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Alt 21.09.2018, 21:37   #342  
Peter L. Opmann
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Spinne (Williams) 64

Erscheinungstermin: 8/1976

Originalausgabe:
1) Amazing Spider-Man # 63
2) Submariner # 8

Story-Titel:
1) Schwingen in der Nacht!
2) ohne Titel (Im Kampfgetümmel!)

Original-Storytitel:
1) Wings in the Night!
2) In the Rage of Battle!

Zeichnungen:
1) John Romita / Don Heck / Mickey Demeo (= Mike Esposito)
2) John Buscema / Dan Adkins

Text:
1) Stan Lee
2) Roy Thomas



Ich kann hier nur meine persönlichen Eindrücke wiedergeben. Die 60er Nummern habe ich überwiegend erst lange nach meiner Jugendzeit gelesen, und vielleicht bin ich deshalb überkritisch. Ein Freund sagte mir gerade, die Ausgabe mit Medusa habe er nicht so schlecht gefunden. Ich dagegen werde auch mit diesem Heft wieder nicht so richtig warm, obwohl das Cover mit den zwei Geiern Appetit macht und die Spashpage mit einem Geier, der batman-artig im Regen auf einem Mauervorsprung über der Stadt kauert, auch vielversprechend aussieht. Aber eins regt mich gleich auf: „Geier! Laut Lexikon: Vogel, Person oder Wesen, das gierig und erbarmungslos zuschlägt.“ Aus welcher Enzyklopädie Stan Lee wohl hier zitiert?

Schön, der Original-Geier ist zurück. Lee weiß, daß regelmäßige Leser sich erinnern, daß er (in „Spinne“ # 49) im Gefängnis im Sterben lag. Also muß er erklären, warum er noch am Leben ist. Mithäftling Blackie Drago hatte dem Todkranken seine Schwingen abgeluchst und war selbst zum Geier geworden. Dieser Treuebruch gab ihm aber nach eigener Aussage seine Lebenskraft zurück, er erhob sich aus seiner Lakengruft und schlich sich, als Polizist verkleidet, aus dem Knast. Diese Story kann man dem Bullpen mit etwas gutem Willen noch abkaufen. Aber warum holt der Geier nun seinen Imitator Drago aus dem Gefängnis? Sonderlich gut leiden können sich die beiden nach wie vor nicht, und es ist auch nicht zu sehen, warum die beiden sich brauchen könnten.

Die Spinne bekommt wieder mal ein Handicap verpaßt. Im Regen klebt ihr Netz nicht, und sie stürzt wieder mal von einem Hochhaus ab und prellt sich übel die Schulter. Während sich die beiden Geier miteinander auseinandersetzen, nimmt Peter Parker sich aus dem Spiel, versucht, ein bißchen zu lernen, und vor allem, seine Beziehung zu Gwen Stacy zu kitten. Aber keine Chance. Wobei Gwen, obwohl sie als Eisblock herumläuft, sich inzwischen eigentlich wünscht, daß Peter sich wieder mit ihr versöhnt. Das ist mir eindeutig zu viel tragische Verstrickung. Peter überlegt zudem, ob er Harry Osborn in sein Geheimnis einweihen soll. Aber er verwirft diesen Gedanken gleich wieder. Es bleibt dabei, daß niemand wissen darf, daß er die Spinne ist. Glücklicherweise erinnert sich Norman Osborn, der Grüne Kobold, nach wie vor nicht, daß er das Geheimnis schon einmal gelüftet hat.

Nun muß die Handlung aber doch wenigstens ein Stückweit vorangetrieben werden. Die beiden Geier geraten erwartungsgemäß in Streit, wer von ihnen die Befehle gibt. Ihr Luftgefecht veranstalten sie eigenartigerweise direkt vor dem Daily Bugle, und, wie es der Zufall so will, genau in diesem Moment schaut Peter Parker bei Jonah Jameson herein. Der zerrt ihn aufs Dach und drängt ihn, das Schurkenduell zu fotografieren. Peter schafft es unbemerkt, seine Minikamera aus dem Spinne-Kostüm zu holen, das er unter seiner Kleidung trägt. Er hört aber mit dem Knipsen auf, als er sieht, daß die beiden Geier ein Kind auf einem Balkon in Gefahr bringen. Jonah meint, er wäre vor Angst geflohen, aber Peter verwandelt sich trotz schmerzender Schulter in die Spinne und rettet den kleinen Jungen. Inzwischen hat der alte Geier den Imitator besiegt, und jetzt stürzt er sich auf die Spinne. Das muß als Cliffhanger für diesmal reichen.

Tut mir leid, aber diese Story überzeugt mich nicht. Sie ist zu konstruiert, teilweise nicht motiviert, und Lees Talent für überraschende Einleitungen von Mehrteilern kommt hier auch kaum zur Geltung. Dafür habe ich diesmal an den Zeichnungen nicht so viel auszusetzen. Heck und Esposito zeichnen zwar gröber und weniger eindrucksvoll als später Romita und Mooney, aber das macht sich diesmal nicht zu negativ bemerkbar. Manche der großen Panels zeigen aber, daß die Zeichner den Raum nicht richtig nutzen können und manchmal auch Details vermissen lassen.

Im redaktionellen Teil sehen wir diesmal ein Porträt von Gene Colan und eine Leserbrief- und Kleinanzeigenseite. Ein Leser schlägt vor, wie in USA nur eine Story pro Heft zu bringen. Die Redaktion rechnet in ihrer Antwort vor, daß ein US-Heft 15 Seiten Anzeigen beinhaltet. Da wäre doch eine Zweitstory besser. Gegen 15 Seiten Anzeigen hätte auch Williams sicher nichts einzuwenden gehabt, aber sie wären wohl kaum zu beschaffen gewesen (wenn auch Eigenanzeigen dabei waren). Allerdings gab es in Deutschland generell keine Comics mit so hohem Reklameanteil. Vorteil wäre aber sicher gewesen, daß die Verlage Comichefte dann für schätzungsweise 50 Pfennige hätten verkaufen können. Weiteres Thema: Warum treten Quecksilber und die Scharlachhexe bei den Rächern als „Gute“ und in Hulk (X-Team) als "Böse" auf? Da versucht die Redaktion zu erklären, daß die Hefte in USA in anderer zeitlicher Folge erschienen sind und zwischen der X-Team- und der Rächer-Episode einige Zeit vergangen ist.

Anzeigen gibt es weiter auf Seite 2. Die Sea-Monkeys nehmen jetzt schon eine halbe Seite ein, während Marken-Paul beim kleinen Format geblieben ist, wie man es auch aus anderen Comics kennt. Die Checkliste muß dafür wieder mal wegfallen.

Geändert von Peter L. Opmann (21.09.2018 um 22:10 Uhr)
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