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Alt 28.04.2020, 10:53   #2144  
God_W.
Captain Rezi
 
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Lincoln - 1. Auf Teufel komm raus



Im Hinblick auf meine anstehende Mai-Bestellung dachte ich mir ich lese mal in zwei Western-Reihen rein, von denen ich mir die ersten Bände schon länger mal zum Reinschnuppern besorgt hatte. Ich wollte herausfinden an welchen ich dran bleibe, und welche ich vielleicht eher nicht weiterverfolge. Den Anfang machte Lincoln, denn nach sechs Ausgaben mit dem beinharten Durango stand mir der Sinn nach einem eher humorvollen Beitrag zum Western-Genre.

Also eins war ganz schnell klar, auf dem Ausmusterstapel landet dieses grandios lustige Familienprojekt keinesfalls! Familienprojekt weil der Antiheld Lincoln von Autor Olivier Jouvray geschrieben, von seinem Bruder Jérôme gezeichnet und dessen Frau Anne-Claire koloriert wird.
Zynisch, respektlos und mit pointierten Dialogen, angesiedelt zwischen kernigen Sprüchen und sprühendem Witz, der keineswegs platt, sondern durchaus intelligent daherkommt und so manches mal auch den ein oder anderen Denkanstoß mitgibt, gestaltet sich das erste Abenteuer um den grummeligen Cowboy Lincoln, der auch vor Raub nicht zurückschreckt um ein für ihn angenehmes Leben führen zu können. Im Grunde vermutet eine höhere Instanz allerdings doch einen guten Kern in dem Teilzeitbanditen/Kopfgeldjäger/Bordelldauergast und macht sich auf seine Seele für die gute Seite zu gewinnen. Hat mich in mancher Hinsicht an Joann Sfars Katze des Rabbiners erinnert, allerdings ohne das Religionsthema derart stark zu thematisieren. Ich bin äußerst angetan und freue mich, mir zum Kennenlernen gleich die ersten beiden Bände gesichert zu haben. In Kürze wird es also weiter gehen.

8,5/10

Wer sich selbst ein Bild machen möchte, Lincoln gibt es von S&L in diesem Jahr am 09. Mai zum Gratis-Comic-Tag. Kleine Leseproben findet Ihr auch hier:
Leseprobe Lincoln



Sláine 4 – Die Gruft des Schreckens



Mittendrin statt nur dabei, das scheint das Motto zu sein, dass sich Pat Mills für diesen vierten Band auf die Fahnen geschrieben hat, denn diesmal lesen wir nicht nur eine kriegerische Abenteuerstory, nein wir steigen gemeinsam mit Sláine hinab in die Katakomben, mehr noch, wir WERDEN zu Sláine. In einer Mischung aus klassischem Abenteuer-Spiel-Buch und AD&D Dungeon Crawler entscheiden wir selbst von Ausgabe zu Ausgabe bzw. später auch schon von Panel zu Panel wie und wo es weiter geht. Diese Entscheidungen nehmen zum einen Einfluss auf den Fortgang der Story, legen aber zu großen Teilen auch fest welche Kämpfe wir zu bestehen haben. Gefightet wird althergebracht mit Zettel, Stift und zwei Würfeln. Das Kampfsystem ist simpel, aber nicht minder spannend gestrickt und wenn man sich voll drauf einlässt wird man mit einer spannenden Monsterhatz belohnt.

Klar, die Story selbst ist diesmal recht geradlinig und vielleicht auch nicht ganz so einfallsreich wie noch in Band drei, dafür ist man im Gegenzug durch die Spielmechanik deutlich länger beschäftigt, zumindest wenn man Lust dazu hat verschiedenste Wege auszutesten und die Kämpfe auf ehrliche Art und Weise zu bestreiten. Ich habe mir das natürlich nicht nehmen lassen und hatte einen Mordsspaß dabei mich als Sláine durch die Gruft des Schreckens zu kämpfen und den vorlauten und gierigen Ukko auch mal selbst vermöbeln zu dürfen. Insgesamt ein sehr cooles, erfrischend anderes Teil, welches mit deutlich mehr Humor angereichert wurde als die Vorgänger.

7,5/10

Eine immerhin zehnseitige Leseprobe findet Ihr hier:
Leseprobe Sláine 4



Bouncer – Gesamtausgabe 1: Teil 1: Ein Diamant fürs Jenseits & Teil 2: Die Gnade der Henker



Wow! Ich bin absolut geflasht von diesem knüppelharten Nachbürgerkriegs-Western. Den ein oder anderen Film von Alejandro Jodorowsky habe ich gesehen und, wenn man denn gerade dazu in Stimmung ist, sind die wirklich gewaltig. Als jemand, der Jodorowsky bislang nur von seinen Filmen kennt bin ich eine gewisse Härte natürlich gewohnt und gerade im Western-Genre passt die halt auch perfekt, wenn man mal die rosarote Brille abnimmt. Damals herrschte nun mal vielerorts das Gesetz des Stärkeren und die waren halt oftmals auch nicht gerade zimperlich und in manchen Fällen sicher auch äußerst grausam ob der Macht, die ihnen zu Kopf gestiegen ist.

