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Alt 18.08.2015, 15:51   #6  
Servalan
Moderatorin Internationale Comics
 
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Noch einmal:

Jean-Luc Godard: Godard/Kritiker. Ausgewählte Kritiken und Aufsätze über Film (1950-1970) (Reihe Hanser 83). Auswahl und Übersetzung aus dem Französischen von Frieda Grafe, München: Carl Hanser Verlag 1971 [Originalausgabe: Jean-Luc Godard par Jean-Luc Godard, Paris: Éditions Pierre Belfond 1968]
Zitat:
Dennoch sieht man sie, ganz moderne Robinsons, sich ins Unbekannte stürzen und ohne den Mut zu verlieren auf Abenteuer ausziehen. Wohin fliegen sie? Nach London. Sie haben allen Grund anzunehmen, daß das Drama sich dort abspielen wird. Zig und Puce auf der Suche nach Dolly würden nicht mehr Heldenmut zeigen und auch nicht weniger gesunde Philosophie. Glückauf! "Che sera, sera."
(aus: "Die Schule schwänzen. The Man Who Knew Too Much von Alfred Hitchcock", in: Cahiers du Cinéma, Nr. 64, November 1956
- hier: Seite 35)

Ausgewählte Erläuterungen
(...) S. 35: Zic (sic!) et Puc (sic!), Bilderstreifenfiguren, erfunden von dem Zeichner Saint-Ogan.
(Seite 190)
Obwohl Frieda Grafe für die Anerkennung ihres Mediums, des (Kino-) Films, kämpft, druckst sie peinlich herum, sobald es um Comics geht. In ihrer Verspanntheit unterläuft ihr dabei ein Lapsus nach dem anderen.

Bis heute gibt es keine deutsche Ausgabe der klassischen Serie Zig et Puce von Alain Saint-Ogan (1925-1956) und seinem Nachfolger Greg (1963-1969). Ende der 1990er, Anfang der 2000er Jahre erschien bei Glénat eine von Dominique Petitfaux herausgegebene Werkausgabe (18 Bände Saint-Ogan, 6 Bände Greg). Darüber hinaus stehen die Chancen schlecht, daß sich das jemals ändert, bestenfalls bruchstückhaft als Teil einer Greg-Gesamtausgabe.
Zig et Puce galt als Serie, die Sprechblasen durchgängig nutzte und im frankobelgischen Comic etablierte. Vor Hergés Tintin war diese Serie der Comic-Bestseller auf dem französischen Markt, und Hergé bewunderte Saint-Ogan, den er zweimal traf. Einmal zu Beginn von Hergés Karriere und kurz vor Saint-Ogans Tod durch Vermittlung Gregs.
Wie bei Hergé gibt es von den Abenteuern verschiedene Fassungen, wenn neue Figuren in die Geschichte integriert werden sollen. Während Saint-Ogans Seiten gut komponiert sind, zeigt sich seine Schwäche, sobald es um größere Erzählungen geht. Saint-Ogan improvisierte, und wenige Jahre später verdängte ihn Hergé von der Spitzenposition.
Die Hauptfiguren Zig und Puce sind zwei Jungen aus Paris, die gerade ihr erstes Geld verdienen und sich in Amerika ein besseres Leben versprechen. Also hauen sie ab und erleben ihre Abenteuer. Zig ist ein langer Schlaks, während Puce ein gemütlicher Pummliger ist. Ständig in Nöten und knapp bei Kasse erinnern sie an kindliche Ausgaben von Pat und Patachon oder Laurel und Hardy.
Über die Jahre entwickelt sich ein kleiner Mikrokosmos um sie herum. Einen festen Wohnsitz bekommen sie allerdings erst bei Greg. Zum Ensemble gehören vor allen der Pinguin Alfred, das Mädchen Dolly (die Tochter des - namenlosen - "Gummibarons") und die Prinzessin von Marcalance.

Godards Anspielung bezieht sich auf ein konkretes Abenteuer / Album:
  • Alain Saint-Ogan: Zig et Puce cherchent Dolly (Vorveröffentlicht in Dimanche Illustré, erste Albenausgabe: Hachette 1930, zuletzt Glénat und Greg 1995).
Als Dolly entführt wird, setzen sich Zig und Puce detektivisch auf ihre Spur, die in den tiefsten Dschungel Südamerikas führt. Dabei werden sie von Verbrechern gejagt. Der Plot hat deutliche Parallelen zum klassischen Tim und Struppi-Abenteuer Der Sonnentempel.

Geändert von Servalan (20.08.2015 um 14:06 Uhr)
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