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Alt 17.08.2018, 14:29   #274  
Peter L. Opmann
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Beiträge: 5.518
Spinne (Williams) 50

Erscheinungstermin: 1/1976

Originalausgabe:
1) Amazing Spider-Man # 49
2) Submariner # 4

Story-Titel:
1) Nach der Niederlage…!
2) Wer kämpft für Atlantis?

Original-Storytitel:
1) From the Depths of Defeat!
2) Who strikes for Atlantis?

Zeichnungen:
1) John Romita
2) John Buscema / Frank Giacoia



Diese Ausgabe überschreitet für mein Empfinden an einigen Stellen die Grenze zur unfreiwilligen Selbstparodie. Wenn sich zwei Schurken gegen den Helden zusammentun, ist das ja meist konfliktbeladen. Hier beharken sich Kraven und der Geier erst eine ganze Weile gegenseitig, bevor sie sich gemeinsam auf die Spinne stürzen. Dabei steht beider Macht in keinem Verhältnis zu ihrem Geltungsbedürfnis; die Spinne kann beide zum Schluß relativ mühelos erledigen. Liest sich streckenweise wie „Clever & Smart“, wobei das vermutlich nicht in der Absicht von Lee und Romita lag.

Zunächst passiert aber erstmal das Unvermeidliche: Die Spinne, die, geschwächt von einem 24-Stunden-Virus, auf ein Hochhausdach stürzte und den Tod vor Augen hat, berappelt sich doch wieder (die Kälte hat sie vorgeblich wieder zur Besinnung gebracht), zittert sich über eine Feuerleiter herunter und wankt nach Hause. Sie schafft es gerade so ins Bett, bevor Harry Osborn ins Zimmer platzt. Dieweil bekommt auch Kraven via TV mit, daß der Geier der neue Star unter New Yorks Supertypen ist. Er will allen zeigen, daß immer noch er, der mächtige Jäger, an der Tabellenspitze steht. Schon das wirkt belustigend: Kraven hat keine eigentlichen Superkräfte, der Geier kann nur fliegen. Eigentlich müßten sich beide etwas in Bescheidenheit üben. Während Peter Parker das Bett hütet und der Geier einen Hubschrauber angreift, um sich wieder mal einen wertvollen Koffer anzueignen, lauert Kraven dem Flattermann auf und versucht, ihn mit einer Art Lasso einzufangen.

Damit beginnt der Wettstreit der dicken Hosen. Erneut wird Peter Parker durch einen Fernsehbericht auf den Zweikampf Kraven versus Geier aufmerksam. Da es ihm schon viel besser geht, verwandelt er sich in die Spinne und eilt zum Ort des Geschehens. Gemütlich in einem Netz sitzend verfolgt er das Gerangel seiner beiden Feinde, bis die schließlich seine Anwesenheit bemerken. Kraven und Geier bringen es nicht so recht fertig, sich gegen die Spinne zusammenzutun. Die ist aber inzwischen wieder in Hochform und nimmt es mit beiden gleichzeitig auf. Dieser Kampf fällt relativ kurz aus: nur fünf Seiten. Der Geier wird durch einen Lähmstrahl Kravens außer Gefecht gesetzt, dem die Spinne geschickt ausgewichen ist; Kraven seinerseits wird durch einen gezielten Fausthieb der Spinne niedergestreckt, einen, mit dem sie nach eigener Aussage einst den Hulk gefällt hat (das war in „Amazing Spider-Man King-Size Special“ # 3; die Williams-Redaktion kann nur anmerken: „…bringen wir in einer späteren Ausgabe“).

Zuhause stellt Hausarzt Dr. Bromwell nochmal offiziell fest, daß Peter völlig gesund ist. Der beschließt, mit seiner Tante ins Kino zu gehen. Marvel kündigt noch einmal die nächste Ausgabe so an, als ginge es mit der Spinne zuende. Letztes Mal hieß es: „Fortsetzung folgt?“, diesmal: „Keine Spinne mehr?“ Man befürchtete wohl nicht, daß die Leser diesen Trick durchschauen würden. Nachzutragen bleibt ein Besuch von Gwen und Mary-Jane in Harrys und Peters Apartment; sie dürfen den „Schwerkranken“ aber nicht besuchen und ziehen darauf gemeinsam mit Harry ab.

Von Interesse ist die Leserbriefseite, die hier die Checkliste auf der Umschlaginnenseite ersetzt. Hier haben wir zwei kritische Briefe und einen, der nach Hintergründen im Williams-Verlag fragt. Da schreibt jemand unter Pseudonym und mit „gefälschter Adresse“, und zuerst wird angemerkt, solche Briefe landeten sonst im Papierkorb. Er wird aber wohl doch bewußt veröffentlicht. „Willy Becker“ ist der Meinung, die Marvels seien in jeder Hinsicht schlechter als Ehapas „Superman/Batman“, und die Marvelzeichner würden alles von DC kopieren. Nicht ungeschickt ruft die Redaktion dazu auf, darüber zu diskutieren; mit einem kleinen Seitenhieb wirft sie „Willy“ Geltungsbedürfnis vor. Nebenbei: Gab es bei Ehapa mal Vergleichbares? Ich habe nur eine Handvoll dieser Hefte – Leserbriefe gab es da nach meinem Eindruck generell nur ganz selten.

Sehr sachlich fällt dagegen die Kritik von Christian Holl aus (in der Szene nicht unbekannt), worauf die Redaktion ausführlich antwortet. Zum dritten Brief wird mitgeteilt: Redakteure für Marvel sind Kirsten Isele und Hartmut Huff, Jani Büsing beantwortet Leserbriefe und beteiligt sich an den Übersetzungen, ebenso Erika Bergmann und „Herr Buck“ (?). H. J. Lührs ist Grafiker. Reinhard Mordek habe sich „anderen Aufgaben zugewendet“. Es heißt, es sollten titelbezogene Leserbriefseiten eingeführt werden, es gebe aber zu wenig heftbezogene Briefe (wie sie in USA üblich sind). Und es wird gefragt, ob die Reihe „Leser des Monats“ weitergeführt werden soll. Diesmal schmückt sich der 15jährige Peter mit diesem Ehrentitel; er liest Comics, obwohl ihm sein Vater das verbietet (näher führt er das allerdings nicht aus).

Letzte Anmerkung: Das Cover wirkt nachgezeichnet, wenn auch das diesmal nicht schlecht gemacht ist. Es ist sicherlich nicht Romitas Strich, aber die sich durchs Bild windenden Urwaldbaumstämme sehen sogar besser aus als im Original.
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