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Alt 14.04.2019, 13:20   #66  
74basti
Moderator Sekundärliteratur
 
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Neulich hatte ich ein Telefonat mit einem Comicsammler, der über ein sehr großes Wissen im Bereich Comics verfügt.
Wir unterhielten uns auch über "Die phantastischen Comic-Welten des Michael Goetze". Dabei merkte ich schnell, wie wenig eigentlich über ihn bekannt ist. Das Anliegen des Buches ist es ja, sein Werk vorzustellen und zu würdigen.

So unberechtigt scheint dieses Anliegen dann auch gar nicht zu sein.

Daher bemühe ich mich, vorab einiges an Infos vorzustellen.

Teil 1 - Der Selbstverleger.


Schon als Kind schnippelte der heute 70jährige seine eigenen Comics zusammen. Er besorgte sich das passende Papier aus einer Druckerei und legte mit dem Titelbild los. Über einzelne Ausgaben kamen diese Einzelstücke nicht hinweg.
1971 begann er dann mit seiner ersten eigenen Geschichte - Peter Kant.


Davon konnte er im Bahnhof allerdings nur einige Exemplare an den Mann bringen. Erst zwei Jahre später entstanden zusammen mit Otto Krause zahlreiche Hefte, darunter die Serie Zir-Kan.
Bis 1975 entstanden so - ab 1975 unter dem Logo "MG Comics von Michael Goetze" 8 Hefte der Serie. Hinter der zweiten Auflage von 1975 verbergen sich das neu gezeichnete Heft 1 und die beiden Hefte 2 und 3.
Mit dem Material von 1973 gelingt ihm durch Zufall sein erster Profijob: Familie Feuerstein. Von dieser Serie, an der auch Otto Krause mitarbeitet, erscheinen insgesamt sieben Alben bis 1977.
Nur zwei Jahre später - Goetze gehört nun zum festen Mitarbeiterstab des Condor-Verlags - entscheidet er sich erneut, eigene Comics herauszugeben. Durch ein Heft Metal Hurlant bekommt er Lust, andere Geschichten als bisher zu erzählen und sich in den Stilen anderer Zeichner auszuprobieren.
1979 kommt die erste Ausgabe von Voltfeder heraus. Die erste Auflage von 500 Exemplaren soll nach einem Monat ausverkauft gewesen sein (Goetze hat aus der ersten Phase 1973 gute Kontakte über Siegmar Koeke nach Berlin knüpfen können, wo viele seiner Hefte über Skodziks Laden verkauft wurden). Er druckt 1000 Exemplare nach und kommt auf rund 2 Ausgaben pro Jahr bis 1983.

Für das Buch habe ich mir vor allem auch die redaktionellen Seiten zur Brust genommen. Leserbriefe, Vorworte, Preislisten für Werbung sind bisher noch nie unter die Lupe genommen worden. Auch Martin Hilland befindet sich unter den Briefschreibern der damaligen Zeit. Zusammen mit den vielen Fotos von Goetzes sonstigen Arbeiten gibt dies alles eine unglaubliche Fundgrube an Wissen.

Ab 1981 beginnt Goetze parallel zu den Magazinen auch mit dem Verlegen von Alben. Die bekanntesten sind:
- Commander Mantell
- Die Helden von Raffstadt und
- Unheimliche Comics der dritten Art
Alle drei kann man sich relativ einfach antiquarisch besorgen und geben einen ersten Eindruck von der Bandbreite Goetzes Ende der 1970er Jahre.
1983 erscheint der opulente Abschlußband des Magazins mit der Nummer 8. Überformatig und in Hardcover präsentiert er Goetze auf dem Höhepunkt.
Leider kann man dieses Buch heute kaum unter 100 Euro bekommen, auch wenn im Guide gerade einmal 40.- Euro angegeben sind, habe ich 3 Jahre besucht, um einen Händler zu finden, der den Band für 100 Euro abgibt.
1983 bis 1986 konzentriert sich Goetze neben seiner Arbeit als Drucker (u.a. für Menschenblut) auf neue eigene Titel:
- Bodo Brotlos
- Vorg (2 Hefte)
- Zir-Kan
- und die gelbe Reihe (limitierte Hardcoverausgaben der bisherigen Alben, sowie Artus, Ufo, Unheimliche Comics der dritten Art 2)

Vor allem die gelbe Reihe ist bisher kaum in einer Betrachtung Goetzes beschrieben worden. Dabei bewarb er die Reihe Mitte der 80er Jahre ausführlich in seinem Verlagsprospekt.

Das ist mal ein Einstieg in die Arbeit als Selbstverleger.
Für das Buch habe ich dafür über 30 Seiten an Infos zusammengetragen, darunter auch 2 unveröffentlichte Seiten des zweiten Raffstadt-Albums und eine unbekannte Commander-Mantell-Seite.

"Der Schlaf der Vernunft gebiert Ungeheuer" - Francisco de Goya 1799
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