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Alt 13.02.2022, 17:26   #125  
Servalan
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Woman in Gold | Die Frau in Gold (Großbritannien / USA / Deutschland / Österreich 2015, BBC Films und Origin Pictures), Drehbuch: Alexi Kaye Campbell, Regie: Simon Curtis, 109 min, FSK: 6, JMK: 10

Im Mittelpunkt des Films steht eines der berühmtesten Porträts von Gustav Klimt (1862 - 1918), nämlich eines der Gemälde der österreichischen Unternehmersgattin Adele Bloch-Bauer, das als "Adele Bloch-Bauer I" 1907 entstand. Den Auftrag erhielt Klimt von ihrem Ehemann Ferdinand Bloch-Bauer. Am 24. Januar 1925 starb Adele Bloch-Bauer und hinterließ in ihrem Testament den Wunsch, ihr Ehemann möge die Klimt-Bilder in seinem Besitz seinerseits testamentarisch der Österreichischen Galerie vererben. "Adele Bloch-Bauer I" wurde 1937 in Paris in der Exposition d’Art Autrichien sowie in Bern präsentiert.
Mit dem sogenannten Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich im März 1938 wurden jüdische Mitbürger von Nationalsozialisten schikaniert und so unter Druck gesetzt, dass sie überstürzt fliehen mußten. Neben den üblichen antisemitischen Demütigungen nutzten die Nazis das Finanzamt in Wien, um sich seine Kunstsammlung anzueignen, indem sie ihn in einem Steuerverfahren enteigneten.
Auf diese Weise geriet diese Ikone des österreichischen Jugendstils in den Besitz eines Nazi-Funktionärs, der Klimts Werke aus der Sammlung veräußern wollte, aber auf Schwierigkeiten stieß, weil diese nicht dem Geschmack der Kunstfunktionäre entsprach. Erst 1941 konnte er das Porträt der Österreichischen Galerie im Belvedere, damals „Moderne Galerie“ genannt, verkaufen. Dort hing es unter dem anonymisierten Titel "Frau in Gold" und wurde dort zu einem Teil der kulturellen Identität Österreichs, das besonders im Tourismus kunsthistorisch vermarktet wurde. Durch den Bestand der Raubkunst geriet der Staat allmählich in die Bredouille, denn es gab jetzt ein schlechtes Image, das 1998 mit einer Kampagne reingewaschen werden sollte. In dem Jahr wurde das Bundesgesetz über die Rückgabe von Kunstgegenständen aus Österreichischen Bundesmuseen und Sammlungen beschlossen, das jedoch hohe Hindernisse und Formalien einforderte, bevor Kunstwerke wirklich zurückgegeben wurden.

Der Spielfilm beginnt mit einer Sitzung, in der Klimt das Gemälde erstellt, wobei die Kamera auf das Blattgold fokussiert, das der Maler auf dem Porträt anbringt. Nach dem Vorspann setzt die Handlung bei einem Begräbnis in Los Angeles an, auf dem die Boutiquenbesitzerin Maria Altmann eine alte Freundin anspricht, weil deren Sohn Rechtsanwalt ist und sie in einer Sache juristischen Beistand benötigt. Sie hat nämlich von dem neuen Gesetz erfahren und hofft nun, mit dessen Hilfe fünf Gemälde vom österreichischen Staat als Erbin der jüdischen rechtmäßigen Besitzer zu bekommen.
Unterbrochen wird der Rechtsstreit durch Rückblenden, die zeigen, dass die Porträtierte Adele Bloch-Bauer ihre Tante und ihre wichtigste Bezugsperson als Kind gewesen ist. Maria Altmanns Rechtsanwalt Eric Randol Schoenberg, ein Enkel des österreichischen Komponisten Arnold Schönberg, dämpft ihre Erwartungen, zumal Kunstrestitution nicht zu seinen juristischen Fachgebieten zählt. Maria läßt sich aber nicht abwimmeln und Schoenberg läßt sich eher widerwillig darauf ein, als seine Klientin sagt, sie könne sich gerade einen Rechtsanwalt wie ihn leisten und keinen Spezialisten. Als er im Internet erfährt, dass Klimts Gemälde im 100 Millionen Dollar-Bereich gehandelt werden, leckt er Blut.
Nachdem sie sich vorbereitet haben, reisen Altmann und Schoenberg nach Wien, wo sie den Journalisten Hubertus Czernin kennenlernen, der meint das Gesetz wäre bloß eine Farce, aber dennoch die Recherche der beiden in Archiven mit seinen Kontakten unterstützt. Der erste Prozeß in Wien endet jedoch mit einer Niederlage und dem Sieg der Republik Österreichs.


Durch die Dramaturgie und Inszenierung der amerikanischen Perspektive bekommt der bedeutende Anteil des Journalisten Czernin nur wenig Raum, was Schoenberg in einer späten Szene ausspricht. Ärgerlicherweise wird jedoch die Flucht Maria Altmanns und ihres Gatten gezeigt, bei der Altmann ihren sterbenden Vater in Wien zurückläßt, was nicht der historischen Wirklichkeit entspricht. Die damals noch lebende Maria Altmann war davon gekränkt.
Dass es ihr nicht um Bereicherung ging, wird an Maria Altmanns Forderung deutlich, Klimts Gemälde sollten immer der Öffentlichkeit zugänglich sein. Auch ihr Anwalt Schoenberg spendete einen Teil seinen Honorars für die Renovierung eines jüdischen Museums in Kalifornien.

Geändert von Servalan (28.03.2024 um 13:13 Uhr)
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