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Alt 02.04.2022, 15:51   #177  
Servalan
Moderatorin Internationale Comics
 
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Die Tatort-Kommissarinnen und -Kommissare gehören zu den Stars der deutschen Filmlandschaft und müssen nicht am Hungertuch nagen. Verglichen mit den Stars von Hollywood backen sie jedoch kleine Brötchen.
Vor einigen Jahren hatte ich schon einmal auf einen Hintergrundbericht verlinkt. Ende Februar erschien unter dem Pseudonym Matthias Bauer der Bericht "Das Märchen vom Star – Oder: In der ersten Reihe", der preisgibt, was hinter den Kulissen läuft. Sollte der Whistleblower auffliegen, bedeutet das das Ende der Karriere.

Mittlerweile produziert keiner der Fernsehsender mehr selbst, das erledigen outgesourcte Zulieferfirmen, die sich protzige Immobilien in den besten Lagen leisten können. Die leitenden Angestellten dort, Redakteure und ähnliches, bekommen stattliche Löhne, während die Kreativen vor und hinter der Kamera knapp gehalten werden. Von denen wird viel verlangt, finanzielle Sicherheiten werden aber kaum geboten - meist mit dem Hinweis, die Kreativen hätten ja das Privileg sich selbst zu verwirklichen. Das Ergebnis sind dann Knebelverträge.
Zitat:
Obwohl uns inzwischen nicht nur die US-Amerikaner mit ihrer gewaltigen und oft auch gewalttätigen Medienmaschine in Sachen TV-Qualität längst überholt haben, sind es vor allem derzeit die vormals europäischen Fernsehzwerge wie Dänemark, Schweden, Island, aber auch angestammte Kulturnationen wie Frankreich oder Spanien, deren TV-Output uns nicht nur neidisch machen, sondern uns zeigen könnte, dass man auch hierzulande endlich die Kreativen in Ruhe arbeiten lassen sollte, anstatt gute Drehbücher und authentische Geschichten von Fernseh-Redakteuren verunstalten und verschlimmbessern zu lassen.

Nein, tatsächlich: In Deutschland traut man den Kreativen offenbar nichts zu. Kein Wunder, dass viele abwandern oder sich neue Tätigkeitsfelder außerhalb des öffentlich-rechtlichen Einflussgebietes erschließen.

(...) Eine ganze Generation von Berufseinsteigern, seien sie nun Schauspieler, Produzenten, Regisseure, Autoren, Kameraleute oder andere Akteure auf kreativen oder organisatorischen Positionen, die an der Realisation solcher Projekte beteiligt sind, wie auch Kostümbildner, Ausstatter, Maskenbildner und ihr jeweiliges Team, kriegt diesen Druck zu spüren und hat das inzwischen zwangsläufig vollständig verinnerlicht.

Diese Leute werden schikaniert, gedeckelt, runtergehandelt, ausgenutzt, gemobbt und oft genug erpresst.

Es stehen ja immer fünf Leute hinter dir, die deinen Job gerne hätten. Der Andrang ist groß und jeder möchte irgendwo hin und „irgendwas beim Film“ machen. Und was noch viel Schlimmer ist: Jeder, der sich auf diese Art inhaltlicher wie finanzieller Einschränkung einlässt, sorgt dafür, dass diese dann früher oder später zum (neuen) Standard werden.
Quelle: Nachdenkseiten
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