Enorm überrascht war ich von Bouncer dann aber doch, denn derart zugänglich und geradlinig hatte ich einen Jodorowsky ehrlich gesagt nicht erwartet. Da bin ich von seinen Filmen anderes gewohnt. Versteht mich nicht falsch, die Story, die sich über die hier enthaltenen ersten beiden Bände erstreckt ist keinesfalls eindimensional oder gar langweilig, aber halt kein bisschen kryptisch und verschlüsselt, wie es bei den filmischen Werken des Autors allzu oft der Fall ist. Für mich ist das in diesem Fall ein dicker Pluspunkt, denn die hammerharte Geschichte mit sowohl körperlich, als auch seelisch äußerst grausamen Passagen geizt auch nicht mit Tragik und Dramatik.

Zeichner François Boucq kannte ich bislang auch nicht, aber der Mann hat es ebenfalls einfach drauf. In detailreichen, charakterstarken und unglaublich filmischen Bildern vermittelt er den Eindruck eines dreckigen, in Widescreen gefilmten Edelwesterns von epischer Breite. Ich habe selten beim Lesen einen so großen Wunsch entwickelt, dass doch gerne auf einer großen Leinwand erleben zu dürfen. Die Filmmusik hat sich in meinem Kopf bei der Lektüre quasi von selbst dazugeschaltet und ich war gebannt von der ersten Seite bis zum unausweichlichen Finale. Wer Durango mag, aber auch mal Lust auf eine etwas vielschichtigere Geschichte hat und sich von einem noch härteren Gewaltgrad nicht abschrecken lässt: Der Bouncer ist Euer Mann.

Speziell lobend erwähnen möchte ich hier noch die wirklich edel geratene Gesamtausgabe von Schreiber & Leser. Das albengroße Hardcover in griffig matter Optik, dickem Papier mit perfektem Druck und reichlich Bonusmaterial beinhaltet sogar Ausklappseiten, die Boucqs grandioses Artwork in seiner ganzen Breitbild-Pracht zeigen. Ein wirkliches Sahnestück, dass der Verlag hier abliefert. Band zwei der Gesamtausgabe muss ich mir auch baldigst besorgen, darf aber auch nicht vergessen mir die aktuelle Weiterführung der Reihe mit Band 10 und 11 zu sichern. Nicht dass die ausverkauft sind, bis die Gesamtausgabe so weit vorgedrungen ist! – Zweiter Western von S&L und wieder bin ich so begeistert, dass ich die Reihe auf alle Fälle weiterverfolgen muss. Mein armer Geldbeutel

9-9,5/10

Wer beim Gratis-Comic-Tag 2019 nicht das Bouncer-Heft abgestaubt hat, eine kleine Leseprobe gibt es auch hier:
Leseprobe Bouncer



Lincoln - 2. Der in den Wind spricht



Wie angekündigt bin ich nach zwei kleinen Abstechern gleich wieder zurück bei Lincoln, dem selbstsüchtigen Cowboy mit dem scharfen Verstand und der noch schärferen Zunge. Mit staubtrockenem Witz geht es weiter, wenn unser Antiheld am eigenen Leib erfährt wie schnell man vom Taugenichts zum gefeierten Helden mit einem Trupp Anhängern avancieren kann. Fast wie ein Messias wird er von seinen Jüngern verehrt, was dem Raubein gar nicht schmecken will. Dass so eine Schar Anhänger und seichtes Heldentum mit einer ordentlichen Portion Verantwortung einhergehen muss auch ansonsten anderen gegenüber reichlich gleichgültige Lincoln bald feststellen.

Ja nicht nur lustig geht es in diesem zweiten Band zur Sache, auch der ein oder andere tragische Moment wurde eingestreut und die Vertreibung der Indianer thematisiert. Parallel dazu geht der Kampf um Lincolns Seele in die nächste Runde und so hat der Kontrahent aus den unteren Stockwerken mit der Hörnerartigen Steilfrisur und dem Spitzbart deutlich mehr Screentime als noch im ersten Band abbekommen.

Frech, respektlos und knochentrocken geht es auch diesmal zu und ich bin weiterhin begeistert von Familie Jouvrays Westernprojekt. Schon seit 2002 arbeitet die Truppe an der Reihe, die es bislang auf neun Ausgaben gebracht hat. Genug für den Schreiber & Leser Verlag um uns noch eine Weile mit Nachschub zu versorgen, und so soll in diesem Jahr sogar schon Band 6 bei uns erscheinen. Hoffentlich verkauft sich Lincoln so gut, dass es da regelmäßig weitergeht! Ich habe auf jeden Fall direkt mal die Bände 3-5 geordert.

8/10



Durango Gesamtausgabe 3 – Band 7: Loneville



Man mag es kaum glauben, aber Yves Swolfes ist es mit diesem siebten Band nochmal gelungen sich zu steigern. Eine Story, die vielschichtiger daherkommt als bisher, noch fesselnder geschrieben, noch eine Spur härter und das wunderbare Artwork mit der halbtoten Westernstadt in der verschneiten Novemberlandschaft sieht einfach super aus. Dazu gibt’s sonst nicht viel zu sagen.

9/10

Eine umfangreiche Leseprobe gibt es wie (fast) immer bei Splitter auf der Homepage:
Leseprobe Durango Gesamtausgabe 3


Na das war ja mal wieder ein wilder Ritt durch den wilden Westen und die Dungeons von Tír na nÓg. Der nächste Schwung wird wieder Science-Fiction-lastiger und es steht auch wieder mal ein Abstecher nach Gotham auf dem Programm.

VG, God_W.

Geändert von God_W. (28.04.2020 um 11:08 Uhr)
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