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Alt 24.01.2019, 11:08   #480  
Peter L. Opmann
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Spinne (Williams) 109

Erscheinungstermin: 5/1978

Originalausgabe:
1) Amazing Spider-Man # 108
2) Mighty Thor # 136

Story-Titel:
1) Rache aus Vietnam!
2) Geburt einer Unsterblichen!

Original-Storytitel:
1) Vengeance from Vietnam!
2) To become an Immortal!

Zeichnungen:
1) John Romita
2) Jack Kirby / Vince Colletta

Text:
1) Stan Lee
2) Stan Lee



Stan Lee versucht hier nichts weniger als einen Paradigmenwechsel in Bezug auf den Vietnamkrieg. Aber dabei geht er recht zaghaft vor. Als ich dieses Heft erstmals gelesen habe, habe ich die Hintergründe überhaupt nicht verstanden. Heute weiß ich das eine oder andere über den Vietnamkrieg, der aber eine ziemlich verwickelte Sache war. Lee will wie knapp ein Jahr zuvor mit den Drogen noch einmal ein brisantes aktuelles Thema aufgreifen. Gut und Böse ließen sich aber in diesem Fall nicht so leicht unterscheiden, und so schaffte er es nicht, die Sache in eine überzeugende Geschichte zu verpacken. Zeichner John Romita inkt in dieser Ausgabe selbst. Man sieht den Zeichnungen die große Anstrengung nicht an, aber es ist auch nicht gerade eine grafisch herausragende Ausgabe geworden.

Im Frühjahr 1972 zeichnete sich eine militärische Niederlage der USA im Krieg gegen Nordvietnam ab, was aber der damalige Präsident Richard Nixon keinesfalls akzeptieren wollte. Aber die Stimmung in der amerikanischen Öffentlichkeit begann sich zu drehen, auch weil der Krieg viel Geld verschlang. Lee und Roy Thomas hatten Flash Thompson schon in „Spinne“ # 106 aus Vietnam zurückkehren lassen – vielleicht, weil er dort keinesfalls mehr zum Helden werden konnte. Nun zeigt sich, daß er sich in seinem Kriegseinsatz in große Probleme verwickelt hat. Das ist so angelegt: Flash irrte einmal verwundet durch den Dschungel und stieß auf die Bewohner eines Tempels, die ihn überaus freundlich behandelten und gesundpflegten. Er kehrt zu seiner Einheit zurück und erfährt von Plänen, genau das Gebiet, in dem sich der Tempel befindet, in die Steinzeit zurückzubomben. Verzweifelt versucht er, das zu verhindern, aber die US-Streitkräfte glauben ihm nicht, daß dieser Tempel mit „guten“ Vietnamesen existiert. Seine vietnamesischen Freunde werden also „irrtümlich“ getötet. Nun sind ihm „böse“ Vietnamesen auf den Fersen, um den Bombenangriff zu rächen. Davor soll er vom amerikanischen Geheimdienst geschützt werden.

Eine Unterscheidung zwischen Nord- und Südvietnam gibt es hier überhaupt nicht. Man bekommt den Eindruck: Es gibt ein paar wenige liebe und viele schreckenerregende Vietnamesen. Die USA haben mit ihrer Einmischung in Südostasien einen Fehler gemacht, aber nur aus Versehen. Vietnam ist eine bizarre, für Amerikaner undurchschaubare Welt, und sie hätten sich trotz bester Absichten da wohl besser herausgehalten. Das ist eine reichlich naive Sicht auf den Vietnamkrieg, der nicht zuletzt ein Stellvertreterkrieg gegen die UdSSR und China war. Aber vielleicht ließ sich das Thema in USA nicht anders verarbeiten, wollte Marvel nicht als unpatriotisch erscheinen.

Flashs Problem erstreckt sich über zwei Ausgaben. Lee erzählt das in Form eines Rätsels, das schon in der vorigen Ausgabe begann, als er in ein Auto bugsiert wurde und Gwen darüber weinte. Nun verüben Dunkelmänner ein Attentat auf den Wagen. Die Spinne ist vor Ort und will sich einschalten, da wird sie von einem unbenannten, asiatisch wirkenden Hünen angegriffen. Mich erinnert er an den Mafioso „Menschenberg“ Marko aus „Spinne“ # 74, auch so ein Muskelmann, der eigentlich für die Spinne kein Gegner sein dürfte. Mit Mühe gelingt es ihr, Flash rauszuhauen; der erzählt ihr darauf die schon oben dargestellte Geschichte. Die Spinne entscheidet, Flash wieder beim Geheimdienst abzuliefern, und kehrt in ihre Wohnung zurück, wo sich Harry, Gwen und Tante May versammelt haben, weil sie sich wieder mal große Sorgen um Peter Parker machen. Zu allem Überfluß kommt unter seiner Zimmertür etwas Netzflüssigkeit hervor, weil ein Behälter umgekippt ist. Peter muß nicht nur die Drei beruhigen, sondern auch erklären, was das für ein klebriges Zeug ist.

Als Peter erzählt, daß Flash von Geheimdienstlern bewacht wird, will Gwen, die offenbar von dessen Vietnam-Erlebnissen keine Ahnung hat, ihn unbedingt besuchen. Peter sieht im Geheimdienst-Gebäude den mysteriösen Hünen auftauchen. Ihm ist klar, daß er es auf Flash abgesehen hat. Er kann sich aber nicht einfach in die Spinne verwandeln, weil Gwen direkt neben ihm steht. Also schützt er vor, er müsse dringend mal beim Daily Bugle anrufen, was Gwen ihm nicht so recht abnimmt. Er steigt also ohne Superheldenkostüm aus dem Fenster und krabbelt die Außenwand entlang. Ehe er eingreifen kann, kommt es im Gebäude zu einer schweren Explosion. Der Strom fällt aus, alles ist dunkel (es scheint also inzwischen Nacht zu sein). Das ermöglicht Peter, unverkleidet loszuschlagen. Im Dunkeln prügelt er sich mit dem massigen Asiaten, der noch einen kleinwüchsigen Komplizen dabei hat, und zieht den Kürzeren: Er wird gegen eine Tür geschleudert und bleibt benommen liegen. Die beiden Vietnamesen nehmen Flash gefangen und brausen in ihrem Auto davon. Peter kehrt zu Gwen zurück, schwindelt ihr vor, er habe von der Explosion etwas abgekriegt, und will nun als Spinne die Verfolgung aufnehmen, was aber wegen Gwen wieder nicht geht. Was soll er nun tun? Flash im Stich lassen? Oder Gwen gestehen, daß er die Spinne ist? Die Antwort soll die nächste Ausgabe bringen.

Nächstes Mal mischt Dr. Strange mit, der schon irgendwie zu dem fernöstlichen Setting paßt. Ich will diese Ausgabe abwarten, bevor ich ein endgültiges Urteil abgebe. Aber bisher überzeugt die Story eindeutig nicht. Wie bei „Spinne“ # 107 ist das Heft abgesehen von Cover und Backcover (Sea-Monkeys-Werbung) ganz mit Comicseiten gefüllt: 21 Seiten „Spinne“, neun Seiten „Thor“. Auffällig noch: Die Innenseiten bestehen aus etwas grauerem Papier als die äußeren.

Geändert von Peter L. Opmann (25.04.2019 um 14:41 Uhr)
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