Rekord mit den meisten Auftritten in einem Thriller am Broadway hält.

Macnee hat zwei Steed/Peel- Romane und zwei Autobiographien als Co-Autor bestritten. Mit seinem Freund und „größten Avengers-Fan der Welt“ Dave Rogers kommt er den Avengers-Raubkopierern auf die Spur und sie initiieren den Beginn der Überarbeitung und Veröffentlichung der „Avengers“ auf Video.

In höherem Alter machen ihm seine Knie sehr zu schaffen, da startet er fast eine neue Karriere als Sprecher für das Making-Of aller James Bond-DVDs und vor allem für die in USA mit seiner (tollen) Stimme gelesenen Hörbücher der sehr erfolgreichen Jack Higgins-Romane.

Leider stirbt seine geliebte Baba 2008. Rupert und Jenny ziehen zu ihm in das große Haus.

Quellen u.a.:
Patrick Macnee/Dave Rogers "The Avengers- The Inside Story" (auch als “The Avengers and me” inhaltsgleich erschienen)
Patrick Macnee "Blind in one Ear"


Dame Diana Rigg

Diana Rigg wurde am 20. Juli 1938 geboren. Ihr Bruder ist 4 Jahre älter. Nach 2 Jahren geht die Familie nach Jodhpur in Indien, wo der Vater einen Managerposten bei der staatlichen Eisenbahn erhält. Bis zu ihrem achten Lebensjahr hat die kleine Diana ein aufregendes, selbst bestimmtes Leben mit unglaublichen Freiheiten. Sie begleitet sogar die Erwachsenen auf der Tigerjagd. Umso größer ist der Schock, als sie mit 8 zurück nach England ins Internat muss, um sich die Manieren und das Wissen anzueignen, das eine englische Dame für die bessere Gesellschaft benötigt. Alles ist ihr hier zu eng. Rigg: „Der Unterricht war unsäglich langweilig. Ich griff zu Träumen, „Sie“ griffen zu Bestrafungen. Ich war nur am Strafen abarbeiten, weil ich nicht tat, was von mir erwartet wurde.“ (Interview TV-Guide 1973)

Die rebellische Diana traf schließlich auf die sympathische Lehrerin Mrs. Greenwood, die ihr die Dichtkunst und das Theaterspielen nahe brachte. Als sie die Schule mit 17 erfolgreich abgeschlossen hatte, wurde sie an der Royal Academy of Dramatic Art (RADA) aufgenommen. Bereits 1959 bekam sie einen 5-Jahresvertrag für die Royal Shakespeare Company in Stratford- upon- Avon. Ihre Hinwendung zum Fernsehen wurde von ihren Theaterkollegen heftig als eine Verschwendung ihres Talents kritisiert. Sie war eine der ersten Schauspieler/innen, die die neue Herausforderung des Fernsehens annahm, und es spannend fand, in verschiedenen Bereichen zu arbeiten. Für ihre Rolle als Emma Peel wurde sie 1967 und 68 für den Emmy-Award nominiert.

Filme wie „Das Mörderbüro“, der James Bond-Film „Im Geheimdienst ihrer Majestät“ (mit einer noch unbekannten Joanna Lumley, die später durch "The New Avengers" bekannt wurde, in einer kleinen Nebenrolle), der ironische Horrorfilm „Theater des Grauens“ mit Vincent Price und Ian Hendry, und die hochgelobte, bitterböse Satire „Hospital“ mit George C. Scott folgten. 1973 kreierte ein US-Sender eine eigene Sitcom für sie („Diana“) in der Rolle der Diana Smythe. Patrick Macnee erklärte den Misserfolg dieser Serie in seiner Biographie „Blind in one Ear“ (Blind auf einem Ohr) damit, dass sie in einer untergeordneten Position agierte und unter ihrem Potential spielte. In mehreren Quellen wird von 13 Episoden gesprochen, mir lagen allerdings alle 15 Folgen vor, die das ZDF in der deutschen Synchronisation mit Margot Leonard ausstrahlte. Mr. Macnee hat Recht, die Serie ist etwas dünn, wenn auch immer noch recht unterhaltsam, besonders die Episode „Immer die Künstler“, in der die beiden ein letztes Mal zusammenspielen, und Macnee den abgeänderten Satz „Mrs. Smythe, Sie werden gebraucht!“ zitiert.

Einen größeren Sturm entfachte ein Auftritt Diana Riggs im Theaterstück „ Abelard und Heloise“, als sie und ihr Mitspieler Keith Mitchell als erste auf einer britischen Bühne nackt auftraten. Die Zeitungen überschlugen sich. Als sie die Rolle in Amerika spielte, wurde sie als beste Schauspielerin für den „Tony Award“ nominiert.


Diana Rigg hält nicht viel vom Heiraten. Während der Emma Peel-Zeit und danach lebte sie 9 Jahre mit dem Regisseur Philip Saville zusammen. Ihre Heirat mit dem Maler Menachem Gueffen führte dann zu einer zu stürmischen Ehe, die nur 11 Monate hielt. Dem folgte eine langjährige Beziehung mit dem Immobilien-Magnaten und Schlossbesitzer Archie Stirling, den sie erst nach Jahren heiratete. Mit 38 bekam sie von ihm ihre Tochter Rachael Atlanta Stirling, für die sie ihre Arbeit einschränkte und Rollen aussuchte, die sie nicht weit fortführten.

