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Alt 06.06.2018, 22:04   #131  
Peter L. Opmann
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Ort: Hessen
Beiträge: 5.474
Spinne (Williams) 28

Erscheinungstermin: 2/1975

Originalausgabe:
1) Amazing Spider-Man # 26
2) Tales to Astonish # 94

Story-Titel:
1) Das Geheimnis um den Herrn des Schreckens
2) ohne Titel (Hilflos, in den Händen Dragorrs)

Original-Storytitel:
1) The Man in the Crime-Master’s Mask!
2) Helpless, at the Hands of Dragorr!

Zeichnungen:
1) Steve Ditko
2) Bill Everett

Text:
1) Stan Lee
2) Roy Thomas



Hier kommt der erste echte Spider-Man-Zweiteiler. Wie das anfangs auch bei den FV war, reicht die Handlung nur mühsam für zwei Hefte. Wenn ich mich recht erinnere, schmiß Steve Ditko einst seinen Job auch deshalb hin, weil er sich mit Stan Lee nicht über die Lösung des Rätsels einigen konnte, wer hinter der Maske des Grünen Kobolds steckt. Ditko hatte die fixe Idee, es müsse ein Nobody sein, einer, den die Leser nicht kannten. Denn so sei die Realität. Dieses Modell führt er hier beim Herrn des Schreckens schon mal vor. Und es überzeugt nicht.

Daß die Geschichten also sich bevorzugt im Umfeld von Peter Parker entwickeln, kann nicht auf dem Mist von Ditko gewachsen sein. Hier, wo der Herr des Schreckens und der Grüne Kobold immerzu zwischen Zusammenarbeit und gegenseitigem Bekriegen schwanken, gibt es über Frederick Foswell eine Verbindung zu Jonah Jameson und damit zu Peter Parker. Es wird sich aber zeigen, daß Foswell nicht die Schlüsselfigur ist.

Soweit die Geschichte im New Yorker Verbrechermilieu spielt, ist sie nicht besonders mitreißend. Der Herr des Schreckens will sämtliche Banden übernehmen (das hatten wir in „Spinne“ # 25 schon mal). Er will sich dafür mit dem Kobold zusammentun, aber natürlich wird daraus nur ein Konflikt, wer wirklich die Befehle gibt. Am Ende gelingt es dem Kobold, die Spinne zu überraschen und auszuschalten. Zur nächsten Gangster-Vollversammlung bringt er den bewußtlosen Wandkrabbler mit und beweist damit dem Herrn des Schreckens, daß nur er der Boß der Bosse sein kann (erster Cliffhanger). Wer die beiden sind, ist dem Leser bis hierher verborgen, und auch die Identität der Spinne bleibt geheim, weil sie nämlich mit einem Kostüm vom Kostümverleih unterwegs ist, das sie mit Spinnennetz festkleben mußte. So kriegt es keiner der Gangster ab.

Ursprünglich hat mir dieser Zweiteiler, den ich in Superbänden gelesen habe, überhaupt nicht gefallen. Heute können mich zumindest die kleinen Anekdoten rund um Peter Parker erheitern. Das Ersatzkostüm braucht Peter nur deshalb, weil Tante May sein echtes Kostüm entdeckt und in Verwahrung genommen hat. Und er findet es nun einfach nicht. Betty macht Peter eine Szene wegen der geheimnisvollen Mary-Jane. Vergeblich versucht er ihr klarzumachen, daß er dieses Mädchen überhaupt nicht kennt. Peter wird von Flash Thompson wieder mal so gehänselt, daß er ihn umstößt. Für den Rektor der Schule sieht es so aus, als sei Peter ein übler Schläger. Wir sind in den braven frühen 60er jahren: Edelmütig nimmt Peter alle Schuld auf sich, aber hinterher beichtet Flash dem Rektor, wie es wirklich gewesen ist. Jonah besucht einen Club stinkreicher New Yorker und gibt dort mit seinen Recherchen über den Herrn des Schreckens an.

Aber mit diesen hübschen Details läßt sich die Story insgesamt nicht retten. Vorläufig kann man immerhin noch darauf hoffen, daß sie im zweiten Teil besser wird. Dazu demnächst mehr.

Noch ein Blick auf den redaktionellen Teil dieser Monatsproduktion: Es gibt nun eine eigens gestaltete Werbeseite zum Marvel-Briefpapier. Aber interessant ist vor allem die Leserbriefseite. Hier sind, auf einer „Meckerseite“, einige kritische Leserbriefe zusammengefaßt. Das ist ein geschickter Schachzug: Beschwerdebriefe hätte die Redaktion ganz weglassen können, aber sie zu bringen, erhöht die Glaubwürdigkeit. Sie konzentriert auf einer Seite abzufeuern (wobei in den vergangenen Monaten schon immer wieder negative Briefe eingestreut worden waren), nimmt ihnen etwas an Wirkung. Es ist dann erstmal vorbei, und man kann sich wieder positiveren Leserreaktionen zuwenden. Außerdem hat die Redaktion alles unter ein großes positives Motto gestellt, das sich ein Leser ausgedacht hat: „Immer besser, immer bunter wird das große Marvel-Wunder!“

Und was genau wird bemängelt? Probleme der Continuity (denn die Serien sind in USA in anderem zeitlichem Ablauf erschienen), die hochtrabenden Werbesprüche, die schlechten Zeichnungen (schlechter jedenfalls als in den letzten HIT-Comics), das Handlettering, und daß die Ausgaben zum Großteil als HIT-Comics schon mal erschienen sind. Die Redaktion betont darauf noch einmal, daß sie die Originalserien fortlaufend ab der jeweiligen Nr. 1 bringt. Ich habe das mit 13, 14 nicht verstanden, aber ich hatte auch den Vergleich zu den alten HIT-Comics nicht.

Letzte Bemerkung: Das Cover ist gekontert. Die Action-Szene verläuft aber nun entsprechend der Leserichtung von links nach rechts und ergibt so tatsächlich mehr Sinn als im US-Original. Außerdem wurde der Himmel tiefblau eingefärbt, was einen wirkungsvollen Kontrast mit der roten Titelschrift ergibt. Die Bearbeitungen kann man also akzeptieren.

Geändert von Peter L. Opmann (07.06.2018 um 12:48 Uhr)
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