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Alt 25.08.2008, 17:18   #17  
net.comics
viel zu früh verstorben
 
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Zitat:
Zitat von nc-schmitt
Nett, daß Du geantwortet hast.
Die Kernfrage bleibt: Welche Zielgruppe - von der wir beide ja die jeweiligen Vertreter sind - ist die Relevante für die Waue-Auktionen?

Ahoi, nc.

Zielgruppe ist die gesamte, oder muss es heißen: gesammelte? Sammlerschaft.
Richtig ist, das ich streng bewerte und manchem mag es auch so erschienen, dass ich manchmal vielleicht auch strenger als nötig bin. Ich sehe das nicht so und zwar aus folgenden Gründen. Zu Beginn der in den Katalogpreisen eingeführten Abstufungen von Zustand 1/2/3 standen die Heftpreise dort mit 100/80/60 %Katalogpreis Z1 zu Buche. Mit der zeit stellte sich aber heraus, das nicht nur die Micky Maus, sondern auch solche "Raritäten" wie Nick 37 häufiger zu finden sind, als Nachfrage herrschte, oder sich zumindest nie als Problem herausstellten. Das sorgte für Druck auf den Markt der häufigen, aber eben häufig auch nicht perfekten Hefte und führte letztlich zu der heutigen Zustands Werteinstufung von 100/50/25 bzw. 100/40/20%, was auch eher dem tatsächlichen Vorhandensein der Hefte entspricht. Auf der Kölner Börse hast Du auf jeden Fall die Maus von 1951 - 1970 am 10. Stand komplett gekauft, suchst die sie aber in Zustand 1, findest Du erst am 15. Stand ein paar Nummern. Sicher, in den 70er Jahren habe ich noch Hefte als Top, Perfekt, Null gekauft und war begeistert darüber, das sie wenigstens einen Umschlag hatten. Heute ist die Kundenverarsche dankenswerterweise nicht mehr so einfach.

Dennoch, mit der starken Abwertung der Zustandsstufen sehen sich auch viele Händler unter Druck gesetzt, hat man doch gerade deren Bestände (vieles mehrfach in "gewöhnlichen" Zuständen vorhanden) ganz enorm abgewertet. Dem Sammler als solchem mag´s egal sein, sucht er doch in der Regel alles nur 1x. Vielleicht sind die Hefte, die er hat jetzt weniger "wert", aber die, die er noch sucht wurden auch billiger. Und weniger "wert" ist ja auch nur bedingt richtig. Durch die lange überfällige "Abwertung" der häufiger vorhandenen Zustände 2 und 3, wurde lediglich der vermeintliche Reichtum korrigiert, den man im Schrank stehen zu haben glaubte. Aber: seit der Abwertung sind diese im Katalog genannten Preise auch wieder annähernd zu erzielen und keine völligen Utopien. Ein fairer Preis erzielt einen fairen Waren/Geldaustausch.
Klar, es gibt sie nach wie vor, die Anbieter die meinen, das Antiquariat sei völlig tot. gerade bei der vorletzten Preisbesprechung war das Thema. Zwei alte Hasen der Szene meinten, man könne keine antiquarischen Hefte mehr verkaufen, die Leute wollten das nicht mehr. Marco und ich meinten, fair beurteilte Hefte erzielen nach wie vor sehr gute Preise, woraus sich eine kleine Saalwette ergab. Um so witziger, das einer der beiden Contras Schmetterling und Kiebitz zu 120-150% anbot, aber um ein bis zwei Stufen "beschönigt" (Motto: "Na, ja, die sind Vorkrieg, da muß man andere Maßstäbe ansetzen, da ist´s normal, dass die Falz fast komplett aufgerissen ist"). Erst als er begann, die 3er Hefte zum immerhin 2er Preis anzubieten, war der Tisch plötzlich leer.
Die von einem Berliner Incosmitglied angebotenen 5 Pony Hefte am Eingangsbereich der Börse zu 300.- (wennste alle nimmst geb ich sie Dir für 250.- pro Stück) war auch nicht gerade billig. Statt 300 Katalog nur 250.- wär ja noch vertretbar gewesen, aber alle Hefte hatten Stempel, waren an der Falz teilweise über 3 cm aufgerissen und in zwei Fällen sogar nachcoloriert. Schwupps, da Top-Angebot mutiert zu 200% Katalog.
Also, streng bewerten, heißt eigentlich nur, ehrlich zu sich selbst zu sein. Und mein "Mund" Albert-E hat recht, wenn er sagt, dass ich mich manchmal in Zweifelsfällen eher zu der schlechteren Halbnote zugezogen fühle, ergo, aus 1-2 auch mal 1-2/2 mache. Wieso?
Weil ich versuchen muss, der neutrale Vermittler zwischen Anbieter und Käufer zu sein und möglichst beiden gerecht und ehrlich gegenüber sein soll. Dem Einlieferer bringt es nichts, wenn er das Heft nach dem Nachverkauf zurück bekommt und Geld zurückgeben soll, das ihm schon gut geschrieben wurde. Micky (und mir) bringt es nichts, wenn ein hoher Anteil der Ware retour kommt, weil das a) den Erfolg schmälert und b) eine Heidenarbeit bedeutet, sowohl die Einlieferer, die Käuferrechnung und die Abrechnungen der Auktion, sowie die Umsatzsteuer Voranmeldung zu korrigieren, weil ja auch der Finanzminister gerne unser aller Geld zum Kuchenessen nutzt.