In England gelten sie und ihre beste Freundin Vanessa Redgrave als die wahrscheinlich besten britischen Theaterschauspielerinnen. In einem Interview wurde sie einmal damit konfrontiert, dass sie mit ihrem Potential doch leicht in Hollywood Karriere hätte machen können. Um das tun zu können, war ihre Antwort, muss man stets in Hollywood präsent sein, permanent arbeiten und das erfüllen, was andere von einem wollen. Sie aber liebe sowohl die Zeit, in der sie viel und hart arbeite, aber auch die Zeiten, in denen sie nichts tue. Außerdem liebe sie die britische Art, sich über andere und sich selbst lustig zu machen. Die Amerikaner hätten in dieser Beziehung keinen Humor.

Riesenerfolge feierte Diana Rigg im Musical „Follies“ 1987, in dem sie auch tanzte und sang. 1990 erhielt sie den BAFTA, den größten englischen Fernseh-Preis für die Hauptrolle im Fernsehspiel „Mother Love“.
1994 wird sie von der Queen zur „Dame“ geadelt, was dem Ritterschlag „Sir“entspricht. 1999 erhält sie eine Professur für Theaterwissenschaften an der Oxford-Universität.
Einen weiteren BAFTA erringt sie im Jahr 2000 für ihre Rolle in den Avengers, gemeinsam mit Honor Blackman, Linda Thorson und Joanna Lumley. (Auch für Letztere ist es bereits der zweite, da Joanna 1996 einen BAFTA für Absolutely Fabulous erhielt.)

Für Diana Rigg ist Muttersein wichtig. „Rachael ist das Beste, was mir je passiert ist!“
Ende der 80er Jahre beendete Diana ihre Beziehung mit Archie, als dieser sich der jüngeren Schauspielerin Joely Richardsen, einer Tochter von Vanessa Redgrave, zuwendete. Danach gefragt, meint Diana, sie würde nichts Schlechtes über Archie zu sagen haben. Sie hätten viele glückliche Jahre miteinander verbracht.

In den 90ern lebt sie in London, hat mindestens eine Theaterproduktion pro Jahr, meist im Almeida im Westend. Sie pflegt ihre Freundschaften mit anderen Schauspielern, so auch mit Ralph Fiennes, dem späteren John Steed im Kinofilm.
Heute lebt sie teils in London und teils zurückgezogen auf einem kleinen verfallenen Schloß in Südfrankfreich in dem 86-Seelen-Dorf Mauvezin d´Armaniac. Sie geht gern spazieren, werkelt im Garten, kocht gern, verbessert ihr Französisch und vor allem pflegt sie regen Kontakt mit ihrer Tochter Rachael, die beachtlich in ihre Fußstapfen getreten ist.

Kleiner Nebenschauplatz: 2002 „entdecke“ ich zum ersten Mal Rachael Stirling in einer punkerähnlichen Rolle auf der DVD „Maybe Baby“, die ich mir wegen Emma Thompson anschaue. Sie spielt hier neben britischen Größen wie Hugh Laurie (Dr.House), Rowan Atkinson (Mr. Bean), Joanna Lumley (!) und Joely Richardson. Im November 2009 ist ihre 3-teilige Miniserie „Tipping the Velvet“ in Deutsch auf DVD erschienen, in der Rachael mit Keeley Hawes die Hauptrollen bestreitet, die - es gibt keine Zufälle - als wichtigste Referenz den Kinofilm „Mit Schirm, Charme und Melone“ aufweisen kann. Das Buch, ein Erstlingswerk von Sarah Waters, hatte in England unerwartet einen Riesenerfolg und wurde schnell in viele Sprachen übersetzt. „Die Muschelöffnerin“ ist als deutscher Titel des Buches „very british“, lässt er doch beide Deutungen völlig zu (oder offen), ihn als das zu verstehen, was die Heldin als Haupttätigkeit in einem Muschelrestaurant ausübt und/oder als das, was seine erotische Bedeutung ausmacht. „Tipping the Velvet“ (Das Violett berühren) ist übrigens ein antiquierter viktorianischer Begriff für Cunnilingus. – Genau wie ihre Mutter geht Rachael mutig ihre Rollen an. Es handelt sich um die aufwändige BBC–Verfilmung einer beeindruckenden Liebes-, Lebens- und Lesbengeschichte im viktorianischen 19. Jahrhundert. Rachael glänzt in Männerkleidung. Ihre Gestalt und ihr Gang sind sehr androgyn und erinnern höllisch an eine Figur aus den 60ern. Auch in den Gesichtszügen schimmert Bekanntes. Ich schalte um auf den englischen Originalton und es läuft mir kalt den Rücken runter. Die Frau hat eine noch dunklere Stimme als ihrer Mutter. Was sie deutlich unterscheidet von Diana Rigg ist ein irgendwie merkwürdiger, sehr eigenwilliger Blick, bei dem ich nicht wirklich ausmachen kann, wie er entsteht, ein Silberblick ist es nicht. Vielleicht ein goldener, güldener, goldiger – ich krieg es nicht raus…
Aufgrund ihrer Rolle in Männerkleidung wird sie für die Theateradaption des alten Kinofilms „Theater des Grauens“ für die Rolle angefragt, die Diana Rigg in der Filmfassung innehatte, ohne dass man wusste, dass man es hier mit der Tochter zu tun hat (Zufall, ick hör dir trapsen). Sie willigt ein. Jim Broadbent übernahm die Rolle von Vincent Price.
Rachael ist übrigens ganz verrückt nach ihrem kleinen Halbbruder, den ihr Vater mit einer neuen Ehefrau bekommen hat.

Geändert von Stefan Meduna (09.01.2010 um 22:51 Uhr)
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