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Alt 17.07.2018, 08:39   #2  
eck@rt
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Ein paar Worte zu den Umständen seines Todes: Frank schrieb mir im vergangenen Dezember, als ich ihn um Informationen für unsere Ausgabe von "Quintett" bat:

"Vor zwei Jahren stellte man bei mir Knochenmarkskrebs fest, und zweimal war ich kurz davor, in die ewigen Jagdgründe zu gehen. Der Krebs führte zum Verlust meiner Nieren, so dass ich jetzt regelmäßig zur Dialyse muss. Ich bin sehr schwach, ich gehe kaum aus dem Haus, und ich leide unter eine Reihe von Nebeneffekten der Krankheit. Die Ärzte probieren es jetzt mit einer neuen Behandlungsmethode, die mich zwar nicht heilen wird (dieser Krebs ist unheilbar), so aber doch wenigstens meinen Aufenthalt auf dieser Erde verlängern soll."

Im Februar war er bereits so schwach, dass er seinen Freund Luc Révillon bat, an seiner Stelle meine weiteren Fragen zu beantworten. Das letzte, was ich von ihm hörte, war im März, dass er noch ein paar alte Unterlagen zu "Quintett" gefunden habe (Fotos, Kopien von Skizzen), die er mir dann auch schickte. Als ich ihm vor ein paar Wochen unsere neuen Bücher zukommen lassen wollte, kam das Paket zurück. Da war im Hause Giroud vermutlich kein Raum mehr für solche profanen Dinge. Frank Giroud hinterlässt seine Lebensgefährtin, Virginie Greiner, und eine Tochter, Thais. Er hinterlässt gleichfalls eine Menge Freunde, die um ihn trauern.

Ich finde es ganz und gar erstaunlich, dass er es nie aufgegeben hat, zu arbeiten. Auch in den letzten drei Jahren erschienen regelmäßig neue Titel aus seiner Feder, zuletzt bei Casterman "Churchill et moi", mit Zeichnungen von Andrea Cucchi. Niemand, der es nicht wusste, hätte geahnt, wie es um ihn steht.

Wir hatten Frank Giroud 2002 nach Erlangen eingeladen. Damals hatten wir gerade "Zehn Gebote" als Albenserie gestartet - von der wir in Deutschland ein paartausend Stück verkauften, während sie in Frankreich die Millionengrenze überschritt. Ich war immer der Meinung, diese Serie habe etwas Besseres verdient als eine Softcoverausgabe, und so war "Zehn Gebote" der Grund, weshalb wir vor ein paar Jahren unsere neuen Gesamtausgaben ins Leben riefen. Ich bin sehr froh und sehr stolz, dass wir in diesem Jahr auch "Azrayen" und "Quintett" in dieser Form verlegt haben.

Als ich Frank damals sagte, er werde in Erlangen einen Max-und-Moritz-Preis bekommen, war er sehr überrascht. Er reagierte mit der ihm eigenen Bescheidenheit, aber ich merkte, wie viel ihm dieser internationale Preis bedeutete. Die Franzosen waren zwar von seinem Werk angetan, sie hielten sich aber zurück, wenn es darum ging, dieses Werk mit Preisen zu belohnen.

Die französische Presse hat in den letzten Tagen breit über Frank Girouds Tod berichtet. Unsere deutschen Feuilletonisten scheinen nur den Fußballer (Olivier) Giroud zu kennen, nicht aber den Autor Frank Giroud. Ich finde es bedauerlich, dass unsere Comic-Kultur nicht so weit geht, dass der Tod dieses großen Szenaristen einem Lars von Törne oder Andreas Platthaus einen Nachruf wert ist. Sie kennen seine Bücher, sie werden von uns bemustert, aber offenbar schätzen sie sie nicht.

eckrt

Geändert von eck@rt (17.07.2018 um 08:48 Uhr)
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