Es gilt: Je besser ein Zustand, desto genauer und strenger muss ich schauen. Bis Zustand 1/1-2 sind es sehr sehr feine Hefte, die jede Sammlung zieren, da hier der High-End-Sammler zu Hause ist, der penibel auf extrem feine Nummern achtet und auch nur für diese bereit ist, teilweise mehrfachen Katalogpreis zu bezahlen.
Hefte in 1-2 sind immer noch pikfeine Nummern, haben aber vielleicht ein Mini-Eselsohr an einer Ecke oder Klammerrost innen.
In Zustand 2 (immer noch sehr feine Hefte und besser als 90% von dem, was z.B. in Ebay als sehr gut angeboten wird) Hier wäre zum Beispiel ein Nuller Heft mit einem 0,8 cm Haarriss an der Rückseite zu nennen, oder mit Klammerrost, der ins Papier geht, oder mit fehlender Sammelmarke zu nennen). Ab diesem Zustand treffen sich Schnäppchenjäger (sieht richtig geil aus, kostet aber nur 40% von einem echten 1er) mit dem glücklichen und spaßorientierten Sammler, der einfach nur ein feines Heft lesen will, ohne Opas Aktien dafür zu verhökern.
Ab Zustand 2 wird mein Raster noch gröber, da hier das reine Lesepublikum zuschlägt, dem es schon fast egal ist, wie das Heft aussieht, solange die Story noch vollständig ist.

Klar kann man wieder zu alter Bewertung zurückkehren, und den Katalog dann wieder mit 20% der Lose mit Zustand 0 oder 0-1 benennen, wie es seinerzeit ja mal war. Das würde aber nur demjenigen Sammler das geld aus der Tasche ziehen, der die Hefte ohne Vorbesichtigung ersteigert und erschiene mir nicht fair. Klar, er könnte sie zurückschicken, aber lohnte sich dies, wenn er nur 5 Hefte ersteigert hat, weniger als 100.- €, oder aus dem Ausland? Würde ein solcher Kunde nicht sagen: Micky ist ein A... und sein fetter Kumpel Chris ein Betrüger. Im besten Fall, würde er einfach nur nicht mehr mitbieten, im schlechtesten tritt er eine Hass- und Antiwerbekampagne los. Damit würde man aber allen zukünftigen Käufern und vor allem den Verkäufern einen echten Bärendienst erweisen.

Ich selbst sammle seit knapp 40 Jahren Zustandsorientiert in Richtung 0/0-1, muss aber anerkennen, das es Serien gibt, die in einem solchen Zustand einfach nicht existieren (Dalla Überformate, Bilderpost, Daffy) oder die schlicht und einfach unkomplettierbar erscheinen (Tim, Miggis Kinderpost) weil sie entweder nie, oder kaum auf dem deutschen Markt auftauchen, oder wie im Falle von Max + Molly, die frühen Nummern nur als Fetzenteppiche bzw. Bildermärchen zu 90% nur beschnitten existieren.
Klar, ich bin verdammt weit in meiner Sammelei und vieles wirkt auf den ersten Blick, wie 0/0-1 auch Schmakazien wie Buntes Allerlei, Pony, BSV usw. , aber......es wirkt nur so. genau unter die Lupe genommen ist das eine etwas schief geschnitten (Fix und Foxi), das andere hat eine Produktionsriefe im Papier (Mad 6+9) oder eine Druckschliere am Cover (Micky Maus/Supi). Auch, wenn sie sonst perfekt sind, Null ist es eben noch nicht.
Die Ehrlichkeit, die man sich und seiner Sammlung gegenüber einsetzt, tut zwar weh ("alles Happy-Null" ist immer einfach zu sagen und freut auch das Selbstwertgefühl ungemein, wenn man es einem 3er Sammler mal so einfach hinwirft), aber gerade das sollte als Vermittler zwischen Verkäufer und Käufer vermieden werden. Ein solches "Na, Kleiner, kannst auch mal was Gutes haben" - Gefühl sollte man keinem Kunden vermitteln. Und ihn dann auch noch mit geschönten Zuständen zu veraschen, wäre noch unkorrekter. Denk auch immer dran, das der Kunde, der heute sagt: "Die spinnen bei Micky, dem sein 1-2er ist bei mir ne 0-1, hähähäh", ist auch derjenige, der als erster sagt "weisste, früher war´n die aber strenger, die kriegen wohl auch nur noch Scheißdreck eingeliefert".

Micky ist, genau so, wie ich oder ihr als Händler oder Sammler ein Spiegelbild der Szene und der darin enthaltenen Hefte. Ich habe schon seit drei Jahren kein Micky Maus Heft der 50er Jahre (Ausnahme 1955) mehr gesehen, dass ich als 0- bezeichnen würde. Wo sind denn die Top-Sammlungen der im Aussterben befindlichen Lehning Sammler, mit denen gerade ich zu dieser Zeit immer gerechnet hatte? Entweder, sie werden gehalten, was letztlich bedeutet, dass die Nachfolgegeneration sich auch dafür erwärmt, oder sie gehen unter der Hand sofort weg und kommen gar nicht erst auf den Markt. Ich erinnere an die Ausnahme der letzten Jahre, als die Mafia sehr sehr feine Sigurd Großbände in Köln dabei hatte, die ihnen für doppelt Katalog aus den Händen gerissen wurden. Ein Beweis, dass gute Ware immer noch verzweifelt gesucht, aber eben nicht mehr angeboten wird.
Schaut Euch doch die Händlerlisten an: 0-1- ??? 0- okay, 0-1 okay, aber ob 0 oder 1- ist schon ein gewaltiger Unterschied. Wieso tut man´s? Um zu überspielen, woran es wirklich fehlt: Top-Hefte nämlich.

Aber hier salbadere ich nun, dabei hat jeder hat seine eigene Ansicht zu dem Thema Comics und Zustände und ein Jeder hat sie auch zu Recht. Ich weiß also nur, das ich nichts weiss.
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